Europarecht

Unzulässiges Bürgerbegehren zu Verkehrslandeplatz (Verbot der Koppelung sachlich nicht zusammenhängender Materien)

Aktenzeichen  B 5 K 15.982

Datum:
27.9.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GO Art. 18a
BV BV Art. 2 Abs. 1 S. 2, Art. 7 Abs. 2, Art. 83 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Das Rechtsinstitut des Bürgerbegehrens bzw. Bürgerentscheids ist so angelegt, dass die Fragestellung von Gemeindebürgern ohne besondere verwaltungsrechtliche Kenntnisse formuliert werden können soll. An die sprachliche Abfassung der Fragestellung dürfen deshalb keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Es ist deshalb zulässig – und im Einzelfall auch notwendig – den Inhalt einer Fragestellung durch Auslegung zu ermitteln. Hierbei ist eine wohlwollende Tendenz gerechtfertigt. (redaktioneller Leitsatz)
2. Da der Bürgerentscheid die Wirkung eines Gemeinderatsbeschlusses hat, darf die Fragestellung des Bürgerbegehrens nicht auf ein rechtswidriges Handeln gerichtet sein. Die Prüfung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens erstreckt sich mithin auch auf die Frage der Rechtmäßigkeit der Maßnahmen und Ziele, die Gegenstand des Bürgerbegehrens sind. (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Initiatoren eines Bürgerbegehrens tragen vor dem Eintritt der Sperrwirkung des Art. 18a Abs. 9 GO bzw. einer vorverlagerten Sperrwirkung im Hinblick auf ein voraussichtlich zulässiges Bürgerbegehren stets das Risiko einer zwischenzeitlichen Änderung der Sach- oder Rechtslage. (redaktioneller Leitsatz)
4. Dem Mitwirkungsrecht aus Art. 7 Abs. 2 BV und dem in Art. 2 Abs. 1 S. 2 BV verankerten demokratischen Prinzip würde es zuwiderlaufen, wenn heterogene, sachlich nicht zusammenhängende Materien verknüpft und zur Abstimmung vorgelegt werden könnten. Hieraus ergibt sich ein Verbot der Koppelung sachlich nicht zusammenhängender Materien in einem Bürgerbegehren. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Zulassung des Bürgerbegehrens, so dass sie durch den ablehnenden Bescheid vom 17. November 2015 nicht in ihren Rechten verletzt werden, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
1. Rechtsgrundlage für die Entscheidung der Beklagten über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens ist Art. 18a Abs. 8 Satz 1 GO. Bei der Zulassung eines Bürgerbegehrens handelt es sich um eine rechtlich gebundene Entscheidung, die der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegt; dem Gemeinderat steht insoweit kein Ermessen zu. Ein Bürgerbegehren ist zulässig, wenn die in Art. 18a GO geregelten Voraussetzungen für das Zustandekommen eines Bürgerbegehrens vorliegen und die Maßnahmen, die mit dem Bürgerbegehren erreicht werden sollen, mit der Rechtsordnung im Übrigen in Einklang stehen (vgl. Thum, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Bayern, Stand September 2015, Art. 18a Abs. 8, Anm. 3 a) und Anm. 1; BayVGH, U. v. 10.12.1997 – 4 B 97.89-93 – VGHE BY 51, 21; U. v. 31.3.1999 – 4 B 98.2502 – BayVBl 1999, 729).
2. Bei dem hier streitgegenständlichen Bürgerbegehren handelt es sich um eine Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises, vgl. Art. 83 Abs. 1 der Bayerischen Verfassung (BV), die nicht unter die Ausschlusstatbestände des Art. 18a Abs. 3 GO fällt. Die formellen Erfordernisse der Art. 18a Abs. 4 bis 6 GO, insbesondere eine ausreichende Zahl an Unterschriften, sind gegeben, dies wird auch von keinem der Beteiligten in Zweifel gezogen. Zwar hält das Gericht die Formulierung der zweiten Teilfrage für hinreichend bestimmt (dazu unter a). Ob eine Irreführung der Unterzeichner durch die Begründung des Bürgerbegehrens vorliegt (dazu unter b) kann letztlich dahinstehen. Denn die erste Teilfrage des Bürgerbegehrens ist auf einen Verstoß gegen vertragliche Pflichten der Beklagten gerichtet (dazu unter c) und die Kombination der beiden Teilfragen verstößt gegen das sogenannte Koppelungsverbot (dazu unter d), so dass das Bürgerbegehren insgesamt unzulässig ist. Damit kommt ein Rechtsanspruch der Kläger auf Zulassung des Bürgerbegehrens nicht in Betracht. Deshalb kann auch dahinstehen, ob mit dem Leiter des Rechtsamtes der Beklagten, der gleichzeitig der Geschäftsführer der Projektgesellschaft ist, möglicherweise eine nach Art. 20 Abs. 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) ausgeschlossene Person am Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat beziehungsweise welche Rechtsfolgen sich hieraus für den streitgegenständlichen Bescheid ergeben.
