Europarecht

Zur Abrechnung medizinischer Untersuchungsmethoden

Aktenzeichen  L 12 KA 49/16

Datum:
5.4.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGG SGG § 153 Abs. 2, § 160 Abs. 2
VwGO VwGO § 154 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Die GOP 27311 und 27320 EBM sind nicht neben der GOP 01210 EBM abrechenbar, da nach deren Leistungslegende die im Anhang 1, Spalte GP des EBM aufgeführten Leistungen zum fakultativen Leistungsinhalt der GOP 01210 EBM gehören. (Rn. 48)
2. Nach den Allgemeinen Bestimmungen zu Kapitel I.2.1.3 Abs. 2 EBM ist eine Gebührenordnungsposition nicht berechnungsfähig, wenn deren obligate und – sofern vorhanden – fakultative Leistungsinhalte vollständig Bestandteil einer anderen berechneten Gebührenordnungsposition sind, wobei sämtliche Abrechnungsbestimmungen und Ausschlüsse zu berücksichtigen sind. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

S 38 KA 582/13 2016-04-14 Urt SGMUENCHEN SG München

Tenor

I. Die Berufungen der Klägerin werden zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat auch die Kosten der Berufungsverfahren zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die zulässigen Berufungen der Klägerin sind nicht begründet. Dem erstinstanzlichen Urteil des Sozialgerichts München vom 14.04.2016 ist in vollem Umfang zuzustimmen.
Der Senat sieht von einer weitergehenden Darstellung der Entscheidungsgründe ab, weil es die Berufungen aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurückweist (§ 153 Abs. 2 SGG). Die Rechtsauffassung des SG in dem angefochtenen Urteil vom 14.04.2016 entspricht in vollem Umfang der Rechtsauffassung des Senats, wie er sie bereits in den Urteilen vom 12.11.2014, L 12 KA 36/13 und zuletzt vom 08.02.2017, L 12 KA 85/15 dargelegt hat.
Die Absetzung der GOP 27311 und 27320 neben der GOP 01210 ist danach nicht zu beanstanden.
Nach den Allgemeinen Bestimmungen zu Kapitel I.2.1.3 Abs. 2 EBM ist eine Gebührenordnungsposition nicht berechnungsfähig, wenn deren obligate und – sofern vorhanden – fakultative Leistungsinhalte vollständig Bestandteil einer anderen berechneten Gebührenordnungsposition sind. Sämtliche Abrechnungsbestimmungen und Ausschlüsse sind zu berücksichtigen.
Die GOP 27311 und 27320 waren danach neben der GOP 01210 abzusetzen, da nach deren Leistungslegende die im Anhang 1, Spalte GP aufgeführten Leistungen zum fakultativen Leistungsinhalt der GOP 01210 gehören und damit nicht gesondert berechnet werden können.
Die GOP 27311 beinhaltet die klinisch-neurologische Basisdiagnostik und die GOP 27320 die elektrokardiographische Untersuchung.
Die Leistungslegende der GOP 01210 lautet in den streitgegenständlichen Quartalen wie folgt:
“Obligater Leistungsinhalt
– persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt im organisierten Not(-fall) dienst und für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser, Fakultativer Leistungsinhalt
– in Anhang 1, Spalte GP, aufgeführte Leistungen,
– funktioneller Ganzkörperstatus (27310)”.
In der Anlage 1, Verzeichnis der nicht gesondert berechnungsfähigen Leistungen, Spalte GP ist sowohl die „klinisch-neurologische Basisdiagnostik“ als auch die „elektrokardiographische Untersuchung“ aufgeführt und als möglicher Bestandteil der Grundpauschale bezeichnet. Da die Leistungslegenden der GOP 27311 mit „klinisch-neurologischer Basisdiagnostik“ und 27320 mit „elektrokardiographische Untersuchung“ einen identischen Leistungsinhalt aufweisen, ist der Ansatz dieser GOP bereits durch die Regelung im EBM (fakultativer Leistungsinhalt der GOP 01210) ausgeschlossen. Es liegt durch die Verweisung bei der GOP 01210 EBM auf „in Anhang 1, Spalte GP, aufgeführte Leistungen“ ein ausdrücklicher Ausschluss der gesonderten Abrechenbarkeit vor, der entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin der Vorbemerkung zum Anhang 1 als speziellere Regelung vorgeht. Dies ergibt sich systematisch daraus, dass in der Verweisung nicht pauschal auf den Anhang 1, und damit auch auf die Vorbemerkung verwiesen wird, sondern nur auf die Spalte GP. Die Präambel zu Anhang 1.1 gilt daher hier nicht.
