Europarecht

Widerruf von Taxikonzession

Aktenzeichen  M 23 K 15.1730

Datum:
16.11.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 131817
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
PBefG § 13 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 21 Abs. 1 S. 1, § 25 Abs. 1 S. 2, § 26 Nr. 1a
PBZugV § 1
StVZO § 29
RDGEG § 3, § 5

 

Leitsatz

1 Die Genehmigung erlischt nach § 26 Nr. 1a PBefG kraft Gesetzes, wenn die erstmalige Aufnahme des Betriebs nicht innerhalb der von der Genehmigungsbehörde gesetzten Frist erfolgt. Nicht erfasst ist dagegen die Wiederaufnahme nach einer vorübergehenden Befreiung des Unternehmers von der Betriebspflicht. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
2 Anhaltspunkte für eine Unzuverlässigkeit des Unternehmers iSv § 1 Abs. 1 S. 1 PBZugV können auch dann vorliegen, wenn diesem zwar (bisher noch) keine schweren Verstöße iSv § 1 Abs. 1 S. 2 PBZugV anzulasten sind, er aber durch eine Vielzahl (für sich genommen) leichterer Verstöße aufgefallen ist und die Umstände darauf schließen lassen, dass er nicht willens oder dazu in der Lage ist, dieses Fehlverhalten einzustellen. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 9. Oktober 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Oberbayern vom 27. März 2015 wird aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, dem Kläger die Genehmigungsurkunden mit den Ordnungsnummern … und … zurückzugeben.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Das Gericht konnte über die Klage ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichtet haben, § 101 Abs. 2 VwGO.
Die zulässige Klage ist begründet, da der angefochtene Widerrufsbescheid der Beklagten vom 9. Oktober 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. März 2015 rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO); er war daher aufzuheben. Damit steht dem Kläger auch der geltend gemachte Folgenbeseitigungsanspruch gegen die Beklagte zu, die ausgehändigten Genehmigungsurkunden zurückzugeben, § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO.
Maßgeblicher Entscheidungszeitpunkt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Behördenhandelns im Rahmen der Anfechtungsklage ist die letzte Behördenentscheidung, somit vorliegend der Erlass des Widerspruchsbescheids am 27. März 2015.
Die streitgegenständlichen Genehmigungen zum Verkehr mit Taxen, welche dem Kläger mit den Ordnungsnummer … und … durch die Beklagte erteilt worden waren, sind nicht bereits aufgrund Unterbrechungen der Betriebstätigkeit des Klägers gemäß § 26 Nr. 1a PBefG kraft Gesetzes erloschen. Hiernach erlischt die Genehmigung, wenn der Unternehmer den Betrieb nicht innerhalb der gesetzten Frist aufnimmt. Wie der Wortlaut nahelegt, ist hierunter jedoch nur die erstmalige Aufnahme des Betriebs zu verstehen, nicht dagegen die Wiederaufnahme nach einer vorübergehender Befreiung des Unternehmers von der Betriebspflicht (vgl. hierzu ausführlich VG Leipzig, U.v. 4.4.2016 – 1 K 169/13 – juris). Damit greift die Regelung im Fall des Klägers nicht, sodass es maßgeblich auf die Beurteilung des Widerrufs der Konzessionen ankommt.
Rechtsgrundlage für den durch die Beklagte ausgesprochenen Widerruf der Genehmigungen ist § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PBefG. Danach hat die Genehmigungsbehörde die Genehmigung zu widerrufen, wenn nicht mehr alle Erteilungsvoraussetzungen des § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 PBefG vorliegen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn Tatsachen vorliegen, die die Unzuverlässigkeit des Unternehmers oder der für die Führung der Geschäfte bestellten Personen dartun, § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PBefG. Gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 PBefG ist die erforderliche Zuverlässigkeit des Unternehmers insbesondere nicht mehr gegeben, wenn in seinem Verkehrsunternehmen trotz schriftlicher Mahnung die der Verkehrssicherheit dienenden Vorschriften nicht befolgt werden oder den Verpflichtungen zuwider gehandelt wird, die dem Unternehmer nach dem Personenbeförderungsgesetz oder nach den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsvorschriften obliegen.
