Europarecht

verfassungsmäßig berufener Vertreter, Arglistige Täuschung, Repräsentantenhaftung, Klagepartei, Wissenszurechnung, Sittenwidrigkeit, Übereinstimmungsbescheinigung, Manipulations-Software, Abschalteinrichtung, Sekundäre Darlegungslast, Muttergesellschaft, Prozeßbevollmächtigter, Willenserklärungen, Vorläufige Vollstreckbarkeit, personelle Verflechtung, Juristische Person, Revisionszulassung, Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, In-den-Verkehr-Bringen, Klageabweisungsantrag

Aktenzeichen  8 U 776/20

Datum:
8.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 45190
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
AktG
AktG § 78
AktG § 93
AktG § 308
BGB § 30
BGB § 31

 

Leitsatz

Verfahrensgang

63 O 2222/18 2019-12-20 Urt LGINGOLSTADT LG Ingolstadt

Tenor

1) Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 20.12.2019, Az. 63 O 2222/18, abgeändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
2) Die Klagepartei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4) Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe

A.
Die Parteien streiten über Ansprüche im Zusammenhang mit dem sog. Diesel-Abgasskandal.
Die Klagepartei erwarb am 29.03.2011 in einem Autohaus einen Neuwagen Audi A3 für 29.722,44 €. In dem Pkw ist der zwischenzeitlich hinlänglich bekannte Dieselmotor EA189 mit Manipulationssoftware bzw. Umschaltlogik verbaut, den die VW AG, dessen 100 %ige Tochter die Beklagte ist, hergestellt hat.
Die Klagepartei hat u.a. vorgetragen, der Pkw sei erheblich mangelhaft, eine Nachbesserung unmöglich und ihr aufgrund der arglistigen Täuschung der Verantwortlichen im Mutterkonzern unzumutbar. Die Täuschung sei der Beklagten zuzurechnen, da aus deren Konzern der Motor stamme.
Die Klagepartei hat erstinstanzlich beantragt, die ihr daher zum Schadensersatz verpflichtete Beklagte zur Zahlung von 29.722,00 € zzgl. näher bezeichneter Zinsen abzüglich einer Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Pkw zu verurteilen und festzustellen, dass sich die Beklagte im Annahmeverzug befindet. Außerdem hat sie beantragt, die Beklagte zur Zahlung der Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung i.H.v. 2.077,74 € nebst Verzugszinsen zu verurteilen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Der Pkw sei nicht bzw. nach dem Software-Update jedenfalls nicht mehr mangelhaft. Eine sittenwidrige Schädigung und deliktische Handlung ihrerseits lägen nicht vor. Sie sei nicht Herstellerin des Motors, weshalb sie keine Verantwortung treffe.
Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben.
Die Beklagte hafte aus §§ 826, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV auf Zahlung von 19.863,51 € nebst Verzugszinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Pkw sowie auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren. Der Annahmeverzug sei festzustellen.
Die Beklagte habe die Klagepartei in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich geschädigt. Ein Hersteller von Neufahrzeugen müsse sämtlichen gesetzlich vorgegebenen Betriebsbedingungen entsprechende Bauteile verwenden. Vorsätzliche Manipulationen derselben zur Platzierung einer unzulässigen Abschalteinrichtung müsse er sich auch dann zurechnen lassen, wenn er sich konzernintern absprachegemäß serienmäßig Bauteile vom Mutterkonzern zum Einbau liefern lasse. Zudem seien die VW AG und ihre Tochtergesellschaften personell eng miteinander verflochten. Es erscheine deshalb lebensfremd, dass die Verantwortlichen der Beklagten nicht in so wichtige Entscheidungen wie unzulässige Abschalteinrichtungen einbezogen worden seien.
Der Klagepartei stünden daher die zugesprochenen Ansprüche zu, wobei der Nutzungsersatz auf 9.858,93 € festzusetzen sei. Im Übrigen sei die Klage abzuweisen, d.h. Deliktszinsen und mehr als 1,3 Geschäftsgebühren könne die Klagepartei bei den Rechtsanwaltskosten nicht beanspruchen.
Bezüglich der näheren Einzelheiten wird auf den Inhalt des angegriffenen Urteils verwiesen.
B.
Die Beklagte hat Berufung eingelegt und verfolgt ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Sie trägt in der Berufungsbegründung vom 09.04.2020 vor, die geltend gemachten Ansprüche bestünden nicht, u.a. weil sie z.Z. des Kaufvertragsschlusses keine Kenntnis und damit keinen Vorsatz bezüglich der Verwendung der Umschaltlogik in EA189-Motoren gehabt habe.
Sie habe das Fahrzeug hergestellt, nicht aber den darin verbauten Motor EA189 entwickelt. Die Klagepartei habe zum nötigen Schädigungsvorsatz nicht substantiiert vorgetragen und diesen nicht bewiesen. Bei § 826 BGB lasse sich das moralische Unwerturteil über das Handeln einer juristischen Person nicht über eine Wissenszurechnung oder Wissenszusammenrechnung, sondern nur bei entsprechendem Vorsatz eines verfassungsmäßig berufenen Vertreters begründen. Ein solcher Vorsatz sei in erster Instanz nicht dargelegt worden. Überdies habe sie bestritten, dass ihre Vorstandsmitglieder im aktienrechtlichen Sinn von der Programmierung oder Verwendung der Software in Fahrzeugen mit EG-Typgenehmigung Kenntnis hatten. Eine sekundäre Darlegungslast obliege ihr nicht, dies u.a. bereits deshalb, weil es schon an schlüssigem Klägervortrag fehle.
Die Klagepartei, welche die Zurückweisung der Berufung beantragt, führt hierzu am 06.05.2020 aus, eine juristische Person treffe auch bei deliktischer Haftung eine Repräsentantenhaftung für alle Personen, denen durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, wesensmäßige Funktionen derselben zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen seien, so dass sie diese im Rechtsverkehr repräsentierten. Der Entwicklungsvorstand … und weitere Repräsentanten hätten ihre Schädigung vorsätzlich veranlasst. Sie habe mit der Behauptung, die Unternehmensleitung habe Kenntnis vom Einsatz der Manipulationssoftware gehabt, den maßgeblichen Personenkreis auch unterhalb der Ebene des Vorstands im aktienrechtlichen Sinne ausreichend bezeichnet. Zudem sei eine Nennung leitender Mitarbeiter – wie ausgeführt – erfolgt. Unstreitig hätten Mitarbeiter der Beklagten Kenntnis vom Einsatz besagter Software gehabt. Zu einer angeführten internen Warnung im Jahr 2011 habe die Beklagte nicht vorgetragen, dass diese die Verantwortlichen nicht erreicht habe. Auch schweige sie zur Kenntnis des Schreibens der Fa. Bosch GmbH im Jahr 2007, in dem man vor der Verwendung der Software gewarnt habe. Letztlich bestreite die Beklagte nur eine Kenntnis ihres Vorstandsvorsitzenden und anderer Mitglieder des Vorstands im aktienrechtlichen Sinn und dies lediglich zum Zeitpunkt der Entwicklung der Software.
