Europarecht

Zustellung zwischen USA und Deutschland durch Privatperson – Anerkennungsfähigkeit eines Scheidungsurteils

Aktenzeichen  34 Wx 192/16

Datum:
26.7.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
FamRZ – 2017, 131
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
HZÜ HZÜ Art. 2 ff., Art. 10 lit. a
FamFG FamFG § 109 Abs. 1 Nr. 3

 

Leitsatz

1. Zur fehlenden Anerkennungsfähigkeit eines US-amerikanischen Scheidungsurteils wegen früherer Rechtshängigkeit eines inländischen Verfahrens, wenn bei Zustellungen Bestimmungen des Haager Zustellungsübereinkommens verletzt wurden (hier: Übermittlung unter Einschaltung von privaten Personen für den Transport und die Übergabe der gerichtlichen Sendung). (amtlicher Leitsatz)
2 Der für Zustellungen im Verhältnis zwischen den USA und Deutschland vorgesehene Weg nach Art. 2 ff. des Haager Zustellungsübereinkommens ist bei der Übermittlung eines Schriftstücks unter Einschaltung von privaten Personen für den Transport und die Übergabe nicht eingehalten. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag des Beteiligten zu 1 auf Abänderung der Entscheidung des Präsidenten des Oberlandesgerichts … vom 13. April 2016 wird zurückgewiesen.
2. Der Beteiligte zu 1 hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I. Die Beteiligten schlossen am 31.1.2004 im US-Staat Washington die Ehe, die durch Urteil des District Court, Clark County (Nevada/USA), vom 24.9.2015 (No. …) auf Antrag des Ehemannes geschieden wurde. Vor dem Gericht war die Ehefrau durch eine US-amerikanische Rechtsanwältin vertreten.
Zum Zeitpunkt der Eheschließung wie der Scheidung waren der Ehemann US-amerikanischer Staatsangehöriger, die Ehefrau deutsche Staatsangehörige. Gewisse Zeit vor dem wie während des Scheidungsverfahrens lebte der Ehemann in den USA (Nevada), die Ehefrau hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland (Gemeinde G., Bayern).
Mit Schreiben seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 1.12.2015 begehrte der Ehemann als Antragsteller beim Präsidenten des Oberlandesgerichts München die Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung des Urteils des District Court, Clark County (Nevada/USA), vom 24.9.2015 (No. …), durch das die Ehe der Parteien geschieden wurde, vorliegen. Die Ehefrau – Antragsgegnerin – habe sich im Verfahren vor dem US-Gericht rügelos eingelassen und die Entscheidung durch Unterschrift ihrer Verfahrensbevollmächtigten genehmigt; Versagungsgründe lägen nicht vor.
Die Antragsgegnerin widersetzte sich der begehrten Feststellung. Die Voraussetzungen des § 107 FamFG seien nicht gegeben, da Anerkennungshindernisse nach § 109 FamFG vorlägen. Der Scheidungsantrag der Ehefrau vom 13.5.2015 sei nach Zustellung an die Gegenseite am 27.5. 2015 vor dem inländisch zuständigen Amtsgericht M. zuerst rechtshängig gewesen. Zudem sei der Scheidungsantrag des Antragstellers der Antragsgegnerin nicht ordnungsgemäß zugestellt worden. Diese habe sich vor dem US-Gericht aus zeitlichen Gründen nicht verteidigen können. Schließlich habe die Entscheidung des US-Gerichts überhaupt nur beschränkte Rechtswirkung („Status divorce“).
Hierzu brachte der Antragsteller vor, dass der Scheidungsantrag der Ehefrau seinen anwaltlichen Bevollmächtigten wirksam erst am 22.6.2016 zugestellt worden sei. Sein eigener Antrag sei der Ehefrau hingegen bereits am 7.6.2015 zugestellt worden.
Mit Entscheidung vom 13.4.2016 hat der Präsident des Oberlandesgerichts München festgestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung des Urteils des District Court, Clark County (Nevada/USA), vom 24.9.2015 nicht gegeben sind. Zur Begründung wird auf das Anerkennungshindernis des § 109 Abs. 1 Nr. 3 Halbsatz 2 FamFG verwiesen. Das Amtsgericht M. sei für das Scheidungsverfahren einschließlich Folgesachen zuständig. Zwar sei die Zustellung des Scheidungsantrags an den Antragsteller persönlich unwirksam gewesen, wirksam sei aber die Zustellung vom 22.6.2015 an dessen Verfahrensbevollmächtigte. Indessen sei der Scheidungsantrag des Antragstellers nicht vorher wirksam zugestellt worden. Die Übergabe des Antrags vom 2.6.2015 am 7.6.2015 durch die Stiefmutter des Antragstellers an die Ehefrau sei unzureichend gewesen, weil Deutschland gegen Art. 10 HZÜ Widerspruch eingelegt habe und es deshalb einer förmlichen Zustellung im Rechtshilfeweg bedurft hätte.
