Europarecht

Verbot der Abgabe oder Beförderung von Fischen aus einem Fischzuchtbetrieb – Nachweis von Malachitgrün

Aktenzeichen  M 18 S 19.3222

Datum:
6.8.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 25261
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
LFGB § 41 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit. b, Abs. 2 S. 1, S. 3, Abs. 4 S. 1

 

Leitsatz

1. Sind die Ursachenermittlungen für das Vorhandensein von Stoffen abgeschlossen, ist der Anwendungsbereich des § 41 Abs. 1 LFGB nicht mehr eröffnet. Dementsprechend hat die zuständige Behörde entweder die Anordnungen nach Abs. 2 S. 1 aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr gegeben sind (§ 41 Abs. 2 S. 3 LFGB), oder (bei Nachweis einer Anwendung) Maßnahmen nach Abs. 3, 5 oder 6 bzw. (ohne Nachweis einer Anwendung) nach Abs. 4 zu treffen. (Rn. 81) (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Verwaltungsgericht hat auch im Rahmen eines Eilverfahrens grundsätzlich zu prüfen, ob der angegriffene Bescheid auf eine andere Rechtsgrundlage als die von der Behörde herangezogene gestützt werden kann. (Rn. 83) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 5. November 2018 gegen Nr. 1 des Bescheids des Antragsgegners vom 28. September 2018 wird angeordnet.
II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf EUR 25.000,00 festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller ist Inhaber eines an dem Fluss M. gelegenen Fischzuchtbetriebs B. und wendet sich im Wege einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine Anordnung des Antragsgegners, mit der ihm die Abgabe und Beförderung von lebenden Fischen aus seinem Betrieb untersagt wird.
Nachdem das Landratsamt F. (im Folgenden: der Antragsgegner) Hinweise darauf erhalten hatte, dass in zwei aus dem Betrieb des Antragstellers stammenden Speisefischen Malachitgrün nachgewiesen worden ist, wurde am 10. September 2018 im Betrieb des Antragstellers eine Kontrolle durchgeführt, in deren Rahmen Proben von Fischen aus verschiedenen Teichen des Antragstellers genommen und dem Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) zur Untersuchung vorgelegt wurden. Auf den hierüber gefertigten Aktenvermerk (Bl. 34 ff. der Akte) wird Bezug genommen.
Am 14. September 2018 teilte das LGL dem Antragsgegner mit, dass in jeder der ihm zur Untersuchung vorgelegten insgesamt 14 Mischproben Leukomalachitgrün im Screening eindeutig nachweisbar gewesen sei. Zur genaueren Quantifizierung der Rückstandsgehalte in den Fischen seien weitere Untersuchungen notwendig (Bl. 21).
Daraufhin ordnete der Antragsgegner noch am selben Tag mündlich die Sperre des gesamten Fischzuchtbetriebs B. an.
Am 20. bzw. 21. September 2018 übersandte das LGL dem Antragsgegner die Befunde/Gutachten der am 10./11. September 2018 entnommenen Verdachtsproben. Entsprechend einer beigefügten Tabelle (Bl. 200 Rückseite der Behördenakte) lägen mehrere Mittelwerte der Proben oberhalb der Mindestleistungsgrenze (MRPL) und gälten damit als „non-compliant“. Auf die Tabelle wird Bezug genommen.
In den einzelnen Befunden/Gutachten des LGL vom 20. bzw. 21. September 2018, die einen Nachweis von deutlich über 2 μg/kg Leukomalachitgrün erbrachten, wird unter Beurteilung u.a. Folgendes ausgeführt:
„Die vorliegende Probe wurde als Verdachtsprobe im Rahmen des nationalen Rückstandskontrollplans zur Untersuchung auf Antibiotika und Triphenylmethanfarbstoffe (Stoffgruppen B1 bzw. B3e gemäß Anhang 1 der Richtlinie 96/23/EG) vorgelegt.
Die Untersuchung auf Antibiotika ergab keinen positiven Befund.
Bei der Untersuchung auf Triphenylmethanfarbstoffe wurde ein Gehalt an Leukomalachitgrün festgestellt. Malachitgrün war in nicht quantifizierbaren Spuren nachweisbar. Der Nachweis von Leukomalachitgrün in der Fischmuskulatur ist Beleg dafür, dass Malachitgrün im Aqua Kulturbetrieb eingesetzt worden ist.
Malachitgrün wirkt beim Fisch gegen bestimmte Parasiten und Pilzerkrankungen der Haut. Bei der Metabolisierung im Organismus des Fisches entsteht hauptsächlich Leukomalachitgrün.
Der Wirkstoff Malachitgrün darf als Arzneimittel bei Lebensmittel liefernden Tieren nach Art. 16 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 470/2009 nicht angewendet werden, da er nicht nach Art. 14 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 470/2009 eingestuft und daher nicht im Anhang der Verordnung (EU) Nr. 37/2010 gelistet ist.
Für die Bestimmung der Summe von Malachitgrün und Leukomalachitgrün gilt nach Art. 4 in Verbindung mit Anhang II der Entscheidung 2002/657/EG eine analytische Mindestleistungsgrenze (MRPL) von 2 μg/kg. Dies bedeutet, dass die verwendete Analysenmethode einen Gehalt von 2 μg/kg in einer Probe eindeutig identifizieren und quantifizieren können muss.
Die Mindestleistungsgrenze wird als Eingreifwert für die Beurteilung der Verkehrsfähigkeit und als Referenzwert für Maßnahmen herangezogen (Art. 2 der Entscheidung 2005/34/EG in Verbindung dem Gentlemen‘s Agreement „Draft Statement to the Minutes of the Standing Veterinary Committee Meeting of 21 September 2004“).
Dies bedeutet, dass im vorliegenden Fall das Lebensmittel mit einem Leukomalachitgrün-Gehalt von […] μg/kg, der die Mindestleistungsgrenze (MRPL) von 2 μg/kg deutlich überschreitet, gemäß Art. 23 b) der Verordnung (EG) Nr. 470/2009 nicht den Gemeinschaftsvorschriften entspricht.
Fische, die Rückstände von Stoffen mit pharmakologischer Wirkung oder deren Umwandlungsprodukte aufweisen, dürfen nach § 10 Abs. 1 LFGB nicht als Lebensmittel in Verkehr gebracht werden.“
Auf die einzelnen Befunde/Gutachten des LGL vom 20. bzw. 21. September 2018 im Übrigen wird jeweils Bezug genommen.
Am 27. September 2018 übersandte das LGL dem Antragsgegner die Befunde der am 19. September 2018 aus der Kreislaufanlage des Antragstellers entnommenen Proben. Danach waren weder Rückstände von Malachitgrün noch Leukomalachitgrün nachweisbar (Bl. 282, 283).
Mit Bescheid vom 28. September 2018 bestätigte der Antragsgegner die durch ihn am 14. September 2018 mündlich erlassene Anordnung (Ziffer 1). Die Abgabe und Beförderung von lebenden Fischen aus dem Betrieb “Fischzucht B.“ (landwirtschaftliche Registriernummer […]) wurde verboten (Ziffer 1.a), die Abgabe von Lebensmitteln, welche aus Fischen aus diesem Betrieb gewonnen wurden, wurde untersagt (Ziffer 1.b). In Ziffer 2 des Bescheids wurde das am 14. September 2018 durch den Antragsgegner mündlich ausgesprochene Verbot der Abgabe und der Beförderung von lebenden Fischen aus dem Betrieb „Fischzucht B.“ und der Abgabe und der Beförderung von Lebensmitteln, welche aus Fischen aus diesem Betrieb gewonnen wurden, bezüglich der Fische, welche sich in der Kreislaufanlage befinden, aufgehoben. Ziffer 3 und 4 des Bescheids enthalten die Kostenentscheidung.
