Aktenzeichen RN 5 E 19.1890
LFGB § 40 Abs. 1a S. 1 Nr. 3, 60 Abs. 4 Nr. 2 lit. a
LMRStrafVO § 2 Nr. 5, Nr. 8
OWiG § 19, § 20
VO (EG) Nr. 178/2002 Art. 3 Nr. 8
Leitsatz
1. Bei Rechtsstreitigkeiten über die Rechtmäßigkeit der Veröffentlichung von staatlichen Informationen nach dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch besteht für die betroffenen Unternehmen ein Anordnungsgrund, weil durch spätere Gegendarstellungen, Richtigstellungen oder sonstige Korrekturen die faktischen Wirkungen von Information regelmäßig nicht mehr beseitigt werden können (Anschluss an VGH Mannheim BeckRS 2019, 11231). (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Bezeichnung eines veröffenetlichten Verstoßes hat aufgrund der erheblichen Wirkungen schonend für den Betroffenen und damit so genau wie möglich zu erfolgen, um dem Eindruck vorzubeugen, es seien Lebensmittel betroffen, bei denen das gar nicht der Fall ist. Eine Spezifizierung hat gegebenenfalls inhaltlich (Produktart), räumlich oder auch zeitlich zu erfolgen (Anschluss an VGH Mannheim BeckRS 2019, 11231). (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
3. Es nämlich Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Bußgeldvorschrift des § 60 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a LFGB (Anschluss an VGH Mannheim BeckRS 2019, 11231). (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig untersagt, die sich aus dem Anhörungsschreiben vom 30.09.2019 ergebenden Informationen auf der Internetseite des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit zu veröffentlichen.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.
III. Der Streitwert wird auf 2.500 € festgesetzt.
Gründe
I.
Mit ihrem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes begehrt die Antragstellerin die vorläufige Untersagung einer Veröffentlichung ihr vorgeworfener lebensmittelrechtlicher Verstöße auf der Internetseite des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit.
Die Antragstellerin betreibt in der …straße … in P.das „… Hotel …“. Bei einer am 20.08.2019 durchgeführten planmäßigen Routinekontrolle stellte die Antragsgegnerin diverse in einer Lichtbildmappe dokumentierte Zuwiderhandlungen gegen lebensmittelhygienerechtliche Bestimmungen fest und untersagte daraufhin kurzfristig die Speisenausgabe. Nach einer Grundreinigung wurde der Betrieb am 21.08.2019 wieder freigegeben.
Mit Bußgeldbescheid vom 30.09.2019, zugestellt am 01.10.2019 und rechtskräftig seit 16.10.2019, wurde gegenüber der Hotelmanagerin der Antragstellerin ein Bußgeld in Höhe von insgesamt 810,00 € verhängt. Die Höhe der Geldbuße setzt sich dabei wie folgt zusammen:
– Geldbuße in Höhe von 200,00 € (Ziffer 1), da Lebensmittel, die nicht sicher sind, nicht in den Verkehr gebracht werden dürfen (Art. 14 I i.V.m. II Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 178/2002)
– Geldbuße in Höhe von 220,00 € (Ziffer 2), da Gegenstände, Armaturen und Ausrüstungen, mit denen Lebensmittel in Berührung kommen, gründlich gereinigt und erforderlichenfalls desinfiziert werden müssen (Art. 4 II i.V.m. Anhang II Kapitel V Nr. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 852/2004)
– Geldbuße in Höhe von 20,00 € (Ziffer 3), da Rohstoffe und alle Zutaten, die in einem Lebensmittelunternehmen vorrätig gehalten werden, so zu lagern sind, dass gesundheitsgefährdender Verderb verhindert wird und Schutz vor Kontamination gewährleistet ist (Art. 4 II i.V.m. Anhang II Kapitel IX Nr. 2 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004)
– Geldbuße in Höhe von 180,00 €, 40,00 € und 30,00 € (Ziffer 4), da Lebensmittel nur so hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht werden dürfen, dass sie bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt nicht der Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung ausgesetzt sind (§ 3 Abs. 1 LMHV)
– Geldbuße in Höhe von 120,00 € (Ziffer 5), da Informationen über Lebensmittel nicht irreführend sein dürfen (Art. 7 I der Verordnung (EG) Nr. 1169/2011)
Verletzte Bußgeldvorschriften seien:
§§ 59 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a, § 60 Abs. 1 LFGB;
§ 2 Nr. 5 und Nr. 8 LMRStrafVO i.V.m. § 60 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a LFGB;
§ 3 LMHV i.V.m. § 10 Nr. 1 LMHV;
§ 11 Nr. 1 LFGB i.V.m. § 59 Abs. 1 Nr. 7 LFGB i.V.m. § 60 Abs. 1 Nr. 2 LFGB;
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Bußgeldbescheid und seinen Inhalt verwiesen.
Mit Schreiben vom 30.09.2019 kündigte die Antragsgegnerin der Antragstellerin an, dass nach § 40 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 LFGB die Veröffentlichung folgender Information beabsichtigt sei:
Verantwortliche Behörde
Datum
Lebensmittel-/Futtermittelunternehmen
Betroffenes Lebensmittel/ Futtermittel
Stadt P.
Einstelldatum:
… Verstoß festgestellt:
20.08.2019 Verstoß beseitigt:
21.08.2019
…,
…str. …,
P.