Mit Schriftsatz vom 04.11.2020 hat die Beklagte darauf nochmals eine Kenntnis vom Einsatz der Umschaltlogik in den EA189-Motoren der Audi-Fahrzeuge vor dem 18.09.2015 aller ihrer ehemaligen Vorstände sowie auch eine Kenntnis aller anderen maßgeblichen Repräsentanten, deren Wissen ihr analog § 31 BGB zuzurechnen sei, ausdrücklich in Abrede gestellt. Weiter hat sie ausgeführt, dass sie keinen Einfluss auf die konkreten Eigenschaften dieser Motoren gehabt habe und bloßer Nutzer des gelieferten, vollumfänglich bereitgestellten Bauteils gewesen sei. Die VW AG habe für sämtliche Konzernmarken das für die Emissions-Typgenehmigung erforderliche Zulassungsverfahren, einschließlich der durchzuführenden Tests, organisiert und begleitet.
In der Ladungsverfügung vom 14.04.2021 (Bl. 552 ff. d.A.) hat der Senat den Parteien umfangreiche Hinweise zur Sach- und Rechtslage nach der Entscheidung des BGH vom 8. März 2021, Gz. VI ZR 505/19, gegeben, der Klagepartei Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen eingeräumt, und der Beklagten Gelegenheit gegeben, sich hierzu binnen weiterer 3 Wochen zu äußern.
Im Schriftsatz vom 10.05.2021 hat die Klagepartei dann dargelegt, dass sie bereits in erster Instanz mit Schriftsatz vom 24.06.2019 (S. 1 ff.) vorgetragen habe, dass wesentliche Entscheidungsträger der Beklagten von der Manipulation der Motoren wussten, diese aber dennoch in die Fahrzeuge implementierten und diese in den Verkehr bringen ließen. Daher hätten bereits der 5. Senat des Oberlandesgerichts München (Urteil vom 20.04.2021, Az.: 5 U 6625/20) und auch das Oberlandesgericht Hamm (Urteil vom 21.04.2021, Az.: 8 U 129/20) nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 08.03.2021 Az.: VI ZR 505/19) in der hier vorliegenden Konstellation eine Haftung der Audi AG angenommen.
Im Übrigen wurden personelle Verflechtungen zwischen der Beklagten und der VW AG aufgezeigt, d.h. eine solche in Bezug auf die Herren … unter dessen Leitung die sog. Akustikfunktion entwickelt und von 2004 bis 2008 in Fahrzeuge der Beklagten mit V6 TDI-Motoren und Euro 4-Abgasnorm und dann nach dessen Wechsel zur VW AG serienmäßig als „Umschaltlogik“ in die EA189-Dieselmotoren implementiert worden sei, sowie in Bezug auf …, der ebenfalls maßgeblich an der Entwicklung der Akustikfunktion beteiligt gewesen sei. Weiter wurde zum Beleg für eine Kenntnis der Umschaltlogik seitens der Beklagten insbesondere auf Berichte von Focus online vom 20.09.2015 und Zeit Online vom 22.01.2016 verwiesen sowie auf die strafrechtlichen Ermittlungen gegen den vormaligen Vorstandsvorsitzenden der Beklagten … und den Chef der Dieselmotorenentwicklung … der ersteren schwer belastet habe.
Die Beklagte hat hierzu im Schriftsatz vom 31.05.2021 nochmals klargestellt, dass sie nicht an der strategischen Grundsatzentscheidung der VW AG betreffend die Motoren des Typs EA189 und die darin verbaute Umschaltlogik beteiligt gewesen sei.
Die Klagepartei, deren Vortrag sie umfänglich bestritten habe, beschränke sich bezüglich ihrer angeblichen Kenntnis ganz überwiegend auf pauschale und unsubstantiierte Behauptungen bzw. Mutmaßungen, ohne nachvollziehbare und einlassungsfähige Anhaltspunkte hierfür darzulegen. Vorsorglich weise sie aber darauf hin, dass sie nicht durch ein Schreiben der … aus dem Jahr 2007 gewarnt worden sei. Die Existenz eines solchen Schreibens werde bestritten. Auch eine Warnung der … aus dem Jahr 2011, deren Existenz ebenfalls bestritten werde, sei ihr unbekannt. Das Strafverfahren gegen Herrn … habe nur die V-TDI-Motoren zum Gegenstand.
Es sei auch unerheblich, dass es zwischen ihr und der VW AG teilweise personelle Verflechtungen gab bzw. einzelne Mitarbeiter von einer Gesellschaft zur anderen gewechselt sind. Allein dies führe noch nicht zu einer pauschalen wechselseitigen Kenntniszurechnung.
Mit weiterem Schriftsatz vom 29.06.2021 weist die Beklagte erneut darauf hin, dass die Klagepartei nach wie vor eine Kenntnis ihrer verfassungsmäßigen Vertreter nicht hinreichend dargelegt habe.
Die Ausführungen … seien ungeeignet eine solche ihres ehemaligen Vorstandsvorsitzenden … zu belegen. Bei dem Einsatz von Abschalteinrichtungeh handle es sich nicht per se um ein verbotenes Vorgehen. Aus einer Kenntnis einzelner Mitarbeiter auf Arbeitsebene von der ursprünglich entwickelten Akustikfunktion (für EU4-Fahrzeuge) folge nicht automatisch das Wissen relevanter Repräsentanten von der Weiterentwicklung der Software durch die VW AG für EA-189 Motoren der Abgasnorm EU5. Auch könne allein aus der Entwicklung der V-TDI-Motoren nicht auf die Kenntnis von der, durch die VW AG weiterentwickelten konkreten Software für den EA189 Motor geschlossen werden. Die Schilderungen von Vorgängen in den USA könnten keine relevanten Anknüpfungspunkte für eine Kenntnis und einen Vorsatz bezüglich des Motors EA189 EU5 als EU-Aggregat begründen. Die teilweise Herstellung des Motors des Typs EA189 im Werk ihrer Tochtergesellschaft in Ungarn begründe gleichfalls keine Kenntnis von der streitgegenständlichen Software. Dort würden die Motoren nach der Herstellung nur einer physischen Qualitätsprüfung unterzogen. Eine Prüfung des Abgasverhaltens oder der Funktionsweise des Motorsteuerungsgeräts finde nicht statt.
Eine Kenntnis der Herren … und … von der Umschaltlogik in EA189-Motoren habe sie bereits mehrfach bestritten. Sie bestreite auch eine solche der Herren … und … zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses. Bezüglich der angeführten personellen Verflechtungen sei außerdem auf bestehende Verschwiegenheitsverpflichtungen zu verweisen.
Eine Kenntnis von Repräsentanten könne schließlich nicht aus dem Einsatz des von der Bosch GmbH bezogenen Motorsteuergeräts abgeleitet werden. Die Umschaltlogik habe durch die damals übliche Qualitätskontrolle gar nicht erkannt werden können.
Auf den Inhalt der zwischen den Parteien im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze und den Inhalt des Verhandlungsprotokolls vom 08.07.2021 wird ergänzend verwiesen.
