Europarecht

Wasserrechtliches Anlagengenehmigungsverfahren

Aktenzeichen  B 7 K 18.806

Datum:
26.4.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BayVBl – 2019, 708
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 42 Abs. 1, § 88, § 91
WHG § 100
BayVwVfG Art. 36, Art. 42a
BayWG Art. 17, Art. 20

 

Leitsatz

1. Dem Eintritt der wasserrechtlichen Genehmigungsfiktion nach Art. 20 Abs. 3 BayWG i.V.m. Art. 42a BayVwVfG steht nicht entgegen, dass der Antragsteller – bei Vorlage vollständiger Antragsunterlagen, aus denen sich der Genehmigungsgegenstand unmissverständlich ergibt – die maßgebliche wasserrechtliche Verfahrensart nicht explizit bezeichnet. (Rn. 45)
2. Dies gilt auch dann, wenn die Genehmigungsbehörde fehlerhaft von der Statthaftigkeit eines Anlagengenehmigungsverfahrens ausgeht und dies nach „außen“ dokumentiert, indem sämtliche Fachstellen ausdrücklich zu einer Anlagengenehmigung nach Art. 20 BayWG angehört wurden. (Rn. 45)
3. Im Rahmen der schriftlichen Bescheinigung des Eintritts der Genehmigungsfiktion (Art. 42a Abs. 3 BayVwVfG) ist es der Behörde grds. verwehrt, Inhalts- und Nebenbestimmungen zur (fingierten) Genehmigung nachzuschieben. Nachträgliche Anordnungen zu einer wirksamen (fingierten) Anlagengenehmigung sind allenfalls möglich, wenn hierfür eine – ggf. nach Umdeutung – eigenständige Rechtsgrundlage gegeben ist. (Rn. 49 – 52)

Tenor

1. Der Bescheid des Landratsamts … vom 16.07.2018 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 11.01.2019 wird aufgehoben, soweit dieser den Vorbehalt zur nachträglichen Entscheidung über die Festsetzung einer Stauhöhe, eines Mindestwassers und der Durchgängigkeit des Gewässers enthält.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckenbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

I.
Über die Klage kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, der als Urteil wirkt, entschieden werden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Halbs. 1 VwGO). Die Beteiligten wurden gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehört und haben sich mit einer Entscheidung mittels Gerichtsbescheid einverstanden erklärt.
II.
Gegenstand der Klage ist die Aufhebung des Vorbehalts im Bescheid vom 16.07.2018 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 11.01.2019 zur nachträglichen Entscheidung über die Festsetzung einer Stauhöhe, eines Mindestwassers und der Durchgängigkeit des Gewässers.
Dem vorstehenden Klagebegehren steht insbesondere nicht entgegen, dass mit Schriftsatz vom 28.02.2019 zuletzt (nur) beantragt wurde, den Bescheid vom 16.07.2018 in Gestalt der Änderungsbescheids vom 11.01.2019 aufzuheben, als unter Ziffer II. Nebenbestimmungen trotz Eintritt der Genehmigungsfiktion verfügt wurden. Mit Schriftsatz vom 12.03.2019 stellte die Klägerin nämlich ausdrücklich klar, dass sie sich (weiterhin) „gegen die Nebenbestimmung bzw. Vorbehaltsregelung wendet, mit der die Entscheidung über die Festsetzung einer Stauhöhe, eines Mindestwassers und der Durchgängigkeit zurückgestellt wird.“
