Europarecht

Verantwortlichkeit für Feuchtigkeitsschaden während eines Seetransports

Aktenzeichen  12 HK O 10874/15

Datum:
28.4.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
RdTW – 2017, 468
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB BGB § 151
DTV-Güter 2000 Ziff. 2.1, Ziff. 2.5.1.5, Ziff. 8.2.4

 

Leitsatz

1. Wird eine Warensendung mit zu hoher Feuchte verladen, was zur Folge hat, dass diese Feuchte kondensiert und sich im Inneren der Kartons Schwitzwasser bildet, wird zudem der Container ohne die Möglichkeit einer Luftzirkulation beladen und der Sendung kein Trocknungsmittel beigefügt, ist ein aufgetretener Feuchtigkeitsschaden nicht durch eine während des (See-) Transports bestehenden Gefahr hervorgerufen. (redaktioneller Leitsatz)
2. Es ist Sache des Absenders, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die in den Containern befindliche Ware unter den zu erwartenden Transportverhältnissen den ihr aus der natürlichen Beschaffenheit drohenden Gefahren standzuhalten vermag (Anschluss KG BeckRS 1999, 12185). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.
1. Gefahrübergang
Gemäß Ziffer 4.4 des Versicherungsscheines beginnt der Versicherungsschutz mit Gefahrübergang. Wenn die Klagepartei in ihren Bestellungen auf FOB verweist, nicht aber gleichzeitig eine übereinstimmende Willenserklärung der Beklagtenpartei hierzu vorlegt, hindert dies die Vereinbarung der FOB nicht, da insoweit eine Annahmeerklärung nicht zu erwarten war, § 151 BGB. Zudem hat die Klägerin vorgetragen, dass der Zusatz „20 days“ sich auf die Zahlung und nicht auf die Gefahrtragung bezieht was plausibel ist, da es wenig sinnvoll erscheint, die Gefahrtragung auf einen Zeitpunkt von 20 Tagen zu verschieben ohne zu wissen, welche Situation hinsichtlich der Ware zu diesem Zeitpunkt gerade existiert. Somit war grundsätzlich Versicherungsschutz gegen „alle Gefahrer, denen die Güter während der Dauer der Versicherung ausgesetzt sind“ (Ziff. 2.1 DTV-Güter 2000) gegeben. Beginn der Versicherung war bei der Klausel FOB der Zeitpunkt, wenn die Ware an Bord des Schiffes verstaut ist, Ziffer 8.2.4 DTV-Güter 2000.
2. Der Feuchtigkeitsschaden ist jedoch nicht durch eine während des Transports bestehenden Gefahr hervorgerufen worden.
Die Klägerin hat keine von den gewöhnlichen Seetransporten abweichenden Gefahrenereignisse vorgetragen, etwa Eindringen von Seewasser oder über das gewöhnliche Maß hinausgehende Temperaturschwankungen während des Seetransports (vgl. Kammergericht Berlin, BeckRs 1999, 12185 Rdn. 6). Auch hat sie nicht etwaige Verstöße gegen die Ladungsfürsorge während des Seetransports behauptet. Somit ist nach der sogenannten causa proxima zu suchen, d.h. nach der Ursache, die geeignet war, den Schadenserfolg mit einer Wahrscheinlichkeit von 51 bis 100 % herbeizuführen (KG Berlin a.a.O. Rdn. 10).
Als einzige derartige Schadensursache kommt in Betracht, dass die Sendung mit zu hoher Feuchte verladen wurde. In weiterer Folge ist dann diese Feuchte kondensiert, so dass im Inneren der Kartons Schwitzwasserbildung entstanden ist. Dies beruht auf den übereinstimmenden Feststellungen des durch die Beklagtenpartei beauftragten Sachverständigen … (Anlage B 8 S. 7) und des von der Klägerin beauftragten Sachverständigen … (Anlage K 6 S. 8). Bei dieser Sachlage besteht kein Anlass, ein gerichtliches Sachverständigengutachten zur Schadensursache einzuholen, da, zudem nach nunmehr einem Ablauf von zwei Jahren, auch für einen gerichtlichen Sachverständigen keine zusätzlichen Erkenntnisquellen zur Verfügung stehen, um eine von der Einschätzung zweier Sachverständiger abweichende andere Schadensursache zu ermitteln. Vielmehr ist vom festgestellten Ursachenbild auszugehen, d.h. der Verladung einer feuchten Sendung. In diesem Zusammenhang ist es unerheblich, ob die Wannen selbst feucht waren oder die dazugehörige Verpackung, d.h. die Wellpappe und die Umkartons. Für die Ermittlung einer Schadensursache kommt es auf diese Differenzierung zwischen Ware und Verpackung nicht an, vielmehr genügt es zur Schadensfeststellung, dass Feuchtigkeit – vermutlich über die hygroskopische Wellpappe – in den Container eingebracht wurde.