Gegen die am 18.4.2016 zugegangene Entscheidung richtet sich der Antrag des Ehemannes vom 13.5.2016 – Eingang 15.5.2016 – auf gerichtliche Entscheidung, mit dem die Feststellung der Anerkennungsfähigkeit weiterverfolgt wird. Gründe, der rechtskräftigen ausländischen Entscheidung die Anerkennung zu versagen, lägen nicht vor. Die Antragsgegnerin habe vor dem dortigen Gericht rechtliches Gehör erhalten und sich rügelos eingelassen, indem sie durch ihre Verfahrensbevollmächtigte der Scheidung zugestimmt habe. Der US-amerikanische Scheidungsantrag sei der Antragsgegnerin am 7.6.2015 durch eine Privatperson übergeben und ihr damit ordnungsgemäß zugestellt worden. Selbst bei Vorliegen eines Zustellungsmangels wäre dieser nach § 189 ZPO geheilt. Zustellungsvorschriften dienten der Verwirklichung des rechtlichen Gehörs. Habe der Adressat das Dokument tatsächlich erhalten, sei sein Anspruch auf rechtliches Gehör gewahrt. Das rechtfertige es, den Verfahrensfehler zu ignorieren und eine wirksame Zustellung zu fingieren.
Dem widersetzt sich die Antragsgegnerin. Sie hält daran fest, dass der eigene Scheidungsantrag bereits am 27.5.2015 wirksam dem Antragsteller übermittelt worden sei. Hingegen sei der Antrag des Ehemannes ihr weder ordnungsgemäß noch sonst wirksam zugestellt worden.
II. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den ablehnenden Bescheid der Landesjustizverwaltung ist statthaft (§ 107 Abs. 5 und 7 FamFG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht nach § 63 Abs. 1 FamFG gestellt (§ 107 Abs. 7 Satz 3 FamFG). Er ist jedoch aus den in der Entscheidung aufgeführten zutreffenden Erwägungen unbegründet.
1. Für die Entscheidung über den Antrag des Ehemannes war der Präsident des Oberlandesgerichts München zuständig, weil die Ehefrau ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Bayern hat (§ 107 Abs. 2 Satz 1 FamFG; § 4 GZVJu).
2. Offen bleibt, ob das US-amerikanische Gericht des Staates Nevada nach deutschem Gesetz, wenn es dort im Zeitpunkt des Erlasses der ausländischen Entscheidung gälte, wenigstens konkurrierend international zuständig gewesen wäre (§ 109 Abs. 1 Nr. 1 FamFG; sog. Spiegelbildprinzip; Senat vom 26.1.2012, 34 Wx 519/11 = FGPrax 2012, 66/67; Keidel/Zimmermann FamFG 18. Aufl. § 109 Rn. 3), weil der Ehemann im US-Bundesstaat Nevada seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet hatte (vgl. § 109 Abs. 2 Satz 1 FamFG). Der Antragsteller gibt hierzu an, seit März 2015 dort zu leben, während die Antragsgegnerin dies entschieden in Abrede stellt und auf die laufende Umgangsvereinbarung mit den gemeinsamen Kindern sowie darauf verweist, dass ihr Ehemann sich erst am 1.6.2015 an seinem deutschen Wohnort abgemeldet habe. Dies kann ebenso wie die Frage unerörtert bleiben, ob die Voraussetzungen des § 109 Abs. 1 Nr. 2 FamFG erfüllt sind, die Antragsgegnerin also Gelegenheit hatte, sich rechtliches Gehör zu verschaffen, oder mit dem darauf bezogenen Einwand bereits wegen rügeloser Einlassung im Urteilsstaat nun im Anerkennungsverfahren ausgeschlossen wäre.
2. Denn jedenfalls scheitert die Anerkennung im Inland an § 109 Abs. 1 Nr. 3 Halbsatz 2 FamFG, weil die Entscheidung des US-amerikanischen Gerichts mit dem hier früher rechtshängig gewordenen Verfahren vor dem Amtsgericht M. – Familiengericht – unvereinbar ist.
a) Die Zuständigkeit des bezeichneten Familiengerichts für die Ehescheidung folgt aus Art. 3 EuEheVO i. V. m. § 122 Nr. 1 FamFG. Die Antragsgegnerin hatte nämlich mit den beiden gemeinschaftlichen minderjährigen Kindern bei Einreichung ihres Scheidungsantrags (§ 124 FamFG) ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich des angerufenen Amtsgerichts.
b) Allerdings wurde ihr Scheidungsantrag dem hiesigen Antragsteller erst am 22.6.2015 wirksam zugestellt (§ 124 FamFG mit §§ 253, 261 Abs. 1 ZPO). Mit diesem Datum hat die im Antrag als Verfahrensbevollmächtigte des Gegners bezeichnete Rechtsanwältin das Empfangsbekenntnis unterzeichnet (§§ 166, 172 Abs. 1 Satz 1, § 174 Abs. 1 und 4 ZPO).