Nach § 88 VwGO darf das Gericht zwar über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber zugleich an die Fassung der Anträge nicht gebunden. Es hat vielmehr das tatsächliche Rechtsschutzbegehren zu ermitteln (BVerwG, U.v. 3.7.1992 – 8 C 72.90 – juris; BVerwG, U.v. 1.9.2016 – 4 C 4.15 – juris). Maßgebend für den Umfang des Klagebegehrens ist das aus dem gesamten Klägervorbringen, insbesondere der Klagebegründung, zu entnehmende wirkliche Rechtsschutzziel (BVerwG, B.v. 25.6.2009 – 9 B 20.09 – juris). Insoweit sind die für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätze (§§ 133, 157 BGB) heranzuziehen. Maßgebend ist der geäußerte Wille, wie er sich aus der prozessualen Erklärung und den sonstigen Umständen ergibt; der Wortlaut der Erklärung tritt hinter deren Sinn und Zweck zurück (BVerwG, U.v. 27.4.1990 – 8 C 70.88 – juris). Neben dem Klageantrag und der Klagebegründung ist auch die Interessenlage der Klägerin zu berücksichtigen, soweit sie sich aus dem Vortrag und sonstigen für das Gericht und dem Beklagten als Empfänger der Prozesserklärung erkennbaren Umständen ergibt. Der gestellte Antrag ist danach u.U. so auszulegen bzw. umzudeuten, dass er den zu erkennenden Interessen der Klägerin bestmöglich Rechnung trägt (BVerwG, U.v. 1.9.2016 – 4 C 4.15 – juris). Zwar müssen sich anwaltlich vertretene Kläger eher an den Anträgen festhalten lassen, jedoch ist auch in diesen Fällen das Gericht nicht strikt an den Antragswortlaut gebunden, insbesondere wenn die Klagebegründung oder die sonstigen Umstande eindeutig erkennen lassen, welches Ziel verfolgt wird (Rennert in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 88 Rn. 9 m.w.N.).
Ausweislich des klägerischen Vorbringens, insbesondere aufgrund der Klarstellung mit Schriftsatz vom 12.03.2019, ging und geht es der Klägerin von Anfang an um die wasserrechtliche Genehmigung(sfiktion) ohne Entscheidungsvorbehalt hinsichtlich der Stauhöhe, des Mindestwassers und der Gewässerdurchgängigkeit. Dies wurde schon mit der Klagebegründung vom 08.11.2018 – unter Bezugnahme auf die seinerzeitige Ziffer I.2. des Bescheids – unmissverständlich klargestellt. Nachdem der Beklagte die ursprünglich maßgebliche Ziffer I.2. des Bescheids vom 16.07.2018 mit Änderungsbescheid vom 11.01.2019 aufgehoben, zugleich aber in dessen Gründen ausgeführt hat, dass „der wesentliche Regelungsgehalt von Ziffer I.2. ohnehin in Ziffer II. 6. des im Übrigen bestandskräftigen Bescheids vom 16.07.2018 enthalten“ sei, hat sich das Klagebegehren insoweit auch nicht erledigt oder geändert. Die Klägerin hat vielmehr – nachdem sich der Beklagte nunmehr berühmt, die streitige Vorbehaltsentscheidung auf den allgemeinen Inhalts- und Nebenbestimmungsvorbehalt der Ziffer II.6. stützen zu können – ihr ursprüngliches Begehren uneingeschränkt fortgeführt, indem sie Ziffer II.6. des Bescheids vom 16.07.2018 in Gestalt der Änderungsbescheids vom 11.01.2019 im Wege der Klageerweiterung in das laufende Verfahren – soweit dieser vom Beklagten nunmehr als Grundlage für einen Vorbehalt zur nachträglichen Entscheidung über die Festsetzung einer Stauhöhe, eines Mindestwassers und der Durchgängigkeit des Gewässers herangezogen wird – einbezogen hat. Aufgrund der Entwicklungen im hiesigen Verfahren – und insbesondere aufgrund der Klarstellung mit Schriftsatz vom 12.03.2019 – kann dagegen nicht davon ausgegangen werden, dass die Klägerin die Aufhebung der Ziffer II. des Bescheids vom 16.07.2018 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 11.01.2019 generell und pauschal und insbesondere losgelöst von der ursprünglichen Ziff. I.2. zum Gegenstand der Klage macht.
III.