C.
Danach ist die zulässige, insbesondere form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Beklagtenpartei bei Abstellen auf die zwischenzeitlich ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung erfolgreich. Die Klage ist deshalb entgegen dem landgerichtlichen Urteil insgesamt abzuweisen, wie der Senat bereits in dem den Parteivertretern bekannten Beschluss vom 28.05.2021, Gz. 8 U 6521/20, im Einzelnen ausgeführt hat.
1. Vorauszuschicken ist, dass soweit im Berufungsverfahren neu vorgetragen wird, nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO neue Angriffs- und Verteidigungsmittel nur zuzulassen sind, wenn sie im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht. Nachlässigkeit fällt einer Partei zur Last, wenn sie gegen die ihr gemäß § 282 ZPO obliegende Prozessförderungspflicht verstoßen hat. Danach hat jede Partei ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht. Hierbei hat die Partei auch leichte Fahrlässigkeit zu vertreten (z.B. Zöller/Heßler, ZPO, 32. A. 2018, § 531 Rn. 30).
a) Behauptet ein Berufungsführer, neue Tatsachen oder Beweismittel seien ihm erst nach Schluss der ersten Instanz bekannt geworden, hat er zur Vermeidung des Vorwurfs der Nachlässigkeit darzulegen, warum er sich nicht früher um entsprechende Kenntnis bemüht hat (KG, Urteil vom 12.09.2002 – 8 U 78/02MDR 2003, 471). Diese Anforderungen sind auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Entsprechend der allgemeinen Prozessförderungspflicht des Zivilprozesses ist die Partei gehalten, ihr günstigen Vortrag in gesammelter Form und zeitnah so bald als möglich in den Rechtsstreit einzuführen, um diesen einer möglichst umfassenden und sachlich richtigen Entscheidung zuzuführen. Dazu gehört auch die Darlegung, warum das neue Beweismittel nicht vorher hätte ermittelt werden können (BVerfG, Beschluss vom 24.01.2005 – 1 BvR 2653/03, NJW 2005, 1768). Im Übrigen kann fehlende Nachlässigkeit nicht damit begründet werden, die Recherche sei erst in der Berufungsinstanz durchgeführt worden. Darzulegen ist vielmehr, warum diese Recherche auch bei sorgfältiger Prozessführung in erster Instanz (noch) nicht veranlasst war (BGH, Urteil vom 27. August 2013 – X ZR 19/12, Rz. 30).
b) Eine derartige Darlegung ist hier nicht erfolgt.
Soweit daher zur sog. Akustikfunktion neuer Vortrag bei Vorlage eines Schreibens vom 29.12.2015 (Anl. BE5) und eines Gutachtens vom 25.06.2017 (Anl. BE4) erfolgt und zuletzt in der mündlichen Verhandlung vom 08.07.2021 ausgeführt wurde, durch die von der Beklagten zur Verfügung gestellte Akustikfunktion sei – wie. von Beklagtenseite bestritten – die Manipulation beim Motor EA189 erst möglich geworden, handelt es sich damit offenkundig um verspäteten Vortrag.
Dessen ungeachtet kann auch die Berücksichtigung dieses Vorbringens vorliegend zu keiner anderen Entscheidung führen.
2. Da die Beklagte der Klagepartei das streitgegenständliche Fahrzeug nicht verkauft hat, kommen zwischen den Parteien nur deliktsrechtliche Ansprüche in Betracht.
a) Soweit die Klagepartei nunmehr – ebenfalls verspätet, s.o. – in ihrem Schriftsatz vom 10.05.2021 (S. 2) darauf verwiesen hat, dass die EG-Übereinstimmungsbescheinigung die Beklagte und nicht die Volkswagen AG als Herstellerin der Antriebsmaschine ausweise, kann sie daraus nichts für sich herleiten.
Unerheblich ist nämlich, wer „Hersteller“ ist, d.h. wer den Motor zusammengebaut hat. Wie der Senat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, ist zwischen Herstellung und Entwicklung eines Automobils bzw. eines Automobilmotors scharf zu unterscheiden. Hersteller ist derjenige, der etwas produziert. Entwickelt haben muss er das Produkt deshalb aber nicht. So ist es in der Automobilindustrie gerichtsbekannt weithin üblich, Fahrzeuge zum Teil aus selbstgefertigten Komponenten, zum Teil aber auch aus von Fremdfirmen hergestellten und zugelieferten Komponenten zusammenzubauen. Gewährleistungsrechtlich spielt diese Unterscheidung keine große Rolle, denn der Verkäufer haftet für die Mangelfreiheit der Gesamt-Kaufsache unabhängig davon, wer die einzelnen Teile hergestellt hat. Für eine Haftung aus § 826 BGB muss den Fahrzeughersteller dagegen, wie vom BGH bereits wiederholt entschieden, ein eigenes moralisches Unwerturteil treffen. Dafür reicht der ungeprüfte Einbau von Fremdkomponenten offensichtlich nicht aus.
Dass die Beklagte auch die inkriminierte Software hergestellt oder entwickelt hätte, ergibt sich aus der EG-Übereinstimmungserklärung nicht. Dergleichen hat die Klageseite auch nicht konkret behauptet und hierfür auch keine Anhaltspunkte geliefert. Sie hat in der Klageschrift S. 6 vielmehr selbst ausgeführt, die VW AG habe auch für das streitgegenständliche Fahrzeug die Systemsteuerungssoftware abgestimmt, bevor diese dann nur zur Endmontage in das jeweilige Werk weitergeleitet worden sei.
Daher spielt es keine Rolle mehr, dass die Beklagte zuletzt – wenn auch verspätet – eingeräumt hat, dass eine ihrer Tochtergesellschaften Motoren des Typs EA189 herstelle bzw. hergestellt habe. Die Beklagte hat nämlich weiter dargelegt, das fertige Motorsteuerungsgerät würde ohne weitere Prüfung desselben und des Abgasverhaltens mit von der VW AG applizierter Software von der Bosch GmbH bezogen und dann verbaut. Dem ist die Klagepartei nicht konkret entgegengetreten.
b) Aus der EG-Übereinstimmungsbescheinigung ergibt sich auch keine Garantieerklärung o.ä..
Ein so weitgehender Erklärungsgehalt kommt der Übereinstimmungsbescheinigung nicht zu. Deren Erklärungswert ist nach dem objektiven Empfängerhorizont zu bemessen, welcher nach Überzeugung des Senats keine Zusicherung der Beklagten bzw. keine Willenserklärung gerichtet auf Abschluss eines Garantievertrages darstellt. Die Beklagte erfüllt mit der EG-Übereinstimmungsbescheinigung eine gesetzliche Verpflichtung, Art. 18 RL 2007/46/EG i.V.m. §§ 6, 27 EG-FGV, welche Voraussetzung für die Erstzulassung des Fahrzeuges ist. Dabei hat die Beklagte dem Fahrzeug eine entsprechende Bescheinigung beizufügen, § 27 EG-FGV. Ausgehend von dieser Verpflichtung der Beklagten, welche zudem gem. § 37 EG-FGV als Ordnungswidrigkeit bewehrt ist, kann der Beigabe der EG-Übereinstimmungsbescheinigung nicht ein Erklärungswert einer Willenserklärung gerichtet auf Abschluss eines Garantievertrages beigemessen werden.