Zusätzlich zur Verbringung einer feuchten Sendung in den Container ist von folgenden weiteren Schadensursachen auszugehen:
-wie sich aus dem Lichtbild Anlage K 6, Anlage F 2, welches einen Container vor der Verschiffung zeigt, ergibt, wurden die Container bis oben hin ohne die Möglichkeit einer Luftzirkulation beladen; im letzten Termin äußerte der Geschäftsführer der Klagepartei in diesem Zusammenhang, dass bei früheren Sendungen nicht nur Wannen geladen wurden sondern auch Kartons mit Gestängen, so dass mehr Luft mit verladen worden sei;
-den Sendungen wurden unstreitig keine Trocknungsmittel beigefügt.
Diese beiden weiteren Ursachen führten zusammen mit der Verladung der feuchten Sendung als causa proxima zum Schadensereignis. Es ist jedoch Sache des Absenders, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die in den Containern befindliche Ware unter den zu erwartenden Transportverhältnissen den ihr aus der natürlichen Beschaffenheit drohenden Gefahren standzuhalten vermag, (vgl. KG Berlin a.a.O. Rn. 8). Dass der von der Klägerin benannte Herr … die Ware einer Endabnahme unterzogen habe ist, worauf hingewiesen wurde, nicht hinreichend substantiiert vorgetragen worden; der hierzu angebotene Beweis war daher nicht zu erheben.
Für die Ursächlichkeit dieses dem Absender zu Last zu legenden Verladungsfehlers spricht auch ganz entscheidend die Tatsache, dass das identische Schadensbild bei zwei auf getrennten Schiffen und zu getrennten Zeiten transportierten Containern aufgetreten ist. Denn es ist extrem unwahrscheinlich, dass sich bei zwei verschiedenen Fahrten die identischen Transportrisiken verwirklicht haben; als Schadensursache ist vielmehr ist der identische Verladefehler anzusehen.
Soweit die Klagepartei auf Ziffer 2.5.1.5 DTV Güter abstellt und meint, der Schaden sei auf nicht beanspruchungsgerechte Verpackungen zurückzuführen, ohne dass ihr Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen sei, so trifft dies den Sachverhalt nicht. Die Tatsache, dass die Wellpappe hygroskopisch ist und somit Feuchtigkeit aufnahmen konnte ist kein Mangel der Wellpappe, denn bei einem durch Schiffscontainer durchgeführten Transport ist mit von außen eintretender Feuchtigkeit nicht zu rechnen, so dass die Verpackung der Babywannen nicht in erster Linie gegen Feuchtigkeit wirken soll. Vielmehr soll bei einem Containertransport die Verpackung verhindern, dass die Ware durch Stöße und andere mechanische Einflüsse beschädigt wird. Somit war die Wellpappe grundsätzlich für Bedingungen, unter denen Containertransporte durchgeführt werden, beanspruchungsgerecht. Sie war jedoch nicht dazu ausgelegt, dass sie vor dem Stauen in den Container Feuchtigkeit ausgesetzt ist und des weiteren nicht die Möglichkeit besteht, dass entweder durch Luftzirkulation oder durch Trocknungsmittel diese Feuchtigkeit wieder gebunden wird.
Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt es auch nicht darauf an, ob ihr Mitarbeiter Herr … Anweisungen zur Verpackung gegeben hat oder nicht, denn wie bereits ausgeführt hat sich während des Transports nicht ein klassischer Verpackungsmangel verwirklicht sondern die Tatsache, dass die Sendung und damit auch die Verpackung feucht in den Container geladen wurde; gegen dieses Risiko ist die Klägerin mit ihrer Transportversicherung jedoch nicht versichert.
Die Klage war somit abzuweisen.
3. Nebenentscheidungen
Kosten: § 91 ZPO.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 ZPO.

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