Europarecht

Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis

Aktenzeichen  AN 16 S 17.00386

Datum:
19.6.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WaffG WaffG § 5 Abs. 1, § 45 Abs. 2 S. 1
VwGO VwGO § 80 Abs. 3

 

Leitsatz

1 Dem Widerruf der Waffenerlaubnis und der Verpflichtung, die Erlaubnis abzugeben, sind ihre Eilbedürftigkeit immanent, weshalb keine hohen Anforderungen an die Begründung der Anordnung ihrer sofortigen Vollziehung (§ 80 Abs. 3 VwGO) zu stellen sind. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2 Der Widerruf der Waffenerlaubnis nach § 45 Abs. 2 S. 1 WaffG ist eine gebundene Entscheidung. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes wird auf 2.500 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Beteiligten streiten um den Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis, die der Antragsteller am 24. Juni 2013 von der Antragsgegnerin erhalten hatte.
Der Antragsteller ist nach Ausführungen der Antragsgegnerin Inhaber eines kleinen Waffenscheines Nr. … vom 24. Juni 2013. Die Antragsgegnerin macht geltend, dass aus diversen Schreiben des Antragstellers an die Stadt … hervorgehe, dass dieser zu einem Personenkreis gehörte, die die Bundesrepublik Deutschland und deren Verfassung sowie deren verfassungsmäßige Organe nicht anerkenne. In einem ersten Schreiben an die Stadt … vom 11. Juni 2014 habe der Antragsteller das Ordnungswidrigkeitengesetz, die Zivilprozessordnung und die Strafprozessordnung für ungültig erklärt, weil diese Gesetze in seinen Augen keinen Geltungsbereich haben würden. Außerdem setze er Begriffe wie Bundesrepublik Deutschland, Stadt, Behörden etc. konsequent in Anführungszeichen. Er habe unter anderem behauptet, dass sich die Bundesrepublik Deutschland noch im Status des besetzten Gebietes der Alliierten des zweiten Weltkrieges befinden würde und habe der Stadt … vorgeworfen, mit dem Versuch einer Vollstreckung einen bewussten Akt der Plünderung in einem besetzten Gebiet vorzunehmen. In einem weiteren Schreiben an die Stadt … vom 29. Juli 2015 habe er wiederholt behauptet, dass das Ordnungswidrigkeitengesetz, die Zivilprozessordnung und die Strafprozessordnung aufgehoben seien, und dass außerdem das Grundgesetz durch den Fremdherr scher James Baker aufgehoben worden sei. Ein Staat ohne rechtliches Fundament wie das Grundgesetz habe aufgehört als Staat zu existieren. Seiner Meinung nach sei die Bundesrepublik Deutschland der staatliche Auftrag, Recht zu sprechen, am 23. November 2007 entzogen worden. Der Internationale Gerichtshof habe dort festgestellt, dass die Bundesrepublik Deutschland kein effektiver Staat mehr sei. Zudem habe der Antragsteller die Stadt … aufgefordert, ihm zu bestätigen, dass dieses Amt, dieser Amtsträger staatlich anerkannt sei, die Bundesrepublik Deutschland ein souveräner Staat sei und alle gültigen Gesetze eingehalten werden würden. Ähnliches erfolgte in den Schreiben vom 10. September 2015 und vom 22. September 2015 an die Stadt …
Mit Schreiben vom 10. Januar 2017 hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller die Möglichkeit gegeben, zum beabsichtigten Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis Stellung zu nehmen.
In seiner Stellungnahme vom 13. Januar 2017 teilte der Antragsteller mit, er habe davon Kenntnis genommen. Im Wesentlichen berufe er sich auf die Freiheit, seine Meinung frei äußern zu dürfen, und gebe einige aus dem Zusammenhang gerissenen Zitate bekannter Politiker wieder, die seiner Meinung nach Beweis dafür seien, dass Deutschland keine Bundesregierung habe und keine Souveränität besitze. Außerdem habe er angegeben, dass er den kleinen Waffenschein in seiner Ausübung als Automatenaufsteller in der Glücksspielbranche für notwendig erachte, zumal die Sicherheitslage durch die angekommenen Asylanten in letzter Zeit gesunken sei.
