Aktenzeichen 3 U 117/17
Leitsatz
Werbeaussagen zur „Ernährung der Haut“, Förderung des „Stützgerüstes unserer Haut“ und „Ernährung der Collagenstränge“ beziehen sich auf die Förderung und Straffung der Haut und des Bindegewebes und sind als gesundheitsbezogene Angaben anzusehen. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
1 HKO 46/17 2017-06-20 Urt LGASCHAFFENBURG LG Aschaffenburg
Tenor
I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 20.06.2017 durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
II. Die Verfügungsbeklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis spätestens 13.10.2017.
Gründe
I.
Der Verfügungskläger begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes von der Verfügungsbeklagten Unterlassung einer Werbeaussage.
Die Verfügungsbeklagte warb über den Verkaufssender H. (H.), ausgestrahlt am xx.xx.2017 für das Produkt „C.F.“ und das dort enthaltene „X.-Collagen“ mit den im Verfügungsantrag unter Ziff. 1.1 bis 1.3 genannten Werbeaussagen.
Das Landgericht gab dem klägerischen Antrag teilweise statt und untersagte der Verfügungsbeklagten die im Tenor des Ersturteils unter Ziff. 1.1 bis 1.3 genannten Werbeaussagen. Im Übrigen wurde der Antrag zurückgewiesen.
Zur Begründung der Untersagung führt das Landgericht aus, die Verfügungsbeklagte habe den Nachweis der beworbenen Wirkung ihrer Produkte nicht geführt. Sie trage die entsprechende Beweislast.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des Ersturteils Bezug genommen.
Hiergegen wendet sich die im Wesentlichen auf Rechtsausführungen gestützte Berufung der Verfügungsbeklagten. Die Verfügungsbeklagte trägt vor, der Verfügungskläger müsse glaubhaft machen, dass die behauptete Wirkung der beworbenen Produkte nicht gegeben sei. An der Bioverfügbarkeit von Kollagen-Peptiden bestünden keine Zweifel. Schließlich seien die beanstandeten Werbeaussagen auch wissenschaftlich belegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze einschließlich Anlagen Bezug genommen.
II.
Nach der einstimmigen Auffassung des Senats ist die Berufung offensichtlich unbegründet mit der Folge, dass das Rechtsmittel keine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO bietet. Zu Recht und auch mit in jeder Hinsicht zutreffender Begründung hat das Landgericht die einstweilige Verfügung bestätigt. Der Senat nimmt daher zunächst auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des Ersturteils Bezug, die durch das Berufungsvorbringen auch nicht entkräftet werden. Zu den Berufungsangriffen sind lediglich die folgenden Anmerkungen veranlasst:
Wie das Erstgericht zutreffend ausführt, ist es Sache der Verfügungsbeklagten, die hinreichende wissenschaftliche Absicherung der beworbenen Wirkung der Produkte nachzuweisen.
Vorliegend ergibt sich die Beweislastverteilung bereits aus der Verordnung (EG) 1924/2006 (HCVO). Demnach muss für die Verwendung nährwert- und gesundheitsbezogener Angaben gemäß Artikel 5 Abs. 1 a HCVO die positive ernährungsbezogene oder physiologische Wirkung anhand allgemein anerkannter wissenschaftlicher Erkenntnisse nachgewiesen sein. Ein Lebensmittelunternehmer, der eine nährwert- oder gesundheitsbezogene Angabe macht, muss die Verwendung dieser Angaben begründen, Artikel 6 Abs. 1 Abs. 1 und 2 HCVO.
Der Unionsgesetzgeber hat die Verwendung nährwert- oder gesundheitsbezogener Angaben in der Verordnung 1924/2006 einem grundsätzlichen Verbot unterworfen. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zulässigkeit von auf spezifische Vorteile bezogenen gesundheitsbezogenen Angaben, die in der insoweit zentralen Bestimmung des Art. 10 Abs. 1 HCVO genannt sind, muss deshalb vom Verwender dargelegt und im Bestreitensfall auch bewiesen werden (BGH, Urteil vom 17.01.2013, Az.: BGH I ZR 5/12 Rn. 18; siehe hierzu auch OLG Bamberg, Urteil vom 12.02.2014, Az.: 3 U 192/13 = WRP 2014/609 und OLG Bamberg, Urteil vom 14.01.2015, Az.: 3 U 176/14 = GRUR-RR 2015, 222 Rn. 108 ff sowie zuletzt OLG Bamberg, Beschluss vom 08.08.2017, Az.: 3 U 91/17).
Bei der Frage, ob gesundheitsbezogene Angaben vorliegen, ist von dem Gesamteindruck des Werbemittels auszugehen. Aus den Art. 13 und 14 der HCVO ergibt sich, dass gesundheitsbezogene Angaben sich jedenfalls auf die Förderung bestimmter Funktionen des Körpers beziehen. Unter Körperfunktionen versteht man alle physiologisch erfassbaren Prozesse des menschlichen Körpers (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 24. November 2016 – 13 U 91/16 m.w.N.). Vorliegend bewirbt die Verfügungsbeklagte die „Ernährung der Haut“, die Förderung des „Stützgerüstes unserer Haut“ und die „Ernährung der Collagenstränge“. In dem Zusammenhang wird behauptet, die Struktur der Haut breche, wenn die Collagenstränge „nicht ernährt werden“. Durch das Versprechen des Kollagenaufbaus beziehen sich die Angaben auf die Förderung und Straffung der Haut und des Bindegewebes („fällt die Brust, hängt der Hintern und die Hängebäckchen und die Winke-Winke-Ärmchen“). Auch wenn zugleich die Formulierung „Kosmetikbehandlung von innen“ in diesem Zusammenhang verwendet wird, ist bei der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung von gesundheitsbezogenen Angaben auszugehen, da der beworbene Nährstoff auf die Körperfunktionen unmittelbaren Einfluss nehmen soll (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 24. Februar 2015, I-4 U 72/14; BGH, Urteil vom 7. April 2016, I ZR 81/15, GRUR 2016, 1200; OLG Celle a.a.O., Rn. 57).
Die Verfügungsbeklagte hat den Nachweis der behaupteten Wirkung nicht erbracht. Wie das Erstgericht zutreffend ausführt, war das beworbene „X.“-Collagen“ nicht Gegenstand der beklagtenseits vorgelegten Studien (AG 6 bis 7). Der unter Anlage AG 9 vorgelegte Text entbehrt der Angabe des Autors und bezieht sich augenscheinlich nicht auf eigene Untersuchungen. Die mit der Berufungsbegründung vorgelegte Studie A 11 bezieht sich auf eine Studie mit Ratten, der vorgelegte Artikel aus der „Deutschen Apothekerzeitung“ lässt keine eigenen Studien zu den beworbenen „X.“-Collagen erkennen.
III.
1. Auch die weiteren Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen vor. Der Senat weicht nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs oder anderer Obergerichte ab. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Sie ist geprägt durch die ihr innewohnenden Besonderheiten eines Einzelfalles. Alle Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung sind bereits höchstrichterlich geklärt.
2. Auch eine mündliche Verhandlung ist in der vorliegenden Sache nicht veranlasst (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO). Es ist auszuschließen, dass in einer mündlichen Verhandlung neue, im Berufungsverfahren zuzulassende Erkenntnisse gewonnen werden können, die zu einer anderen Beurteilung führen.
3. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert des Berufungsverfahrens auf 10.000,- Euro festzusetzen.