Als Rechtsgrundlage für das Verbot in Ziffer 1 des Bescheids wurde § 41 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b LFGB genannt. Zur Begründung des darauf gestützten Verbots wurde im Wesentlichen ausgeführt, in dem betroffenen Betrieb sei die Anwendung von Malachtgrün als Stoff mit pharmakologischer Wirkung nachgewiesen worden. Zumindest ließen die durch das Landratsamt festgestellten Tatsachen zuverlässig auf eine Anwendung schließen. Bei der Untersuchung der am 10. September 2018 aus dem Betrieb entnommenen Fischproben sei sowohl Malachitgrün als auch dessen Abbauprodukt Leukomalachitgrün nachgewiesen worden. Der Wirkstoff Malachitgrün dürfe als Arzneimittel bei Lebensmittel liefernden Tieren nach Art. 16 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 470/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 nicht angewendet werden, da er nicht nach Art. 14 Abs. 2 dieser Verordnung eingestuft und daher nicht im Anhang zur Verordnung (EU) Nr. 37/2010 der Kommission vom 22. Dezember 2010 gelistet sei. Ziffer 2 des Bescheids wurde auf § 41 Abs. 2 Satz 3 LFGB gestützt. Danach hebe die zuständige Behörde Anordnungen nach § 41 Abs. 2 Satz 1 LFGB auf, wenn die Voraussetzungen hierfür nicht mehr gegeben seien. Dies sei hier der Fall.
Der Bescheid vom 28. September 2018 wurde ausweislich des sich in den Akten des Antragsgegners befindlichen Sendeberichts den seinerzeit Bevollmächtigten des Antragstellers am 28. September 2018 um 12:20 per Telefax übersandt. Auf dem Bescheid befindet sich im Adressfeld der Aufdruck „Gegen Empfangsbekenntnis vorab ohne Anlagen per Telefax“. In den Akten befindet sich ein von den Bevollmächtigten des Antragstellers ausgefülltes und auf den 4. Oktober 2018 datiertes „Empfangsbekenntnis/Empfangsbestätigung (Zustellung nach § 5 Abs. 2 VwZG, Art. 5 VwZVG)“ (Bl. 329), mit dem der Empfang des Bescheids des Antragsgegners vom 28. September 2018 bestätigt wird.
Der Antragsgegner bat am 18. Oktober 2018 die Regierung von Oberbayern um Mitteilung, ob die rechtliche Einschätzung des Antragsgegner zu einer möglichen Freigabe des Betriebs des Antragstellers geteilt werde. Nach Einschätzung des Antragsgegners seien die ausgesprochenen Verbote aufzuheben, da die Anwendung von Malachitgrün in dem Betrieb nicht habe nachgewiesen werden können. Vor dem Hintergrund der Ergebnisse der amtlichen Probennahmen bei den Oberliegern sei nicht ausgeschlossen, dass die entsprechenden Substanzen dort in das Gewässer eingebracht worden und im Rahmen des natürlichen Wasserlaufes in den streitgegenständlichen Betrieb gelangt seien.
Mit E-Mail vom 26. Oktober 2018 teilte die Regierung von Oberbayern dem Antragsgegner hierauf mit, dass für die Bereiche, in denen noch eine spätere Beprobung stattfinden solle, die Sperre bis zur Beprobung aufrechterhalten werden müsse. Nach dem Wortlaut des § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b LFGB sei nicht entscheidend, dass nach derzeitigem Ermittlungsstand eine Anwendung nicht im Betrieb des Antragstellers selbst stattgefunden haben dürfte. Eine sofortige vollständige Aufhebung der Sperre werde – auch in Abstimmung mit dem Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz – nicht für gerechtfertigt gehalten.
Mit Schreiben vom … November 2018, eingegangen beim Antragsgegner per Telefax am selben Tag, ließ der Antragsteller Widerspruch gegen die am 14. September 2018 mündlich erlassene Anordnung in Gestalt des Bescheids des Antragsgegners vom 28. September 2018 erheben.
Im weiteren Verlauf legte der Antragsteller folgende Befundberichte des … … e.V. vor: Befundbericht vom
– 30. November 2018, wonach die Teich 11 entnommene Probe einen Gehalt an Malachitgrün unterhalb der Bestimmungsgrenze (2 μg/kg) und einen Gehalt an Leukomalachitgrün zwischen der Bestimmungsgrenze (2 μg/kg) und der Nachweisgrenze (0,5 μg/kg) aufweist;
– 17. Januar 2019, wonach sowohl der Gehalt an Malachitgrün als auch an Leukomalachitgrün der entnommenen Probe unterhalb der Bestimmungsgrenze lag;
– 12. Februar 2019, wonach die Teich 4 entnommene Probe einen Gehalt an Malachitgrün unterhalb der Bestimmungsgrenze (2 μg/kg) und einen Gehalt an Leukomalachitgrün zwischen der Bestimmungsgrenze (2 μg/kg) und der Nachweisgrenze (1 μg/kg) aufweist;
– 29. März 2019, wonach die aus Teich 6 und Teich 9 entnommenen Proben einen Gehalt an Malachitgrün und Leukomalachitgrün unterhalb der Bestimmungsgrenze (2 μg/kg) aufweisen und die aus Teich 10 entnommene Probe einen Gehalt an Malachitgrün unterhalb der Bestimmungsgrenze (2 μg/kg) und einen Gehalt an Leukomalachitgrün zwischen der Bestimmungsgrenze (2 μg/kg) und der Nachweisgrenze (0,5 μg/kg) aufweist.
Auf die Gutachten wird Bezug genommen (Bl. 429 ff., 468 f., 498 f., 519 ff.).
Mit folgenden Bescheiden wurde das am 14. September 2018 durch den Antragsgegner mündlich ausgesprochene Verbot der Abgabe und der Beförderung von lebenden Fischen aus dem Betrieb „Fischzucht B“ sowie von Lebensmitteln, welche aus Fischen aus dem Betrieb „Fischzucht B.“ gewonnen wurden, aufgehoben: mit
– Bescheid vom 12. Dezember 2018 bezüglich der Fische, welche sich in Teich 11 befinden;
– Bescheid vom 29. Januar 2019 bezüglich der Regenbogenforellen, welche sich in der Betonhälterung befinden und am 11. Januar 2019 durch den … … e.V. beprobt wurden;
– Bescheid vom 18. Februar 2019 bezüglich der Seeforellen, welche sich in Teich 4 befinden und am 30. Januar 2019 durch den … … e.V. beprobt wurden;
– Bescheid vom 4. April 2019 bezüglich der Regenbogenforellen, welche sich in Teich 6 befinden, der Saiblinge, welche sich in Teich 9 befinden und der Saiblinge, welche sich in Teich 10 befinden und jeweils am 13. März 2019 durch den … … e.V. beprobt wurden.
Die Bescheide wurden jeweils auf § 42 Abs. 2 Satz 3 LFGB gestützt. Aufgrund des Ergebnisses des jeweils vorgelegten Gutachtens seien die Voraussetzungen des § 42 Abs. 1 LFGB nicht mehr gegeben.
