Aktenzeichen W 9 K 17.834
BJagdG § 17 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, § 18
Leitsatz
1. Maßgeblich für die Beurteilung der erforderlichen waffenrechtlichen Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG ist eine auf Tatsachen gestützte Prognose eines spezifisch waffenrechtlich bedenklichen Verhaltens, aus dem mit hoher Wahrscheinlichkeit der Eintritt von Schäden für hohe Rechtsgüter resultiert. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ausgehend von der Absicht des Gesetzgebers, bei der Neuregelung des Waffenrechts die Anforderungen an die Zuverlässigkeit von Waffenbesitzern zu verschärfen, genügt für die erforderliche Prognoseentscheidung über die waffenrechtliche Zuverlässigkeit ein rationaler Schluss von der Verhaltensweise eines Betroffenen auf dessen in Zukunft zu erwartendes Verhalten. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
3. Personen, die der sogenannten „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig sind oder sich deren Ideologie als für sich verbindlich zu eigen gemacht haben, sind waffenrechtlich unzuverlässig (wie BayVGH BeckRS 2018, 7805). (Rn. 29-31) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Es wird festgestellt, dass der Bescheid des Landratsamts Aschaffenburg vom 17. Juli 2017 in der Ziffer 2 sowie in den Ziffern 3 und 6, soweit sie Regelungen im Vollzug des Jagdrechts enthalten, rechtswidrig war.
Im Übrigen wird der Bescheid aufgehoben.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Gründe
Die Klage ist zulässig und begründet. Im Hinblick auf die Ziffer 2 sowie die Ziffern 3 und 6, soweit sie Regelungen im Vollzug des Jagdrechts betreffen, des Bescheids des Landratsamts vom 17. Juli 2017 wird nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO festgestellt, dass sie rechtswidrig waren. Im Übrigen wird der Bescheid nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufgehoben, weil er rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt.
1. Die Klage ist zulässig.
1.1. Die Klage bezüglich der Ziffern 1, 4, 7, 8 und 9 sowie der Ziffern 3 und 6, soweit darin Regelungen im Vollzug des Waffenrechts getroffen werden, ist als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft. Die Ziffern 8 und 9 haben, soweit sie Kosten für den jagdrechtlichen Teil des Verwaltungsakts beinhalten, im Gegensatz zu den Anordnungen zum Jagdrecht im Übrigen (s.u. 1.2.) keine Erledigung gefunden. Hierbei handelt es sich um eine selbständige Regelung, die insoweit unabhängig von der Grundverfügung ist.
Die Klage ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere wurde sie fristgemäß nach § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO erhoben. Der Kläger hat die Klage am 8. August 2017 und damit innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheids am 20. Juli 2017 erhoben.
1.2. Auch soweit bezüglich der Ziffer 2 und der Ziffern 3 und 6, soweit sie im Vollzug des Jagdrechts ergangen sind, nach Klageerhebung eine Erledigung eingetreten ist, ist die Klage als eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Eine Erledigung ist vorliegend eingetreten, weil der Jagdschein, den das Landratsamt mit dem streitgegenständlichen Bescheid für ungültig erklärt hat, ohnehin durch Zeitablauf am 31. März 2018 wirkungslos geworden ist.
Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist im Übrigen zulässig. Für die Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ist insbesondere ein berechtigtes Fortsetzungsfeststellungsinteresse gegeben. Ein solches wird insbesondere dann angenommen, wenn eine Wiederholungsgefahr gegeben ist. Diese liegt vor, wenn künftig unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen die konkrete Gefahr besteht, dass eine gleichartige behördliche Entscheidung wie der Verwaltungsakt ergehen wird, der Gegenstand des Fortsetzungsfeststellungsbegehrens ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.5.2013 – 8 C 14/12 – juris, Rn. 21; BVerwG, B. v. 16.10.1989 – 7 B 108/89 – NVwZ 1990, 360; BVerwG, B. v. 26.4.1993 – 4 B 31/93 – juris Rn. 26; BayVGH, Urt. v. 25.2.2013 – 22 B 11.2587 – Rn. 43 a.E.). Es muss eine Präjudizwirkung für künftige vergleichbare Rechtsverhältnisse vorliegen (vgl. BVerwG, B. v. 19.12.2013 – 8 B 8/13 – juris Rn. 6). Dies ist hier der Fall. Der Kläger muss befürchten, dass eine Verlängerung des Jagdscheins erneut bei im Wesentlichen unveränderten rechtlichen und tatsächlichen Umständen abgelehnt würde. Insoweit gibt er sogar an, dass ein entsprechender Antrag bereits abgelehnt worden sei.
2. Die Klage ist auch begründet.
2.1. Die Anordnungen in den Ziffern 1, 4, 7, 8 und 9 sowie den Ziffern 3 und 6, soweit sie waffenrechtliche Regelungen betreffen, im Bescheid des Landratsamts vom 17. Juli 2017 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten.
2.1.1. Als Rechtsgrundlage für den in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids erfolgten Widerruf der Waffenbesitzkarten des Klägers Nr. … und Nr. … hat das Landratsamt § 45 Abs. 2 WaffG herangezogen. Danach ist eine Erlaubnis nach diesem Gesetz, wozu auch die Waffenbesitzkarte nach § 10 Abs. 1 WaffG zählt, zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Der Beklagte ist vorliegend zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen dieser Regelungen gegeben sind, weil der Kläger nicht mehr die erforderliche Zuverlässigkeit nach §§ 4 Abs. 1 Nr. 2, 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG besitze.
Der Kläger ist nicht unzuverlässig im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden (Buchst. a), mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden (Buchst. b) oder Waffen oder Munition Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind (Buchst. c).
Maßgeblich für die Beurteilung der erforderlichen waffenrechtlichen Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG ist eine auf Tatsachen gestützte Prognose eines spezifisch waffenrechtlich bedenklichen Verhaltens, aus dem mit hoher Wahrscheinlichkeit der Eintritt von Schäden für hohe Rechtsgüter resultiert (vgl. BT-Drs 14/7758, S. 54). Bei der Prognose ist der allgemeine Zweck des Gesetzes nach § 1 Abs. 1 WaffG, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren, zu berücksichtigen. Die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, sind nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten das Vertrauen verdienen, mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umzugehen (st. Rspr. des BVerwG, vgl. u.a. B.v. 31.1.2008 – 6 B 4/08 – juris Rn. 5). In Anbetracht des vorbeugenden Charakters der gesetzlichen Regelungen und der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, ist für die – gerichtlich uneingeschränkt nachprüfbare – Prognose nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit erforderlich. Vielmehr genügt eine hinreichende auf der Lebenserfahrung beruhende Wahrscheinlichkeit, wobei ein Restrisiko nicht hingenommen werden muss (zum Ganzen: BayVGH, B.v. 5.10.2017 – 21 CS 17.1300 – juris Rn. 11).
§ 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG umschreibt im Hinblick auf die erforderliche Prognose Formen des Umgangs mit Waffen und Munition, die von vornherein im Hinblick auf den Gesetzeszweck spezifisch waffenrechtlich so bedenklich, nämlich in hohem Maße gefährlich für die Allgemeinheit sind, dass, anders als in den Fällen des § 5 Abs. 2 WaffG, eine Widerlegung im Einzelfall nicht zugelassen wird (sogenannte absolute Unzuverlässigkeit, vgl. BT-Drs. 14/7758 S. 54). Liegt ein Fall der absoluten Unzuverlässigkeit vor, ist eine bereits erteilte waffenrechtliche Erlaubnis nach § 45 Abs. 1 WaffG zurückzunehmen oder nach § 45 Abs. 2 WaffG zu widerrufen. Ausgehend von der Absicht des Gesetzgebers, bei der Neuregelung des Waffenrechts die Anforderungen an die Zuverlässigkeit von Waffenbesitzern zu verschärfen, genügt für die erforderliche Prognoseentscheidung über die waffenrechtliche Zuverlässigkeit ein rationaler Schluss von der Verhaltensweise eines Betroffenen auf dessen in Zukunft zu erwartendes Verhalten (vgl. BayVGH, U.v. 10.10.2013 – 21 B 12.960 – juris Rn. 26).