Eine Definition der persönlichen Zuverlässigkeit wird in § 1 Abs. 1 Satz 1 der Berufszugangsverordnung für den Straßenpersonenverkehr – PBZugV – gegeben. Danach gelten der Unternehmer und die zur Führung der Geschäfte bestellten Personen als zuverlässig i.S.d. § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PBefG, wenn keine hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass bei der Führung des Unternehmens die für den Straßenpersonenverkehr geltenden Vorschriften missachtet oder die Allgemeinheit bei dem Betrieb des Unternehmens geschädigt oder gefährdet werden. Anhaltspunkte für die Unzuverlässigkeit des Unternehmers sind nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 PBZugV insbesondere schwere Verstöße gegen Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes oder der auf diesem Gesetz beruhenden Rechtsverordnungen (Buchst. a), gegen Vorschriften, die im Interesse der Verkehrs- und Betriebssicherheit erlassen wurden, insbesondere gegen die Vorschriften des Straßenverkehrsgesetzes, des Straßenverkehrs-Ordnung oder der Straßenverkehrs-Zulassung-Ordnung (Buchst. c) sowie gegen § 1 des Pflichtversicherungsgesetzes (Buchst. e).
Bei dem Begriff „schwerer Verstoß“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, welcher der vollständigen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt (vgl. OVG Hamburg, B.v.3.11.2011 – 3 Bs 182/11 – zu der bis zum 4. März 2013 gültigen textgleichen Vorgängerregelung in § 1 Abs. 2 Satz 1 PBZugV; OVG NRW, B.v. 8.10.2013 – 13 B 576/13 – jeweils juris). Wie die in § 1 Abs. 1 Satz 2 PBZugV erfolgte Gleichordnung der „schweren Verstöße gegen strafrechtliche Vorschriften“ (in Nr. 1) einerseits und der „schweren Verstöße gegen sonstige Vorschriften und Pflichten“ (in Nr. 2) andererseits als Anhaltspunkte für die Zuverlässigkeit zeigt, muss es sich bei den „schweren“ Verstößen gegen die im Einzelnen aufgeführten sonstigen Vorschriften und Pflichten um schwerwiegende Verstöße mit eindeutiger negativer Aussagekraft handeln. Aus dem Verhalten muss generalisierend darauf geschlossen werden können, dass der Unternehmer (auch) künftig bei der Führung des Unternehmens die für den Straßenpersonenverkehr geltenden Vorschriften missachten oder die Allgemeinheit bei dem Betrieb des Unternehmens schädigen oder gefährden würde. Anhaltspunkte für eine Unzuverlässigkeit des Unternehmers i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1 PBZugV können allerdings auch dann vorliegen, wenn ihm (bisher noch) keine schweren Verstöße i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 2 PBZugV anzulasten sind. Will die Genehmigungsbehörde für ihre Annahme der Unzuverlässigkeit an ein bereits erfolgtes Fehlverhalten des Unternehmers anknüpfen, welches (noch) nicht von § 1 Abs. 1 PBZugV erfasst wird, so wird dieses Fehlverhalten allerding neben dem Überschreiten der Erheblichkeitsschwelle die Qualität eines Indizes haben und gleichermaßen tragfähige Rückschlüsse auf zukünftiges (pflichtwidriges) Verhalten zulassen müssen. Ein hinreichender Anhaltspunkt kann etwa dann gegeben sein, wenn der Unternehmer zwar nicht durch einzelne schwere Verstöße, aber durch eine Vielzahl (für sich genommen) leichterer Verstöße aufgefallen ist und die Umstände darauf schließen lassen, dass er nicht Willens oder dazu in der Lage ist, dieses Fehlverhalten einzustellen (OVG Hamburg, B.v. 3.11.2011 – 3 Bs 182/11; VG München B.v. 15.5.2014 – M 23 S. 141807; VG des Saarlands B.v. 13.2.2012 – 10 L 72/12 -jeweils juris). Wegen der dem Unternehmer anvertrauten Schutzgüter ist ein strenger Maßstab anzulegen (OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 12.6.2012 – OVG 1 S 35.12 -juris). Nicht ausreichend sind Bagatellverstöße oder einmalige Vorfälle, die nicht den Rückschluss auf Organisationsverschulden oder die fehlende Bereitschaft oder Fähigkeit zur ordnungsmäßen Führungen des Unternehmens zulassen (OVG Lüneburg, B.v. 30.8.2010 – 7 ME 59/10; VG München, B.v. 15.5.2014 – M 23 S 14.1807; VG Stade, U.v. 16.4.2013 – 1 A 1366/12 – jeweils juris). Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Versagung einer Genehmigung für den Taxenbetrieb ebenso wie deren Widerruf tief in das Recht der freien Berufswahl und zugleich in die private und familiäre Existenz eingreift und solche Einschränkungen verfassungsrechtlich nur zulässig sind, wenn und solange sie zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter notwendig sind (OVG NRW, B.v. 30.4.2008 – 13 A 8/07 – juris).
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe liegen im Fall des Klägers zur Überzeugung des Gerichts die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Widerruf der ihm erteilten Taxigenehmigungen (noch) nicht vor, auch wenn es sich hierbei wohl um einen Grenzfall handelt. Nach Gewichtung der dem Widerruf im Einzelnen zugrunde liegenden Vorfälle sowie unter besonderer Würdigung dessen, dass der Kläger über Jahrzehnte sein Taxiunternehmen in München beanstandungsfrei betrieben hat, kommt das Gericht in einer Gesamtschau aller Umstände im konkreten Einzelfall zu dem Ergebnis, dass die prognostische Einschätzung der Beklagten, der Kläger weise die notwendige personenbeförderungsrechtliche Zuverlässigkeit dem Grunde nach nicht mehr auf, (noch) nicht gerechtfertigt ist. Unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit fließt in die Abwägung ebenso mit ein, dass der Widerruf der Taxikonzessionen angesichts des hiermit verbundenen Verlustes der wirtschaftlichen Existenz sowie der über Jahre aufgebauten Altersversorgung für den Kläger zu weitreichenden Konsequenzen führt, was im vorliegenden Einzelfall eine restriktive Handhabung des Widerrufs sachgerecht erscheinen lässt.
Das Gericht verkennt hierbei nicht, dass der Kläger über einen Zeitraum von rund eineinhalb Jahren wiederholt gegen Vorschriften des PBefG, der StVO sowie des PflVG verstoßen hat. Jedoch sind die einzelnen Vorfälle nach Art, Gewicht und Ausmaß abzuschichten. In ihrer Gesamtschau wiegen die Vorfälle nicht derart schwer i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 2 PBZugV, dass hieraus im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids der tragfähige Rückschluss gezogen werden durfte, der Kläger sei generell nicht (mehr) willens und in der Lage, sein Taxiunternehmen pflichtgemäß zu führen.
Der Beklagten ist zuzugeben, dass der Kläger bezüglich beider Taxen nicht lückenlos für eine ordnungsgemäße Hauptuntersuchung i.S.d. § 29 StVZO gesorgt und das Fahrzeug mit der Ordnungsnummer … für rund drei Monate ohne gültige Prüfplakette auch im Taxibetrieb eingesetzt hat. Jedoch hat sich ein solcher Verstoß im weiteren Verlauf nicht wiederholt, insbesondere nicht nach der förmlichen Abmahnung durch die Beklagte vom 24. September 2013; zwar wies das Fahrzeug … weiterhin keine gültige Hauptuntersuchung auf, wurde aufgrund der fortdauernden Reparatur bis zu seiner Außerbetriebsetzung am 5. Dezember 2013 aber nicht mehr zur Fahrgastbeförderung eingesetzt. Gleiches gilt für das Fahrzeug mit der Ordnungsnummer …, welches sich mit Ablauf der Prüfplakette im Juni 2014 in der Werkstatt befand. Dass das Taxi … nach Abschluss der Reparatur Anfang August 2014 ohne gültige Prüfplakette eingesetzt worden wäre, ist weder ersichtlich, noch von Beklagtenseite dargelegt bzw. dem Widerrufsbescheid zugrunde gelegt.