Die hiergegen von Seiten der Klägerin zuletzt im Rahmen des Berufungsverfahrens vorgetragenen Einwände können nicht überzeugen.
Entgegen der Auffassung der Klägerin steht für den Senat fest, dass die obligaten und/oder fakultativen Leistungsbestandteile der GOP 27311 und 27320 vollständiger Leistungsinhalt der GOP 01210 sind. Eine genaue Bestimmung des obligaten und insbesondere fakultativen Leistungsinhalts der GOP 01210 scheitert nicht daran, dass die fakultativen Leistungsinhalte der GOP 01210 nicht einzeln aufgezählt sind, sondern eine Verweisung auf die in Anhang 1, Spalte GP aufgeführten Leistungen erfolgt. Diese Verweisung ist erkennbar Praktikabilitätsgesichtspunkten geschuldet, da ansonsten eine seitenlange Aufzählung von Gebührenordnungspositionen erfolgen müsste. Dass in der GOP 01210 hinsichtlich des fakultativen Leistungsinhalts nur die GOP 27310 (funktioneller Ganzkörperstatus) aufgeführt ist, lässt sich leicht erklären. Da der funktionelle Ganzkörperstatus (GOP 27310) nicht in Anhang 1, Spalte GP aufgeführt ist, der Normgeber des EBM diesen aber zum fakultativen Leistungsinhalt der GOP 01210 erklären wollte, bedurfte es der ausdrücklichen Nennung der GOP 27310. Folgerichtig sieht die GOP 27310 einen expliziten Abrechnungsausschluss neben der GOP 01210 vor, da mangels Aufnahme der GOP 27310 in Anhang 1, Spalte GP der allgemeine Abrechnungsausschluss in den Allgemeinen Bestimmungen I.2.1.3 Abs. 2 EBM nicht greift. Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht der Hinweis der Klägerin, dass es sich bei der GOP 01210 um eine Grundpauschale handle und deshalb für sie Kapitel I.4.1 der Allgemeinen Bestimmungen zum EBM gelte, welche umfassend auf die in Anhang 1 aufgeführten Leistungen verweise, und daher Vorrang vor Kapitel I.2.1.3 genieße. Diesbezüglich ist festzustellen, dass in I.4.1 EBM geregelt ist, wer, wann und wie oft die Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschale abrechnen darf und welche Leistungen sie umfasst. Diese Fragen sind aber hinsichtlich der Notfallpauschale in der GOP 01210 speziell geregelt, so dass ein Rückgriff auf I.4.1 EBM nicht zulässig ist. Die Notfallpauschale der GOP 01210 und die Pauschalen von I.4.1 EBM stehen im Übrigen nebeneinander, wie sich aus Absatz 5 von I.4.1 EBM ergibt. Danach kann neben der in demselben Behandlungsfall erfolgten Berechnung der GOP 01210 eine Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschale nur abgerechnet werden, wenn ein weiterer persönlicher kurativer Arzt-Patienten-Kontakt außerhalb des organisierten Not(-fall) dienstes stattgefunden hat. Demgegenüber ist es nicht zulässig, im organisierten Not(-fall) dienst erbrachten Leistungen der Notfallpauschale 01210 mit arztgruppenspezifischen Versicherten- oder Grundpauschalen auszutauschen, da dies einer Analogberechnung gleichkäme, was gegen die Allgemeinen Bestimmungen I.1 Satz 4 verstoßen würde. Diese Abrechnungsbestimmungen für eine Nebeneinanderabrechnung der Notfallpauschale und der arztgruppenspezifischen Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschale sind in der GOP 01210 nochmals wiederholt. Da nach alledem der Leistungsinhalt der Notfallpauschale bezüglich des fakultativen Leistungsinhalts in der GOP selbst speziell und abweichend gegenüber den Allgemeinen Bestimmungen I.4.1 geregelt ist, ist insofern auch die Ausschlussbestimmung der Allgemeinen Bestimmungen nach I.2.1.3 Abs. 2 EBM vorliegend anwendbar, wonach eine Gebührenposition nicht berechnungsfähig ist, wenn deren obligate und – sofern vorhanden – fakultative Leistungsinhalte vollständig Bestandteil einer anderen berechneten Gebührenordnungsposition sind.
Die Berufungen der Klägerin waren daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 3. Halbsatz in Verbindung mit § 154 Abs. 2 VwGO.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

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