Personen, die der sogenannten „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig sind oder sich deren Ideologie als für sich verbindlich zu eigen gemacht haben, sind waffenrechtlich unzuverlässig (st. Rspr; vgl. BayVGH, B.v. 12.3.2018 – 21 CS 17.1678; B.v. 26.1.2018 – 21 CS 17.1668; B.v. 25.1.2018 – 21 CS 17.2310; B.v. 15.1.2018 – 21 CS 17.1519; B.v. 10.1.2018 – 21 CS 17.1339; B.v. 19.12.2017 – 21 CS 17.2029; B.v. 12.12.2017 – 21 CS 17.1332; B.v. 5.10.2017 – 21 CS 17.1300 – alle juris).
Der Verfassungsschutzbericht 2017 des Bundes (S. 89 ff.) definiert „Reichsbürger“ als eine organisatorisch wie ideologisch äußerst heterogene Szene, der jedoch die fundamentale Ablehnung des Staates, seiner Repräsentanten sowie der gesamten Rechtsordnung gemein ist. Nach dem Verfassungsschutzbericht Bayern 2017 (S. 170 ff.) sind „Reichsbürger“ Gruppierungen und Einzelpersonen, die aus unterschiedlichen Motiven mit unterschiedlichen Begründungen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem ablehnen. Den Vertretern des Staates sprechen sie die Legitimation ab oder definieren sich gar in Gänze als außerhalb der Rechtsordnung stehend. Sie berufen sich in unterschiedlichster Form auf den Fortbestand des Deutschen Reiches. „Reichsbürger“ behaupten, Deutschland habe keine gültige Verfassung und sei damit als Staat nicht existent oder das Grundgesetz habe mit der Wiedervereinigung seine Gültigkeit verloren. Daher fühlen sich „Reichsbürger“ auch nicht verpflichtet, den in der Bundesrepublik geltenden Gesetzen Folge zu leisten. Die „Reichsbürgerbewegung“ wird als sicherheitsgefährdende Bestrebung eingestuft. Die „Reichsbürgerideologie“ insgesamt ist geeignet, Personen in ein geschlossenes verschwörungstheoretisches Weltbild zu verstricken, in dem aus Staatsverdrossenheit Staatshass werden kann. Dies kann Grundlage für Radikalisierungsprozesse sein (zum Ganzen: Verfassungsschutzbericht Bayern 2017, S. 172).
Wer der Ideologie der „Reichsbürgerbewegung“ folgend, die Existenz und Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negiert und die auf dem Grundgesetz fußende Rechtsordnung generell nicht als für sich verbindlich anerkennt, gibt Anlass zu der Befürchtung, dass er auch die Regelungen des Waffengesetzes nicht strikt befolgen wird. Dies gilt für den Umgang mit Waffen ebenso wie für die Pflicht zur sicheren Waffenaufbewahrung, die Pflicht zur getrennten Aufbewahrung von Waffen und Munition, die Pflicht zu gewährleisten, dass andere Personen keinen Zugriff haben können, sowie die strikten Vorgaben zum Schießen mit Waffen im Besonderen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a bis c WaffG). Ausgehend von dem Grundsatz, dass nur derjenige im Besitz von Waffen sein soll, der nach seinem Verhalten das Vertrauen darin verdient, dass er mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen wird, muss einer der sogenannten „Reichsbürgerbewegung“ zuzuordnenden Person anknüpfend an die Tatsache, dass sie die waffenrechtlichen Normen gerade nicht als für sich verbindlich ansieht, die nach § 5 WaffG erforderliche Zuverlässigkeit abgesprochen werden (st. Rspr; vgl. BayVGH, B.v. 12.3.2018 – 21 CS 17.1678; B.v. 26.1.2018 – 21 CS 17.1668; B.v. 25.1.2018 – 21 CS 17.2310; B.v. 15.1.2018 – 21 CS 17.1519; B.v. 10.1.2018 – 21 CS 17.1339; B.v. 19.12.2017 – 21 CS 17.2029; B.v. 12.12.2017 – 21 CS 17.1332; B.v. 5.10.2017 – 21 CS 17.1300 – alle juris).