Mit Bescheid vom 2. Februar 2017 widerrief die Antragsgegnerin die dem Antragsteller erteilte waffenrechtliche Erlaubnis mit der Nummer …, ausgestellt am 24. Juni 2013 (Nummer 1 des Bescheids). Unter Nummer 2 des Bescheides ordnete die Antragsgegnerin an, dass der Antragsteller die Erlaubnis bis spätestens 28. Februar 2017 auszuhändigen habe. In Nummer 3 des Bescheides findet sich die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit zur Verfügung unter Nummer 2 des Bescheides. In den Nummern 4 bis 6 des Bescheides folgen die Zwangsgeldandrohung sowie die Kostenentscheidungen Zur Begründung führt die Antragsgegnerin aus, der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse erfolge aufgrund § 45 Abs. 2 Satz 1 Waffengesetz. Der Antragsteller besitze die nach § 5 Abs. 1 Nummer 2 Buchstabe b und c Waffengesetz erforderliche Zuverlässigkeit nicht. Die von ihm geäußerten Meinungen und Rechtsauffassungen ließen befürchten, dass er sich nicht an die strengen waffenrechtlichen Vorgaben des Waffengesetzes zum Umgang mit Waffen halten werde. Im Weiteren begründete die Antragsgegnerin die Anordnung der sofortigen Vollziehung.
Hiergegen ließ der Antragsteller mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 28. Februar 2017 Klage erheben und zugleich beantragen,
im Wege der einstweiligen Entscheidung werde angeordnet, die aufschiebende Wirkung wieder herzustellen und die Anordnung des Sofortvollzuges aufzuheben.
Zur Begründung führt der Antragsteller aus, es gebe keinen hinreichenden Grund, an seiner erforderlichen Eignung für den kleineren Waffenschein zu zweifeln. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass er in einem sogenannten Risikogewerbe tätig sei, also Spielhallen und Gewerbebetriebe mit Ausschank betreibe. Hier sei von einem erhöhten Gefährdungspotential auszugehen, was dagegen spreche, dass der Sofortvollzug berechtigt sei.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Ergänzend zum bisherigen Sachvortrag sei mitzuteilen, dass die Antragsgegnerin dem Antragsteller auch die Gewerbeausübung mit bestandskräftigem Bescheid vom 23. November 2016 bereits entzogen habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist abzulehnen, weil er unbegründet ist.
Der Antrag im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist zwar zulässig.
Die Antragsgegnerin ist auch passivlegitimiert. Der Antrag ist gleichwohl unbegründet.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht in den Fällen, in denen, wie hier, die sofortige Vollziehbarkeit eines Verwaltungsaktes kraft Gesetzes besteht (Nummer 1 des Bescheides) oder angeordnet wurde (Nummer 3 des Bescheides), die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen den Bescheid ganz oder teilweise anordnen oder wiederherstellen. Hierbei sind die widerstreitenden Interessen gegeneinander abzuwägen. Abwägungsgesichtspunkte sind hierbei die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfes, dessen aufschiebende Wirkung angeordnet werden soll, eine etwaige gesetzliche Wertung zur Frage der Vollziehbarkeit und ein Blick auf die Folgen, die eintreten können, wenn der Anordnung Folge geleistet oder nicht Folge geleistet wird, wobei im Rahmen dieser Abwägung die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache besondere Berücksichtigung finden. Bleibt dieser Rechtsbehelf mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos, wird die Abwägung in der Regel zum Nachteil des Betroffenen ausfallen.
Die formellen Voraussetzungen des § 80 Abs. 3 VwGO sind, soweit das erforderlich ist (§ 45 Abs. 5 WaffG), vorliegend gegeben. Wie sich aus dem Inhalt des streitgegenständlichen Bescheids vom 2. Februar 2017 ergibt, kommt dem Widerruf der Waffenerlaubnisse des Antragstellers besondere Eilbedürftigkeit zu. Die Begründung nach § 80 Abs. 3 VwGO ist diesbezüglich zwar knapp ausgefallen, ist aber im Hinblick darauf, dass die Eilbedürftigkeit sowohl des Widerrufs als auch der Verpflichtung, die Erlaubnisse abzugeben, der Anordnung letztlich immanent sind, noch als ausreichend anzusehen. Ein Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse macht nur dann Sinn (siehe dazu § 45 Abs. 5 WaffG), wenn er nicht durch eine bloße Klageerhebung faktisch „ausgehebelt“ werden kann (vgl. auch Adolph/Brunner/Bannach, WaffG, 73. AL Stand: Mai 2017, § 45 RdNr. 74).
Die Gesamtabwägung aller entscheidungserheblichen Umstände führt zur Überzeugung der Kammer dazu, dass das Interesse an der sofortigen Vollziehung der hier streitgegenständlichen Anordnungen das Interesse des Antragstellers, bis zur Entscheidung in der Hauptsache über seine Waffenbesitzkarten und seine Waffen zu verfügen, deutlich überwiegt.
Die Anfechtungsklage des Antragstellers gegen die zugrunde liegenden waffenrechtlichen Verfügungen hat bei der hier erforderlichen aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung bereits keine hinreichenden Erfolgsaussichten.
Rechtsgrundlage für den in Nummer 1 des streitgegenständlichen Bescheids verfügten Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse ist § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Danach ist eine Erlaubnis nach dem WaffG zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung (der waffenrechtlichen Erlaubnisse) hätten führen müssen. Diese tatbestandlichen Voraussetzungen sind vorliegend gegeben, weil es dem Antragsteller an der erforderlichen Zuverlässigkeit im Sinne von § 5 Abs. 1 WaffG fehlt.
Die Antragsgegnerin hat ihren Widerruf sowohl auf § 5 Abs. 1 Nummer 2 Buchstabe b WaffG als auch auf § 5 Abs. 1 Nummern 2 Buchstabe c WaffG gestützt. Das wird im Ergebnis nicht zu beanstanden sein (siehe dazu auch VG Cottbus vom 20.9.2016 Az. VG 3 K 305/16; VG Gera vom 16.9.2015 Az. 2 K 525/14 GE; VG München vom 30. 10. 2015 Az. M 7 S. 15.4592; VG Minden vom 29.11.2016 Az. 8 K 1965/16). Die von der Antragsgegnerin vorgetragen Verhaltensweisen des Antragstellers begründen die von der Antragsgegnerin ausführlich dargelegten konkreten Befürchtungen, dass der Antragsteller aufgrund seines bisherigen Verhaltens keine hinreichende Gewähr für einen jederzeit verantwortungsvollen Umgang mit Waffen bietet. Die Regelung des § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG lässt der Behörde in solchen Fällen keinen Ermessensspielraum (vgl. auch Adolph/Brunner/Bannach, WaffG, 73. AL Stand: Mai 2017, § 45 RdNr. 26). Die Kammer folgt den ausführlichen und überzeugend dargelegten Begründungen im angefochtenen Widerrufsbescheid (§ 117 Abs. 5 VwGO entsprechend; ausführlich dazu Brunner in Adolph/Brunner/Bannach, WaffG, 73. AL Stand: Mai 2017, § 45 RdNr. 30a). Die Verfügung ist in jeder Hinsicht verhältnismäßig Das bedarf auch keiner weiteren Vertiefung, denn der Antragsteller ist diesem Vorhalt nicht zur Überzeugung der Kammer entgegengetreten. So hat er die von der Antragsgegnerin herangezogenen Äußerungen, die sich in den wesentlichen Teilen auch aus den Akten entnehmen lassen, bestätigt und lediglich erklärt, er halte daran nicht mehr fest. Zudem hat er es bereits versäumt, seine nunmehrige Sachverhaltsdarstellung mit Mitteln der Glaubhaftmachung zu untermauern. In der Sache wertet die Kammer seine Einlassungen als reine Schutzbehauptungen, im Hinblick darauf, dass er nicht nur wiederholt sondern auch über einen längeren Zeitraum we sentliche Teile der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland Behörden gegenüber schlichtweg ausdrücklich für „aufgehoben“ erklärt hat.
Auch die übrigen Verfügungen sind, soweit sie hier Gegenstand des Verfahrens sind, rechtlich nicht zu beanstanden.
Neben der mangelnden Erfolgsaussicht in der Hauptsache stützen § 45 Abs. 5 WaffG diese Einschätzung ebenso wie die vom Bundesverfassungsgericht angedachte Folgenabwägung.
Im Rahmen einer abschließenden Interessenabwägung bewertet die Kammer mithin das öffentliche Interesse daran, dass der Antragsteller seine Waffenerlaubnisse (Nummer 1 des Bescheides) bis zum rechtskräftigen Abschluss des Klageverfahrens abgibt, höher als das Interesse des Antragstellers an einem vorläufigen Verbleib der Waffenerlaubnisse und der Waffen in seinem Besitz. Die Kammer stellt dabei auch darauf ab, dass die Abgabe der Waffen an einen Berechtigten im streitgegenständlichen Bescheid verfügt wurde, der Antragsteller für den Fall der Abgabe der waffenrechtlichen Erlaubnisse seine Waffen ebenfalls abgeben wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Streitwert ergibt sich aus § 52 Abs. 2 GKG.

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