Europarecht

Verbot der Buchmacherwette zum Totalisatorkurs

Aktenzeichen  M 16 K 14.5083

Datum:
20.12.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GlüStV GlüStV § 2 Abs. 5, § 4 Abs. 2 S. 3, § 9a Abs. 2 S. 1 Nr. 3, § 27
RennwLottG § 1 Abs. 1, § 2

 

Leitsatz

Ein Verbot der Buchmacherwette zum Totalisatorkurs lässt sich weder auf das RennwLottG noch auf Vorschriften des GlüStV stützen.

Tenor

I. Soweit der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, wird das Verfahren eingestellt.
II. In Abänderung des Bescheides der Regierung von Oberbayern vom 25. Juli 2016 wird der Beklagte verpflichtet, der Klägerin die Vermittlung von Pferdewetten an die I. E. Ltd. und die Veranstaltung und Vermittlung von Buchmacherwetten zum Totalisatorkurs zu erlauben sowie der Klägerin zu gestatten, die im Bescheid vom 25. Juli 2016 genannten Buchmachergehilfen in allen von der Erlaubnis umfassten Geschäftsräumen einzusetzen.
III. Die Nrn. 7g, 7h, 7j, 7k, 7m, 7n, 7o des Bescheides der Regierung von Oberbayern vom 25. Juli 2016 werden aufgehoben.
IV. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
V. Die Klägerin hat Kosten des Verfahrens zu 1/6 und der Beklagte zu 5/6 zu tragen.
VI. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

A.
Soweit die Beteiligten die Klage übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO einzustellen.
B.
Im Übrigen ist die Klage zulässig und überwiegend begründet.
1. Soweit die Klägerin die Erlaubnis zur Vermittlung von Pferdewetten an die I. und für die Veranstaltung aller gewerbsmäßigen Wetten bei öffentlichen Leistungsprüfungen für Pferde, die Gestattung der freien Einteilung der Buchmachergehilfen in den Buchmacherlokalen sowie die Erlaubnis zum Veranstalten und Vermitteln von Buchmacherwetten zum Totalisatorkurs begehrt, sind die von ihr erhobenen Verpflichtungsanträge auf Erteilung einer entsprechend uneingeschränkten Erlaubnis zulässig. Die Regelungen im streitgegenständlichen Bescheid stellen insoweit Inhaltsbestimmungen dar, die unmittelbar den Umfang der Erlaubnis festlegen (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 42 Rn. 42 m.w.N.). Im Hinblick auf die freie Einteilung der Buchmachergehilfen in den genehmigten Örtlichkeiten fehlt der Klage auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Denn der Beklagte stützt seine ablehnende Entscheidung nicht nur darauf, dass die Zuordnung der Buchmachergehilfen zu den entsprechenden Buchmacherlokalen lediglich der Antragstellung der Klägerin gefolgt sei, sondern bestreitet generell einen entsprechenden Anspruch der Klägerin. Soweit sich die Klage gegen verschiedene Nebenbestimmungen richtet, sind die erhobenen Anfechtungsanträge zulässig. Die angegriffenen Nebenbestimmungen unter Nr. 7 des streitgegenständlichen Bescheids treten als selbstständige Handlungs- oder Unterlassungsgebote neben die Erlaubnis und sind daher als isoliert anfechtbare Auflagen zu qualifizieren (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 42 Rn. 47 m.w.N.).