Die mit Schriftsatz vom 05.02.2019 erfolgte Einbeziehung des Änderungsbescheides vom 11.01.2019 in das laufende Klageverfahren ist eine ohne weiteres zulässige Klageänderung (in Form der Klageerweiterung) nach § 173 S. 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 bzw. 3 ZPO, so dass es auf die Einwilligung des Beklagten bzw. auf die Sachdienlichkeit der Klageänderung nicht ankommt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 91 Rn. 2, 5 und 9; Rennert a.a.O., § 91 Rn. 14).
Im Übrigen – falls man in der Einbeziehung des Änderungsbescheides eine Klageänderung nach § 91 VwGO erblicken würde – ist die Klageerweiterung jedenfalls sachdienlich i.S.d. § 91 VwGO. Eine Klageänderung ist bereits dann als sachdienlich anzusehen, wenn sie der endgültigen Ausräumung des sachlichen Streits zwischen den Beteiligten im laufenden Verfahren dient. Dementsprechend liegt Sachdienlichkeit auch bei der Einbeziehung eines zwischenzeitlich ergangenen neuen Verwaltungsaktes vor, wenn der Inhalt der Regelungen und der Streitstoff im Wesentlichen unverändert bleiben (Rennert a.a.O., § 91 Rn. 31 m.w.N.). Eine Klageänderung kann insoweit allenfalls schon als nicht sachdienlich angesehen werden, wenn die geänderte Klage offensichtlich unzulässig ist, was vorliegend jedoch nicht der Fall ist (siehe hierzu nachstehend unter IV). Ansonsten besagt die Zulässigkeit der Klageänderung/-erweiterung noch nichts über die Zulässigkeit der geänderten Klage (vgl. Rennert a.a.O., § 91 Rn. 31 u. 13).
Vorliegend geht es der Klägerin mit der Klageerweiterung weiterhin um die wasserrechtliche Genehmigung(sfiktion) ohne Entscheidungsvorbehalt in Hinblick auf die Stauhöhe, das Mindestwasser und die Durchgängigkeit. Die Einbeziehung des Änderungsbescheids in das laufende Verfahren war sachgerecht und geboten, da der Beklagte zwar die spezielle Vorbehaltsbestimmung (Ziffer I.2.) aufgehoben, zugleich aber unmissverständlich zu erkennen geben hat, dass er sein Ansinnen über den allgemeinen Vorbehalt (Ziffer II.6.) weiterverfolgt.
IV.
Die (geänderte) Klage gegen den Vorbehalt zur nachträglichen Entscheidung über die Festsetzung einer Stauhöhe, eines Mindestwassers und der Durchgängigkeit des Gewässers im Bescheid vom 16.07.2018 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 11.01.2019 ist zulässig.
1. Die Klage ist als (isolierte) Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) gegen die streitgegenständliche Vorbehaltsbestimmung statthaft.
Dabei kann dahinstehen, ob es sich beim gegenständlichen Vorbehalt zur Stauhöhe, zum Mindestwasser und zur Durchgängigkeit um einen Inhalts- oder Nebenbestimmungsvorbehalt zur Genehmigung handelt. Es ist jedenfalls anerkannt, dass – wenn eine bestehende Ungewissheit hierzu sachlichen Grund gibt – auch eine Vorbehaltsregelung möglich ist (Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 36 Rn. 92; BVerwG, U.v. 19.11.2009 – 3 C 7.09 – juris). Da der Beklagte die unter Vorbehalt gestellten Aspekte noch nicht weiter (inhaltlich) konkretisiert hat, lassen sich zudem die Auswirkungen auf die „Hauptentscheidung“ noch nicht absehen. Gegenwärtig gilt vielmehr weiterhin die Genehmigung(sfiktion) mit dem Genehmigungsinhalt, wie er den Antragsunterlagen aus dem Jahr 2016 zugrunde lag. Weil die Klägerin diesen Zustand auch künftig beibehalten will, kann dieses Ziel mit der bloßen Anfechtungsklage erreicht werden. Einer Verpflichtungsklage auf vorbehaltslose Anlagengenehmigung bedarf es daher jedenfalls mangels bereits erfolgter behördlicher Modifikation der Anlagengenehmigung gegenwärtig (noch) nicht (vgl. Stelkens a.a.O., § 36 Rn. 95; Kopp/Schenke a.a.O., § 42 Rn. 23 m.w.N.).