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, hat die Zustellung an den Rechtsanwalt zu erfolgen, wenn der Kläger im Rubrum der Klageschrift diesen als Bevollmächtigten des Beklagten angegeben hat; in diesem Fall ist der bezeichnete Rechtsanwalt als für den Rechtszug bestellter Bevollmächtigter gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 ZPO anzusehen (BGH NJW-RR 2011, 372; ähnlich bereits BGH NJW-RR 2000, 444/445; Hüßtege in Thomas/Putzo ZPO 37. Aufl. § 172 Rn. 4; Zöller/Stöber ZPO 31. Aufl. § 172 Rn. 7). Für Ehesachen (§ 111 Nr. 1, § 121 Nr. 1 FamFG) gilt insoweit nichts Abweichendes (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG; Keidel/Weber § 113 Rn. 7a). § 114 Abs. 5 FamFG, wonach der Bevollmächtigte in Ehesachen einer besonderen auf das Verfahren gerichteten Vollmacht bedarf, hat in diesem Zusammenhang keine Bedeutung; die Norm bezieht sich auf das Innenverhältnis zwischen Vertreter und Vertretenem, besagt jedoch nicht, dass erst die besondere – und nachgewiesene – Vollmacht diesen zur Entgegennahme von Zustellungen legitimiert.
bb) Der Scheidungsantrag vom 13.5.2015 führt die Anwältin der Gegenseite als Verfahrensbevollmächtigte auf. Wird dies nicht beachtet, erweist sich die Zustellung an die Partei unmittelbar als mangelhaft. Das findet seine Rechtfertigung darin, dass der Kläger bei einer entsprechenden Bezeichnung auch das Risiko für die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der durchgeführten Zustellung an die bezeichnete Person übernimmt (BGH NJW-RR 2011, 997 Rn. 15). Daraus, dass die den Scheidungsantrag abfassende Rechtsanwältin abschließend erklärt hat, Rechtsanwältin (…) habe in den bisherigen gerichtlichen Verfahren ihre Vertretung und Zustellungsvollmacht angezeigt, eine Vollmachtsurkunde liege bislang nicht vor, es werde davon ausgegangen, dass sie auch für das Scheidungsverfahren Zustellungsbevollmächtigte sei, rechtfertigt keine Ausnahme. Vielmehr legt die Verfasserin des Schriftsatzes – an sich überflüssig – nur offen, was aus ihrer Sicht für die bestehende Verfahrensvollmacht spricht. Es ist an dieser Stelle nicht Aufgabe des Gerichts, die anwaltliche Bewertung in Frage zu stellen. Dass die Antragstellerseite mit ihrer abschließenden schriftsätzlichen Erklärung zum Ausdruck bringen wollte, die Ungewissheit über das Bestehen der Verfahrensvollmacht tatsächlich nicht auf sich zu nehmen, liegt schon deswegen fern, weil es auf der Hand gelegen hätte, statt dessen auf die ergänzende und in diesem Stadium nicht erforderliche (Zöller/Greger § 130 Rn. 4) Bezeichnung im Rubrum des Schriftsatzes zu verzichten.
c) Die Zustellung des US-amerikanischen Scheidungsantrags am 7.6.2015 an die Antragsgegnerin, die der Antragsteller durch eine notariell beglaubigte Erklärung einer Privatperson über die Aushändigung der Sendung („Affidavit of Service“; Anl. 3) belegt, ist nicht wirksam. Hingegen war das von der Antragsgegnerin im Inland betriebene Scheidungsverfahren mit der wirksamen Zustellung des Scheidungsantrags am 22.6.2015 (siehe b) vor dem ausländischen Verfahren rechtshängig.