Kategorie:
Gastronomie, Gaststätten, Imbisseinrichtungen
Verstoß:
Mängel bei der Betriebshygiene/ Reinigungsmängel;
Inverkehrbringen von nicht zum Verzehr geeigneten Lebensmitteln;
Verbrauchertäuschung
Der Antragstellerin wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis spätestens 10.10.2019 gewährt. Mit E-Mail vom 10.10.2019 ließ die Antragstellerin vortragen, dass die vorgefundenen Mängel auf den krankheitsbedingten Ausfall von zwei Mitarbeitern im Bereich der Küche zurückzuführen seien. Die aufgeführten Mängel nicht baulichen Ursprungs seien umgehend am 20.08.2019 beseitigt worden.
Mit Schreiben vom 15.10.2019 wurde der Antragstellerin mitgeteilt, dass eine Veröffentlichung der Informationen gemäß § 40 Abs. 1a LFGB erforderlich sei. Die Veröffentlichung der Informationen erfolge auf der Internetseite des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit nach einer Wartefrist von sieben Tagen ab Zustellung dieses Schreibens, wenn bis dahin keine gerichtliche Untersagung erfolgt sei.
Mit Schriftsatz vom 21.10.2019, eingegangen bei Gericht per Fax am selben Tag, ließ die Antragstellerin einen Antrag nach § 123 VwGO stellen.
Die Antragstellerin trägt im Wesentlichen vor, dass es sich um eine einzigartige Situation gehandelt habe. Zu entsprechenden Beschwerden sei es in der Vergangenheit nicht gekommen. Die festgestellten Mängel seien auf den krankheitsbedingten Ausfall zwei Mitarbeiter in der Küche zurückzuführen, für die keine Vertretung gefunden werden konnte. Dies spiegele jedoch keinesfalls den dauerhaften Zustand wieder. Die beabsichtigte Veröffentlichung sei rechtswidrig. Die grundrechtlichen Positionen überwiegen ein etwaiges Interesse der Allgemeinheit an einer Veröffentlichung. Die Behauptung, dass die Antragstellerin nicht zum Verzehr geeignete Lebensmittel in den Verkehr gebracht habe, entbehre jeder Grundlage. Zu keinem Zeitpunkt seien Lebensmittel, die nicht mehr zum Verzehr geeignet gewesen seien, ausgegeben worden. Zudem seien keinerlei Proben entnommen worden. Im Rahmen der Grundreinigung seien jedoch vorsorglich sämtliche bereits geöffnete Lebensmittel entsorgt worden. Auch hinsichtlich der angeblichen Verbrauchertäuschung seien die erhobenen Vorwürfe nicht stichhaltig. Bei den Käfigeiern handele sich um eine Ersatzlieferung, wie dem Lieferschein zu entnehmen sei. Der Antragstellerin werde zu Unrecht unterstellt, dass die Knödel und Käfigeier für die Gäste bestimmt gewesen seien. Vielmehr sei davon auszugehen, dass diese letztlich für eine Mitarbeiterverköstigung gedacht gewesen seien. Die vorgefundenen Mängel habe die Antragstellerin zudem zu Personalentscheidungen veranlasst. So würden die Arbeitsverträge des Chefkochs und der derzeitigen Hotelmanagerin nicht verlängert werden. Mit Blick auf die vorgefundenen Hygiene- und Reinigungsmängel seien diese in einer Gesamtbetrachtung nicht so erheblich, dass sie einen entsprechenden Grundrechtseingriff rechtfertigen.
Die Antragstellerin beantragt,
der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, das Ergebnis der amtlichen Kontrolle des Betriebs der Antragstellerin am 20.08.2019 zu veröffentlichen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, dass eine Veröffentlichung gemäß § 40 Abs. 1a LFGB erforderlich sei. Die erforderliche Bußgeldhöhe von 350,00 € sei vorliegend überschritten worden. In dem Bußgeldbescheid seien unter Punkt 1, 2, 3 und 5 Tatbestände geahndet worden, die eine unmittelbare Auswirkung auf die Lebensmittel gehabt haben. Die Bußgeldhöhe aus den genannten Punkten belaufe sich auf insgesamt 560,00 €. Ausdrücklich sei der Punkt 4 nicht in die Erwägungsgründe der Veröffentlichung nach § 40 Abs. 1a LFGB herangezogen worden, da die Tatbestände in den Vollzugshinweisen ausgeschlossen worden seien. Der Verbraucherschutz und die Einhaltung der Lebensmittelhygiene dürfe auch nicht durch einen personellen Engpass gemindert werden. Zudem sei die unter Punkt 1 des Bußgeldbescheids aufgeführten Beanstandungen als „Inverkehrbringen von nicht zum Verzehr geeigneten Lebensmitteln“ zurecht geführt worden. Nach Art. 3 Nr. 8 der VO (EG) Nr. 178/2002 i.V.m. § 3 Nr. 1 LFGB sei ein Inverkehrbringen nicht nur das „Ausgeben“, sondern auch das Bereithalten von Lebensmittel oder Futtermittel für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig, ob unentgeltlich oder nicht, sowie der Verkauf, der Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst. Eine Probenentnahme zur Bestätigung, dass diese Lebensmittel nicht zum menschlichen Verzehr geeignet gewesen seien, sei nicht durchgeführt worden, da zum Kontrollzeitpunkt keine Zweifel an der Verzehrsungeeignetheit bei schimmelartigen Belegen auf Brötchen und Wurstwaren, Ungeziefer in Mehl und Fleisch mit schmieriger Oberfläche mit stark abweichendem Geruch bestanden haben. Die fachliche Einschätzung des Lebensmittelüberwachungsbeamten habe in diesem Fall vollkommen ausgereicht. Auch sei die Behauptung, dass die Käfigeier nur für die Mitarbeiterverköstigung angedacht gewesen seien aufgrund der gelieferten Menge von 360 Stück unglaubwürdig. Nach Rücksprache mit der Firma … habe sich herausgestellt, dass die Firma … zu keinem Zeitpunkt die Belieferung mit Freilandeiern gewährleisten könne und dass es immer wieder zu Ersatzlieferung kommen könne und auch gekommen sei. Eventuelle personelle Konsequenzen spielen bei der Veröffentlichung nach § 40 Abs. 1a LFGB keine Rolle und können demnach auch nicht berücksichtigt werden. Auch stehe der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einer Veröffentlichung hier nicht entgegen. § 40 Abs. 1a LFGB verpflichte die Antragsgegnerin zwingend zu einer Veröffentlichung von nach dieser Norm festgestellten Verstößen in dieser Form. Die Veröffentlichung stelle sich auch im Hinblick auf eine Beeinträchtigung von Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 19 Abs. 3 GG als angemessen dar. Für die Veröffentlichung sei ferner nicht nötig, dass eine Gesundheitsgefahr von dem Betrieb ausgehe. Zudem sei dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch dadurch Rechnung getragen, dass die geplante Veröffentlichung mit dem Zusatz, dass die Beanstandung beseitigt worden sei, erfolge.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag hat Erfolg.