Mit E-Mail vom 26. April 2019 übersandte die Regierung von Oberbayern dem Antragsgegner ein Schreiben des LGL vom 25. April 2019 zu Beprobungen hinsichtlich Rückständen von Malachitgrün und bat um Kenntnisnahme und Beachtung. In dem Schreiben vom 25. April 2019 wird unter anderem ausgeführt, ausgehend von der Beurteilung der Verkehrsfähigkeit der Fische als Lebensmittel auf Grundlage des § 10 Abs. 1 Satz 1 LFGB in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Nr. 3 LFGB 2 bzw. Art. 23 Buchst. b der Verordnung (EG) Nummer 470/2009 sei eine Einzelfischuntersuchung mit chemisch-analytischen Verfahren angezeigt. Lägen die Ergebnisse der Einzelfischuntersuchung eines Teiches für die Summe von Malachit- und Leukomalachitgrün durchgängig unter dem Referenzwert für Maßnahmen von 2 μg/kg Gramm, so sei mit 99-prozentiger Wahrscheinlichkeit von einer Verkehrsfähigkeit des gesamten Besatzes des beprobten Teichs auszugehen.
Am 3. Mai 2019 ging beim Antragsgegner die Mitteilung der Staatsanwaltschaft … ein, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller mit Verfügung vom 23. April 2019 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei (Bl. 539 der Akte). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass dem Antragsteller die Straftatbestände des Verabreichens eines Stoffes entgegen § 59d Satz 1 Nummer 2 AMG an ein dort genanntes Tier sowie das Inverkehrbringen eines Lebensmittels entgegen § 10 Abs. 1 Satz 1 LFGB oder entgegen § 10 Abs. 3 Nr. 2 LFGB gemäß § 96 Nr. 18a AMG, § 38 Abs. 1 Nr. 4 LFGB zur Last gelegt worden sei. Das Ermittlungsverfahren sei aus tatsächlichen Gründen einzustellen, weil dem Antragsteller nicht mit der für eine Anklageerhebung erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden könne, dass er das Tierarzneimittel Malachitgrün überhaupt verwendet bzw. dieses in seine Aquakultur eingebracht habe. Letztlich hätten die Ermittlungen ergeben, dass im Vergleich zum anderweitig Verfolgten Fischzuchtbetrieb K. die festgestellte Konzentration der Chemikalie Malachitgrün bzw. des Metabolits Leukomalachitgrün in den beprobten Fischen deutlich niedriger sei als beim Oberlieger K. Dies lasse den Schluss zu, dass es zumindest nicht unplausibel erscheine, dass die Rückstandsbelastung mit Malachitgrün/Leukomalachitgrün durch den Fischzuchtbetrieb K. verursacht wurde. Zum einen habe der anderweitig Verfolgte K. am 21. September 2018 gegenüber dem Antragsgegner selbst angezeigt, dass am 19. September 2018 ein Mitarbeiter die Chemikalie in die Teichanlage eingebracht habe. Zum anderen habe der Sachverständige Dr. E. in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 20. Dezember 2018 festgestellt, dass es nicht unplausibel sei, dass aufgrund der durchgeführten Ermittlungen über die Wasserwege die anderweitigen „fluss-/kanalabwärts“ gelegenen Fischzuchtbetriebe, u.a. des Antragstellers, „kontaminiert“ worden seien.
Mit Schreiben vom 6. Juni 2019 beantragten die Bevollmächtigten des Antragstellers unter Vorlage eines Befundberichts des … … e.V. vom 28. Mai 2019, wonach die aus Teich 11 entnommene Probe („7 Regenbogenforellen (Pool aus 7)“) einen Gehalt an Malachitgrün unterhalb der Bestimmungsgrenze (2 μg/kg) und einen Gehalt an Leukomalachitgrün zwischen der Bestimmungsgrenze (2 μg/kg) und der Nachweisgrenze (0,5 μg/kg) aufweise, die Aufhebung des Verbots für Teich 11.
Hierauf teilte der Antragsgegner den Bevollmächtigten des Antragstellers mit Schreiben vom 13. Juni 2019 mit, dass eine Freigabe von Teich 11 auf Grundlage des vorgelegten Gutachtens vom 28. Mai 2019 nicht in Betracht komme, da es nach den aktuellen Vorgaben des LGL nicht als Nachweis für eine Verkehrsfähigkeit der Fische genüge. Nach diesem Gutachten seien in der Poolprobe aus sieben Fischen Malachitgrün kleiner der Bestimmungsgrenze und Leukomalachitgrün zwischen der Bestimmungsgrenze und der Nachweisgrenze nachgewiesen worden. Um eine statistisch gesicherte Aussage zur Rückstandsverteilung von Malachit und Leukomalachitgrün treffen zu können, müsse aus fachlicher Sicht sichergestellt werden, dass die Einzelfische der repräsentativen Stichprobe ausschließlich Summengehalte von Malachit-/Leukomalachitgrün unterhalb des Referenzwertes von 2 μg/kg aufweisen.
Mit Schriftsatz vom … Juli 2019, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am selben Tag, beantragten die Bevollmächtigten des Antragstellers,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers und einer nachfolgenden Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 28. September 2018 anzuordnen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsteller sei Inhaber eines an dem Fluss M. gelegenen Fischzuchtbetriebs. Flussaufwärts liege ein weiterer Fischzuchtbetrieb, der den nicht zugelassenen Stoffe Malachitgrün illegal in seinem Betrieb eingesetzt habe. Über den Fluss M. sei der Stoff in den Betrieb des Antragstellers eingeschwemmt und von den Fischen aufgenommen worden. Der Antragsgegner habe dem Antragsteller mitgeteilt, dass eine Freigabe der Teiche und damit die Aufhebung des Verbots in Frage komme, wenn durch Beprobung festgestellt werde, dass ein Gehalt an Malachitgrün unterhalb der Bestimmungsgrenze von 2 μg/kg liege. Dabei sei dem Antragsteller eine Poolbeprobung aus sieben Fischen vorgegeben worden. Dabei werde Probenmaterial von verschiedenen Fischen genommen, homogenisiert und ein Anteil aus dieser Mischung untersucht. Das Ergebnis stelle somit den Durchschnittswert der beprobten Fische dar. Entgegen der bisherigen Vollzugspraxis sei Teich 11 bislang nicht freigegeben worden, da nach geänderter Auffassung des LGL die Poolbeprobung nicht mehr als Nachweis für die Verkehrsfähigkeit der Fische genüge. Zur Behandlung von lebensmittelliefernden Tieren wie Speisefischen sei der Einsatz von Malachitgrün nicht mehr zugelassen, d.h. es gelte grundsätzlich eine Nulltoleranzgrenze für eine gezielte Anwendung. In die EU importierte Fische dürften in den europäischen Mitgliedstaaten verkauft werden, wenn die Rückstandsgehalte an Malachitgrün zwei Mikrogramm pro Kilogramm unterschritten. Dieser Eingreifwert sei als Mindestanforderung (MRPL-Wert) an international verwendete Analysenmethoden definiert worden. Er sei nicht toxikologisch abgeleitet, d.h. er definiere nicht eine Schwelle potentieller Gesundheitsgefährdung. Malachitgrün sei zwischenzeitlich auch eine Umweltkontaminante. Aus der bloßen Belastung mit Malachitgrün könne daher nicht auf eine zielgerichtete Verwendung geschlossen werden. Eine Gesundheitsgefahr durch den Verzehr der Fische des Antragstellers bestehe nicht. Zur Begründung wurde auf eine Stellungnahme des Bundesinstituts für Risikobewertung vom 31. August 2007 sowie eine eingeholte Stellungnahme vom 5. Juli 2019 der öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen Dr. S. verwiesen, auf die Bezug genommen wurde. Der Antragsteller stehe kurz vor der Insolvenz. Durch das Mehrfutter und die Kosten für die Beprobungen seien Mehrkosten in Höhe von EUR 20.000 monatlich entstanden. Bei den sommerlichen Temperaturen sei die Gefahr sehr hoch, dass die Fische sterben, da das Wasser nicht mehr genügend Sauerstoff für die vielen Fische fasse, die nicht verkauft werden könnten.