a) Die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens ergibt sich nicht bereits aus der Unbestimmtheit der zweiten Teilfrage. Diese ist gerichtet auf die Ertüchtigung des vorhandenen Verkehrslandeplatzes B. in der Weise, dass dort Sport- und Werksflugverkehr weiterhin möglich bleibt und die Betriebserlaubnis für das Instrumenten-Flug-Verfahren über das Jahr 2019 hinaus weiter erteilt werden kann. Grundsätzlich ist die Fragestellung eines Bürgerbegehrens wohlwollend im Sinne der Initiatoren auszulegen. Das Rechtsinstitut des Bürgerbegehrens beziehungsweise Bürgerentscheids ist so angelegt, dass die Fragestellung von Gemeindebürgern ohne besondere verwaltungsrechtliche Kenntnisse formuliert werden können soll. An die sprachliche Abfassung der Fragestellung dürfen deshalb keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Es ist deshalb zulässig – und im Einzelfall auch notwendig – den Inhalt einer Fragestellung durch Auslegung zu ermitteln. Solange das sachliche Ziel der Frage erkennbar bleibt, ist bei der Auslegung der Fragestellung eine wohlwollende Tendenz gerechtfertigt, da das Rechtsinstitut des Bürgerbegehrens beziehungsweise Bürgerentscheids für den Bürger handhabbar bleiben soll (grundlegend: BayVGH, U. v. 19.2.1997 – 4 B 96.2928 – BayVBl 1997, 276). Das Erfordernis einer bestimmten Fragestellung schließt dabei Grundsatzentscheidungen nicht aus. Wie auch durch einen Gemeinderatsbeschluss, dessen Wirkung er nach Art. 18a Abs. 13 Satz 1 GO hat, kann durch den Bürgerentscheid eine Grundsatzentscheidung herbeigeführt werden, die erst weiterer Detailentscheidungen durch den Gemeinderat oder den Bürgermeister bedarf. Die zu entscheidende Fragestellung muss lediglich so konkret sein wie ein Gemeinderatsbeschluss selbst (BayVGH, a. a. O.).
Daraus folgt im vorliegenden Fall aber nicht, dass es bei dem streitgegenständlichen Bürgerbegehren einer „konstruktiven Handlungsalternative“ neben der Ablehnung des Neubaus des Verkehrslandeplatzes M. bedurft hätte. Das von Beklagtenseite insoweit angeführte Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 8.4.2005 – 4 ZB 04.1264 (BayVBl 2005, 504) bezieht sich auf eine Fallgestaltung, in der aus Rechtsgründen ein zwingender Handlungsbedarf für die Gemeinde bestand und die bloße Ablehnung einer möglichen Variante der Handlungspflicht der Gemeinde nicht genügt hätte. In einer solchen Konstellation müsste die Fragestellung des Bürgerbegehrens, um hinreichend bestimmt zu sein, auch beinhalten, wie der Pflicht der Gemeinde zum Tätigwerden konkret entsprochen werden soll. Es besteht aber schon keine Verpflichtung der Beklagten, überhaupt Infrastruktureinrichtungen für den Luftverkehr vorzuhalten, insoweit handelt es sich um eine freiwillige Aufgabe des eigenen Wirkungskreises. Somit kann von den Klägern nicht gefordert werden, neben der Ablehnung des Landeplatzneubaus auch eine konkrete Alternative anzubieten. Daher ergeben sich aus der genannten Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im hier zu entscheidenden Fall keine weitergehenden Anforderungen an die Bestimmtheit der Fragestellung.
