Aktenzeichen XI ZR 34/19
§ 495 Abs 2 S 1 Nr 2 BGB vom 24.07.2010
Art 247 § 3 Abs 1 Nr 10 BGBEG vom 29.07.2009
Art 247 § 4 Abs 1 Nr 1 BGBEG vom 29.07.2009
Art 247 § 9 Abs 1 S 1 BGBEG vom 29.07.2009
Verfahrensgang
vorgehend OLG Stuttgart, 18. Dezember 2018, Az: 6 U 189/16, Urteilvorgehend LG Heilbronn, 13. Juli 2016, Az: 6 O 142/16
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 18. Dezember 2018 (6 U 189/16, juris) wird zurückgewiesen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
Insbesondere besteht weder Grundsatzbedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) noch Bedarf zur Fortbildung des Rechts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 1 ZPO), soweit die Beschwerde meint, nach Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB in der bis zum 12. Januar 2018 geltenden Fassung (künftig: aF) habe es für das Anlaufen der Widerrufsfrist nach § 495 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b BGB in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung, § 492 Abs. 2 BGB, Art. 247 § 9 Abs. 1 Satz 1 EGBGB in der bis zum 20. März 2016 geltenden Fassung (künftig: aF) der konkreten Bezifferung von im Zusammenhang mit der dinglichen Sicherung der Beklagten entstehender Kosten bedurft. Das Gegenteil trifft zu und ist aus Wortlaut, Systematik und Gesetzgebungsgeschichte ohne weiteres ableitbar:
Das Gesetz unterscheidet zwischen Angaben zu “sonstigen Kosten” der Darlehensgewährung, “insbesondere in Zusammenhang mit der Auszahlung oder der Verwendung eines Zahlungsauthentifizierungsinstruments, mit dem sowohl Zahlungsvorgänge als auch Abhebungen getätigt werden können”, in Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB aF und Angaben zu “Notarkosten” in Art. 247 § 4 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB in der bis zum 20. März 2016 geltenden Fassung (künftig: aF), die der Darlehensnehmer “infolge des Vertragsabschlusses” zu tragen hat. Angaben zu solchen “Notarkosten” sind nach Art. 247 § 9 Abs. 1 Satz 1 EGBGB aF – hier für die Immobiliardarlehensverträge der Parteien maßgeblich – keine vertraglichen Pflichtangaben. Art. 247 § 9 Abs. 1 Satz 1 EGBGB aF verweist nur auf Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB aF, nicht auf Art. 247 § 4 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB aF. Art. 247 § 4 EGBGB verlangt gemäß seiner Überschrift dem Darlehensgeber “[w]eitere Angaben” ab. Daraus folgt, dass Angaben zu “Notarkosten” – schon infolge des Darlehensvertragsschlusses und erst recht im Zusammenhang mit der Bestellung einer dinglichen Sicherheit – über die von Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB aF verlangten Angaben hinausgehen. Weil Art. 247 § 4 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB aF der Regelung des Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB aF nachfolgt, erhellt aus der systematischen Stellung, dass Angaben zu “Notarkosten” – ob von Art. 247 § 4 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB aF erfasst oder nicht – generell nicht Regelungsgegenstand des Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB aF sind. Erst recht gilt dies für Gerichtskosten, die weder in Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB aF noch in Art. 247 § 4 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB aF erwähnt werden.
Auch nach der Gesetzgebungsgeschichte fallen Notarkosten (und Gerichtskosten) nicht unter Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB aF. Ab dem 11. Juni 2010 wollte der Gesetzgeber Informationspflichten auf mehrere Regelungen verteilen. Dazu sah er sich aufgrund der – auf die Immobiliardarlehensverträge der Parteien allerdings nicht anwendbaren – Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. L Nr. 133 vom 22. Mai 2008, S. 66; ber. ABl. L Nr. 207 vom 11. August 2009, S. 14 und ABl. L Nr. 234 vom 10. September 2011, S. 46) veranlasst. Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB aF diente der Umsetzung des Art. 5 Abs. 1 Satz 4 Buchst. i der Richtlinie 2008/48/EG (BT-Drucks. 16/11643, S. 124), demzufolge zu erläutern sind “gegebenenfalls die Entgelte für die Führung eines oder mehrerer Konten für die Buchung der Zahlungsvorgänge und der in Anspruch genommenen Kreditbeträge, es sei denn, die Eröffnung eines entsprechenden Kontos ist fakultativ, zusammen mit den Entgelten für die Verwendung eines Zahlungsmittels, mit dem sowohl Zahlungsvorgänge als auch Abhebungen getätigt werden können, sonstige Entgelte aufgrund des Kreditvertrags und die Bedingungen, unter denen diese Entgelte geändert werden können”. Die Regelung sollte den Nummern 10 und 11 des Europäischen Standardisierten Merkblatts gemäß Anlage 5 zu Art. 247 § 2 EGBGB in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung entsprechen, die sich zu Notar- und Gerichtskosten für die Bestellung von Kreditsicherheiten nicht verhalten. Mittels des Art. 247 § 4 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB aF sollte dagegen die Vorgabe des Art. 5 Abs. 1 Satz 4 Buchst. j der Richtlinie 2008/48/EG umgesetzt werden (BT-Drucks. 16/11643, S. 126), dem zufolge – falls zutreffend – der Hinweis auf vom Verbraucher “bei Abschluss des Kreditvertrags zu zahlende Notargebühren” zu erteilen ist.
Zu Art. 247 § 4 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB aF hat der Gesetzgeber festgehalten, da “Notarkosten von Fall zu Fall” variierten, könnten sie “nicht als Geldbetrag angegeben werden” (BT-Drucks. 16/11643, S. 126). Soweit in der Literatur Kosten für die Bestellung von Sicherheiten unter Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB aF subsumiert werden (Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, 10. Aufl., § 492 Rn. 121; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB, Neubearb. 2012, § 492 Rn. 50; PWW/Nobbe, BGB, 14. Aufl., § 491a Rn. 22 a.E.; Veith/Schuster in Assies/Beule/Heise/Strube, Handbuch des Fachanwalts Bank- und Kapitalmarktrecht, 5. Aufl., Kap. 4 Rn. 530), wird dort wie nach Art. 247 § 4 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB aF jedenfalls keine konkrete Bezifferung der bei Vertragsschluss der Höhe nach nicht feststehenden Kosten verlangt (Bülow/Artz, aaO, Rn. 127; Staudinger/Kessal-Wulf, aaO; Veith/Schuster, aaO, Rn. 531 a.E.). Die Hinweise der Beklagten in den Darlehensverträgen, es könnten “noch Fremdkosten, insbesondere im Rahmen einer dinglichen Sicherung Notar- und Grundbuchkosten […] hinzukommen”, die “vom Darlehensnehmer zusätzlich zu bezahlen” seien, reichten mithin auch bei Zugrundelegung dieser Auffassung aus.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis 65.000 €.
Ellenberger
Grüneberg
Maihold
Menges
Derstadt