In rechtlicher Hinsicht wurde ausgeführt, der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO sei zulässig und begründet. Der Bescheid sei rechtswidrig, die Voraussetzungen für das auf § 41 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b LFGB gestützte Verbot lägen nicht vor. Der Antragsgegner habe inzwischen umfangreiche Ermittlungen angestellt, die eindeutig ergeben hätten, wie das Malachitgrün in den Betrieb und die Fische des Antragstellers gelangt seien. Er sei zu dem Ergebnis gekommen, dass der Antragsteller das Malachitgrün nicht angewendet habe. Der Begriff „anwenden“ setze voraus, dass der Anwender zielgerichtet handelt. Der Anwendungsbereich des § 41 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b LFGB sei daher nicht mehr eröffnet, da die Ermittlungen über die Ursachen abgeschlossen seien. Der Antragsgegner könne den Bescheid auch auf keine andere Rechtsgrundlage stützen. Der Anwendungsbereich des Art. 16 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 470/2009 sei nicht eröffnet. Es liege mangels zielgerichteter Handlung gerade keine Verabreichung im Sinne dieser Vorschrift vor. Das Inverkehrbringen der Fische sei auch nicht gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 LFGB verboten. Dies ergebe sich aus § 10 Abs. 5 LFGB. Danach trete das allgemeine Verbot des § 10 Abs. 1 Satz 1 LFGB hinter das Regelungsregime des § 41 LFGB mit den dort im Einzelnen vorgesehenen Maßnahmen sowie die allgemeinen Vorschriften über die amtliche Kontrolle und das Verbot des Inverkehrbringens nicht sicherer Lebensmittel aus Art. 14 BasisVO zurück. Dass die Vorschrift nach Aufhebung der Zwischenmaßmaßnahmen gemäß § 41 LFGB nicht wieder auflebe, ergebe sich nicht zuletzt aus Art. 18 Abs. 2 (gemeint ist wohl Abs. 1 Unterabs. 1) der RL 96/23/EG, der vorsehe, dass nach Abschluss der Ermittlungen geeignete Maßnahmen getroffen werden. Die unionsrechtskonforme Auslegung des § 10 Abs. 1, Abs. 5 LFGB führe demnach zu dem Ergebnis, dass nach Abschluss der Ermittlungen gemäß § 41 LFGB die weiteren in § 41 LFGB vorgesehen Maßnahmen oder sonstige einzelfallbezogene Regelungen zu treffen seien und das allgemeine Verbot des § 10 Abs. 1 Satz 1 LFGB nicht wieder auflebe. Als Rechtsgrundlage komme lediglich Art. 54 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 in Betracht. Als unmittelbar geltendes Recht habe diese Norm in ihrem Anwendungsbereich Vorrang vor nationalem Recht. Zwar komme den Behörden insoweit kein Entschließungsermessen zu. Im Rahmen ihrer Entscheidung habe die Behörde aber stets den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Es komme daher sehr wohl darauf an, ob es durch den Verzehr der Fische zu einer Gesundheitsgefährdung kommen könne. Bei den geschlachteten Fischen handle es sich nicht um unsichere Lebensmittel im Sinne des § 14 Abs. 1 BasisVO. Nach den Berechnungen der Sachverständigen Dr. S. werde selbst bei einer Belastung von 6,3 μg/kg der geforderte Sicherheitsabstand für alle Altersgruppen eingehalten. Die angeordneten Maßnahmen seien daher auch unverhältnismäßig. Von dem Verzehr der Fische gehe kein Gesundheitsrisiko aus. Der Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften stamme zudem nicht aus der Sphäre des Antragstellers, der kurz vor der Existenzvernichtung stehe.
Unter dem 10. Juli 2019 übersandte das LGL dem Antragsgegner weitere Befunde bzw. Gutachten über aus dem Betrieb des Antragstellers entnommene Proben, auf die Bezug genommen wird (Bl. 643 ff. der Akte).
Mit Bescheid vom 16. Juli 2019 hob der Antragsgegner das am 14. September 2018 mündlich ausgesprochene Verbot der Abgabe und der Beförderung von lebenden Fischen aus dem Betrieb „Fischzucht B.“ sowie von Lebensmitteln, welche aus Fischen aus diesem Betrieb gewonnen wurden, bezüglich der Regenbogenforellen, welche sich in Teich 11 befinden und durch das bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit beprobt wurden (Gutachten vom 10. Juli 2019), auf. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, aus dem Gutachten des LGL vom 10. Juli 2019 ergebe sich, dass die dem Teich 11 entnommene Probe „Sieben Regenbogenforellen mit den Einzelgewichten […] g“ als Einzelfische beprobt worden sei und alle Einzelfische die Mindestleistungsgrenze (MRPL) von 2 μg/Kg unterschritten.
Mit weiterem Bescheid vom 16. Juli 2019 hob der Antragsgegner seinen Bescheid vom 18. Februar 2019 auf (Ziffer 1 des Bescheides). Die sofortige Vollziehung für die Ziffer 1 des Bescheides wurde angeordnet (Ziffer 2 des Bescheides). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Vorgaben gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayVwVfG für den Widerruf des Bescheids seien erfüllt. Der Antragsgegner habe durch den Befund des LGL vom 10. Juli 2019 nach Erlass des Bescheids vom 18. Februar 2019 Kenntnis erlangt, dass sich in der damals in Teich 4 befindlichen Fischcharge Fische befunden hätten, welche einen Wert von Leukomalachitgrün von über 2 μg/Kg aufwiesen. Bei drei der sieben beprobten Fische seien Werte von 2,1, 2,2, sowie 3,0 μg/kg Leukomalachitgrün gemessen worden. In Anbetracht der Befunde vom 10. Juli 2019 sei nach wie vor ungeklärt, in welchen Mengen und über welchen weiteren Zeitraum Leuko-/Malachitgrün in die Anlage des Antragstellers gelange. Ohne Einschreiten des Antragsgegners wäre das öffentliche Interesse an einem effektiven Gesundheits-/Verbraucherschutz gefährdet.
Die beiden Bescheide des Antragsgegners vom 16. Juli 2019 wurden dem Gericht mit Schriftsatz der Bevollmächtigten des Antragstellers vom … Juli 2019 ohne weitere Erklärung übersandt.
Unter dem 19. Juli 2019 legte der Antragsgegner die Akten vor und beantragte,
„die gestellten Anträge“ abzulehnen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung sei unzulässig. Insoweit fehle es am Vorliegen des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses. Der gegen den streitgegenständlichen Bescheid eingelegte Widerspruch vom 5. November 2018 sei nicht fristgerecht erfolgt. Zwar weise das vom damaligen Bevollmächtigten des Antragstellers am 4. Oktober 2018 per E-Mail übermittelte Empfangsbekenntnis diesen Tag auch als Datum der Zustellung auf. Darauf komme es jedoch nicht an. Denn gemäß Art. 5 Abs. 4 VwZVG sei auch eine erleichterte Form der Zustellung an Rechtsanwälte zulässig. Der Antragsgegner habe den Bescheid vom 28. September 2019 am selben Tag per Telefax an die bevollmächtigten Rechtsanwälte übermittelt. Der erst am 5. November 2018 per Fax beim Antragsgegner eingegangene Widerspruch sei daher nicht innerhalb der Monatsfrist des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO erfolgt.