Die Tatsachen, die dem Gericht vorliegen, rechtfertigen im Fall des Klägers nicht die Annahme der absoluten Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG. Eine Prognose, dass der Kläger mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein in § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG beschriebenes Verhalten zeigen wird, ist nach Ansicht der Kammer nicht gerechtfertigt. Insbesondere gehört der Kläger nach Einschätzung des Gerichts weder der sog. „Reichsbürgerbewegung“ an noch hat er sich deren Ideologie zu eigen gemacht.
Das Landratsamt hat seine Annahme, dass der Kläger der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig sei und sich entsprechendes Gedankengut zu eigen gemacht habe, ausschließlich auf die Begründung von Einsprüchen gegen Einkommenssteuerbescheide aus dem Jahre 2012 gegründet. Im Rahmen einer ausführlichen, schriftlichen Stellungnahme wurde dort u.a. ausgeführt, dass das Finanzamt nicht rechtmäßig legitimiert sei, Steuern jeglicher Art festzusetzen und einzuziehen. Auch wurde festgestellt, dass die derzeitig rechtsgültige Verfassung für Deutschland diejenige des Deutschen Reiches sei. Das Grundgesetz sei nur ein ordnungspolitischer Rahmen. Diese Aussagen sind für sich betrachtet mit den Formulierungen vergleichbar, die nach den Verfassungsschutzberichten des Bundes und des Freistaats Bayern als für die sog. „Reichbürgerbewegung“ typisch bewertet werden. Gleichwohl vermag das Gericht bei einer Gesamtbetrachtung nicht zu erkennen, dass der Kläger der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zuzurechnen wäre. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass der Kläger selbst in der damaligen Einspruchsbegründung ausgeführt hat, dass er gerne in der Bundesrepublik Deutschland beheimatet sei und sich gerne für ein gemeinsames Europa in Frieden und Freiheit einsetzen wolle. Auch beziehen sich der Kläger und seine Frau, die schließlich ihre damalige Steuerschuld beglichen haben, selbst auf das Grundgesetz in Art. 14 GG oder in Art. 20 Abs. 4 GG und wollen ihre Verpflichtung „zum Schutz und zur Sicherung des demokratischen und sozialen Bundesstaats“, in dem sie alle leben wollten, wahrnehmen. Diese Äußerungen sind nach Auffassung des Gerichts unter Berücksichtigung der Ausführungen in den Verfassungsschutzberichten nicht mit einer Person, die der sog. „Reichsbürgerbewegung“ angehört, vereinbar. Zudem stellt das Gericht auch die im Verwaltungsverfahren gemachten Äußerungen des Klägers gegenüber dem Beklagten mit ein, wonach er die Geltung des Grundgesetzes und die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland einschließlich des Waffengesetzes uneingeschränkt bejaht und akzeptiert hat. Diese Äußerungen sind detailliert und schlüssig, sodass sie nicht als unglaubwürdig oder lediglich verfahrensangepasst bewertet werden können. Der Kläger hat nicht nur die vom Landratsamt ihm zur Verfügung gestellte Erklärung zur Verfassungstreue unterzeichnet, sondern hat auch im Verwaltungsverfahren seine Verfassungstreue bekundet und sich von der sog. „Reichsbürgerbewegung“ mehrfach schriftlich und mündlich distanziert. Diese Äußerungen lassen insgesamt keinen Zweifel daran, dass der Kläger nicht der sog. „Reichsbürgerbewegung“ angehört und sich auch nicht