Die Vorbehaltsregelung hat sich durch den Erlass des Änderungsbescheids vom 11.01.2019 auch nicht erledigt, da – wie bereits oben ausgeführt – der streitige Vorbehalt seitens des Beklagten lediglich von der „speziellen Vorbehaltsregelung“ in die allgemeine Vorbehaltsregelung – unter vollumfänglicher Aufrechterhaltung des streitigen Inhalts – „verschoben“ wurde.
Letztlich kann im Rahmen der statthaften Klageart dahinstehen, ob eine Vorbehaltsregelung trotz Eintritts der Genehmigungsfiktion bereits nichtig ist, da auch nichtige Verwaltungsakte im Rahmen einer Anfechtungsklage aufgehoben werden können (Happ in: Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 42 Rn. 15 m.w.N.).
2. Die streitgegenständliche Vorbehaltsregelung im Bescheid vom 16.07.2018 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 11.01.2019 ist auch noch nicht in Bestandskraft erwachsen. Die Klage mit dem Ziel der Aufhebung der Vorbehaltsregelung wurde innerhalb der hier maßgeblichen Monatsfrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO erhoben. Ausweislich der Behördenakte wurde der Bescheid vom 16.07.2018 dem Geschäftsführer der Klägerin (vgl. Art. 7 Abs. 2 VwZVG) am 18.07.2018 mittels Postzustellungsurkunde zugestellt. Der Geschäftsführer der Klägerin hat daraufhin am 06.08.2018 Klage zur Niederschrift der Rechtsantragsstelle des Verwaltungsgerichts Bayreuth „gegen den Bescheid vom 16.08.2018“ erhoben, die mit Schriftsatz vom 08.11.2018 auf die streitgegenständliche Vorbehaltsbestimmung beschränkt wurde. Dementsprechend wurde das maßgebliche Klagebegehren fristgerecht anhängig gemacht. Soweit der Beklagte argumentiert, die von Anfang an unverändert gebliebene Ziffer II.6. des Bescheides sei erst nach Erlass des Änderungsbescheids vom 11.01.21019 – und damit erst nach Bestandskraft des insoweit unangetasteten Bescheids vom 16.08.2018 – beklagt worden, wird verkannt, dass sich die Rechtshängigkeit gemäß § 90 VwGO auf den maßgeblichen – ggf. durch Auslegung zu ermittelnden – Streitgegenstand bezieht (vgl. auch Rennert a.a.O., § 90 Rn. 3 und § 74 Rn. 11). Dieser umfasst – wie unter II. umfassend dargestellt – von Anfang an den Vorbehalt zur nachträglichen Entscheidung über die Festsetzung einer Stauhöhe, eines Mindestwassers und der Durchgängigkeit des Gewässers. Diese Sichtweise gilt vorliegend umso mehr, da der Beklagte offensichtlich den Grundsatz der Subsidiarität allgemeiner Regelungen gegenüber besonderer, den Sachverhalt insoweit abschließend regelnder, Bestimmungen konterkariert, indem nach Erkenntnis der Rechtswidrigkeit und Aufhebung der insoweit abschließenden Bescheidsregelung versucht wird, über Ziffer II.6. das identische Ergebnis zu erreichen (vgl. hierzu auch Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Auflage 2018, § 36 Rn. 25 u. 26). Aufgrund dieser unmissverständlichen Aussage im Aufhebungsbescheid vom 11.01.2017 liegt hinsichtlich der ursprünglichen Ziffer I.2. und der erst mit Erlass des Änderungsbescheids insoweit an Bedeutung gewonnen Ziffer II.6. derselbe unteilbare Streitgegenstand vor, so dass die klarstellende – und vom Beklagten veranlasste Einbeziehung des allgemeinen Vorbehalts – auch noch nach Ablauf der Klagefrist gegen den Bescheid vom 12.08.2018 erfolgen konnte (vgl. Rennert a.a.O., § 91 Rn. 9 und § 74 Rn. 11; BVerwG, U.v. 18.3.2009 – 9 A 31.07 – juris).