Die Beklagte will allein die ihr vorgeschriebene Verpflichtung, nämlich die Bescheinigung der Übereinstimmung des Fahrzeuges mit der EG-Typengenehmigung, erfüllen. Eine Garantie, welche einen deutlich darüberhinausgehenden Inhalt aufweist, nämlich die Verpflichtung einzustehen, falls die Sache nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweist oder andere als die Mängelfreiheit betreffende Anforderungen nicht erfüllt, die in der Erklärung oder einschlägigen Werbung beschrieben sind (§ 434 Abs. 1 BGB), wollte die Beklagte damit nicht abgeben (vgl. dazu ausführlich OLG Braunschweig, Urteil vom 19.02.2019 – Az.: 7 U 134/17; OLG München Urt. v. 4.12.2019 – 3 U 3913/19, BeckRS 2019, 34113).
Wenn sie – über die Erfüllung besagter Verpflichtung hinaus – mit der Ausstellung der Übereinstimmungsbescheinigung darüberhinausgehende, besondere Erklärungen hätte abgeben wollen, wäre eine entsprechend eindeutige Formulierung in der Erklärung zu erwarten gewesen. Eine derartige weitergehende Erklärung hat die Klagepartei jedoch an keiner Stelle dargetan (vgl. OLG Koblenz Beschl. v. 14.9.2020 – 12 U 1831/19, BeckRS 2020, 24349 Rn. 58, 59).
3. Eine Haftung der Beklagten ergibt sich nach der Rechtsprechung des BGH auch weder aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, noch aus § 823 Abs. 2 i.V.m. Art. 5 Abs. 2 VO 715/2007/EG oder § 6 Abs. 1, 27 EG-FGV. Die zuletzt genannten Bestimmungen stellen schon keine Schutzgesetze dar (BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19; ebenso bereits Senat, WM 2019, 1937). Für eine Haftung wegen Betruges nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB fehlt es – wie nachfolgend aufgezeigt – an der hierfür erforderlichen Täuschung seitens der Beklagten.
4. Auch auf §§ 826, 31 BGB kann die Klagepartei ihre Ansprüche deshalb im vorliegenden Falle nicht stützen.
a. Zwar haftet die Muttergesellschaft der Beklagten, die VW AG, für die in dem von ihr entwickelten Motor EA189 verbaute Manipulationssoftware grundsätzlich aus § 826 BGB (vgl. grundlegend BGH vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19), soweit der Pkw – wie hier – vor Bekanntwerden des Dieselskandals am 22.09.2015 erworben wurde; dies gilt auch für andere Konzernmarken (BGH vom 23.3.2021 – VI ZR 1180/20). Daraus folgt jedoch nach der Rspr. des BGH nicht ohne Weiteres eine Haftung der hier allein Beklagten Audi AG (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 2021 – VI ZR 505/19). Daher dürfte die Klagepartei ggf. schlicht den Falschen verklagt haben.
b. Eine Zurechnung des etwaigen Wissens von Vertretern der VW AG zur Beklagten entsprechend §§ 31, 166 BGB kommt indessen schon aus Rechtsgründen nicht in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 2021 – VI ZR 505/19).
Bereits nach bisheriger Rspr. des BGH setzte die Haftung einer juristischen Person aus § 826 BGB i.V.m. § 31 BGB voraus, dass einer ihrer verfassungsmäßig berufenen Vertreter i.S.d. § 31 BGB den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 826 BGB persönlich verwirklicht hat. Über eine Wissenszusammenrechnung führte schon bisher kein Weg zu dem für das Merkmal der Sittenwidrigkeit i.S.d. § 826 BGB erforderlichen moralischen Unwerturteil (so bereits BGH vom 28. Juni 2016 – VI ZR 536/15, NJW 2017, 250 Rn. 13, 22 f., 27 mwN). So wie sich die, die Verwerflichkeit begründende bewusste Täuschung nicht dadurch konstruieren lässt, dass die im Hause der juristischen Person vorhandenen kognitiven Elemente „mosaikartig“ zusammengesetzt werden, weil eine solche Konstruktion dem personalen Charakter der Schadensersatzpflicht gemäß § 826 BGB nicht gerecht würde (Urteil vom 8. März 2021 – VI ZR 505/19, Rn. 23), so lässt sie sich erst recht nicht mit einer Wissenszurechnung über die Grenzen rechtlich selbständiger (Konzern-)Gesellschaften hinaus begründen (BGH a.a.O. Rz. 23 ff.).
c. Daher wäre eine Haftung der Beklagten nur möglich, wenn sie bzw. ihre Vertreter den Haftungstatbestand des § 826 BGB vollständig selbst verwirklicht hätten.
(1) Das könnte nach der Rspr. des BGH z.B. der Fall sein, wenn nicht nur bei der VW AG als Muttergesellschaft, sondern auch bei der Beklagten eine auf arglistige Täuschung des KBA und letztlich der Fahrzeugerwerber gerichtete Strategieentscheidung getroffen worden wäre oder für die Beklagte handelnde Personen an der von der Muttergesellschaft getroffenen Entscheidung zumindest beteiligt gewesen wären. Außerdem käme ein sittenwidriges Vorgehen der Beklagten dann in Betracht, wenn die für sie handelnden Personen wussten, dass die von der Muttergesellschaft gelieferten Motoren mit einer auf arglistige Täuschung des KBA abzielenden Prüfstanderkennungssoftware ausgestattet waren, und die von der Beklagten hergestellten Fahrzeuge in Kenntnis dieses Umstandes mit diesem Motor versahen und in den Verkehr brachten (BGH, Urteil vom 8. März 2021 – VI ZR 505/19, Rz. 20 f.).
(2) Für ein derartiges Vorstellungsbild der Vertreter der Beklagten ist die Klagepartei jedoch im Grundsatz voll darlegungs- und beweispflichtig. Eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten zu Vorgängen innerhalb ihres Unternehmens, die auf eine Kenntnis ihrer verfassungsmäßigen Vertreter von der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung schließen lassen sollen, setzt insoweit jedenfalls voraus, dass das (unstreitige oder nachgewiesene) Parteivorbringen hinreichende Anhaltspunkte enthält, die einen solchen Schluss nahelegen. Denn auch die sekundäre Darlegungslast führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des in Anspruch Genommenen, dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen (BGH a.a.O. Rz. 27).