2. Soweit die der Klägerin gemäß § 27 Abs. 1 Satz GlüStV i.V.m § 2 RennwLottG erteilte Buchmachererlaubnis nicht die Vermittlung an die IBA umfasst, ist der Bescheid rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Nach § 27 Abs. 2 GlüStV unterliegt das Veranstalten und Vermitteln von Pferdewetten im Internet einem grundsätzlichen Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Erlaubnisse für Internet-Pferdewetten werden im ländereinheitlichen Verfahren durch die Glücksspielaufsichtsbehörde des Landes Hessen erteilt (§ 27 Abs. 2 Satz 2 GlüStV i.V.m. § 9a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 GlüStV). Dabei tritt die Erlaubnis nach § 27 Abs. 2 GlüStV neben die Erlaubnis gemäß § 2 RennwLottG. Die IBA hat vom Regierungspräsidium Darmstadt sowohl eine Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 RennwLottG i.V.m. § 27 Abs. 1 GlüStV (Erlaubnis vom 27. Mai 2015) als auch eine Erlaubnis für das Veranstalten und Vermitteln von Pferdewetten im Internet gemäß § 27 Abs. 2 GlüStV erhalten (Erlaubnis vom 26. August 2015). Die genannten Erlaubnisse hat der Beklagte aufgrund der allgemeinen bzw. direkten Bindungswirkung dieser Verwaltungsakte – ohne inhaltliche Prüfung der Richtigkeit der darin getroffenen Regelung – seiner Entscheidung zugrunde zu legen (vgl. Urteil der Kammer v. 10.2.2015 – M 16 K 14.4638 – m.w.N.). Da die Erlaubniserteilung zur Folge hat, dass es sich beim Wettangebot der I. um ein in Deutschland zugelassenes Angebot handelt, hat die Klägerin gegen den Beklagten – auch wenn dieser das Wettangebot der I. möglicherweise nicht für genehmigungsfähig hält – einen Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis, die die Vermittlung in dieses von der zuständigen Behörde erlaubte Wettangebot umfasst. Zwar bestimmt § 4 Abs. 2 Satz 3 GlüStV, dass ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis nicht besteht. Diese Regelung findet aber auf Pferdewetten keine Anwendung. Denn für Pferdewetten gelten die Vorschriften des GlüStV nur eingeschränkt (§ 2 Abs. 5 GlüStV). § 27 Abs. 1 GlüStV verweist zwar in Satz 3 auf § 4 Abs. 2 Satz 1 GlüStV, jedoch nicht auf § 4 Abs. 2 Satz 3 GlüStV. Deshalb verbleibt es insoweit beim Regelungsregime des RennwLottG und der als Anspruchsnorm ausgestalteten Vorschrift zur Buchmacherkonzession in § 2 RennwLottG (vgl. Ennuschat, in Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Aufl. 2013, § 2 RennwLottG Rn. 7 m.w.N.). Einem Anspruch der Klägerin auf Erteilung einer entsprechenden Erlaubnis steht auch nicht entgegen, dass die I. die ihr nach § 27 Abs. 2 GlüStV erteilte Erlaubnis verwaltungsgerichtlich angegriffen hat. Nach Angaben der für die entsprechende Erlaubnis zuständigen Behörde sind lediglich Nebenbestimmungen angefochten. Die Wirksamkeit des Grundverwaltungsaktes wird daher von dem am Verwaltungsgericht Darmstadt anhängigen Verfahren nicht berührt. Ob und inwieweit die I. von den Erlaubnissen in einer dem Erlaubnisumfang nicht entsprechenden Weise Gebrauch macht, ist vom Beklagten nicht konkretisiert worden und im Übrigen für das vorliegenden Verfahren auch nicht entscheidungserheblich. Denn sollte die I. tatsächlich in einer von der erteilten Erlaubnis abweichenden Weise tätig werden, wäre es Aufgabe der zuständigen Aufsichtsbehörde gegen die I. einzuschreiten, nicht aber Aufgabe des Beklagten ein von der erteilten Erlaubnis nicht gedecktes Tätigwerden der I. mittelbar durch Einschränkung der Erlaubnisse derjenigen, die an die I. vermitteln, zu verhindern.