Der Antrag sei darüber hinaus auch unbegründet. Die Voraussetzungen des § 41 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b LFGB hätten zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses vorgelegen und lägen weiterhin vor. Die Ausführungen der Bevollmächtigten des Antragstellers, dass der Begriff „anwenden“ nach dem allgemeinen Sprachgebrauch voraussetze, dass der Anwender im Rahmen der Zufuhr der Stoffe zielgerichtet handle und damit der Anwendungsbereich des §§ 41 Abs. 2 Satz 1 Verbindung mit Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 b LFGB nicht eröffnet sei, gingen fehl. Es werde verkannt, dass die Norm nach ihrem klaren Wortlaut allein auf das Vorliegen des Nachweises einer Anwendung eines Stoffes mit pharmakologischer Wirkung und gerade nicht auf das zielgerichtete Handeln des Adressaten der Maßnahme abstelle. Dementsprechend sei es nach dem Gesetzeswortlaut für die Erfüllung des Tatbestandes § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b LFGB unerheblich, ob nach dem behördlichen Ermittlungsstand der gegenständliche Stoff aktiv durch den Antragsteller in seinen Betrieb eingebracht worden sei. Ausreichend sei vielmehr, dass der Antragsteller positive Kenntnis über eine fortgesetzte bzw. zumindest nicht ausschließbare, derzeit immer noch ungehinderte Einbringung des Stoffs über Wasser, Sedimente sonstige Faktoren besessen habe und besitze. Ein Verweis auf etwaige Dritte, welche den Stoff in das Fließgewässer eingebracht hätten, gehe fehl. Die Ausführungen der Bevollmächtigten des Antragstellers, dass der Anwendungsbereich des § 41 Absatz 2 LFGB nur den Zeitraum betreffe, bis zu dem das Ergebnis der Untersuchungen gemäß Abs. 1 vorliege und dieser Zeitraum längst verstrichen sei, würden verkennen, dass die Ermittlungen Sinne des § 41 Abs. 2 nicht mit den strafrechtlichen Ermittlungen gleichzusetzen seien. Der Antragsteller gehe laut eigener Einlassung davon aus, dass die in seinem Betrieb gehaltenen Fische bis zum heutigen Tag dem Einfluss des ökologischen Wirkstoffes Malachitgrün durch Sedimentausschwemmungen des Flusses M. in seinen Betrieb ausgesetzt seien. Aus diesen Gründen seien durch den Antragsgegner auch zum jetzigen Zeitpunkt noch Ermittlungen zu Dauer der Einträge und deren Auswirkungen auf die lebensmittelliefernden Fische insbesondere in dem streitgegenständlichen Betrieb durchgeführt und bei Bedarf entsprechende Maßnahmen getroffen worden bzw. würden weiterhin getroffen. Zuletzt seien am 25. Juni 2019 zahlreiche Proben in dem Betrieb entnommen worden, deren Ergebnisse zu neuen Einschätzungen und Maßnahmen des Antragsgegners geführt hätten. Am 10. Juli 2019 habe das LGL den Befund vom selben Tag übermittelt. Darin komme das LGL zu dem Ergebnis, dass von den sieben eingesandten und einzelnen beprobten Fischen drei Fische Werte von über 2 μg/kg und somit oberhalb der Mindestleistungsgrenze von 2 μg/kg, welche gleichzeitig die Grenze für die Verkehrsfähigkeit der Fische darstelle, aufwiese. Eine Aufhebung der Anordnung nach § 41 Abs. 2 LFGB komme daher erst in Betracht, wenn die Voraussetzung für diese Maßnahme nicht mehr gegeben sei. Dies wäre erst der Fall, wenn im Rahmen von Verfolgungsproben die Verkehrsfähigkeit aller repräsentativ als stichprobengenommener Fische festgestellt würde. In diesem Zusammenhang sei auch festzuhalten, dass es sich vorliegend nicht um eine Belastung der Fische des Antragstellers durch eine Umweltkontaminante handle. Entgegen dem Vorbringen der Bevollmächtigten des Antragstellers ergebe sich die fehlende Verkehrsfähigkeit der Fische wie der hieraus gewonnenen Lebensmittel auch weiterhin aus § 10 Abs. 1 und Absatz 2 LFGB. Dem stehe auch nicht § 10 Absatz 5 LFGB entgegen. Eine von den Bevollmächtigten des Antragstellers vorgetragene Anwendungssperre des § 10 Abs. 1, Abs. 2 LFGB nach Aufhebung von Maßnahmen gemäß § 41 LFGB sei von Zweck der Norm gerade nicht erfasst. Die fehlende Verkehrsfähigkeit ergebe sich des Weiteren auch aus dem Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EG G) Nr. 178/2002. Im vorliegenden Fall sei davon auszugehen, dass der durchschnittliche Verbraucher bei vollumfänglichen Kenntnisstand ein Lebensmittel, welches Rückstände in entscheidungserhebliche Höhe von für das lebensmittelliefernde Tier nicht zugelassenen pharmakologisch wirksamen Stoffen als für den Verzehr nicht geeignet verwerfen würde. Diese Entscheidung würde durch den Verbraucher auch unabhängig von einer etwaigen Gesundheitsgefahr getroffen werden. Auf Grund der fehlenden Verkehrsfähigkeit wären durch den Antragsgegner regelmäßig auch im Falle der Aufhebung der Sperre Anordnungen vergleichbarer Qualität auf Grundlage des Art. 54 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 zu treffen. Hierbei wäre eine Gesundheitsgefahr für ein Tätigwerden der Behörden nicht Voraussetzung. Einer Anordnung würden vor diesem Hintergrund auch keinerlei Verhältnismäßigkeitsbedenken begegnen, da der Schutz der Verbraucher vor unsicheren Lebensmitteln schwerer wiegen würde als die der Maßnahme entgegenstehenden Interessen des Antragstellers.
Im Rahmen der Interessensabwägung müsse auch berücksichtigt werden, welchen effektiven Nutzen der Antragsteller durch eine für ihn positive Entscheidung erlangen könne. Im vorliegenden Fall seien zwei Gesichtspunkte besonders zu berücksichtigen. Zunächst befänden sich in dem Betrieb nach aktuellen Erkenntnissen des Antragsgegners nicht verkehrsfähige Tiere. Aus diesem Grund müsste unverzüglich selbst nach einer Entscheidung des Gerichts, welche die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs anordnen würde, eine in ihrem Umfang vergleichbare Anordnung des Antragsgegners auf Grundlage des Art. 54 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 ergehen. Des Weiteren bestünde auch gemäß § 10 Abs. 1 und Abs. 2 LFGB unmittelbar ohne weiteres Zutun der Behörde weiterhin das Verbot des Inverkehrbringens der Fische und der daraus gewonnenen Lebensmittel.
Am 31. Juli 2019 übersandte der Antragsgegner dem Gericht eine Aufstellung der ihm am 29. Juli 2019 durch das Wasserwirtschaftsamt übermittelten Daten u.a. über den die Fischzucht des Antragstellers mit Oberflächenwasser versorgenden Fluss M., die eine immer noch bestehende Belastung des M.-Wassers mit Malachitgrün und Leukomalachitgrün belegten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird ergänzend auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig und begründet. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 28. September 2018 war daher im tenorierten Umfang anzuordnen (§ 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Der Antrag war gemäß § 122 Abs. 1, § 88 VwGO im Interesse des Antragstellers dahingehend auszulegen, dass (nur) die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen Nr. 1 (und nicht auch gegen Nr. 2) des Bescheids vom 28. September 2018 begehrt wird.
Dem so verstandenen Antrag fehlt insbesondere nicht das Rechtsschutzbedürfnis.
Das Rechtschutzbedürfnis für den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist nicht schon deshalb zu verneinen, weil gegen den Bescheid vom 28. September 2018 erst am 5. November 2018 Widerspruch erhoben worden ist. Zwar bestünde für einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs dann kein Rechtsschutzbedürfnis (mehr), wenn dieser verfristet und der angefochtene Bescheid daher bereits bestandskräftig geworden wäre. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall.