1. Der Antrag nach § 123 VwGO ist zulässig. Er ist insbesondere statthaft. Denn das Rechtsschutzziel kann nicht über das nach § 123 Abs. 5 VwGO vorrangige Eilrechtsschutzverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO erreicht werden. Es handelt sich weder bei dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 15.10.2019 noch bei der Veröffentlichung des Ergebnisses der Kontrolle im Internet um einen Verwaltungsakt im Sinne des Art. 35 Satz 1 BayVwVfG (vgl. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. Mai 2019 – 9 S 584/19 -, Rn. 4, juris). Die Veröffentlichung ist als Realakt zu qualifizieren, deren Verhinderung in der Hauptsache mit einer allgemeinen Leistungsklage über einen öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch möglich ist.
2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist auch begründet.
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechtes eines Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Sowohl der Anordnungsanspruch als auch der Anordnungsgrund (Eilbedürftigkeit) sind glaubhaft zu machen.
Ferner besteht hier die Besonderheit, dass die Antragstellerin mit der einstweiligen Anordnung das gleiche beantragt, was sie auch in einem Hauptsacheverfahren beantragen müsste, nämlich die Unterbindung der Veröffentlichung der festgestellten Mängel. Mithin begehrt sie eine Vorwegnahme der Hauptsache, was grundsätzlich dem Wesen und Zweck der einstweiligen Anordnung widerspricht. Im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung kann das Gericht grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen und einem Antragsteller nicht schon im vollen Umfang, wenn auch nur unter Vorbehalt einer entsprechenden Entscheidung in der Hauptsache, dasjenige gewähren, was er nur in einem Hauptsacheprozess erreichen könnte. Im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG gilt dieses Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache jedoch dann nicht, wenn eine bestimmte Regelung zur Wahrung eines effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d. h., wenn sonst die zu erwartenden Nachteile unzumutbar wären (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 201, § 123 VwGO, Rn.13 ff.).
Gemessen an diesen Voraussetzungen hat der Antrag in der Sache Erfolg.
a) Das Vorliegen eines Anordnungsgrundes ist unstreitig. Im vorliegenden Fall besteht die Gefahr, dass im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO durch die Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Das Verwaltungshandeln durch amtliche Information, das laut dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 15.10.2019 unmittelbar bevorstand, ist irreversibel. Bei Fehlinformationen ändern daran auch spätere Gegendarstellungen, Richtigstellungen oder sonstige Korrekturen nichts, da die faktischen Wirkungen von Information regelmäßig nicht mehr eingefangen und umfassend beseitigt werden können. Eine Verbraucherinformation zu – angeblichen – Rechtsverstößen eines Unternehmens kann für dieses existenzgefährdend oder sogar existenzvernichtend wirken (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. Mai 2019 – 9 S 584/19 -, Rn. 6, juris und BVerfG, Beschluss vom 21. März 2018 – 1 BvF 1/13 -, BVerfGE 148, 40-64, Rn. 24).
b) Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch findet seine Rechtsgrundlage in der Berufsfreiheit der Antragstellerin (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. Mai 2019 – 9 S 584/19 -, Rn. 10 m.w.N., juris und BVerfG, Beschluss vom 21. März 2018 – 1 BvF 1/13 -, BVerfGE 148, 40-64, Rn. 25 und 29). Der Anspruch setzt voraus, dass sich die Veröffentlichung als rechtswidriger Eingriff in dieses Grundrecht darstellt. Als den Eingriff rechtfertigende Befugnisnorm kommt allein § 40 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 LFGB in Betracht, worauf die Antragsgegnerin die Veröffentlichung auch ausdrücklich stützt.
(1) Zwar führt der Vortrag der Antragstellerin, dass es sich bei den festgestellten Mängeln lediglich um einen Einzelfall gehandelt habe, diese auf den krankheitsbedingten Ausfall zweier Mitarbeiter in der Küche zurückzuführen gewesen seien und dass sie nun personelle Entscheidungen getroffen habe, nicht zu einer Unverhältnismäßigkeit des Eingriffs in ihre Berufsfreiheit. Selbst wenn die nachrangig mit § 40 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 LFGB verfolgte erzieherische Wirkung für das betroffene Unternehmen (vgl. BT-Drs. 17/12299, S. 7; BVerfG, Beschluss vom 21.03.2018, a.a.O.) im Fall der Antragstellerin bereits eingetreten sein sollte, sind Konsumentscheidungen der Verbraucher, für die die Veröffentlichung eine Entscheidungsgrundlage liefern soll, auch im Veröffentlichungszeitraum noch zu erwarten. Zudem steht allein ein mehrmonatiger zeitlicher Abstand zwischen zugrundeliegender Kontrolle und Veröffentlichung der jeweils festgestellten Mängel sowie deren Behebung einer Relevanz für mögliche Konsumentscheidungen der Verbraucher jedenfalls dann auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten nicht entgegen, wenn die zeitliche Verzögerung wie im Fall der Antragstellerin maßgeblich auf der Zurückstellung der Veröffentlichung seitens der Behörde während eines laufenden gerichtlichen Eilverfahrens beruht. Andernfalls müssten Veröffentlichungen auch nach rechtskräftigem erfolglosem Abschluss eines Eilverfahrens regelmäßig unterbleiben, was § 40 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 LFGB weitgehend seines Anwendungsbereichs berauben würde und mit Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung nicht in Einklang stünde (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. Mai 2019 – 9 S 584/19 -, Rn. 19, juris).
(2) Die erkennende Kammer hat jedoch bereits erhebliche Bedenken, ob § 40 Abs. 1a LFGB zu einer Veröffentlichung in der von der Antragsgegnerin beabsichtigten Form ermächtigt.
Gemäß § 40 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 LFGB informiert die zuständige Behörde die Öffentlichkeit unverzüglich unter Nennung der Bezeichnung des Lebensmittels oder Futtermittels sowie unter Nennung des Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmens, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel oder Futtermittel hergestellt oder behandelt oder in den Verkehr gelangt ist, wenn der durch Tatsachen […] hinreichend begründete Verdacht besteht, dass gegen sonstige Vorschriften im Anwendungsbereich dieses Gesetzes, die dem Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Gesundheitsgefährdungen oder vor Täuschung oder der Einhaltung hygienischer Anforderungen dienen, in nicht nur unerheblichem Ausmaß oder wiederholt verstoßen worden ist und die Verhängung eines Bußgeldes von mindestens 350,00 € zu erwarten ist.
Informationen über Hygienemängel können zwar nach der überwiegenden Rechtsprechung grundsätzlich auch dann erfolgen, wenn Lebensmittel zwar nicht unmittelbar in hygienisch mangelhafter Weise bearbeitet werden, jedoch im Umfeld des Umgangs mit ihnen generelle Hygienemängel festgestellt werden (vgl. BayVGH, Beschluss vom 18. März 2013 – 9 CE 13.80 -, Rn. 20, juris). Daher setzt eine Information über solche Hygienemängel nicht voraus, dass eine nachteilige Beeinflussung bestimmter Lebensmittel nachgewiesen worden ist und nur diese in der Veröffentlichung benannt werden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. Mai 2019 – 9 S 584/19 -, Rn. 18, juris, m.w.N.). Auch Sammelbezeichnungen können den Anforderungen an einen konkreten Lebensmittelbezug dann genügen, wenn eine konkretere Bezeichnung der betroffenen Produkte nur eingeschränkt möglich und sinnvoll erscheint. Die Genauigkeit der Bezeichnung des Lebensmittels richtet sich nach dem jeweiligen Verstoß und ist ausgehend von diesem zu bestimmen. Dementsprechend muss die Veröffentlichung keine vollständige Aufzählung aller betroffenen Lebensmittel beinhalten, sondern vor allem aus der Sicht des Normzwecks – Gesundheits- und Verbraucherschutz – hinsichtlich der genannten Lebensmittel zutreffend sein. Dabei hat die Bezeichnung aufgrund der erheblichen Wirkungen einer Veröffentlichung schonend für den Betroffenen und damit so genau wie möglich zu erfolgen, um dem Eindruck vorzubeugen, es seien Lebensmittel betroffen, bei denen das gar nicht der Fall ist. Eine Spezifizierung hat gegebenenfalls inhaltlich (Produktart), räumlich oder auch zeitlich zu erfolgen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. Mai 2019 – 9 S 584/19 -, Rn. 15 m.w.N., juris).
Vor diesem Hintergrund und insbesondere da bei den „nicht zum Verzehr geeigneten Lebensmitteln“ oder der „Verbrauchertäuschung“ eine genauere Bezeichnung in Form von Sammelbezeichnungen (rohes Fleisch, Wurstwaren) oder sogar die Nennung der konkreten Lebensmittel (glutenfreie Brötchen, Ungeziefer im Paniermehl, Eier, Spätzle, Knödel) ohne weiteres möglich gewesen wäre, scheint es zweifelhaft, ob die Zusammenfassung der von der Antragsgegnerin im Rahmen der Betriebskontrolle festgestellten Gesetzesverstöße unter die von ihr gewählten Oberbegriffe (Mängel in der Betriebshygiene/Reinigungsmängel; Inverkehrbringen von nicht zum Verzehr geeigneten Lebensmitteln, Verbrauchertäuschung) dem in § 40 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 LFGB geforderten Lebensmittelbezug genügt (vgl. Wortlaut „unter Nennung der Bezeichnung des Lebensmittels“). Ob derartig pauschal gehaltene Formulierungen dem Ziel einer verbesserten Transparenz für den Verbraucher und einem „Mehr“ an Information der Öffentlichkeit (vgl. BT-Drs. 17/7374, S. 1) zur Ermöglichung eigenverantwortlicher Entscheidungen der Verbraucher am Markt (vgl. BT-Drs. 17/7374, S. 2) gerecht werden, erscheint fraglich. Die Möglichkeit zu tatsächlich eigenverantwortlichen Entscheidungen setzt voraus, dass sie auf der Basis eines zutreffenden Sachverhalts erfolgen können (vgl. VG Stuttgart, Beschluss vom 23. September 2019 – 16 K 2470/19 -, Rn. 4, juris). Zudem birgt die Darstellung tatsächlicher Gegebenheiten mittels Pauschalierungen die Gefahr der Verfälschung des Sachverhalts (VG München, Beschluss vom 09. Januar 2013 – M 18 E 12.5834 -, Rn. 58, juris).
(3) Unabhängig davon liegen im Fall der Antragsgegnerin die tatbestandlichen Voraussetzungen für die angekündigte Information der Öffentlichkeit nach § 40 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 LFGB nicht vor. Es fehlt an dem Tatbestandsmerkmal der Bußgelderwartung von mindestens 350,00 € (zur Bedeutung der tatbestandlichen Voraussetzungen vor dem Hintergrund des zwingenden Charakters der Norm vgl. BVerfG, Beschluss vom 21.03.2018, a.a.O., Rn. 50 ff.).
Bei der Bemessung des Bußgeldes steht der Behörde ein Ermessen zu, dessen Ausübung jedoch gerichtlich nachprüfbar ist. Die Schwelle der zu erwartenden Bußgeldhöhe von mindestens 350,00 € ist dabei verfassungsrechtlich hinreichend bestimmt und zusammen mit dem kumulativ geforderten Verstoß von nicht nur unerheblichem Ausmaß geeignet, um Bagatellfälle im Sinne einer verfassungskonformen Anwendung der Norm mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zuverlässig ausschließen zu können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21.03.2018, a.a.O.). In Ermangelung eines einschlägigen Bußgeldkataloges hängt die Höhe der Geldbuße neben den festgestellten Mängeln, die den objektiven Tatbestand erfüllen, von subjektiven Merkmalen wie Vorsatz, Häufigkeit der Verstöße, Erstmaligkeit der Verstöße, Einsichtsfähigkeit und weiteren Kriterien ab. Die Annahme einer entsprechenden Bußgelderwartung bedarf einer hinreichend verlässlichen Grundlage. Als Anhaltspunkte können dem Gericht entsprechende Ausführungen der jeweiligen Behörde, wie im konkreten Fall verfahren werden soll, eine entsprechende Verwaltungspraxis oder wie vorliegend ein – im konkreten Fall sogar bereits rechtskräftiger – Bußgeldbescheid dienen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. Mai 2019 – 9 S 584/19 -, Rn. 31, juris).
(a) Fraglich ist jedoch bereits, ob die von der Antragsgegnerin auf Grundlage von § 60 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a LFGB i.V.m. § 2 Satz 1 Nr. 5 und Nr. 8 LMRStrafVO verhängten Bußgelder in Höhe von 220,00 € und 20,00 € (Ziffer 2 und Ziffer 3 des Bußgeldbescheids) der Bußgelderwartung im Sinne des § 40 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 LFGB überhaupt zugrunde gelegt werden können. Es bestehen nämlich Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der von der Antragsgegnerin herangezogenen Bußgeldvorschrift des § 60 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a LFGB. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg führt in seinem Beschluss vom 21.05.2019 in den Randnummern 36 – 40 wie folgt aus:
„Nach § 60 Abs. 4 Nr. 2 a) LFGB handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer anderen als in § 60 Abs. 3 LFGB genannten unmittelbar geltenden Vorschrift in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft, der Europäischen Union oder der Europäischen Atomgemeinschaft zuwiderhandelt, die inhaltlich einer Regelung entspricht, zu der die in § 60 Abs. 2 Nr. 26 a) LFGB genannten Vorschriften ermächtigen, soweit eine Rechtsverordnung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 a) LFGB für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist. Nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 a) LFGB wird das Bundesministerium ermächtigt, soweit dies zur Durchsetzung der Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft, der Europäischen Union oder der Europäischen Atomgemeinschaft erforderlich ist, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Tatbestände zu bezeichnen, die als Ordnungswidrigkeit nach § 60 Abs. 4 Nr. 1 a) oder Nr. 2 a) LFGB geahndet werden können. Die hiernach erlassene Verordnung zur Durchsetzung lebensmittelrechtlicher Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft in der Fassung der Bekanntmachung vom 09.05.2017 (BGBl. 2017 I S. 1170 und 2018 I S. 1389, Lebensmittelrechtliche Straf- und Bußgeldverordnung – LMRStV -) bestimmt wiederum in § 2 Satz 1 Nr. 5, dass ordnungswidrig im Sinne des § 60 Abs. 4 Nr. 2 a) LFGB handelt, wer gegen die Verordnung (EG) Nr. 852/2004 verstößt, indem er vorsätzlich oder fahrlässig entgegen Artikel 4 Abs. 2 in Verbindung mit Anhang II Kapitel V Nr. 1 a) Gegenstände, Armaturen oder Ausrüstungen, mit denen Lebensmittel in Berührung kommen, nicht oder nicht richtig reinigt.
§ 60 Abs. 4 Nr. 2 a) LFGB gehört damit zu den sog. Blankettvorschriften. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass der Gesetzgeber die Beschreibung des Straf- oder Ordnungswidrigkeitentatbestandes durch die Verweisung auf eine Ergänzung im selben Gesetz oder in anderen – auch künftigen – Gesetzen oder Rechtsverordnungen ersetzt, die nicht notwendig von derselben rechtsetzenden Instanz erlassen werden müssen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25.07.1962 – 2 BvL 4/62 -, juris). Die Verwendung dieser Gesetzgebungstechnik ist verfassungsrechtlich unbedenklich, sofern die Blankettvorschrift hinreichend klar erkennen lässt, worauf sich die Verweisung bezieht (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 25.07.1962, a.a.O.; vom 15.03.1978 – 2 BvR 927/76 -, juris; vom 27.03.1979 – 2 BvL 7/78 -, juris und vom 06.05.1987 – 2 BvL 11/85 -, juris). Dazu gehört, dass die Blankettvorschrift die Regelungen, die zu ihrer Ausfüllung in Betracht kommen und die dann durch sie bewehrt werden, sowie deren möglichen Inhalt und Gegenstand genügend deutlich bezeichnet und abgrenzt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07.05.1968 – 2 BvR 702/65 -, juris). Das gilt auch für Blankettvorschriften, die Zuwiderhandlungen gegen bestimmte Verbote oder Gebote eines unmittelbar anwendbaren Rechtsakts der Europäischen Union bewehren und zu diesem Zweck auf das Unionsrecht verweisen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21.09.2016 – 2 BvL 1/15 -, juris).
Dem in Art. 103 Abs. 2 GG verankerten Bestimmtheitsgebot genügen Blankettvorschriften nur dann, wenn sich die möglichen Fälle der Strafbarkeit bzw. Ordnungswidrigkeit (vgl. zu Letzterem BVerfG, Beschluss vom 29.11.1989 – 2 BvR 1491/87, 2 BvR 1492/87 -, juris, st. Rspr.; Remmert, in: Maunz/Dürig, GG, Stand November 2018, Art. 103 Abs. 2 Rn. 56) schon aufgrund des Gesetzes voraussehen lassen, die Voraussetzungen der Strafbarkeit bzw. Ordnungswidrigkeit und die Art der Strafe bzw. die Höhe der Geldbuße also bereits entweder in der Blankettvorschrift selbst oder in einem in Bezug genommenen Gesetz hinreichend deutlich umschrieben sind (vgl. BVerfG, Urteil vom 03.07.1962 – 2 BvR 15/62 -, juris; Beschlüsse vom 07.05.1968, a.a.O., vom 08.05.1974 – 2 BvR 636/72 -, juris, vom 06.05.1987, a.a.O., vom 22.06.1988 – 2 BvR 234/87, 2 BvR 1154/86, juris und vom 21.09.2016, a.a.O.). Zudem müssen neben der Blankettvorschrift auch die sie ausfüllenden Vorschriften die sich aus Art. 103 Abs. 2 GG ergebenden Anforderungen erfüllen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 07.05.1968, a.a.O., vom 08.05.1974, a.a.O., vom 06.05.1987, a.a.O. und vom 21.09.2016, a.a.O.).
Legt die Blankettvorschrift nicht vollständig selbst oder durch Verweis auf ein anderes Gesetz fest, welches Verhalten durch sie bewehrt werden soll, sondern erfolgt dies erst durch eine nationale Rechtsverordnung, auf die verwiesen wird, müssen daher nach Art. 103 Abs. 2 GG und – soweit Freiheitsstrafe angedroht wird – in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG die Voraussetzungen der Strafbarkeit und die Art der Strafe für den Bürger schon aufgrund des Gesetzes und nicht erst aufgrund der hierauf gestützten Rechtsverordnung vorhersehbar sein (vgl. BVerfG, Urteil vom 03.07.1962, a.a.O.; Beschlüsse vom 25.07.1962, a.a.O., vom 06.05.1987, a.a.O. und vom 22.06.1988, a.a.O., st. Rspr.). Um den Grundsatz der Gewaltenteilung zu wahren, darf dem Verordnungsgeber lediglich die Konkretisierung des Straftat- bzw. Ordnungswidrigkeitentatbestandes eingeräumt werden, nicht aber die Entscheidung darüber, welches Verhalten als Straftat oder Ordnungswidrigkeit geahndet werden soll (vgl. bereits BVerfG, Urteil vom 03.07.1962, a.a.O.; Beschlüsse vom 25.07.1962, a.a.O., vom 03.05.1967 – 2 BvR 134/63 -, juris, vom 07.05.1968; vom 06.05.1987, a.a.O. und vom 22.06.1988, a.a.O.). Diese Anforderungen lassen sich sinngemäß auf den Fall übertragen, dass Blankettvorschriften auf das Unionsrecht verweisen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21.09.2016, a.a.O.).
Der Senat geht davon aus, dass § 60 Abs. 4 Nr. 2 a) LFGB diesen Maßstäben aller Voraussicht nach nicht gerecht werden dürfte. Die Vorschrift regelt in Verbindung mit § 60 Abs. 5 Nr. 3 LFGB zwar die Bußgeldandrohung ihrer Höhe nach, skizziert den Ordnungswidrigkeitentatbestand aber lediglich als Zuwiderhandlung gegen eine andere als in § 60 Abs. 3 LFGB genannte unmittelbar geltende Vorschrift in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft, der Europäischen Union oder der Europäischen Atomgemeinschaft, die inhaltlich einer Regelung entspricht, zu der die in § 60 Abs. 2 Nr. 26 a) LFGB genannten Vorschriften ermächtigen. Die genaue Beschreibung des Ordnungswidrigkeitentatbestands wird letztlich durch den Verweis auf die nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 a) LFGB ergangene Lebensmittelrechtliche Straf- und Bußgeldverordnung ersetzt. Anstatt selbst oder durch Verweis auf ein anderes Gesetz festzulegen, welches Verhalten mit Strafe bewehrt werden soll, überlässt § 60 Abs. 4 Nr. 2 a) LFGB es dem (zuständigen) Bundesministerium, soweit dies zur Durchsetzung der Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft, der Europäischen Union oder der Europäischen Atomgemeinschaft erforderlich ist, durch Rechtsverordnung nach § 62 Abs. 1 Nr. 2 a) LFGB die Tatbestände zu bezeichnen, die als Ordnungswidrigkeit nach § 60 Abs. 4 Nr. 2 a) LFGB zu ahnden sind. Da mithin der Verordnungsgeber darüber entscheidet, welches Verhalten ordnungswidrig sein soll, lassen sich die möglichen Fälle der Ordnungswidrigkeit nicht schon aufgrund des Gesetzes, sondern erst aufgrund der auf Basis von § 62 Abs. 1 Nr. 2 a) LFGB ergangenen Lebensmittelrechtlichen Straf- und Bußgeldverordnung voraussehen (vgl. zur Problematik insgesamt auch Domeier, in: Zipfel/Rathke, a.a.O., § 60 LFGB Rn. 125; Dannecker, in: Zipfel/Rathke, a.a.O., Vorb. §§ 58 LFGB Rn. 56 ff.; vgl. auch Rohnfelder/Freytag, in: Erbs/Kohlhaas, a.a.O., § 58 LFGB Rn. 10a).“
(b) Weiterhin bestehen Bedenken, ob die Antragsgegnerin das in Ziffer 1 des Bußgeldbescheids vom 30.09.2019 verhängte Bußgeld in Höhe von 180,00 € der Bußgelderwartung im Sinne des § 40 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 LFGB (vollständig) zugrunde legen durfte. Der Antragstellerin ist nämlich insoweit zuzustimmen, als dass nicht ohne Weiteres davon auszugehen ist, dass die Antragstellerin nicht zum Verzehr geeignete Lebensmittel tatsächlich bereits „in den Verkehr“ gebracht hat.
Ein „Inverkehrbringen“ ist nach der Legaldefinition in Art. 3 Nr. 8 VO (EG) Nr. 178/2002 das von einem bloßen „Lagern“ begrifflich zu unterscheidende Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig, ob unentgeltlich oder nicht, sowie der Verkauf, der Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst. Von einem „Bereithalten für Verkaufszwecke“ wird regelmäßig aber erst ausgegangen werden können, wenn sich die Ware nach abgeschlossenem Herstellungsprozess im verkaufsfertigen Zustand befindet (so OVG Lüneburg, Beschluss vom 10. Mai 2010 – 13 ME 181/09 -, Rn. 7, juris und VG Regensburg, Beschluss vom 21. Dezember 2012 – RO 5 E 12.1897 -, Rn. 113, juris). Das rohe Fleisch und das Mehl befanden sich zum Zeitpunkt der lebensmittelrechtlichen Kontrolle am 20.08.2019 jedoch ersichtlich (noch) nicht in einem verkaufsfertigen Zustand. Im Übrigen stellt die Verkaufsabsicht ein Tatbestandsmerkmal dar, das jeweils festzustellen ist (vgl. Zipfel/Rathke LebensmittelR/Rathke, 173. EL März 2019, EG-Lebensmittel-Basisverordnung Art. 3 Rn. 43). Ob eine solche Verkaufsabsicht, die von der Antragstellerin bestritten wird, hinsichtlich der im verkaufsfertigen Zustand befindlichen Lebensmittel, wie der Brötchen und der Wurst gegeben war, kann im Rahmen der nur summarischen Prüfung im Eilverfahren nicht abschließend beurteilt werden.
(c) Unabhängig davon liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 40 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 LFGB im vorliegenden Fall aber bereits deshalb nicht vor, da dem Bußgeldbescheid vom 30.09.2019 verschiedene lebensmittelrechtliche Verstöße zugrunde liegen und die Antragsgegnerin eine unzulässige Kumulierung mehrerer Bußgelderwartungen vorgenommen hat.
Vor dem Hintergrund, dass der Schwelle der zu erwartenden Bußgeldhöhe von mindestens 350,00 € zusammen mit dem erforderlichen Verstoß von nicht nur unerheblichem Ausmaß maßgebliche Bedeutung für die verfassungskonforme Anwendung der Vorschrift zukommt, erachtet die erkennende Kammer im Rahmen der Bußgeldprognose nach § 40 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 LFGB die Addierung einzelner, für sich genommen jeweils unter dem Betrag von 350,00 € verbleibender Bußgelderwartungen bezogen auf einen einzelnen Beschuldigten nur bei Vorliegen von Tateinheit im Sinne des § 19 OWiG als zulässig und sachgerecht (offen gelassen: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. Mai 2019 – 9 S 584/19 -, Rn. 33, juris).