3. Die Klägerin hat auch Anspruch auf Erteilung einer Buchmachererlaubnis, die die Veranstaltung (den Abschluss) und die Vermittlung von Buchmacherwetten zum Totalisatorkurs umfasst. Dem RennwettLottG lässt sich kein Verbot der Buchmacherwette zum Totalisatorkurs entnehmen. Das Gesetz unterscheidet zwischen der Totalisatorwette (§ 1 RennwLottG) und dem Wettabschluss bei einem Buchmacher (§ 2 RennwLottG). Bei der Totalisatorwette handelt es sich um eine spezielle Ausprägung der Lotterie, d.h. um Glücksspiel, bei dem der Unternehmer des Totalisators Spieleinsätze entgegennimmt, um diese nach Abzug von Steuer- und Unternehmensgewinn an die Gewinner zu verteilen (vgl. Ennuschat, in Dietlein/Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Aufl. 2013, § 1 RennwLottG Rn. 1f.). Die Erlaubnis zum Betrieb eines Totalisators aus Anlass öffentlicher Pferderennen und anderer öffentlicher Leistungsprüfungen für Pferde kann nur Renn- und Pferdezuchtvereinen erteilt werden (§ 1 Abs. 1 RennwLottG, § 2 Abs. 1 RennwLottGABest). Die Vereine müssen zudem die Sicherheit bieten, dass sie die Einnahmen ausschließlich zum Besten der Landespferdezucht verwenden (§ 1 Abs. 3 RennwLottG, § 2 Abs. 3 S. 1 RennwLottGABest). Hiervon unterscheidet sich die Buchmachertätigkeit in Ausgestaltung und Zweckverfolgung deutlich (vgl. BVerwG, U.v. 4.10.1994 – 1 C 13/93 – juris Rn. 28). Buchmacher ist, wer gewerbsmäßig Wetten bei öffentlichen Leistungsprüfungen für Pferde abschließt oder vermittelt (§ 2 Abs. 1 RennwLottG). Der Betrieb des Buchmachers ist wirtschaftliche Betätigung, die auf Gewinnerzielung gerichtet ist (vgl. BVerwG, U.v. 4.10.1994 – 1 C 13/93 – juris Rn. 19). Dabei kann der Buchmacher selbständig im eigenen Namen und für eigene Rechnung handeln, für einen Totalisator oder einen anderen Buchmacher Pferdewetten vermitteln oder im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung abschließen (Wache/Lutz in Erbs/Kohlhaas, § 2 RennwLottG Rn. 2). Der Buchmacher ist nicht auf Festquotenwetten beschränkt, sondern darf auch Wetten zum Totalisatorkurs anbieten. Zwar bezeichnen Rechtsprechung und Kommentarliteratur das Wetten zu festen Odds als das „eigentliche Buchmachen“. Übereinstimmend wird aber davon ausgegangen, dass das Angebot von Festquotenwetten neben dem Angebot von Wetten zum Totalisatorkurs steht. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, U.v. 4.10.1994 – 1 C 13/93 – juris Rn. 19) stellt hierzu fest:
„Denn der Buchmacher muss nicht ausschließlich Wetten zum Totalisatorkurs anbieten (auf Rennplätzen darf er es auch nicht, wie aus § 4 Abs. 3 RWG 1986 folgt), sondern kann – und das ist das eigentliche Buchmachergeschäft – Wetten „zu festen Odds“ anbieten, bei denen er gegen den Einsatz des Wetteilnehmers einen bestimmten Gegeneinsatz setzt.“
In der Kommentarliteratur (Wache/Lutz in Erbs/Kohlhaas, § 2 RennwLottG Rn. 4) wird ausgeführt:
„Der Buchmacher kann Wetten jeder Art abschließen; erforderlich ist nur, dass sie sich auf öffentliche Leistungsprüfungen für Pferde beziehen. Zu unterscheiden sind die Wetten zu festen Odds, bei denen der Buchmacher ohne Rücksicht auf den Totalisatorkurs gegen den Einsatz des Wettenden einen bestimmten Gegeneinsatz setzt, und Wetten zum Totalisatorkurs, bei denen sich der Buchmacher verpflichtet, dieselbe Quote zu zahlen wie der Totalisator. Das Wetten zu festen Odds ist das eigentliche Buchmachen. Beim Wetten zum Totalisatorkurs hat der Buchmacher nur eine dem Bankhalter beim Glücksspiel vergleichbare Stellung. Auf den Rennplätzen ist den Buchmachern, damit sie dem Totalisator keine fühlbare Konkurrenz machen, nur das Wetten zu festen Odds für die dort am Renntag stattfindenden Rennen (§ 4 Abs. 3) gestattet.“
Ein Verbot der Buchmacherwette zum Totalisatorkurs ergibt sich auch nicht durch die Einbeziehung der Pferdewetten in das Regelungsregime des GlüStV. Denn auch dort findet sich kein ausdrückliches Verbot der Buchmacherwette zum Totalisatorkurs. Zwar ist nach § 27 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 1 GlüStV die Erlaubnis zu versagen, wenn das Veranstalten oder das Vermitteln des Glücksspiels den Zielen des § 1 GlüStV zuwiderläuft. Dass dies bei der Buchmacherwette zum Totalisatorkurs der Fall ist, konnte der Beklagte aber zur Überzeugung der Kammer nicht belegen. Etwaige Risiken und Manipulationsmöglichkeiten der Buchmachwette zum Totalistorkurs sind vergleichbar mit solchen, die durch das Betreiben des Totalisators selbst bestehen. Dass aber das Betreiben eines Totalisatorunternehmens gegen die Ziele des GlüStV verstößt, wird auch vom Beklagten nicht angenommen. Schließlich lässt sich allein aus dem Umstand, dass § 27 Abs. 3 GlüStV ausschließlich Festquotenwetten der Mitwirkung am Sperrsystem und der Anwendbarkeit der Spielersperre unterwirft, keine Beschränkung der Buchmacherwette auf Festquotenwetten ableiten.