Der Umstand, dass die Beklagte die von ihrer Muttergesellschaft gelieferten rechtswidrig manipulierten Motoren bzw. das fertige Motorsteuergerät mit der im Auftrag der Muttergesellschaft entwickelten und sodann aufzuspielenden Manipulationssoftware sich liefern hat lassen und dieses Gerät sodann in die teils von ihr nachgebauten und anschließend in ihren Fahrzeugen verbauten EA189-Motoren implementiert hat, genügt insoweit nicht. Denn dies allein spricht – auch unter Berücksichtigung der besonderen Bedeutung der Einhaltung gesetzlicher Grenzwerte für den Automobilhersteller und der mit dem Einsatz der rechtswidrigen Abschalteinrichtung verbundenen Risiken noch nicht für die Annahme, die Unternehmensleitung der Beklagten sei in die diesbezügliche strategische Entscheidung ihrer Muttergesellschaft eingebunden gewesen (BGH a.a.O. Rz. 30).
Außerdem müsste ein – nach ständiger Rspr. des BGH – getrennt von der Sittenwidrigkeit des haftungsbegründenden Verhaltens festzustellender Schädigungsvorsatz eines verfassungsmäßig berufenen Vertreters der Beklagten vorliegen. Insoweit müsste jedenfalls hinsichtlich des Wollenselements des Vorsatzes feststellbar sein, dass Personen, für deren Verhalten die Beklagte nach § 31 BGB einzustehen hat, Kenntnis vom Einsatz der Manipulationssoftware und ihrer Unzulässigkeit besaßen (BGH a.a.O. Rz. 32 f.), für die sich aus dem bloßen Zukauf dieser Komponente nichts ergibt.
Auch ein Anspruch nach §§ 826, 831 Abs. 1 Satz 1 BGB würde voraussetzen, dass eine nach diesen Grundsätzen als Verrichtungsgehilfe der Beklagten zu qualifizierende Person in Ausführung der Verrichtung den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 826 BGB verwirklicht hat, wobei grundsätzlich die gleichen Maßstäbe gelten wie oben hinsichtlich der verfassungsmäßig berufenen Vertreter (BGH a.a.O. Rz. 35). Für eine Haftung der Beklagten für das Verhalten ihrer Mitarbeiter unter dem Gesichtspunkt des Organisationsmangels besteht dabei keine Grundlage (BGH a.a.O. Rz. 36).
(3) Soweit sich die Klagepartei zudem darauf verweist, dass bereits der 5. Senat des Oberlandesgerichts München (Urteil vom 20.04.2021, Az.: 5 U 6625/20) und auch das Oberlandesgericht Hamm (Urteil vom 21.04.2021, Az.: 8 U 129/20) in der vorliegenden Konstellation eine Haftung der Beklagten angenommen hätten, ist der pauschale Verweis auf eine offenkundig nicht veröffentlichte und nicht vorgelegte Entscheidung des OLG Hamm einer Auseinandersetzung mit dieser und Bewertung derselben schon nicht zugänglich. Was die Entscheidung des hiesigen 5. Zivilsenats anbelangt soll danach die Konzerntochter (hier Beklagte) für das sittenwidrige Verhalten der Konzernmutter (VW AG) unter dem Gesichtspunkt der Repräsentantenhaftung einzustehen haben, weil sie dieser die Entwicklung eines Automotors überlassen hat. Dem steht jedoch nach Auffassung des Senats die Rspr. des BGH entgegen:
Über den Wortlaut der §§ 30, 31 BGB hinaus hat die Rechtsprechung eine Repräsentantenhaftung für solche Personen entwickelt, denen durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, wesensmäßige Funktionen der juristischen Person zur selbstständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, so dass sie die juristische Person im Rechtsverkehr repräsentieren (z.B. BGH, Urteil vom 14.3.2013 – III ZR 296/11, Rz. 12 ff.). Um eine „Repräsentation im Rechtsverkehr“ geht es hier aber offensichtlich nicht. Es ist z.B. nicht ersichtlich, dass der Leiter der Entwicklungsabteilung der VW AG bei der Motorenentwicklung die hier beklagte Audi AG in irgendeiner Art und Weise im Rechtsverkehr repräsentiert hätte (ablehnend gegen diesen Ansatz z.B. auch Oechsler, ZIP 2021, 929, bei Fn. 15).
Die Repräsentantenhaftung gehört ebenfalls zu den vom BGH a.a.O. im Rahmen von § 826 BGB bereits abgelehnten Grundsätzen der Wissenszurechnung und Wissenszusammenrechnung (i.E. ebenso wohl Oechsler, ZIP 2021, 929, bei Fn. 16). Auch dass für eine Haftung der Beklagten unter dem Gesichtspunkt des Organisationsmangels keine Grundlage besteht, hat der BGH bereits entschieden (BGH a.a.O. Rz. 36; ebenso Oechsler, ZIP 2021, 929, bei Fn. 24 f.). Dass der Umstand, dass die Beklagte die von ihrer Muttergesellschaft entwickelten und gelieferten, rechtswidrig manipulierten Motoren in ihre Fahrzeuge einbaute, für eine Haftung nicht genügt, hat der BGH ebenfalls bereits entschieden. Dass der streitgegenständliche Motor vorliegend möglicherweise von der Beklagten selbst bzw. deren Tochtergesellschaft hergestellt worden ist, steht dem nicht entgegen, da jedenfalls die für die Manipulation maßgebliche Komponente, d.h. das von der VW AG bzw. in deren Auftrag entwickelte Motorsteuergerät nebst zu applizierender Software von der Bosch GmbH bzw. VW AG geliefert und sodann eingebaut wurde.
Im Ergebnis handelt es sich damit um einen schlichten Zukauf von Fahrzeugkomponenten, wie er nicht nur in der Automobilindustrie gang und gäbe ist, ohne dass deshalb bisher eine Wissenszurechnung, soweit ersichtlich, erwogen worden wäre. Es widerspricht auch keineswegs der Lebenserfahrung, dass ein Hersteller von Luxuslimousinen in keiner Weise an der Konfiguration des von ihm verwendeten Motorentyps interessiert gewesen sein soll (so aber Oechsler, ZIP 2021, 929 bei Fn. 26).
Es besteht vielmehr nach Auffassung des Senats die ernsthafte und naheliegende, klägerseits nicht widerlegte Möglichkeit, dass (auch) die hiesige Beklagte von der VW AG nicht über das Vorhandensein der Umschaltlogik informiert worden ist. Denn welche Mutter(Gesellschaft) würde gegenüber ihrer (Tochter)Gesellschaft, die mit ihrem „Vorsprung durch Technik“ wirbt, schon ohne Not offenbaren, dass sie die einschlägigen Abgasnormen leider nur durch Betrug einhalten kann?
(4) Soweit Servatius (ZIP 2021, 1144) eine konzernrechtliche Zurechnung für möglich hält, ist anzumerken, dass der BGH dies in Kenntnis der Unternehmensstrukturen ebenfalls nicht erwogen hat, und dass zu einem entsprechenden Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ebenso jeglicher Vortag fehlt wie zu einer Weisung gem. § 308 AktG.
d. Daher bedarf es insoweit auch keiner Revisionszulassung durch den Senat. Die aufgeworfenen Rechtsfragen sind nach Auffassung des erkennenden Senats in der Rspr. des BGH bereits sämtlich geklärt.