Zutreffend ist ferner, dass sich der Kläger nicht um einen lückenlosen Haftpflichtversicherungsschutz seiner Fahrzeuge gekümmert und damit gegen § 1 PflVG verstoßen hat. Gleichwohl ist hierin noch kein schwerer Verstoß i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2e PBZugV zu sehen. Was das Fahrzeug mit der Ordnungsnummer … betrifft, war dieses von Mai bis Dezember 2013 ohne Versicherungsschutz, wurde angesichts der fortdauernden Reparatur jedoch zu keinem Zeitpunkt ohne Versicherungsschutz zur Personenbeförderung eingesetzt. Etwas anderes mag zwar für das Taxi …, welches Ende April 2014 ohne Versicherungsschutz im Betrieb eingesetzt wurde, gelten. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass es sich hierbei um einen einmaligen und kurzen Zeitraum von einer Woche handelte. Ebenso ist dem Kläger zugute zu halten, dass er der Aufforderung der Beklagten zum Nachweis eines Versicherungsschutzes vom 12. Mai 2014 unverzüglich und fristgerecht am 22. Mai 2014 nachgekommen ist. Wie die … Versicherungs-AG bestätigte, bestand ab
2. Mai 2014 wieder Versicherungsschutz, sodass sich die versicherungslose Zeit auf eine Woche beschränkte. Im Übrigen ist weder ersichtlich, noch vorgetragen, dass der Kläger hinsichtlich des Vorwurfs eines fehlenden Versicherungsschutzes durch die Beklagte zuvor abgemahnt worden wäre i.S.d. § 25 Abs. 1 Satz 2 PBefG.
Ferner ist sowohl der Widerrufsbescheid als auch der Widerspruchsbescheid auf den Vorwurf gestützt, der Kläger habe erheblich gegen seine Betriebspflicht auf § 21 Abs. 1 PBefG verstoßen, wobei die Verstöße zwischen den Beteiligten unstreitig sind. So hat der Kläger für die Ordnungsnummer … im Zeitraum von Mai bis Anfang August 2013 sowie von Februar bis Anfang Oktober 2014 kein Taxi im Betrieb eingesetzt, ohne gleichzeitig einen entsprechenden Befreiungsantrag zu stellen; betreffend der Ordnungsnummer … gilt dasselbe für den Zeitraum von Mitte Juni bis Anfang August 2014. Ab August 2014 bis zur Rückgabe der Konzessionen am 21. Oktober 2014 konnte der Kläger in der mündlichen Verhandlung glaubhaft darlegen, das Taxi … nach Abschluss der Reparatur wieder regelmäßig im Betrieb eingesetzt zu haben. Das Gericht sieht hierin (noch) keinen „nachhaltigen“ Verstoß gegen Betriebspflichten i.S.d. § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PBefG, welcher die notwendige Erheblichkeitsschwelle für einen Widerruf der Konzessionen erreichen würde. Hierbei wird nicht verkannt, dass der Kläger trotz Abmahnung vom 24. September 2013 für das Taxi … erneut über ein Zeitraum von sieben Monaten (März bis Oktober 2014) keine Befreiung von der Betriebspflicht beantragt hat, obwohl unter dieser Ordnungsnummer kein Taxibetrieb erfolgte. Mag es sich zunächst auch um eine unbewusste Nachlässigkeit des Klägers gehandelt haben, hätte ihm spätestens seit der Abmahnung seine unternehmerische Pflicht bekannt sein müssen, für die Dauer einer nicht genutzten Taxikonzession einen Befreiungsantrag zu stellen. In Bezug auf das Taxi mit der Ordnungsnummer … hat das Gericht jedoch erhebliche Zweifel an der Pflicht eines Unternehmers, bereits für den Zeitraum einer Taxireparatur einen Antrag auf Befreiung von der Betriebspflicht stellen zu müssen. Auch die Taxiordnung der Beklagten