3. Letztlich fehlt es der Klage auch nicht am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Die Klägerin kann in Anbetracht der gegenständlichen Konstellation insbesondere nicht darauf verwiesen werden, abzuwarten und erst gegen spätere, konkrete Festsetzungen zur Stauhöhe, zum Mindestwasser und zur Durchgängigkeit vorzugehen. Obwohl die Verwirklichung der Vorbehaltsregelung u.a. tatsächlich und rechtlich möglich sein muss, um eine rechtmäßige Vorbehaltsreglung begründen zu können (vgl. Stelkens a.a.O., § 36 Rn. 150), scheint der Beklagte offensichtlich immer noch davon auszugehen, dass – trotz des Eintritts der Genehmigungsfiktion und trotz des Grundsatzes der Spezialität der inzwischen aufgehobenen Ziffer I.2. des Bescheides vom 16.07.2018 – die angekündigten Regelungen nunmehr allein aufgrund des allgemeinen Vorbehaltes „nachgeschoben“ werden können. Dementsprechend ist die Klage auch für die Klägerin nicht nutzlos, geschweige denn rechtsmissbräuchlich. Eine einfachere oder effektivere Möglichkeit zur gerichtlichen Geltendmachung des Klageziels ist ebenfalls nicht ersichtlich (vgl. Kopp/Schenke a.a.O., Vorb. § 40 Rn. 37 ff.).
V.
Die Klage ist auch begründet. Die Vorbehaltsbestimmung ist im angefochtenen Umfang rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Aufgrund des Eintritts der Genehmigungsfiktion im wasserrechtlichen Anlagengenehmigungsverfahren (vgl. Art. 20 Abs. 3 BayWG i.V.m. Art. 42a BayVwVfG) ist es rechtlich nicht zulässig, die gegenständliche Vorbehaltsregelung zur Genehmigung zu erlassen. Da die fingierte Genehmigung auch weder zurückgenommen worden ist, noch die Voraussetzungen für eine Umdeutung bzw. für den Austausch der Rechtsgrundlage im Hinblick auf die streitgegenständliche Vorbehaltsbestimmung vorliegen, erweist sich diese als rechtswidrig.
1. Dahinstehen kann, wie der Beklagte aufgrund des klägerischen Antrags vom 02.03.2016 überhaupt zu der Erkenntnis gekommen ist, ein Anlagengenehmigungsverfahren nach Art. 20 BayWG durchzuführen. Laut Antragsunterlagen beantragte die Klägerin nämlich den Umbau einer Wehranlage sowie die Erweiterung der bestehenden Fischtreppe um ein zusätzliches Becken. Nach Art. 20 BayWG kommt eine wasserrechtliche Anlagengenehmigung dagegen nur für Maßnahmen, die nicht der unmittelbaren Gewässerbenutzung dienen, in Betracht. Die Argumentation des Beklagten im Bescheid vom 16.08.2018, die Wehranlage diene nicht der Gewässerbenutzung, sondern der Regelung des Hochwasserabflusses, liegt jedenfalls offensichtlich neben der Sache.