Zusammenfassend bleibt es vielmehr dabei, dass nach der Rspr. des BGH eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten bzw. ggf. eine Beweisaufnahme nur dann in Betracht käme, wenn klägerseits unstreitige oder nachgewiesene Anhaltspunkte vorgebracht werden, die den Schluss nahelegen, dass für die Beklagte handelnde Personen wussten, dass die von der Muttergesellschaft gelieferten Motoren mit einer auf arglistige Täuschung des KBA abzielenden Prüfstanderkennungssoftware ausgestattet waren, und die von der Beklagten hergestellten Fahrzeuge in Kenntnis dieses Umstandes mit diesem Motor versahen und in den Verkehr brachten.
Dafür mag ggf. auch ein bewusstes Sich-Verschließen vor der Wahrheit als Sonderform des Anscheinsbeweises für Wissen und Schädigungsvorsatz ausreichen. Grundsätzlich bejaht der BGH ein bewusstes Sich-Verschließen bereits dann, „wenn die Unkenntnis auf einem gewissenlosen oder grob fahrlässigen (leichtfertigen) Handeln beruht“ (Oechsler, ZIP 2021, 929, 931). Das ändert allerdings nichts daran, dass auch für ein bewusstes Sich-Verschließen klägerseits unstreitige oder nachgewiesene Anhaltspunkte vorgebracht werden müssten.
(1) Einen entsprechenden Vortrag der Klagepartei in erster Instanz hat das Landgericht hier nicht festgestellt. Er ist auch deren schriftsätzlichem Vortrag dort nicht zu entnehmen:
(a) Die Klage vom 18.12.2018 (S. 3 ff.) verhält sich nur zu Verfehlungen, die von Personen begangen wurden, die für die VW AG und nicht die Beklagte gehandelt haben.
So wird dort etwa ausgeführt, die VW AG habe weltweit mind. 11 Millionen Fahrzeuge mit einer illegalen Abschalteinrichtung versehen. Acht Ingenieure der VW AG hätten gestanden, nach einer Entwicklungszeit seit 2005 ab 2008 besagte Software in alle EA189 Motoren integriert zu haben. Die Anweisung sei bei Verweis auf einen Bericht von Focus online vom 20.09.2015 angeblich vom damaligen Entwicklungsvorstand der VW AG Ulrich Hackenberg erteilt worden. Weiter wird auf einen Bericht der Zeit vom 22.01.2016 verwiesen, wonach viele VW-Führungskräfte offenbar Mitwisser gewesen seien. Zudem wird vorgetragen, die VW AG habe für das streitgegenständlich Fahrzeug die Motoren gebaut und für dieses Fahrzeug die Systemsteuerungssoftware abgestimmt, bevor diese dann zur Endmontage an das jeweilige Werk weitergeleitet worden sei. Es ist von einem umfassenden Geständnis der VW AG im Rahmen des Vergleichs in den USA die Rede.
Abschließend (S. 12) wird dann auch nur pauschal behauptet, der gesamte Vortrag zur VW AG lasse sich wegen arbeitsteiliger Prozesse und Überkreuzregelungen in den Vorständen der beiden Gesellschaften auf die Beklagte übertragen. Die wesentlichen Entscheidungen seien von denselben Entscheidungsträgern getroffen worden.
In der Replik vom 24.06.2019 (Bl. 2 ff.) wird dargelegt, bei den Modellen der Beklagten handele es sich – bei Verweis auf ein bestehendes Baukastensystem – um eine Gemeinschaftsentwicklung mit der VW AG.
Weiter wird darauf verwiesen, dass … von 2002 bis 2007 Vorstand der Beklagten und als leitender Entwicklungschef bei der VW AG verantwortlich für die Entwicklung der Betrugssoftware gewesen sei. Ein Herr H. sei gleichzeitig Motorenentwicklungschef der Beklagten, Chef der Motorenentwicklung bei der VW AG und Vorstand bei Porsche gewesen. Herr … habe die … GmbH im Jahre 2004 damit beauftragt, das Motorsteuergerät EDC17 zu entwickeln, das später eine illegale Softwarefunktion unter dem Namen Akustikfunktion erhalten habe. Bereits 2005/2006 hätten die Entwicklungsingenieure mit der Optimierung der NOx-Werte und den jeweiligen Abgasrückführungswerten experimentiert. Herr … hätte sich zudem im Jahre 2006 als Vorstandsvorsitzender der Beklagten gegen den Einsatz der AdBlue-Technologie entschieden. Herrn H. – ein enger Vertrauter von … und … – habe letzterer 2007, als er Vorstandsvorsitzender der VW AG geworden sei, mit dorthin genommen. … der von 2002 bis 2007 bei der Beklagten tätig gewesen sei, sei ebenfalls 2007 zur VW AG gewechselt und dann 2013 wiederum zur Beklagten.
Zudem wird angeführt, gegen führende Entwickler der Dieselaggregate bei der Beklagten und Porsche seien zwischenzeitlich Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, so gegen Herrn … Auch gegen …, der … zum 01.01.2007 als Vorstandsvorsitzender der Beklagten ablöste, bestehe ein hinreichender Tatverdacht. Dieser soll nach Aufdeckung der Abgasmanipulation in den USA auch von falschen Abgaswerten in Europa gewusst bzw. sollen ihm schon zuvor Hinweise auf Unstimmigkeiten bei den Abgaswerten von Dieselmotoren vorgelegen haben. Herr … belaste diesen schwer. Die Beklagte habe sich außerdem in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren zu ihrer Verantwortung im sog. Dieselskandal bekannt. Gegenstand des Vorwurfs seien die von dieser hergestellten und vertriebenen Dieselaggregate gewesen, wobei das Verfahren auch den streitgegenständlichen EA189 Motor beinhaltet habe. Weiter wird auf die Anklageerhebung gegen … verwiesen. Dieser soll es danach seit dem 25.05.2014 als Garant unterlassen haben, nach Kenntnis der rechtswidrigen Manipulationen an Diesel-Motoren diese gegenüber den zuständigen Behörden offen zu legen und den weiteren Einbau sog. Abschalteinrichtungen und Vertrieb entsprechend ausgestatteter Fahrzeuge zu untersagen.
Letztlich wird dargelegt, dass von der Betrugssoftware nicht nur Fahrzeuge mit dem Motor EA189 betroffen seien, sondern auch alle Fahrzeuge mit dem 3,0 Diesel Aggregat.
(b) Demgemäß fehlen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass für die Beklagte handelnde Personen in die, auf eine arglistige Täuschung des KBA und letztlich der Fahrzeugerwerber gerichtete Strategieentscheidung zum Einbau der sog. Umschaltlogik eingebunden gewesen wären.
Dr. W. war vielmehr Anfang 2007, d.h. bei Abstellen auf den Klägervortrag noch deutlich vor Einsatz der Manipulationssoftware, von der Beklagten zur Volkswagen AG gewechselt und mit ihm der vormalige Motorenentwicklungschef der Beklagten … Gleiches gilt nach den Darlegungen der Klagepartei für den damals leitenden und für Emissionen verantwortlichen Ingenieur der Beklagten …, der zudem erst nach Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Fahrzeugs (2011) zur Beklagten zurückgekehrt war.