Die zweite Teilfrage des Bürgerbegehrens ist daher bei gebotener wohlwollender Auslegung so zu verstehen, dass die Beklagte im Sinne einer Grundsatzentscheidung verpflichtet werden soll, alles zumutbare zu unternehmen, um den Verkehrslandeplatz B. so zu ertüchtigen, dass der Sport- und Werksflugverkehr dort weiter möglich bleibt und die Betriebserlaubnis für das Instrumentenflugverfahren über 2019 hinaus erteilt werden kann. So verstanden bedürfte der Bürgerentscheid zwar noch weiterer Umsetzungsmaßnahmen, hätte aber als Grundsatzentscheidung durchaus den erforderlichen Entscheidungscharakter (vgl. Thum, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Bayern, Stand September 2015, Art. 18a Abs. 4 Anm. 6 m. w. N.), da er nicht lediglich auf eine politische Meinungskundgabe ohne rechtliche Auswirkungen gerichtet ist. Ob eine solche Ertüchtigung des Verkehrslandeplatzes B. tatsächlich möglich ist, ist insoweit nicht relevant. Sollte sich später ergeben, dass eine solche Ertüchtigung tatsächlich oder rechtlich unmöglich sein sollte, wären weitere Maßnahmen der Beklagten aussichtslos und damit nicht zumutbar.
b) Die Beklagte sieht bei der Begründung des Bürgerbegehrens, die auf den Unterschriftenlisten der Kläger abgedruckt war (vgl. Bl. 157 der Gerichtsakte), in der Behauptung einer „akuten Gefährdung“ des Weiterbestands des Verkehrslandeplatzes B. durch die weitere Mitgliedschaft der Beklagten in der Projektgesellschaft sowie in der Angabe der Investitionskosten für die Ertüchtigung des Verkehrslandeplatzes B. mit 0,5 Mio. € bis 5,5 Mio. € eine unzulässige Irreführung der Unterzeichner des Bürgerbegehrens. Zwar ist ein Bürgerbegehren unzulässig, wenn in seiner Begründung in entscheidungsrelevanter Weise unzutreffende Tatsachen behauptet werden oder die maßgebende Rechtslage unzutreffend bzw. unvollständig erläutert wird (BayVGH, U. v. 4.7.2016 – 4 BV 16.105 – juris Rn. 27 m. w. N.). Die beiden genannten Aussagen können im Hinblick auf die Entscheidung zur Unterstützung des Bürgerbegehrens auch als entscheidungserheblich angesehen werden. Es kann aber letztlich dahinstehen, ob insoweit wirklich unzutreffende Tatsachen behauptet wurden, denn das Bürgerbegehren erweist sich auch aus anderen Gründen als unzulässig (dazu im Folgenden).
c) Bei der Entscheidung über die Zulassung eines Bürgerbegehrens sind nicht nur die in Art. 18a Abs. 1 bis 6 GO ausdrücklich aufgeführten Zulässigkeitsvoraussetzungen zu prüfen, vielmehr setzt die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens auch voraus, dass die mit dem Bürgerbegehren verfolgten Ziele mit der Rechtsordnung in Einklang stehen. Da der Bürgerentscheid die Wirkung eines Gemeinderatsbeschlusses hat (Art. 18a Abs. 13 Satz 1 GO), darf die Fragestellung des Bürgerbegehrens, ebenso wie ein Beschluss des Gemeinderats, nicht auf ein rechtswidriges Handeln gerichtet sein. Die Prüfung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens erstreckt sich auch auf die Frage der Rechtmäßigkeit der Maßnahmen und Ziele, die Gegenstand des Bürgerbegehrens sind (BayVGH, B. v. 10.11.1997 – 4 CE 97.3392 – BayVBl 1998, 209; U. v. 8.5.2006 – 4 BV 05.756 – BayVBl 2006, 534). Dies gilt auch dann, wenn sich die Rechtswidrigkeit des kommunalen Handelns aus einem Verstoß gegen zivilrechtliche Verpflichtungen ergibt (vgl. VG Ansbach, U. v. 6.7.2006 – An 4 K 06.00437 – juris Rn. 39).