4. Die Klägerin hat auch Anspruch darauf, ihre Buchmachergehilfen in allen von der Erlaubnis umfassten Geschäftsräumen flexibel einzusetzen. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RennwettLottG bedarf der Buchmacher neben der Erlaubnis für die Örtlichkeit, wo die Wetten entgegengenommen oder vermittelt werden, auch einer Erlaubnis für die Personen, deren er sich zum Abschluss und zur Vermittlung von Wetten bedienen will. Entsprechende Erlaubnisse hat der Beklagte der Klägerin mit dem streitgegenständlichen Bescheid für alle dort genannten Buchmachergehilfen erteilt. Gegen den Einsatz der entsprechenden Personen als Buchmachergehilfen bestehen somit keine Bedenken. Dass es zur Unterbindung von Suchtgefahren erforderlich sein soll, als Buchmachergehilfe mit den in der Örtlichkeit anwesenden (Stamm-)Spielern in einem besonderen Vertrauensverhältnis zu stehen, überzeugt nicht, zumal der Beklagte an anderer Stelle vertritt, dass zwischen Personal und Kunden Distanz zu schaffen sei. Im Übrigen hat sich der Beklagte durch Erlass des hier nicht streitgegenständlichen Bescheides vom 9. Mai 2016, in dem er der Klägerin eine Zuordnung der dort genannten Gehilfen zu mehreren Geschäftsräumen erlaubt, auch zu seiner eigenen Argumentation in Widerspruch gesetzt.
5. Die Anfechtungsanträge gegen die Auflagen unter Nr. 7 des streitgegenständlichen Bescheids haben größtenteils Erfolg. Der Beklagte stützt seine Entscheidung insoweit auf § 2 Abs. 2 Satz 3 RennwLottG i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 RennwLottGABest. Nach § 2 Abs. 2 Satz 3 RennwLottG kann die Buchmachererlaubnis u.a. mit Auflagen verbunden werden. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 RennwLottGABest ist den Buchmachern vorzuschreiben, welchen Beschränkungen sie und ihre Gehilfen sich bei Ausübung ihres Gewerbes auf dem Renn Platz wie außerhalb des Rennplatzes hinsichtlich des Ortes und der Bezeichnung ihrer Geschäftsräume zu unterwerfen haben. Grundsätzlich ist es daher möglich, die Buchmachererlaubnis als begünstigenden Verwaltungsakt mit belastenden Nebenbestimmungen – insbesondere mit Auflagen – zu versehen. Der Erlass von Nebenbestimmungen steht im pflichtgemäßen Ermessen der Erlaubnisbehörde (vgl. Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2016, § 36 Rn. 78). Auflagen sind Verfügungen, durch die dem durch den Verwaltungsakt Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (vgl. Art. 36 Abs. 2 Nr. 4 Bayerische Verwaltungsverfahrensgesetz – BayVwVfG). Obgleich die Auflage Nebenbestimmung ist, ist sie selbst Verwaltungsakt. Ihre Erfüllung kann mit Mitteln des Verwaltungszwangs durchgesetzt werden (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 42 Rn. 47 m.w.N.). Die jeweilige Auflage muss geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sein und darf nicht über den gesetzlichen Rahmen der Ermächtigung zum Erlass des Hauptverwaltungsakts hinausgehen (vgl. Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl. 2016, § 36 Rn. 84). Da für die Auflage kennzeichnend ist, dass sie eine Anordnung trifft, mithin etwas „vorschreibt“, muss sie, um rechtmäßig zu sein, das vom Begünstigten verlangte Tun, Dulden oder Unterlassen hinreichend bestimmen (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG). Dies bedeutet, dass die getroffene Regelung für die Beteiligten zusammen mit den Gründen und sonstigen ihnen bekannten oder für sie ohne weiteres erkennbaren Umständen vollständig klar und unzweideutig sein muss, so dass sie ihr Verhalten danach ausrichten können (vgl. BVerwG, U. v. 26.1.1990 – 8 C 69/87 – juris Rn. 16 m.w.N.). Die besondere Verpflichtung, die dem Begünstigten durch die Auflage auferlegt wird, darf sich auch nicht von selbst verstehen. Die Auflage darf daher nicht lediglich eine allgemeine Pflicht wiederholen, deren Erfüllung durch den Begünstigten unmittelbar vom Gesetz erwartet und vorausgesetzt wird. Bestimmungen, die lediglich auf bestehende gesetzliche Verpflichtungen hinweisen oder sie nur wiederholen, sind daher nicht als Inhalt von Auflagen zulässig. Etwas anderes gilt nur, wenn eine gesetzliche Verpflichtung, deren Umfang umstritten ist, fall- bzw. fallgruppenbezogen mit potentieller Verbindlichkeit konkretisiert wird, um die Einhaltung der gesetzlichen Verpflichtung auch in diesen Fällen ggf. mit Zwangsmitteln durchsetzen zu können (vgl. BSG, U.v. 6.4.2000 – B 11/7 AL 10/99 R – juris Rn. 24 m.w.N.; VGHBW, U.v. 8.9.2015 – 6 S 1426/14 – juris Rn. 19 m.w.N.).