Auch dafür, dass der neue Vorstandsvorsitzende der Beklagten … in irgendeiner Form beteiligt gewesen sein sollte, ergibt sich nichts. Im Gegenteil sprechen die Vorwürfe, die gegen ihn erhoben wurden, für eine allenfalls nachträgliche Kenntniserlangung. Außerdem war – was auch für sonstige in Bezug genommene Personen gilt – der bloße Hinweis auf entsprechende Ermittlungen ohnehin nicht ausreichend. Zwar kann ein Anspruchsteller seinen Anspruch im Zivilprozess z.B. durch konkrete Bezugnahme auf ein als Anlage vorgelegtes, ausführlich begründetes rechtskräftiges Strafurteil schlüssig darlegen (BGH, Beschluss vom 25. September 2018 – VI ZR 443/16, Rz. 9 ff.). Dass er dies auch durch pauschale Bezugnahme auf ein Ermittlungsverfahren könnte, wird aber, soweit ersichtlich, nicht vertreten.
Dem Klägervortrag waren damit auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass und weshalb für die Beklagte handelnde Personen bereits 2011 gewusst haben sollten, dass die von der Muttergesellschaft, d.h. der VW AG gelieferten Motoren mit einer auf arglistige Täuschung des KBA abzielenden Prüfstanderkennungssoftware ausgestattet waren. Gerade den in Bezug genommenen strafrechtlichen Ermittlungen ist – wie dargelegt – eine entsprechende Kenntnis des Vorstandsvorsitzenden … schon damals nicht zu entnehmen. Dies gilt im Übrigen – wenn hier aus vorgenannten Gründen auch irrelevant – ebenso für den vormaligen Vorstandsvorsitzenden … dem ersichtlich erst eine Kenntniserlangung im Jahr 2014 zur Last gelegt wird. Die Übrigen von der Klagepartei angeführten Wissensträger waren zudem – wie ausgeführt – nicht mehr für die Beklagte tätig.
Auch das in Bezug genommene Ordnungswidrigkeitenverfahren enthielt keinen Hinweis auf eine entsprechende Kenntnis seitens der Beklagten. So lässt sich dem klägerischen Vortrag bereits nicht entnehmen, dass es sich nicht nur um einen eingeräumten Organisationsmangel gehandelt hat und weshalb sich das diesbezüglich angeführte Bekennen der Beklagten zu ihrer Verantwortung im Dieselskandal auch auf den Motor EA189 der VW AG bezogen haben soll. So wurden nach den Darlegungen der Klagepartei letztlich nur Vorwürfe gegen die Beklagte in Bezug auf die von ihr hergestellten Dieselaggregate und nicht den von der VW AG entwickelten Motor EA 189 erhoben, obwohl dieser auch Gegenstand des Verfahrens war.
Auch der Verweis auf das Vorliegen eines Baukastensystems war nicht zielführend. Mag das von der Beklagten in Verkehr gebrachte Fahrzeug insoweit als Gemeinschaftsentwicklung zu bezeichnen sein als es unstreitig in Gestalt des in ihm verbauten Motors EA189 eine von der VW AG entwickelte Komponente enthalten hat, auf eine Kenntnis der integrierten Manipulationssoftware weist dies jedoch nicht hinreichend hin. Die Klagepartei hat hierzu selbst ausgeführt, die VW AG habe für das streitgegenständliche Fahrzeug die Motoren gebaut und für dieses Fahrzeug die Systemsteuerungssoftware abgestimmt, bevor diese dann zur Endmontage an das jeweilige Werk weitergeleitet worden sei. Danach oblag der Beklagten nur noch der Einbau, ist also gerade nicht davon auszugehen, dass diese sich noch im Detail bzw. überhaupt mit der genauen Funktionsweise des Abgasrückführungssystems auseinandergesetzt hätte.
(c) Außerdem wäre eine Zurechnung des behaupteten, im Rahmen der Zugehörigkeit zur VW AG erworbenen Wissens oben bezeichneter Personen zur hier Beklagten Audi AG schon aus Rechtsgründen nicht möglich. Nach § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG haben Vorstände über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, namentlich Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse, die den Vorstandsmitgliedern durch ihre Tätigkeit im Vorstand bekanntgeworden sind, Stillschweigen zu bewahren. Auch ausgeschiedene Organmitglieder müssen weiter Stillschweigen über die vertraulichen Angaben und Geschäftsgeheimnisse wahren, die ihnen während ihrer Amtszeit bekanntgeworden sind. Das folgt aus der nachwirkenden Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft, ohne dass es einer vertraglichen Vereinbarung bedarf (BeckOGK/Fleischer, 1.2.2021, AktG § 93 Rn. 194). Daher kommt in diesen Fällen auch eine Wissenszurechnung nicht in Betracht (BGH, Urteil vom 26. April 2016 – XI ZR 108/15 zu einem Aufsichtsrat, der vom Vorstand des anderen Unternehmens dorthin entsandt worden war; Habersack in: Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Auflage 2008, § 116 Rn. 56-57; Hopt/Roth in: Hirte/Mülbert/Roth, Aktiengesetz Großkommentar, 5. Aufl. 2018, § 116; Seibt in: Schmidt, K./Lutter, AktG, 4. Aufl. 2020, § 78 AktG, Rn. 10).
(2) In der Berufungsinstanz hat die Klagepartei im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag wiederholt, weshalb auf obige Ausführungen Bezug genommen werden kann. Darüber hinaus ist es ihr selbst verspätet nicht gelungen, greifbare Anhaltspunkte dafür aufzuzeigen, dass für die Beklagte handelnde Personen wussten, dass der im streitgegenständlichen Fahrzeug verbaute Motor bzw. das Motorsteuerungsgerät mit einer auf arglistige Täuschung des KBA abzielenden Prüfstanderkennungssoftware ausgestattet war, und von der Beklagten in Kenntnis dieses Umstandes in den Verkehr gebracht wurde.
(a) Dies gilt zum einen, soweit sie neu zur bereits erstinstanzlich erwähnten Akustikfunktion vorträgt:
Soweit die Klagepartei dabei aus einer angeblich in den von der Beklagten entwickelten 3 l-Dieselmotoren enthaltenen Abschalteinrichtung darauf schließt, die Beklagte habe auch von der Verwendung einer entsprechenden Abschalteinrichtung im von der VW AG entwickelten Motor EA189 gewusst (so wohl auch Oechsler, ZIP 2021, 929, bei Fn. 28 unter Hinweis auf OLG München v. 30.11.2020 – 21 U 3457/19, juris Rz. 52), überzeugt dies den erkennenden Senat aus mehreren Gründen nicht:
Durch die „Akustikfunktion“ soll bei Bezugnahme auf die nunmehr vorgelegten Unterlagen die Einspritzstrategie des Dieselkraftstoffs in den Audi 3 l-Motoren verändert werden, wodurch der Raildruck, die Kraftstoffzumessung und der Einspritzzeitpunkt beeinflusst sowie insbesondere die damit korrespondierende Abgasrückführungsrate(AGR-Rate) angepasst (vermindert) werden. Damit wird schon eine Prüfstanderkennungsfunktion i.S.d. Rspr. des BGH nicht schlüssig dargelegt. Denn es ist nicht vorgetragen, dass und wie diese Funktion dazu führen würde, dass bei erkanntem Prüfstandbetrieb eine verstärkte Abgasrückführung aktiviert und der Stickoxidausstoß gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduziert wird, und deshalb nicht in beiden Fahrsituationen im Grundsatz in gleicher Weise arbeiten würde (vgl. BGH, Beschluss vom 9. März 2021 – VI ZR 889/20, Rz. 27, zum Software-Update für den VW-Motor EA189). Damit entspricht die klägerseits nunmehr beschriebene angebliche „Akustikfunktion“ in den Audi-3 l-Motoren auch nicht der vom BGH in dem VW-Motor EA 189 festgestellten „Umschaltlogik“. Nichts anderes kann dem als Anlage BE 5 vorgelegten Schreiben der VW AG an das KBA vom 29.12.2015 entnommen werden. Schon deshalb ist der angestrebte Rückschluss nicht möglich.
Auch sonst erschiene der angestrebte Rückschluss dem Senat aber nicht überzeugend. Es ist inzwischen gerichtsbekannt, dass in der fraglichen Zeit viele Motorenhersteller unterschiedlichste Abschalteinrichtungen in ihre Motoren implementiert haben. Manche dieser Abschalteinrichtungen waren offensichtlich sittenwidrig (z.B. im EA 189), andere selbst dann, wenn sie verwaltungsrechtlich unzulässig gewesen sein sollten, nur unter bestimmten zusätzlichen Umständen (insbes. sog. „Thermofenster“ vgl. BGH, Beschluss vom 19. Januar 2021, Gz. VI ZR 433/19, zum Daimler-Motor OM 651). Bei dieser Sachlage könnte aus dem Umstand, dass ein Motorenhersteller selbst eine sittenwidrige Abschalteinrichtung verwendet hat, nicht verlässlich darauf geschlossen werden, er habe deshalb auch zumindest billigend in Kauf genommen, dass auch sein Lieferant eines völlig anderen Motors eine vergleichbare sittenwidrige Abschalteinrichtung verwendet (und nicht etwa nur ein sog. „Thermofenster“ o.ä.).
Gleiches gilt, soweit die Klagepartei im Termin am 08.07.21 nunmehr ebenso verspätet wie unsubstantiiert behauptet hat, durch die von der Beklagten entwickelte und der VW AG zugänglich gemachte Akustikfunktion sei die Manipulation beim Motor EA189 erst möglich geworden. Dafür fehlen ebenfalls jegliche tatsächlichen Anhaltspunkte. Soweit sich die Klagepartei hierzu auf verspätet vorgelegte Anlagen berufen hat, sei angemerkt, dass vorgelegte Anlagen lediglich zur Erläuterung des schriftsätzlichen Vortrags dienen, diesen aber nie ersetzen können (BGH, NJW 2008, 69, Rz. 25 mwN.). Die Gerichte sind auch nicht verpflichtet, umfangreiche ungeordnete Anlagenkonvolute von sich aus durchzuarbeiten, um so die erhobenen Ansprüche zu konkretisieren (z.B. BGH, NJW-RR 2004, 639 [640]; BGH, Urteil vom 17. März 2016, III ZR 200/15 Rn. 19 mwN.). Zumindest im Anwaltsprozess obliegt es daher dem Prozessbevollmächtigten, den Vortrag der Partei selbst zu ordnen, Anlagen auszuwerten und die Tatsachen nach Rechtsgesichtspunkten hervorzuheben und vorzutragen. Pauschale Verweisungen auf Anlagen sind unzulässig (z.B. Musielak/Voit. ZPO, 14. Auflage 2017, § 130 Rnr. 10 mwN.) und genügen ohne inhaltliche Auswertung der Anlage der Darlegungslast nicht (BGH NJW 2017, 2617 Rz. 33).
(b) Auch die pauschalen Verweise auf eine angeblich interne Warnung im Jahr 2011 und ein angebliches Schreiben der Fa. Bosch GmbH im Jahr 2007, auf welche die Klagepartei ihre Behauptung einer unstreitigen Kenntnis von Mitarbeitern der Beklagten vom Einsatz der Manipulationssoftware stützt, sind ungeeignet, einen konkreten Anhalt für die erforderliche Kenntnis seitens der Beklagten zu begründen, zumal die Beklagte dies ausdrücklich bestritten hat. Im Übrigen wurde die Klagepartei sogar explizit darauf hingewiesen, dass der Hinweis auf ein Schreiben der Fa. Bosch aus sich heraus nicht verständlich sei (Verfügung vom 13.04.2021 im Parallelverfahren 8 U 936/20, in welchem die Klagepartei gleichfalls von hiesigen Klägervertretern vertreten wurde), ohne dass eine Klarstellung erfolgt wäre. Letztlich hat die Beklagte die Existenz besagter Schreiben auch bestritten.
Im Übrigen ist der Vortrag der Klagepartei nicht nachvollziehbar, die Beklagte habe eine Kenntnis ihres Vorstandsvorsitzenden oder anderer Mitglieder des Vorstands im aktienrechtlichen Sinn lediglich zum Zeitpunkt der Entwicklung der Software bestritten. Diese beruft sich vielmehr explizit auf eine Unkenntnis noch zu dem Zeitpunkt, als die die Klagepartei das streitgegenständliche Fahrzeug erworben hat.
D.
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
2. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
3. Anlass zur Zulassung der Revision besteht nicht. Die Rechtslage ist spätestens durch das Urteil des BGH vom 8. März 2021 – VI ZR 505/19, hinreichend geklärt. Der Senat hat die Rspr. des BGH seiner Entscheidung zugrunde gelegt, sodass für ihn eine zulassungspflichtige Divergenz zu anderen obergerichtlichen Entscheidungen nicht bestehen kann (vgl. BFH, Beschl. v. 16.12.2020 – I B 1/20, BeckRS 2020, 44433) Unterschiedliche tatrichterliche Auslegungen – etwa zu der Frage, ob gewisse Umstände hinreichende Anhaltspunkte für eine Kenntnis der Beklagten darstellen – würden außerdem nicht zwangsläufig zu einer Divergenz im Sinne des Revisionsrechts führen Gelangt ein Berufungsgericht im Einzelfall trotz identischen Sachverhalts zu einem anderen Ergebnis als ein anderes gleich- oder höherrangiges Gericht, so begründet der für sich allein nicht die Notwendigkeit der Revisionszulassung zur Sicherung einheitlichen Rechtsprechung. Es kommt vielmehr darauf an, ob eine [xxx] Rechtsfragen oder ein Rechtsfehler mit symptomatischer Bedeutung vorliegt (BGH, Beschluss vom 16.09.2003 – XI ZR 238/02). Beides ist hier nach Einschätzung des Senats nicht der Fall.

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