Bei dem hier streitgegenständlichen Bürgerbegehren ist die erste Teilfrage aber auf ein solches rechtswidriges Handeln der Beklagten gerichtet. Das eingereichte Bürgerbegehren verstößt mit der ersten Fragestellung gegen bereits rechtswirksam und verbindlich eingegangene zivilrechtliche Verpflichtungen der Beklagten. Mit der Teilfrage soll die Beklagte zum „unverzüglichen“ Austritt aus der Projekt-GmbH verpflichtet werden. Nach § 12 Abs. 1 der Gesellschaftssatzung der Projektgesellschaft Verkehrslandeplatz … mbH kann die Gesellschaft zwar von jedem Gesellschafter mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Ende des Kalenderjahres gekündigt werden, erstmals ist dies aber erst zum 31. Dezember 2025 möglich. Auch bei wohlwollender Auslegung der Fragestellung kann der Begriff „unverzüglich“ dabei nicht wie von Klägerseite angeführt im rein zivilrechtlichen Sinne lediglich als „ohne schuldhaftes Zögern“ (vgl. § 121 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches – BGB) oder als bloßes „so schnell wie möglich“ verstanden werden, so dass auch ein – rechtlich nicht früher zulässiger – Austritt aus der Gesellschaft mit Wirkung zum 31. Dezember 2025 einen „unverzüglichen“ Austritt darstellen würde. Maßgeblich für die Auslegung der Fragestellung ist nicht die subjektive, im Laufe des Verfahrens erläuterte Vorstellung der Initiatoren des Bürgerbegehrens von Sinn, Zweck und Inhalt des Begehrens, sondern nur dessen objektiver Erklärungsinhalt, wie es in der Formulierung und Begründung der Frage zum Ausdruck kommt und von den Unterzeichnern verstanden werden konnte und musste (vgl. VGH BW, U. v. 28.3.1988 – 1 S 1493/87 – DÖV 1989, 601; Thum, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Bayern, Stand September 2015, Art. 18a Abs. 4 Anm. 7 c); Hölzl/Hien/Huber, GO, Art. 18a, Anm. 5). Die Verwendung des Begriffs „unverzüglich“ in der Fragestellung lässt aber nach herkömmlichem Begriffsverständnis eine möglichst kurzfristige Umsetzung, nicht jedoch einen Austritt in mehr als neun Jahren erwarten. Die Frage war danach von den Unterzeichnern des Bürgerbegehrens nur so zu verstehen, dass ein Austritt der Beklagten aus der Projektgesellschaft umgehend innerhalb kürzester Zeit erfolgen soll. Für dieses Verständnis spricht auch die Begründung des Bürgerbegehrens, die von einer „akuten Gefährdung“ des bestehenden Verkehrslandeplatzes ausgeht, solange die Beklagte Gesellschafterin der Projektgesellschaft bleibt. Auch hier wird die besondere Dringlichkeit des Austritts aus der Gesellschaft deutlich. Ein Austritt aus der Projektgesellschaft erst zum 31. Dezember 2025 käme für das dahinter stehende Ziel der Kläger, den Neubau des Verkehrslandeplatzes M. zu verhindern, möglicherweise sogar zu spät. Eine wohlwollende Auslegung der Fragestellung im Sinne der Kläger hätte hier letztlich eine Irreführung der Unterzeichner des Bürgerbegehrens zur Folge. Das Vorliegen eines Bürgerbegehrens oder ein erfolgreicher Bürgerentscheid stellen für sich genommen auch keinen hinreichenden Kündigungs- oder Rücktrittsgrund dar; dieser muss im Vertragsverhältnis selbst angelegt sein. Ein gesetzliches Sonderkündigungsrecht wird durch Bürgerentscheide nicht geschaffen (vgl. Thum, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Bayern, Stand September 2015, Art. 18a Abs. 8 Anm. 1 f) aa) m. w. N.). Da aber die Satzung der Projektgesellschaft kein Kündigungs- oder Rücktrittsrecht vorsieht, ist ein „unverzüglicher Austritt“ aus der Projektgesellschaft vor dem 31. Dezember 2025 aus rechtlichen Gründen nicht möglich und das Bürgerbegehren diesbezüglich unzulässig.