Liegen also – wie vorliegend – mehrere Verstöße gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften vor, so ist darauf abzustellen, ob aus diesen eine einheitliche Bußgelderwartung folgt. Dies ist dann der Fall, wenn die Verstöße in Tateinheit gem. § 19 OWiG begangen wurden. Nach § 19 Abs. 1 OWiG wird nur eine einzige Geldbuße festgesetzt, wenn dieselbe Handlung mehrere Gesetze, nach denen sie als Ordnungswidrigkeit geahndet werden kann, oder ein solches Gesetz mehrmals verletzt. „Dieselbe Handlung“ im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit liegt dann vor, wenn mehrere natürliche Handlungen in einem solchen unmittelbaren Zusammenhang stehen, dass sich das gesamte Tätigwerden bei natürlicher Betrachtungsweise für einen Dritten als einheitlich zusammengefassten Tun oder Unterlassen darstellt, das auf einem nach außen erkennbaren einheitlichen Willen beruht (vgl. BeckOK OWiG/Sackreuther, 24. Ed. 15.9.2019, OWiG § 19 Rn. 10).
Vorliegend hat die Antragsgegnerin zwar die unter Ziffer 4 des Bußgeldbescheids aufgeführten lebensmittelrechtliche Verstöße aufgrund des fehlenden konkreten Bezugs zu einem Lebensmittel (zu Recht) bei der Prognose des zu erwartenden Bußgeldes außer Acht gelassen (vgl. auch Ziffer 3.3 der Vollzugshinweise zu Veröffentlichungen nach § 40 Abs. 1a LFGB, Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 24. April 2019, Az. 42-G8900-2018/10-88). Die Antragsgegnerin hat jedoch in unzulässiger Weise – und auch entgegen den internen FAQ’s zu Veröffentlichungen nach § 40 Abs. 1a LFGB (vgl. Blatt 34 der Behördenakte) – eine Kumulierung der in Tatmehrheit (§ 20 OWiG) zueinander stehenden Verstöße „Mängel bei der Betriebshygiene/Reinigungsmängel“, „Inverkehrbringen von nicht zum Verzehr geeigneten Lebensmitteln“ und „Verbrauchertäuschung“ vorgenommen. Zwar mögen die unter diese Oberbegriffe zusammengefassten festgestellten Zuwiderhandlungen gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften aufgrund des unmittelbaren zeitlichen und räumlichen Zusammenhangs und des Beruhens auf der gleichen Motivationslage zueinander im Verhältnis der Tateinheit (§ 19 OWiG) stehen (vgl. dazu Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 11. Dezember 1992 – 3 ObOWi 105/92 -, Rn. 32, juris). Zwischen Unterlassen und aktivem Tun kann in der Regel aber nur dann Tateinheit angenommen werden, wenn sich die Taten zumindest teilweise decken und zwischen ihnen ein innerer Beziehungs- oder Bedingungszusammenhang besteht, was namentlich dann der Fall ist, wenn eine tatbestandliche Voraussetzung einer der beiden Ordnungswidrigkeiten auch bei der anderen vorausgesetzt wird (BeckOK OWiG/Sackreuther, 24. Ed. 15.9.2019, OWiG § 19 Rn. 13). Ein solch innerer Beziehungs- oder Bedingungszusammenhang ist zwischen dem Inverkehrbringen von nicht sicheren Lebensmitteln (vgl. Ziffer 1 des Bußgeldbescheids), den Hygienemängeln an Gegenständen, Armaturen und Ausrüstungen, mit denen Lebensmittel in Berührung kommen (vgl. Ziffer 2 des Bußgeldbescheids) und der Verbrauchertäuschung (vgl. Ziffer 5 des Bußgeldbescheids) hingegen nicht anzunehmen. Diese Komplexe beruhen vielmehr auf unterschiedlichen Willensentschlüssen und stellen sich bei natürlicher Betrachtungsweise gerade nicht als einheitlich zusammengefasstes Geschehen dar.
Die folglich in Tatmehrheit nach § 20 OWiG zueinander stehenden Verstöße erreichen jedoch – selbst wenn man den in Ziffer 3 des Bußgeldbescheids mit einem Bußgeld von 20,00 € geahndeten Verstoß gegen Art. 4 II i.V.m. Anhang II Kapitel IX Nr. 2 der VO (EG) Nr. 852/2004 (unbedeckte Lagerung von Obst, Kuchen und Kräuterbutter) noch hinzuaddieren würde – mit 200,00 €, 220,00 € und 120,00 € jeweils für sich nicht die Schwelle des § 40 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 LFGB. Eine Veröffentlichung des Verstoßes ist aber nur dann möglich, wenn die jeweilige Bußgeldprognose 350,00 € oder mehr beträgt. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Nach alledem war dem Antrag statt zu geben.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, da die Antragsgegnerin unterlegen ist.
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, dessen Empfehlungen die Kammer folgt. Gemäß Nr. 25.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit ist für sonstige Maßnahmen im Lebensmittelrecht der Jahresbetrag der erwarteten wirtschaftlichen Auswirkung, sonst der Auffangwert anzusetzen. Da keine Anhaltspunkte hinsichtlich der Höhe der erwarteten wirtschaftlichen Auswirkungen im Falle einer Veröffentlichung der streitgegenständlichen Informationen bestehen, war der Auffangwert anzusetzen. Im Hinblick auf den vorläufigen Charakter der Entscheidung hat das Gericht diesen Wert für die Streitwertfestsetzung halbiert (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs).