Aktenzeichen VI ZR 194/18
§ 1631 Abs 1 BGB
§ 256 Abs 1 ZPO
§ 86 Abs 1 S 1 VVG
Leitsatz
1. Zu den Verkehrssicherungspflichten eines Grundstückseigentümers gegenüber Kindern (hier: Veranstaltung eines Reitturniers).
2. Die Behauptung eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien ist besondere Prozessvoraussetzung der Feststellungsklage. Für ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis genügen Beziehungen zwischen den Parteien, die schon zur Zeit der Klageerhebung die Grundlage bestimmter Ansprüche bilden. Nicht ausreichend ist dagegen ein Rechtsverhältnis, das noch nicht besteht, sondern erst in Zukunft unter Voraussetzungen, deren Eintritt noch völlig offen ist, entstehen kann. Die bloße Aussicht, einen Anspruch demnächst zu erwerben, begründet kein gegenwärtiges Rechtsverhältnis (hier: zukünftig zu leistende Zahlungen eines Haftpflichtversicherers und Anspruchsübergang nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VVG).
Verfahrensgang
vorgehend OLG Karlsruhe, 20. April 2018, Az: 14 U 173/16vorgehend LG Freiburg (Breisgau), 14. Oktober 2016, Az: 1 O 209/15
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 20. April 2018 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist. Die Berufungen der Klägerinnen gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Freiburg vom 14. Oktober 2016 werden zurückgewiesen.
Die Revisionen der Klägerinnen werden zurückgewiesen.
Die Klägerinnen tragen die Kosten des Rechtsstreits jeweils zur Hälfte.
Von Rechts wegen
Tatbestand
1
Die Klägerinnen nehmen den Beklagten auf Feststellung der Pflicht zur Zahlung und Freistellung, insbesondere aus einem Gesamtschuldverhältnis, in Anspruch.
2
Der Beklagte veranstaltete auf seinem Vereinsgelände ein Reitturnier, das ohne Zugangsbeschränkung und Eintrittsgeld von Zuschauern besucht werden konnte. Für das Abstellen von Pferdetransportern stellte der Beklagte den Turnierteilnehmern verschiedene Wiesen zur Verfügung. Eine dieser Wiesen grenzte an einen Weg, der während der Turnierveranstaltung befahren und auch von Besuchern begangen wurde. Entlang des Weges wurden auf der Wiese unter anderem verschiedene Landmaschinen ausgestellt. Dahinter befanden sich von Turnierteilnehmern abgestellte Pferdetransporter und -anhänger. Dort parkte auch die Klägerin zu 1, die eine Turnierteilnehmerin begleitete, auf dem ihr zugewiesenen Stellplatz ihr Fahrzeug mit einem Pferdeanhänger. In diesem befand sich neben dem Pferd der Klägerin zu 1, für welches diese eine Haftpflichtversicherung bei der Klägerin zu 2 unterhielt, ein weiteres Pferd der von ihr begleiteten Turnierteilnehmerin. Die Klägerin zu 1 stellte ihr Fahrzeug weisungsgemäß mit der Front zu dem Weg ab, der an die Wiese anschloss, sodass das Heck des Pferdeanhängers dem Wettkampfgelände abgewandt war. Als die Turnierteilnehmerin, die die Klägerin zu 1 begleitete, mit den Pferden verschiedene Wettkämpfe bestritten hatte, wurden diese in den Pferdeanhänger verbracht, angebunden und von hinten mit einer Haltestange gesichert. Die Rampe am Heck des Pferdeanhängers und Luken im seitlichen Frontbereich waren wegen der hohen Lufttemperatur geöffnet. Danach verließen die Klägerin zu 1 und die Turnierteilnehmerin den Pferdeanhänger. Ein knapp drei Jahre altes Kind, das mit seinen Eltern und weiteren Verwandten das Turnier besuchte, gelangte unbemerkt in diesen hinein, wo es von einem Pferdehuf am Kopf getroffen und schwer verletzt wurde.
3
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufungen der Klägerinnen festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin zu 2 einen Anteil von 1/3 sämtlicher Zahlungen zu erstatten, die diese aufgrund der Verletzungen des Kleinkindes geleistet hat, und die Klägerin zu 1 von allen Ansprüchen, mit denen diese aufgrund von Verletzungen des Kleinkindes belastet wird, im Umfang von 1/3 freizustellen. Im Übrigen hat es die Berufungen zurückgewiesen. Mit den vom erkennenden Senat zugelassenen Revisionen wenden sich der Beklagte gegen seine Verurteilung und die Klägerinnen gegen die teilweise Zurückweisung ihrer Berufungen.
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