Dabei ist es unerheblich, dass die maßgebliche Satzungsregelung geändert wurde, nachdem die Kläger bereits mit der Sammlung von Unterschriften für das Bürgerbegehren begonnen hatten. Eine Verpflichtungsklage ist nach § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO begründet, wenn der Kläger im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung einen Anspruch auf Erlass des abgelehnten Verwaltungsakts hat. Maßgeblich dafür, ob ein solcher Anspruch besteht, ist das materielle Recht. Dies führt in der Regel dazu, dass auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Auflage, § 113, Rn. 217 f. m. w. N.). Danach kann hier nur die jetzige Satzungsregelung zugrunde gelegt werden, die eine Kündigung erstmals mit Wirkung zum 31. Dezember 2025 zulässt. Die Initiatoren eines Bürgerbegehrens tragen vor dem Eintritt der Sperrwirkung des Art. 18a Abs. 9 GO beziehungsweise einer vorverlagerten Sperrwirkung im Hinblick auf ein voraussichtlich zulässiges Bürgerbegehren (vgl. BayVerfGH, E. v. 13.4.2000 – Vf. 4-IX-00 – VerfGHE BY 53, 81; BayVGH, B. v. 30.12.2002 – 4 CE 02.2772 – BayVBl 2003, 600) stets das Risiko einer zwischenzeitlichen Änderung der Sach- oder Rechtslage. Dass der Neuregelung der Kündigungsfrist durch die entsprechende Änderung der Gesellschaftssatzung keine vorgezogene Sperrwirkung des Bürgerbegehrens entgegenstand, hat die Kammer im Beschluss vom 6. Oktober 2015 im Verfahren B 5 E 15.697 dargelegt.
d) Die Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bürgerbegehrens ergibt sich darüber hinaus auch aus der Kombination der beiden Teilfragen in einem Bürgerbegehren. Nach Art. 18a Abs. 4 Satz 1 GO muss das Bürgerbegehren „eine mit Ja oder Nein zu entscheidende Fragestellung“ enthalten. Das schließt es zwar nicht aus, in eine Fragestellung mehrere Teilfragen oder -maßnahmen aufzunehmen, auch wenn dadurch derjenige, der die Teilaspekte an sich unterschiedlich beantworten möchte, vor die Entscheidung gestellt wird, einheitlich mit „Ja“ oder „Nein“ zu stimmen (BayVGH, U. v. 10.12.1997 – 4 B 97.89-93; BayVGH, U. v. 8.5.2006 – 4 BV 05.756). Unzulässig ist jedoch die Koppelung sachlich nicht zusammenhängender Materien in einer Fragestellung. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat dies zunächst für Volksbegehren und Volksentscheide entwickelt (vgl. BayVerfGH, E. v. 24.2.2000 – Vf. 112-IX-99 – VerfGHE BY 53, 81), der Bayerische Verwaltungsgerichtshof überträgt diese Grundsätze in ständiger Rechtsprechung aber auch auf Bürgerbegehren und Bürgerentscheide (vgl. BayVGH, B. v. 11.8.2005 – 4 CE 05.1580 – BayVBl 2006, 733; U. v. 25.7.2007 – 4 BV 06.1438 – VGHE BY 60, 180; U. v. 28.5.2008 – 4 BV 07.1981 – BayVBl 2009, 245). Danach würde es dem Mitwirkungsrecht aus Art. 7 Abs. 2 BV und dem in Art. 2 Abs. 1 Satz 2 BV verankerten demokratischen Prinzip zuwiderlaufen, wenn heterogene, sachlich nicht zusammenhängende Materien verknüpft und zur Abstimmung vorgelegt werden könnten. Hieraus ergibt sich ein Verbot der Koppelung sachlich nicht zusammenhängender Materien in einem Bürgerbegehren. Es ist vielmehr erforderlich, dass die Bürger bei den Abstimmungen ein Höchstmaß an Abstimmungsfreiheit haben und ihren Willen so differenziert wie möglich zur Geltung bringen können. Dies wäre jedenfalls dann nicht zu verwirklichen, wenn die Abstimmenden gezwungen wären, über mehrere, sachlich nicht zusammenhängende Regelungsvorschläge eines Bürgerbegehrens „im Paket“ abzustimmen. Bei einer derartigen Verfahrensgestaltung bestünde die Gefahr der Verfälschung des Abstimmungswillens und der „Erschleichung“ eines bestimmten Abstimmungsergebnisses. Ob ein Bürgerbegehren das Koppelungsverbot beachtet, ist jeweils anhand der Umstände des Einzelfalles zu prüfen. Maßgeblich ist letztlich der materielle Inhalt der Regelung. Nur wenn sich die vorgesehenen Regelungen auf einen abgrenzbaren Bereich beschränken, wenn sie nach objektiver Beurteilung innerlich eng zusammenhängen, also eine „einheitliche Materie“ gegeben ist, kann von einem sachlichen Zusammenhang gesprochen werden. Demnach genügt die bloße formale Verbindung unter dem Dach einer Fragestellung ebenso wenig wie die Verknüpfung durch ein gemeinsames allgemeines Ziel oder ein politisches Programm. Wenn über die Teilfragen ohne weiteres in getrennten Bürgerentscheiden abgestimmt werden kann, ohne dass dies die geforderten Maßnahmen sinnlos oder unwirksam werden lässt, liegt ein solcher innerer engerer Zusammenhang regelmäßig nicht vor (vgl. BayVGH, B. v. 3.4.2009 – 4 ZB 08.2205 – KommunalPraxis BY 2009, 315 – juris).
Das hier zu prüfende Bürgerbegehren beinhaltet zwei verschiedene Gegenstände. Zum einen geht es um einen Austritt der Beklagten aus der Projektgesellschaft und das Unterlassen jeglicher finanzieller Leistungen an diese, zum anderen um die Ertüchtigung des Verkehrslandeplatzes B.. Zwar besteht zwischen dem geplanten Verkehrslandeplatz M. und dem bestehenden Verkehrslandeplatz B. insofern ein Zusammenhang, als ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Beschlussvorlage vom 1. März 2016 für die Sitzungen des Verwaltungssenates am 14. März 2016 und des Stadtrates der Beklagten am 17. März 2016 der Verkehrslandeplatz M. als Ersatz für den Verkehrslandeplatz B. vorgesehen ist und letzterer mit der Inbetriebnahme des Neubaus geschlossen werden soll. Daraus ergibt sich allerdings nicht der erforderliche enge sachliche Zusammenhang zwischen den beiden Teilfragen. Vielmehr handelt es um zwei objektiv unterschiedliche Fragestellungen, die verschiedene Gegenstände zum Inhalt haben. Zwar betreffen beide Fragen die Luftverkehrsinfrastruktur in der Region, allerdings fehlt es an einer sachlich engen Verbindung der Bezugspunkte. Denn ein Austritt der Beklagten aus der Projektgesellschaft (und damit ein Verzicht auf den Neubau des Verkehrslandeplatzes M.) führt nicht notwendigerweise dazu, dass der Verkehrslandeplatz B. im Sinne der zweiten Teilfrage des Bürgerbegehrens ertüchtigt werden müsste. Vielmehr ist es – vor allem im Hinblick auf die unterschiedlichen Aussagen zur Umsetzbarkeit einer solchen Ertüchtigung und dem dazu erforderlichen Aufwand – denkbar, einen Neubau ebenso abzulehnen wie eine Ertüchtigung mit ungewissen Kosten und Erfolgsaussichten und stattdessen beispielsweise den Erhalt des Verkehrslandeplatzes B. im derzeitigen Ausbauzustand zu befürworten. Umgekehrt muss eine Befürwortung der Ertüchtigung des bestehenden Landeplatzes nicht zwangsläufig mit der Ablehnung eines Neubaus verbunden sein. Damit fehlt es an einem notwendigen Zusammenhang der beiden Vorhaben; die Fragestellungen sind sachlich nicht so eng miteinander verbunden, dass sie nicht ohne Verlust für das Anliegen des Bürgerbegehrens und ohne inhaltliche Änderung oder Sinnänderung, trennbar wären. Über sie kann ohne weiteres getrennt abgestimmt werden. Eine Kombination beider Fragen dergestalt, dass über beide nur einheitlich mit „Ja“ oder „Nein“ abgestimmt werden kann, greift in unzulässiger Weise in die Abstimmungsfreiheit der Bürger ein. Wer zu beiden Projekten einen unterschiedlichen Standpunkt hat, wäre bei der hier vorliegenden Verbindung der Teilfragen gezwungen, gegen seinen Willen den eigentlich von ihm nicht gewollten Teil in Kauf zu nehmen.
Aus dem hier vorliegenden Verstoß gegen das Koppelungsverbot folgt die Unzulässigkeit des gesamten Bürgerbegehrens. Dieser Mangel kann im Nachhinein weder durch Erklärungen seitens der Kläger als Vertreter des Bürgerbegehrens, noch durch die Beklagte oder das Gericht mittels einer Trennung in mehrere Bürgerentscheide geheilt werden. Denn das Koppelungsverbot erfasst bereits das Sammeln der Unterschriften. Eine nachträgliche Teilung der Abstimmungsgegenstände oder gar Streichung von Teilbereichen wäre durch die Unterschriften der Befürworter des Bürgerbegehrens nicht gedeckt und scheidet daher aus (BayVGH, U. v. 25.7.2007 – 4 BV 06.1438 – VGHE BY 60, 180).
3. Die Kläger haben als unterlegene Beteiligte die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen. Die Vollstreckbarkeitsentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).

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