2. Unschädlich für den Eintritt der Genehmigungsfiktion ist, dass die Klägerin im Antrag vom 02.03.2016 das durchzuführende wasserrechtliche Verfahren nicht näher bezeichnet hat, sondern nur um eine „wohlwollende“ Prüfung des Antrags nachgesucht hat. Denn jedenfalls aus den Unterlagen hat sich der Genehmigungsgegenstand eindeutig ergeben (Stelkens a.a.O., § 42a Rn. 35; Schwemmer in: BeckOK VwVfG, Stand: 1.1.2019, § 42a Rn. 6). Die vermeintlich falsche Verfahrensart hat dagegen der Beklagte festgelegt und dies sogar nach außen dokumentiert, indem sämtliche Fachstellen – unter Hinweis auf die gesetzliche Genehmigungsfiktion – zu einer Genehmigung nach Art. 20 BayWG angehört wurden. Die vom Beklagten angenommene – vermeintlich falsche – Verfahrensart ist jedoch für den Eintritt der Genehmigungsfiktion unerheblich. Die Genehmigungsfiktion des Art. 20 Abs. 3 BayWG i.V.m. Art. 42a Abs. 2 BayVwVfG, die es grundsätzlich verbietet, (Neben-) Bestimmungen zur fingierten Genehmigung anzuordnen, tritt nämlich auch dann ein, wenn deren Inhalt mit objektivem Recht nicht vereinbar ist (Kopp/Ramsauer a.a.O., § 42a Rn. 3). Eine Grenze bildet allenfalls eine Nichtigkeit nach Art. 44 BayVwVfG, d.h. wenn eine tatsächlich erteilte Genehmigung desselben Inhalts nichtig wäre (vgl. Stelkens a.a.O., § 42a Rn. 58), wofür das Gericht im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte sieht. Im Falle des Eintritts der Genehmigungsfiktion wird nämlich nicht nur das Vorliegen der Genehmigung fingiert, sondern auch das Vorliegen einer in einem ordnungsgemäßen Verwaltungsverfahren zustande gekommenen Genehmigung (Stelkens a.a.O., § 42a Rn. 50 u. 51).
a) Dass die Fiktionsvoraussetzungen des Art. 42a Abs. 1 und 2 BayVwVfG eingetreten sind, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Auch das Gericht hegt insoweit keine Zweifel. Darüber hinaus wäre die diesbezügliche Bescheinigung (vgl. Art. 42a Abs. 3 BayVwVfG) des Beklagten in Ziffer I.1. des Bescheids vom 16.07.2018 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 11.01.2019 – soweit man die Fiktionsbescheinigung als Verwaltungsakt ansieht (vgl. hierzu Stelkens a.a.O., § 42a Rn. 96 f.) – inzwischen in Bestandskraft erwachsen.
b) Da es für die Wirksamkeit der fingierten Genehmigung nicht darauf ankommt, ob die Genehmigung erteilt hätte werden dürfen, kommt es auch nicht darauf an, ob diese nur unter Vorbehalten erteilt hätte werden dürfen. Soweit solche zur Wahrung der Genehmigungsfähigkeit notwendig sind, muss die Behörde fristgerecht mittels Bescheid reagieren (Drost/Ell, Das neue Wasserrecht, S. 183; Kopp/Ramsauer a.a.O., § 42a Rn. 12; Stelkens a.a.O., § 42a Rn. 47). Bescheide, die nach Ablauf der Frist Modifikationen zum Antrag enthalten, gehen – soweit keine vorherige Teilaufhebung der fingierten Genehmigung erfolgt ist – damit „ins Leere“ (vgl. Kopp/Ramsauer a.a.O., § 42a Rn. 14; Stelkens a.a.O., § 42a Rn. 47). Gleichwohl hat die Klägerin – schon unter dem Aspekt des erzeugten Rechtsscheins – einen Anspruch auf Aufhebung des streitgegenständlichen Vorbehalts.
c) Der bloße Hinweis des Beklagten im Schriftsatz vom 14.12.2018, wonach die Anlage im engen Zusammenhang mit einem „alten“ Wasserrecht – welches immerzu mit Auflagen- und Bedingungsvorbehalten versehen worden sei – stehe, genügt für einen rechtmäßigen Vorbehalt in Rahmen der hiesigen Genehmigungsfiktion ebenfalls nicht, da mit Eintritt der Fiktion die maßgeblichen Faktoren aus dem klägerischen Antrag vom März 2016 zum Gegenstand der Genehmigung(sfiktion) gemacht wurden und etwaige frühere Inhalts- und Nebenbestimmungen insoweit überholt sind.
d) Soweit der Beklagte anführt, der Ausschluss von Modifikationen bei Eintritt der Genehmigungsfiktion laufe den Zielen der Wasserrahmenrichtlinie und damit EU-Umweltrecht zuwider, folgt das Gericht dieser Argumentation nicht. Zur Wahrung der mitgliedschaftlichen Kontrollpflichten hätte der Beklagte innerhalb der maßgeblichen Dreimonatsfrist des § 42a Abs. 2 BayVwVfG jederzeit eine ausdrückliche Entscheidung mit entsprechenden Inhalts- und Nebenbestimmungen erlassen können. Diese ausreichend bemessene Frist hat der Beklagte – ohne ersichtlichen und nachvollziehbaren Grund – jedoch ergebnislos verstreichen lassen.
Im Übrigen steht es dem Beklagten frei, die Genehmigungsfiktion nach Art. 48 ff. BayVwVfG aufzuheben oder umweltrechtliche Vorgaben im Rahmen gewässeraufsichtlichen Einschreitens umzusetzen, was bislang ebenfalls nicht erfolgt ist. Nach Art. 42a Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG sind nämlich vorliegend auch die Regelungen über die Aufhebung von Verwaltungsakten nach Art. 48 ff. BayVwVfG anwendbar, da einer fingierten Genehmigung keine höhere Bestandskraft zukommt als einer innerhalb der Entscheidungsfrist erteilten Genehmigung. Dabei reicht eine konkludente Rücknahmeentscheidung grds. nicht aus (Kopp/Ramsauer a.a.O., § 42a Rn. 14, vgl. auch Stelkens a.a.O., § 42a Rn. 60). Daneben ist eine solche (Teil -) Rücknahme der fingierten Genehmigung – unter Ausübung fehlerfreien Ermessens – schon im Ansatz nicht ersichtlich. Der Beklagte pocht vielmehr weiter darauf, dass die Anordnung des Vorbehalts trotz Fiktionseinstritt von Anfang an möglich war und ein Vorgehen der Klägerin dagegen an der Bestandskraft der Vorbehaltsbestimmung scheitere.
e) Der streitgegenständliche Vorbehalt kann auch nicht auf eine andere Rechtsgrundlage gestützt, insbesondere nicht in ein repressives wasserrechtliches Einschreiten umgedeutet werden. Zwar ist ein Austausch der Rechtsgrundlage grundsätzlich möglich, wenn auch die Voraussetzungen der zutreffenden Rechtsgrundlage vorliegen, insbesondere wenn beide Rechtsgrundlagen Ermessensvorschriften sind und das Ermessen korrekt ausgeübt wurde (vgl. BayVGH, U.v. 16.1.1975 – 40 VIII 74 – juris; BayVGH, U.v. 11.9.2014 – 1 B 14.169 – juris; VG Würzburg, U.v. 19.8.2014 – W 4 K 13.1140 – juris). Die streitgegenständliche Vorbehaltsentscheidung kann aber schon deshalb nicht als eine rechtmäßige Anordnung aufgrund der wasserrechtlichen Generalklausel des § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG angesehen werden, da dem Bescheid insoweit jegliche Ermessenserwägungen fehlen.
Im Übrigen ist schon mehr als fraglich, ob ein bloßer Entscheidungsvorbehalt überhaupt in den Anwendungsbereich für repressive Einzelfallmaßnahmen nach § 100 WHG fällt. Soweit gegenüber den gegenwärtig maßgeblichen Festsetzungen der Genehmigung(sfiktion) abweichende Festsetzung zur Stauhöhe, zum Mindestwassers und zur Durchgängigkeit des Gewässers aus wasserwirtschaftlichen Gründen notwendig sind, stehen dem Beklagten nämlich die gleichen Einschreitensopitionen wie gegenüber sonstigen „bestandskräftigen“ Anlagen offen. Von daher ist es für das Gericht auch nur schwer nachvollziehbar, warum der Beklagte hartnäckig an der abstrakten Vorbehaltsbestimmung festhält, da über diese Rechtsgrundlage ebenfalls nur materiell rechtmäßige, insbesondere ermessensgerechte Festsetzungen „nachgeschoben“ werden könnten.
V.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 und 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 Satz 1 ZPO.

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