Der Bescheid vom 28. September 2018 wurde den Bevollmächtigten des Antragstellers ausweislich des in den Akten enthaltenen Sendeberichts am 28. September 2018 um 12:20 Uhr vorab per Telefax übermittelt. Ausweislich des ebenfalls in den Akten befindlichen Empfangsbekenntnisses bestätigten diese den Empfang des Bescheids am 4. Oktober 2018. Unabhängig davon, ob hier die Bekanntgabe durch Zustellung gegen Empfangsbekenntnis oder durch einfachen Brief bzw. Telefax erfolgen sollte, ist als Zeitpunkt der Bekanntgabe (erst) der 4. Oktober 2018 anzusehen, mit der Folge, dass die Monatsfrist des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO gemäß § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 2 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB erst am Montag, 5. November 2018 endete und der Widerspruch damit fristgerecht eingegangen ist.
Angesichts der Übermittlung des Bescheids „vorab ohne Auflagen per Telefax“ dürfte es bereits an einer Bekanntgabe des Bescheids am 28. September 2018 fehlen. Denn dieser Zusatz lässt sich aus Sicht eine objektiven Empfängers nur dahingehend verstehen, dass die Übermittlung des Bescheids lediglich der Vorabinformation aber nicht zum Zweck der Bekanntgabe bzw. Zustellung erfolgen sollte. Bei einer solchen Vorab-Information fehlt der Bekanntgabewille, so dass der Verwaltungsakt erst mit der Bekanntgabe des nachfolgenden Schriftstücks wirksam wird (Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Aufl. 2018, § 41 Rn. 86). Die Übersendung des Bescheids per Telefax hätte demnach noch keinen Fristlauf ausgelöst. Allerdings scheint dem Bescheid – entgegen dem Zusatz „vorab ohne Anlagen“ – ein Empfangsbekenntnis als Anlage beigefügt gewesen zu sein, zumindest befindet sich ein entsprechendes, von den Bevollmächtigten ausgefülltes Exemplar in den Akten. Darin unterscheidet sich die hier vorliegende Fallkonstellation von derjenigen, über die der Bundesgerichtshof zu entscheiden hatte und eine Bekanntgabe verneint hat, weil dem vorab per Telefax übersandten Schreiben kein Empfangsbekenntnis beigefügt gewesen und daher für den Empfänger zu erkennen gewesen sei, dass die Übermittlung nur zur Information und nicht zum Zweck der Zustellung erfolge (BGH, B.v. 10.11.2009 – X ZB 8/09 – juris 1. Leitsatz und Rn. 22 f.). Selbst wenn das Empfangsbekenntnis zugleich mit dem Bescheid per Telefax übersandt worden sein sollte, ist das Gericht der Auffassung, dass die gleichzeitige Verwendung des Zusatzes „Gegen Empfangsbekenntnis“ und „vorab ohne Anlagen gegen Telefax“ zumindest irreführend bzw. in sich widersprüchlich ist, und der Antragsgegner sich dies zurechnen lassen muss – mit der Folge, dass hier von einem fehlenden Bekanntgabewille auszugehen ist.
Doch selbst wenn man hier von einem Bekanntgabewillen des Antragsgegners ausgehen wollte, ist die Bekanntgabe jedenfalls erst am 4. Oktober 2018 wirksam erfolgt. Dies ergibt sich aus Folgendem:
Gemäß Art. 41 Abs. 5 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz – BayVwVfG – i.V.m. Art. 1 Abs. 5 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz – VwZVG – wird zugestellt, wenn es durch Rechtsvorschrift oder behördliche Anordnung bestimmt ist. Vorliegend ist keine Rechtsvorschrift ersichtlich, nach der eine Zustellung vorgeschrieben gewesen wäre. Eine Androhung von Zwangsmitteln, die eine Zustellung erforderlich gemacht hätte (vgl. Art. 36 Abs. 7 VwZVG), enthält der Bescheid vom 28. September 2018 nicht. Der auf dem Bescheid aufgebrachte Vermerk des Antragsgegners „gegen Empfangsbekenntnis“ und die Beifügung eines solchen dürften aus der maßgeblichen Sicht eines verständigen Empfängers jedoch als entsprechende behördliche Anordnung zu verstehen sein. Gemäß Art. 5 Abs. 4 VwZVG kann die Zustellung somit auch auf andere Weise, insbesondere auch durch elektronische Übermittlung des Bescheids und des Empfangsbekenntnisses – wie hier per Telefax – erfolgen. Zum Nachweis der Zustellung nach Abs. 4 und 5 genügt das mit Datum und Unterschrift versehene Empfangsbekenntnis, das an die Behörde durch die Post und elektronisch zurückzusenden ist (Art. 5 Abs. 7 Satz 1 VwZVG). Die Zustellung nach Art. 5 Abs. 4 VwZVG erlaubt demnach gegenüber dem dort genannten Adressatenkreis lediglich eine weniger förmliche Zustellung. Dies bedeutet aber keineswegs, dass als Zeitpunkt der wirksamen Zustellung „automatisch“ derjenige der Übermittlung per Fax anzusehen wäre. Die Zustellung wird vielmehr (erst) wirksam, wenn der Empfänger vom Zugang des zuzustellenden Dokuments Kenntnis erlangt und die Bereitschaft erkennbar ist, die Zustellung entgegenzunehmen (Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2016, § 5 VwZVG Rn. 7). Ausweislich des von den Bevollmächtigten des Antragstellers ausgefüllten und unterschriebenen Empfangsbekenntnisses ist dies erst am 4. Oktober 2018 der Fall gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass dieser Zeitpunkt nicht demjenigen der persönlichen Kenntnisnahme des Bescheids entspricht, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Selbst wenn man die Übersendung des Bescheids „gegen Empfangsbekenntnis“ nicht als entsprechende behördliche Anordnung auslegen und daher eine Bekanntgabe per einfachem Brief bzw. Telefax annehmen wollte, ändert sich am Zeitpunkt der Bekanntgabe nichts. Nach der dann maßgeblichen Vorschrift des Art. 41 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG gilt ein Verwaltungsakt, der im Inland oder Ausland elektronisch übermittelt wird, am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Dies wäre hier am 1. Oktober 2018. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen (Art. 41 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG). Vorliegend hat der Antragsteller den Zeitpunkt durch die vom Antragsgegner erbetene Rücksendung des auf den 4. Oktober 2018 ausgestellten Empfangsbekenntnisses hinreichend substantiiert bestritten. Es wäre daher am Antragsgegner, den Zugang zu einem früheren, von der Empfangsbestätigung abweichenden Zeitpunkt zu belegen. Daran fehlt es hier.
Das Rechtsschutzbedürfnis ist auch insoweit für den unbeschränkt gestellten Eilantrag nicht entfallen, als der Antragsgegner das ursprünglich angeordnete Verbot teilweise wieder aufgehoben hat. Zwar hat der Antragsgegner das am 14. September 2018 mündlich angeordnete und mit Bescheid vom 28. September 2019 bestätigte Verbot für die in den Bescheiden vom 12. Dezember 2018, 29. Januar 2019, 18. Februar 2019, 4. April 2019 und 16. Juli 2019 genannten Teilbereiche des Betriebs aufgehoben. Wie die Aufhebung des Bescheids vom 18. Februar 2019 mit Bescheid vom 16. Juli 2019 jedoch zeigt, erscheint es angesichts der geänderten Vollzugspraxis des Antragsgegners auf der Grundlage der geänderten bzw. konkretisierten Vorgaben des LGL zur Beprobung nicht als ausgeschlossen, dass aufgrund einer Neubewertung der Ergebnisse der bereits erfolgter Untersuchungen oder auf der Grundlage neuer Befundberichte die bereits erfolgte Freigabe auch der übrigen Teilbereiche des Betriebs des Antragstellers wieder aufgehoben wird.
Der Antrag ist auch begründet.
Gemäß § 80 Abs. 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt zum einen, wenn die Behörde nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten angeordnet hat. Die aufschiebende Wirkung entfällt aber auch dann, wenn dies – wie hier in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 41 Abs. 2 Satz 4 des Lebensmittel-Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuchs (LFGB) – gesetzlich angeordnet ist.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen, im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei der Entscheidung über die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens dagegen nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer Interessensabwägung.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist dabei derjenige der Entscheidung des Gerichts. Dies ergibt sich aus mehreren Überlegungen. Bei Anfechtungsklagen ist maßgeblicher Zeitpunkt grundsätzlich derjenige der letzten Behördenentscheidung. Da eine Entscheidung der Widerspruchsbehörde über den hier eingelegten Widerspruch noch aussteht, kommt es schon nach den allgemeinen Grundsätzen auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts an. Zudem handelt es sich vorliegend um einen Dauerverwaltungsakt, da das Verbot der Abgabe und Beförderung von Fischen bzw. aus diesen gewonnenen Lebensmitteln aus dem Betrieb des Antragstellers gleichsam täglich neu angeordnet wird. Abweichend von dem oben dargestellten Grundsatz kommt es bei Dauerverwaltungsakten für deren Rechtmäßigkeit nicht auf den Zeitpunkt ihres erstmaligen Erlasses, sondern darauf an, ob der Verwaltungsakt auch zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch rechtmäßig ist. Dass (nur) dieser Zeitpunkt maßgeblich sein kann, zeigt schließlich auch der Blick auf die materielle Rechtslage: Nach § 41 Abs. 2 Satz 3 LFGB hat die Behörde Anordnungen nach Satz 1 aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr gegeben sind.
Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall war dem Antrag in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang stattzugeben, weil sich das in Nr. 1 des Bescheids vom 28. September 2018 enthaltene Verbot der Abgabe und Beförderung von lebenden Fischen aus dem Betrieb des Antragstellers sowie von Lebensmitteln, welche aus Fischen aus diesem Betrieb gewonnen wurden, nach der hier gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung als zumindest nunmehr rechtswidrig darstellt und den Antragsteller in seinen Rechten verletzt.
Der streitgegenständliche Bescheid kann entgegen der Ansicht des Antragsgegners nicht (mehr) auf § 41 Abs. 2 Satz 1 LFGB gestützt werden.
Nach § 41 Abs. 2 Satz 1 LFGB hat die zuständige Behörde die Abgabe oder Beförderung von lebenden Tieren im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 LFGB oder von ihnen gewonnener Lebensmittel aus dem Betrieb oder Unternehmen zu verbieten, wenn die Voraussetzungen nach § 41 Abs. 1LFGB für die dort vorgesehenen Ermittlungen gegeben sind.
Gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 LFGB hat die zuständige Behörde zur Durchführung der Richtlinie 96/23/EG in einem Erzeugerbetrieb, Viehhandelsunternehmen oder Transportunternehmen Ermittlungen über die Ursachen für das Vorhandensein von Rückständen pharmakologisch wirksamer Stoffe oder deren Umwandlungsprodukte sowie von anderen Stoffen, die von Tieren auf von ihnen gewonnene Erzeugnisse übergehen und für den Menschen gesundheitlich bedenklich sein können, anzustellen, wenn
1. bei lebenden Tieren im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 LFGB in oder aus diesem Betrieb oder Unternehmen oder bei von ihnen gewonnenen Lebensmitteln
a. Stoffe mit pharmakologischer Wirkung, deren Anwendung verboten ist, oder
b. die Anwendung von Stoffen mit pharmakologischer Wirkung für Tiere oder Anwendungsgebiete, für die die Anwendung ausgeschlossen ist,
nachgewiesen oder
2. bei von lebenden Tieren im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 LFGB aus diesem Betrieb oder Unternehmen gewonnenen Lebensmitteln, bei denen festgestellt wurde, dass festgesetzte Höchstmengen für Rückstände von Stoffen nach Anhang I der Richtlinie 96/23/EG oder deren Umwandlungsprodukte überschritten
wurden oder Tatsachen zuverlässig darauf schließen lassen.
Zwar dürften zum Zeitpunkt sowohl der mündlichen Anordnung am 14. September 2018 als auch des Erlasses des Bescheids vom 28. September 2018 die Voraussetzungen des § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b, Abs. 2 Satz 1 LFGB vorgelegen haben. Bei dem in den Fischen aus dem Betrieb des Antragstellers laut Befunden bzw. Gutachten des LGL vom 20./21. September 2018 festgestellten Leukomalachitgrün handelt es sich um ein Abbauprodukt von Malachitgrün, dessen Verwendung in Tierarzneimitteln für zur Lebensmittelerzeugung gehaltene Tiere in der Europäischen Union nicht zugelassen ist. Der Wirkstoff Malachitgrün darf als Arzneimittel bei Lebensmittel liefernden Tieren nach Art. 16 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 470/2009 des europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über die Schaffung eines Gemeinschaftsverfahrens für die Festsetzung von Höchstmengen für Rückstände pharmakologisch wirksamer Stoffe in Lebensmitteln tierischen Ursprungs, zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 2377/90 des Rates und zur Änderung der Richtlinie 2001/82/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates nicht angewendet werden, da er nicht nach Art. 14 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 470/2009 eingestuft und daher nicht im Anhang der Verordnung (EU) Nr. 37/2010 der Kommission vom 22. Dezember 2009 über pharmakologisch wirksame Stoffe und ihre Einstufung hinsichtlich der Rückstandshöchstmengen in Lebensmitteln tierischen Ursprungs gelistet ist. Dieses Ergebnis ergibt sich u.a. auch aus der Entscheidung der Kommission vom 22. Dezember 2003 zur Änderung der Entscheidung 2002/657/EG hinsichtlich der Festlegung von Mindestleistungsgrenzen (MRPL) für bestimmte Rückstände in Lebensmitteln tierischen Ursprungs (223/25/EG) – vgl. dort den Erwägungsgrund 2 – und ist letztlich auch nicht streitig. Angesichts der in den Proben aus dem Betrieb des Antragstellers festgestellten Rückstände ließen zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses auch Tatsachen zuverlässig auf eine Anwendung von Stoffen mit pharmakologischer Wirkung (Malachitgrün) für Tiere, für die die Anwendung ausgeschlossen ist (Speisefische), schließen, mit der Folge, dass seinerzeit Ermittlungen über die Ursachen der Rückstände angezeigt waren.
Jedenfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts liegen jedoch die Voraussetzungen für Ermittlungen über die Ursachen für das Vorhandensein von Malachitgrün bzw. Leukomalachitgrün in den beprobten Fischen aus dem Betrieb des Antragstellers nicht mehr vor.
§ 41 Abs. 1 LFGB verpflichtet die zuständige Behörde zu Ermittlungen über die Ursachen für das Vorhandensein der genannten Stoffe; die Behörde muss also herausfinden, wann, wo und wie die genannten Stoffe in das Tier gelangte sind (Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand März 2019, § 41 Rn. 2). Eine Ursachenermittlung nach § 41 Abs. 1 LFGB ist vorzunehmen, wenn aus konkreten Tatsachen mit großer Wahrscheinlichkeit auf das Vorhandensein eines Stoffs (§ 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a LFGB), seine Anwendung (§ 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst b LFGB) oder eine Überschreitung (§ 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 LFGB) geschlossen werden kann (Boch, Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch, 7. Online-Auflage 2018, § 41 Rn. 2 ff.). Dass die Anwendung von Stoffen mit pharmakologischer Wirkung für Tiere, für die die Anwendung ausgeschlossen ist – hier von Malachitgrün in Arzneimitteln für Speisefische – zielgerichtet erfolgte, ist demnach in diesem Verfahrensstadium nicht notwendig. Es genügt vielmehr, wenn hierfür konkrete Tatsachen – wie hier zunächst der Nachweis von Rückständen in den aus dem Betrieb des Antragstellers entnommenen Proben – auf eine Anwendung hindeuten. Sind die Ursachenermittlungen hingegen abgeschlossen, ist der Anwendungsbereich des § 41 Abs. 1 LFGB nicht mehr eröffnet. Dementsprechend hat die zuständige Behörde entweder die Anordnungen nach Abs. 2 Satz 1 aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr gegeben sind (§ 41 Abs. 2 Satz 3 LFGB), oder (bei Nachweis einer Anwendung) Maßnahmen nach Abs. 3, 5 oder 6 bzw. (ohne Nachweis einer Anwendung) nach Abs. 4 zu treffen (vgl. Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand März 2019, § 41 LFGB Rn. 14, 19).
Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall kann jedenfalls zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung das Verbot der Abgabe und Beförderung von Fischen aus dem Betrieb des Antragstellers nicht mehr auf § 41 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b LFGB gestützt werden. Denn die Sperre des Betriebs des Antragstellers zum Zweck der weiteren Beprobung dient nicht mehr der Ermittlung von Ursachen für die Rückstände. Schon seit Kenntnis von der Einstellung der strafrechtlichen Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft … mit Verfügung vom 23. April 2019, jedenfalls aber mit Übersendung der neuesten Daten durch das Wasserwirtschaftsamt, die die nach wie vor bestehende Belastung des den Betrieb des Antragstellers versorgenden Wassers des Flusses M. belegen, durfte der Antragsgegner nicht mehr davon ausgehen, dass Tatsachen zuverlässig auf eine Anwendung von Malachitgrün durch den Antragsteller schließen lassen. Die Aufrechterhaltung des Verbots nach § 41 Abs. 2 Satz 1 LFGB zum Zweck weiterer Beprobungen ist nicht mehr geeignet, die Ursachen für die Rückstände zu ermitteln, insbesondere die Frage einer Anwendung durch den Antragsteller oder eine andere Person zu klären. Die weitere, durch das Verbot der Abgabe und Beförderung ermöglichte Beprobung der Fische aus dem Betrieb des Antragstellers ist nicht (mehr) geeignet, die Frage, wie und durch wen die Rückstände in die Fische aus dem Betrieb des Antragstellers gelangt sind, weiter aufzuklären. Das Verbot dient damit nicht (mehr) der Ermittlung der Ursachen für die Rückstände und daher nicht mehr dem in § 41 Abs. 1 LFGB vorausgesetzten Zweck. Ist eine weitere Aufklärung nicht zu erzielen, hat die Behörde vielmehr darüber zu entscheiden, ob bzw. inwieweit Maßnahmen nach den Absätzen 3 ff. zu treffen sind. An einer solchen Entscheidung fehlt es hier.
Das vom Antragsgegner gemäß § 41 Abs. 2 Satz 1 LFGB angeordnete Verbot in Nr. 1 des Bescheids kann auch nicht auf § 41 Abs. 4 Satz 1 LFGB gestützt werden. Zwar hat das Verwaltungsgericht auch im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens grundsätzlich zu prüfen, ob der angegriffene Bescheid auf eine andere Rechtsgrundlage als die von der Behörde herangezogene gestützt werden kann. Insoweit käme hier § 41 Abs. 4 Satz 1 LFGB in Betracht. Danach hat die zuständige Behörde das Verbot nach Absatz 2 Satz 1 aufrechtzuerhalten, sofern die in Absatz 3 genannten Stoffe bei dem Tier, nicht aber deren Anwendung, nachgewiesen worden sind. Die Anwendung im Sinne des § 41 Abs. 3 LFGB setzt dabei eine bewusste und gewollte Zuführung der Stoffe bei den Tieren voraus (Boch, Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch, 7. Online-Ausgabe 2019, § 41 Rn. 5). Für § 41 Abs. 4 genügt hingegen der bloße Nachweis des Stoffes, ohne dass die Anwendung nachgewiesen sein müsste. Zwar ist ausweislich der Befunde bzw. Gutachten des LGL vom 20./21. September 2018 bzw. 10. Juli 2019 Malachitgrün bzw. Leukomalachitgrün in den dort näher bezeichneten und beprobten Fischen nachgewiesen worden. Der Anwendungsbereich des § 41 Abs. 4 LFGB ist aber gleichwohl nicht eröffnet, weil es sich bei Malachitgrün bzw. Leukomalachitgrün nicht um einen Stoff im Sinne des § 41 Abs. 3 LFGB handelt. Dies sind nur Stoffe, die im Anhang Tabelle 2 der Verordnung (EU) Nr. 37/2010 der Kommission als verbotene Stoffe aufgeführt sind (§ 41 Abs. 3 Nr. 1 LFGB) – was hier nicht der Fall ist, weil Malachitgrün bzw. Leukomalachitgrün im Anhang Tabelle 2 dieser Verordnung nicht gelistet ist – oder Stoffe, die nach Maßgabe einer aufgrund des § 10 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b LFGB zur Umsetzung von Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union erlassenen Rechtsverordnung lebenden Tieren im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 LFGB nicht oder nur zu bestimmten Zwecken zugeführt werden dürfen, nachweislich entgegen den Vorschriften dieser Rechtsverordnung, sofern dort ausdrücklich auf die Umsetzung verwiesen wird, angewendet worden sind (§ 41 Abs. 3 Nr. 2 LFGB). Eine solche Rechtsverordnung, die auf § 10 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b LFGB gestützt ist, liegt bislang jedoch nicht vor. Die aktuelle Verordnung über Stoffe mit pharmakologischer Wirkung ist noch auf das Gesetz über den Verkehr mit Lebensmitteln, Tabakerzeugnissen, kosmetischen Mitteln und sonstigen Bedarfsgegenständen (Lebensmittel und Bedarfsgegenständegesetz – LMBG) gestützt (Zipfel/Ratke, Lebensmittelrecht, März 2019, § 41 Rn. 26) und kann daher nicht herangezogen werden.
Die Frage, ob das Verbot der Abgabe und Beförderung von Fischen aus dem Betrieb des Antragstellers auf eine gänzlich andere Rechtsgrundlage gestützt werden und daher ein inhaltsgleicher Bescheid unmittelbar nach Aufhebung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung erlassen werden könnte oder müsste, braucht hier nicht beantwortet zu werden. Denn die hier von den Beteiligten als Rechtsgrundlage ins Feld geführten Vorschriften des Art. 54 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (im Folgenden: Kontroll-VO) bzw. des (subsidiär) in Betracht kommenden § 39 LFGB (zum Verhältnis dieser beiden Normen zueinander vgl. Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, März 2019 § 39 Rn. 10f.) sehen eine Vielzahl von Maßnahmen vor, über die die zuständige Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen (vgl. Art. 54 Abs. 2 Kontroll-VO, § 39 Abs. 2 Satz 2 LFBG) zu entscheiden hat. Vor diesem Hintergrund ist im vorliegenden Verfahren auch nicht über die Frage der Verkehrsfähigkeit der Fische und daraus gewonnener Lebensmittel aus dem Betrieb des Antragstellers als Grundlage für die ggf. erforderlich werdende Anordnung anderweitiger Maßnahmen durch den Antragsgegner zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes – GKG – i.V.m. den Empfehlungen in der Nr. 1.5 Satz 1, Nr. 25.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Anh. § 164 Rn. 14).

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