deren Gedankengut zu eigen gemacht hat. Diese Einschätzung gilt umso mehr, als der Beklagte im Verfahren auf Nachfrage keine weiteren Umstände vortragen konnte, auf die er seine Annahme einer Zugehörigkeit des Klägers zur sog. „Reichsbürgerbewegung“ gründen kann. Schließlich ist der seit den getätigten Äußerungen vergangene Zeitraum zu berücksichtigen. Die Äußerungen lagen zum für die Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufs (vgl. OVG NRW, B.v. 15.09.2017 – 20 B 316/17 – juris Rn. 17) fast fünf Jahre zurück. Nach seinen Äußerungen war der Kläger in keiner Weise mit einem irgendwie auffälligen Verhalten, das eine Nähe zur sog. „Reichsbürgerbewegung“ begründen könnte, in Erscheinung getreten. Bei diesem langen Zeitraum ist es unter Berücksichtigung der Wertung des § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG, bei dem ein vergleichbares Verhalten zum Anlass für eine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit gemacht wird, aus Sicht der Kammer nicht mehr möglich, diese Äußerungen zum (alleinigen) Anknüpfungspunkt der Annahme einer waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit zu machen.
Die von dem Beklagten angeführte Rechtsprechung (VG Augsburg, B.v. 7.9.2017 – 4 S 17.1196 – juris) führt zu keiner anderen Bewertung, weil das Gericht bei dieser Entscheidung – anders als vorliegend – zu dem Ergebnis gekommen war, dass der dortige Antragsteller zur sog. „Reichsbürgerbewegung“ gehörte, und vor diesem Hintergrund eine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit angenommen hat.
Weitere Umstände, die eine Unzuverlässigkeit des Klägers begründen könnten, wurden nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich, sodass der Widerruf nach § 45 Abs. 2 WaffG rechtswidrig ist.
2.1.2. Hieraus folgt, dass auch die weiteren Anordnungen in den Ziffern 4, 7, 8 und 9 sowie den Ziffern 3 und 6, soweit sie Regelungen im Vollzug des Waffenrechts betreffen, keinen Bestand haben können. Diese sind Folgeentscheidungen zum Widerruf der Waffenbesitzkarten beziehungsweise die Kostenentscheidungen hierzu. Dies gilt auch mit Blick auf die in der Kostenentscheidung enthaltenen Kosten für die jagdrechtlichen Anordnungen, weil auch insoweit der Bescheid rechtswidrig war (s.u. 2.2.).
2.2. Die Ziffer 2 sowie die Ziffern 3 und 6, soweit sie Regelungen im Vollzug des Jagdrechts getroffen haben, des verfahrensgegenständlichen Bescheids waren rechtswidrig. Rechtsgrundlage für die Ungültigkeitserklärung und die Einziehung des Jagdscheins in Ziffer 2 des Bescheids war § 18 Satz 1 BJagdG. Danach ist die Behörde in den Fällen des § 17 Abs. 1 BJagdG verpflichtet, den Jagdschein für ungültig zu erklären und einzuziehen, wenn Tatsachen, welche die Versagung des Jagdscheins begründen, erst nach Erteilung des Jagdscheins eintreten oder der Behörde, die den Jagdschein erteilt hat, bekannt werden. Diese Voraussetzungen waren nicht gegeben, da insbesondere keine Unzuverlässigkeit des Klägers im Sinne von § 17 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 BJagdG gegeben war. Es wird auf die obigen Ausführungen (2.1.) verwiesen. Hieraus resultiert auch, dass die daran anknüpfenden Anordnungen im Vollzug des Jagdrechts rechtswidrig waren.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.