enthält keinerlei Aussage, wann eine Unterbrechung der Betriebspflicht anzunehmen ist und damit ein entsprechender Befreiungsantrag zu stellen ist. Dementsprechend sieht das Gericht keinen relevanten Verstoß und Wiederholungsfall darin, dass der Kläger das Fahrzeug … ab Juni 2014 für etwa sieben Wochen in die Werkstatt gegeben hat, ohne sich von der Betriebspflicht befreien zu lassen. Entgegen der insbesondere im Widerspruchsbescheid vorgenommenen Würdigung erachtet das Gericht daher den Verstoß gegen die Betriebspflicht im vorliegenden Fall nicht für derart schwerwiegend, dass generalisierend auf eine grundsätzliche persönliche Unzuverlässigkeit des Klägers geschlossen werden könnte, welche den weitreichenden Eingriff des Widerrufs seiner Konzessionen rechtfertigen könnte Ebenso steht nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger in relevanter Weise gegen Buchführungspflichten verstoßen hätte. Zum einen ist unklar, woraus sich die Pflicht zur Führung eines Kassenbuches ergeben soll. Zum anderen konnte die Beklagte den Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung, er habe sämtliche Einnahmen und Ausgaben gesammelt in einem Ordner dokumentiert und diesen im Rahmen der Betriebsprüfung auch vorgelegt, nicht entkräften. Im Übrigen ist dieser Vorhalt im streitgegenständlichen Widerrufsbescheid nur knapp am Rande erwähnt.
Letztlich kann aus dem im Verfahren vorgelegten Versäumnisurteil des Amtsgerichts München vom …. August 2014, wonach der Kläger einer Autovermietung rund 1.200,- EUR schuldig ist, nicht generalisierend auf die persönliche Unzuverlässigkeit des Klägers geschlossen werden. Zum einen steht nicht fest, dass die Zahlungsverpflichtung im maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids vom 27. März 2015 noch offen war. Zum anderen hat das Gericht erhebliche Zweifel, dass durch den Betrag der Verbindlichkeit bereits die für den Widerruf notwendige Erheblichkeitsschwelle überschritten ist, da es sich um einen einmaligen Vorfall gehandelt haben dürfte; dass der Kläger weitere Schulden über einen größeren Betrag gehabt hätte, ist weder dargetan, noch ersichtlich.
Bei der gebotenen Würdigung sämtlicher Umstände des vorliegenden Einzelfalls kommt das Gericht abschließend zu dem Ergebnis, dass ein dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügendes schwerwiegendes Fehlverhalten des Klägers, welches dessen grundsätzliche Unzuverlässigkeit im personenbeförderungsrechtlichen Sinn begründen könnte, gerade auch vor dem Hintergrund des Artikel 12 Abs. 1 GG (noch) nicht festzustellen ist. Das Gericht weist jedoch darauf hin, dass es sich hier um einen nicht zu verallgemeinernden Grenzfall handelt und etwaige weitere Nachlässigkeiten und „kleinere“ Verstöße des Klägers gegen Vorschriften des PBefG, der StVZO sowie des PflVG durchaus dazu führen könnten, dass in Zukunft eine Prognose gerechtfertigt sein könnte, dass der Kläger nicht mehr geeignet wäre, sein Unternehmen zuverlässig und pflichtgemäß zu führen.
Der Klage war daher unter der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO und unter dem Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung gemäß § 167 VwGO i.V.m. § 708 ff. ZPO stattzugeben.

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen