Europarecht

Verbraucherdarlehensvertrag: Bereichsausnahme bei Vorliegen eines begrenzten Personenkreises

Aktenzeichen  XI ZR 77/18

Datum:
4.6.2019
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2019:040619BXIZR77.18.0
Normen:
§ 491 Abs 2 Nr 5 BGB vom 20.09.2013
Spruchkörper:
11. Zivilsenat

Verfahrensgang

vorgehend OLG Köln, 11. Januar 2018, Az: 24 U 94/17vorgehend LG Köln, 27. Juni 2017, Az: 21 O 742/16

Tenor

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger gegen den Beschluss des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 11. Januar 2018 wird zurückgewiesen, weil die Kläger nicht dargelegt haben, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
Insbesondere bedarf die Frage, ob es sich bei einem Darlehensvertrag, dem das “KfW-Wohnungseigentumsprogramm (124)” zugrunde liegt, um einen nur mit einem begrenzten Personenkreis abgeschlossenen Vertrag im Sinne des § 491 Abs. 2 Nr. 5 BGB (in der hier maßgeblichen, bis zum 20. März 2016 geltenden Fassung; künftig: aF) handelt, keiner Klärung zum Zwecke der Rechtsfortbildung. Vielmehr wird diese Frage in der Instanzrechtsprechung zu Recht einhellig bejaht (OLG Hamm, Urteil vom 16. Oktober 2017 – 31 U 284/16, n.v.; OLG Köln, Urteil vom 9. Januar 2018 – 4 U 29/17, juris Rn. 61 f.; OLG Bremen, Beschluss vom 23. Februar 2018 – 1 U 46/17, n.v.; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 6. September 2018 – 1 U 257/17, n.v.; OLG Köln, Urteil vom 26. März 2019 – 4 U 102/18, juris Rn. 49 ff.; LG Köln, Urteil vom 22. Dezember 2016 – 15 O 335/15, juris Rn. 16 ff.; LG Bonn, Urteil vom 27. April 2017 – 17 O 233/16, juris Rn. 90 ff.; LG Saarbrücken, Urteil vom 8. September 2017 – 1 O 90/17, juris Rn. 4 und 72). Die vereinzelte Kritik an dieser Sichtweise (LG Lüneburg, Urteil vom 7. Oktober 2016 – 5 O 262/14, juris Rn. 24; Servais, BKR 2016, 152, 154) gebietet nicht die Zulassung der Revision (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. Oktober 2009 – IX ZB 50/09, WM 2010, 237 Rn. 4 und vom 8. Februar 2010 – II ZR 54/09, WM 2010, 936 Rn. 3 mwN).
Das Tatbestandsmerkmal des begrenzten Personenkreises im Sinne des § 491 Abs. 2 Nr. 5 BGB aF erfordert nicht, dass in der Person des Darlehensnehmers besondere Voraussetzungen zu erfüllen wären. Die vom Gesetz geforderte Begrenzung des Personenkreises kann vielmehr auch durch sachliche Förderkriterien sichergestellt werden (MünchKommBGB/Schürnbrand/Weber, 8. Aufl., § 491 Rn. 81). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wird dies im Falle des “KfW-Wohnungseigentumsprogramm (124)” dadurch gewährleistet, dass nicht allein der beabsichtigte Bau oder Erwerb von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen zur Stellung eines Förderantrages berechtigt, sondern dass es sich darüber hinaus um selbst genutztes Wohneigentum handeln muss bzw. dass der Darlehensnehmer die Zeichnung von Genossenschaftsanteilen beabsichtigen muss, um Mitglied einer Wohnungsgenossenschaft zu werden.
Diese Auslegung entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, denn die bis zum 10. Juni 2010 geltende Vorgängervorschrift des § 491 Abs. 2 Nr. 3 BGB aF sah kein entsprechendes Tatbestandsmerkmal vor. Dennoch ging der Gesetzgeber davon aus, dass die in § 491 Abs. 2 Nr. 5 BGB aF nicht mehr ausdrücklich erwähnten Förderdarlehen zum Wohnungswesen und Städtebau auch weiterhin in den Anwendungsbereich dieser Vorschrift fallen. Mit der abstrakteren Beschreibung des Förderzwecks wurde zudem eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der Ausnahmeregelung für Förderdarlehen bezweckt (vgl. BT-Drucks. 16/11643, S. 77). Mit diesen gesetzgeberischen Vorgaben ließe sich die von der Beschwerde geforderte enge Auslegung des Tatbestandsmerkmals auf Darlehensnehmer, die in ihrer Person weitere besondere Voraussetzungen erfüllen, nicht vereinbaren.
Auch in Bezug auf die Feststellung des Berufungsgerichts, wonach das streitgegenständliche Förderdarlehen den Darlehensnehmern zu günstigeren als marktüblichen Bedingungen gewährt und kein höherer als der marktübliche Sollzinssatz vereinbart wurde, ist eine Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts nicht veranlasst.
Nach dem Wortlaut des § 491 Abs. 2 Nr. 5 BGB aF darf der Sollzinssatz im Sinne des § 489 Abs. 5 BGB nicht überschritten werden. Vorliegend ist dieses Merkmal erfüllt, weil nach den Feststellungen des Berufungsgerichts der Sollzinssatz des streitgegenständlichen Förderdarlehens günstiger als der Mittelwert des sich aus der MFI-Zinsstatistik ergebenden effektiven Jahreszinses ist. Diese Schlussfolgerung des Berufungsgerichts ist angesichts des Umstandes, dass der effektive Jahreszins die tatsächliche Belastung des Kredites unter Berücksichtigung aller Konditionen abbildet (vgl. Krepold in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl., § 78 Rn. 28 ff.) und deshalb regelmäßig über dem Sollzinssatz liegt, nicht zu beanstanden (vgl. bereits Senatsurteil vom 16. Februar 2016 – XI ZR 96/15, WM 2016, 704 Rn. 33).
Da vorliegend der vergleichbare Durchschnittswert der MFI-Zinsstatistik unterschritten wurde, hat das Berufungsgericht zutreffend festgestellt, dass die Parteien damit zugleich günstigere als marktübliche Bedingungen vereinbart haben. Hierzu ist es entgegen der Ansicht der Beschwerde nicht erforderlich, dass der Vertrag zusätzlich zu einem günstigeren Zinssatz noch weitere Entlastungen für den Darlehensnehmer vorsieht (vgl. BT-Drucks. 16/11643, S. 77). Dessen ungeachtet ist es nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die Vereinbarung günstigerer als marktüblicher Bedingungen ergänzend mit der Einräumung einer tilgungsfreien Zeit begründet hat; dies entspricht dem Willen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 16/11643, S. 77).
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis 65.000 €.
Ellenberger     
        
Grüneberg     
        
Matthias
        
Derstadt     
        
Tolkmitt     
        

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