Gemessen an diesen Grundsätzen sind die Auflagen unter Nr. 7g, 7h, 7j, 7k, 7m, 7n und 7o des streitgegenständlichen Bescheides rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Auflage 7g Satz 1 ist nicht hinreichend bestimmt i.S.d. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Insbesondere wegen der Formulierung „ihrer Tätigkeit“ statt „dieser Tätigkeit“ ist unklar, ob die mit der Bedienung der Wettkasse betrauten Personen generell auf die Tätigkeit am Schalter beschränkt sein sollen und im Wettlokal keiner anderen Tätigkeit nachgehen dürfen, die zur Kontaktaufnahme mit Wettern und dem übrigen Publikum führt oder ob diese Beschränkung nur auf die Ausübung des unmittelbaren Bedienvorgangs der Wettkasse gerichtet ist.
Die Auflage Nr. 7g Satz 2 beschränkt sich darauf, die Klägerin zur Einhaltung arbeitsschutzrechtlicher Bestimmungen im Hinblick auf den zeitlichen Einsatz ihres Personals anzuhalten, ohne dies näher zu konkretisieren. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die entsprechenden gesetzlichen Verpflichtungen der Klägerin zwischen den Beteiligten umstritten wären, so dass für eine entsprechende Auflage kein Anlass besteht.
Die Auflage Nr. 7h ist unverhältnismäßig. Deshalb kann offen bleiben, ob das Gebot, Personal etwa durch Namensschilder so zu kennzeichnen, dass dessen Identität jederzeit für Besucher und Wetter feststellbar ist, im Hinblick auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz – GG) der betroffenen Beschäftigten überhaupt auf die pauschale Ermächtigung zum Erlass von Nebenbestimmungen in § 2 Abs. 2 Satz 3 RennwLottG gestützt werden kann. Denn der Beklagte hat jedenfalls nicht dargelegt, weshalb ein etwaiges Interesse der Kunden, anlasslos die Identität des Personals der Klägerin feststellen zu können, das Interesse ihrer Beschäftigten, nicht ohne weiteres persönlich identifizierbar zu sein, überwiegen soll. Zu Recht weist die Klägerin darauf hin, dass bei einem berechtigten Interesse des Kunden die Identifizierung ihrer Beschäftigten auf Anfrage anhand der in der Örtlichkeit vorliegenden Buchmachergehilfenausweise möglich bleibt. Soweit der Beklagte mit dieser Auflage lediglich das Ziel verfolgen sollte, dem Kunden eine einfache Zuordnung der im Wettlokal Anwesenden zum Personal der Klägerin zu ermöglichen, kann dem hinreichend durch eine Kennzeichnung der Mitarbeiter, die eine solche Zuordnung ermöglicht, ohne zugleich ihre Namen preiszugeben, Rechnung getragen werden.
Die Auflage Nr. 7j, wonach der Erlaubnisinhaber ausreichend Vorsorgemaßnahmen in sämtlichen Betriebsräumen zu treffen hat, um den Abschluss illegaler Wetten zu verhindern, ist nicht hinreichend bestimmt. Es bleibt völlig unklar, welche konkreten Maßnahmen von der Klägerin verlangt werden.
Die Auflage Nr. 7k ist ebenfalls unverhältnismäßig. Dabei kann dahinstehen, ob die Auflage den Kernbereich der grundgesetzlichen Freiheit vom Zwang zur Selbstbelastung tangiert (vgl. BVerfG, B.v. 27.4.2010 – 2 BvL 13/07 – juris m.w.N.). Denn der Beklagte hat jedenfalls nicht dargelegt, welches legitime Interesse die Erlaubnisbehörde an Informationen über jeden Verdachtsfall auf Unregelmäßigkeiten beim Wettbetrieb und über das Ergebnis von internen Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit dem Wettbetrieb – auch wenn sich ein entsprechender Verdacht letztlich nicht bestätigen sollte – sowie an allen zivilgerichtlichen Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Wettbetrieb haben kann.
Auch die Auflagen Nr. 7m, n und o sind unverhältnismäßig. Sie enthalten Dokumentations-, Aufbewahrungs-, Nachweis- und Vorlagepflichten, die über die in §§ 10, 11 und § 13 RennwLottGABest festgelegten Pflichten, die der Buchmacher und seine Buchmachergehilfen bei der Geschäftsführung zu beachten haben, hinausgehen. Der Beklagte hat nicht ansatzweise dargelegt, weshalb die Einhaltung der genannten Bestimmungen nicht ausreichend sein soll.
Da der streitgegenständliche Verwaltungsakt auch ohne die rechtswidrigen Auflagen in sinnvoller und rechtmäßiger Weise bestehen bleiben kann, konnten diese isoliert aufgehoben werden (vgl. BVerwG, U.v. 22.11.2000 – 11 C 2/00 – juris Rn. 33).
6. Soweit die Klägerin in Erweiterung der Nr. 2 des Bescheidtenors eine Erlaubnis zum Abschluss bzw. zur Veranstaltung aller gewerbsmäßigen Wetten bei öffentlichen Leistungsprüfungen für Pferde begehrt, war die Klage abzuweisen. Ziel ihres Klageantrags ist es, Festquotenwetten veranstalten zu können, ohne der Erlaubnisbehörde konkrete Wettarten zu benennen. Unabhängig davon, dass der Erlaubnisbescheid ohnehin bereits alle gängigen Wettarten umfassen dürfte, hat die Klägerin aber keinen Anspruch auf eine abstrakte Genehmigung ihres Wettangebots. Zwar kann der Buchmacher grundsätzlich Wetten jeder Art abschließen, die sich auf öffentliche Leistungsprüfungen für Pferde beziehen (vgl. Wache/Lutz in Erbs/Kohlhaas, § 2 RennwLottG Rn. 4). Der Erlaubnisbehörde muss aber die Möglichkeit verbleiben, Kenntnis darüber zu erlangen, welche Wettarten das Angebot des Buchmachers konkret umfasst, um prüfen zu können, ob ausnahmsweise ein nicht genehmigungsfähiges Wettangebot vorliegt.
7. Ebenfalls abzuweisen war die Klage, soweit die Klägerin die Aufhebung der Auflage Nr. 7r begehrt. Diese Auflage erlaubt dem Beklagten die Prüfung, ob Rennvereine, in deren Totalisator die Klägerin vermittelt oder zu vermitteln beabsichtigt, über eine Erlaubnis zum Betrieb eines Totalisators verfügen (§ 27 Abs. 1 Satz 2 GlüStV, § 1 RennwLottG). Die Auflage, die geforderte Liste zu erstellen und vorzulegen, ist rechtmäßig. Sie belastet die Klägerin insbesondere nicht unverhältnismäßig, weil sie sich ohnehin bei ihrer Vermittlungstätigkeit davon zu überzeugen hat, dass sie in formell rechtmäßige Angebote vermittelt.
8. Soweit die Klage abgewiesen wurde, war auch der hilfsweise gestellte Verbescheidungsantrag abzuweisen. Nach § 113 Abs. 5 VwGO spricht das Gericht in Fällen, in denen die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger in seinen Rechten verletzt ist, die Sache aber nicht spruchreif ist, die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden. Da Verbescheidungsanträge mithin nur bei Verpflichtungsbegehren in Betracht kommen, ist der Hilfsantrag, soweit das Anfechtungsbegehren der Klägerin erfolglos geblieben ist, schon nicht statthaft. Soweit ihr Verpflichtungsantrag abgewiesen wurde, ist dies nicht mangels Spruchreife erfolgt, sondern weil der streitgegenständliche Bescheid insoweit rechtmäßig ist.
C.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 161 Abs. 2 VwGO und § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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