aa) Für Zustellungen im Verhältnis zwischen den USA und Deutschland gilt das Haager Übereinkommen vom 15.11.1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen – HZÜ – (BGBl 1977 II 1453; BGHZ 191, 59 Rn. 19; Zöller/Geimer § 183 Rn. 93). Der dafür vorgesehene Weg nach Art. 2 ff. HZÜ ist bei der offensichtlich gewählten Form der Übermittlung des Schriftstücks an die Antragsgegnerin unter Einschaltung von privaten Personen für den Transport und die Übergabe ersichtlich nicht eingehalten (vgl. Roth in Stein/Jonas ZPO 22. Aufl. § 183 Rn. 76). Darauf, dass es das Übereinkommen nicht grundsätzlich ausschließt, gerichtliche Schriftstücke im Ausland befindlichen Personen auch auf anderem als auf dem durch Art. 2 ff. HZÜ bestimmten Weg zu übermitteln, etwa unmittelbar durch die Post (Art. 10 Buchst. a HZÜ) oder dadurch, dass der am (ausländischen) gerichtlichen Verfahren Beteiligte Zustellungen unmittelbar durch eine zuständige Person des Bestimmungsstaats bewirkt (Art. 10 Buchst. c HZÜ), kommt es bei dieser Sachlage schon nicht an. Zudem hat Deutschland vom Vorbehalt gegen die Übermittlung gerichtlicher Schriftstücke unter Benutzung der (u. a.) in Art. 10 HZÜ vorgesehenen Wege Gebrauch gemacht und Zustellungen dieser Art ausgeschlossen (vgl. Nr. 4 Satz 3 der Bek. über das Inkrafttreten des Haager Übereinkommens über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- und Handelssachen vom 21.6.1979, BGBl 1979 II S. 779, und § 6 Satz 2 des Ausführungsgesetzes vom 22.12.1977, BGBl I S. 3105).
bb) Das Übereinkommen sieht eine Heilung von Zustellungsmängeln selbst nicht vor (vgl. BGHZ 120, 305). Allerdings wird zu § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO (§ 109 Abs. 1 Nr. 2 FamFG) die Ansicht vertreten, dass auch im internationalen Rechtsverkehr eine Heilung nach § 189 ZPO mit tatsächlichem Zugang beim Zustellungsempfänger in Betracht kommt. Dies wird im Wesentlichen mit dem Normzweck des § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO begründet, der darin zu sehen ist, dem Beklagten rechtliches Gehör zu gewähren (siehe BGHZ 120, 305/310; BayObLGZ 1974, 471/477; Zöller/Geimer ZPO 31. Aufl. § 328 Rn. 160). Nicht anders wäre die Frage nach der Priorität der in Konkurrenz stehenden Verfahren in § 328 Abs. 1 Nr. 3 ZPO (§ 109 Abs. 1 Nr. 3 ZPO) zu lösen und dann auch eine Zustellung durch Heilung nach § 189 ZPO in dem dafür maßgeblichen Zeitpunkt zu berücksichtigen (Zöller/Geimer § 183 Rn. 34; Rohe in Wieczorek/Schütze ZPO 4. Aufl. Vor §§ 183, 184 Rn. 102). Die herrschende Meinung differenziert indessen danach, ob bei einer Auslandszustellung die Anforderungen des maßgeblichen Übereinkommens (HZÜ) gewahrt sind und bei der Zustellung nur Formvorschriften des Verfahrensrechts des Zustellungsstaates verletzt wurden (BGHZ 191, 59 m. w. N.). In diesem Fall kann Heilung mit tatsächlichem Zugang beim Adressaten eintreten. Keine Heilung ist hingegen möglich, wenn bei der Zustellung Bestimmungen des Übereinkommens selbst verletzt wurden (vgl. BGHZ 191, 59 Rn. 23, 28, 31 ff.). Zwar bestimmt sich die Rechtshängigkeit des ausländischen Verfahrens nach dem Recht des Urteilsstaates, mithin nach US-amerikanischem Recht (BGHZ 191, 59 Rn. 26; 120, 305/311; BGH NJW 1991, 641/642; vgl. auch Roth in Stein/Jonas § 183 Rn. 75; derselbe 23. Aufl. § 328 Rn. 92), allerdings unter Einbeziehung der einschlägigen völkerrechtlichen Verträge wie dem HZÜ (BGH a. a. O.), welche keine Heilung mit tatsächlichem Zugang beim Beklagten (Antragsgegner) vorsehen. Dies beruht darauf, dass über die Kenntnisnahmemöglichkeit des Adressaten hinaus solche Abkommen dazu dienen, die Belange eines geordneten zwischenstaatlichen Rechtsverkehrs sicherzustellen und die Zustellungsmaßstäbe in diesem Verkehr zu vereinheitlichen (BGHZ 191, 59 Rn. 31). Dem tritt der Senat uneingeschränkt bei.
d) Es kann auf sich beruhen, ob und in welchem Umfang ein Verstoß gegen die Zustellbestimmungen des HZÜ durch gerichtliche Einlassung zur Sache geheilt wird und damit der Anerkennungsversagungsgrund des § 109 Abs. 1 Nr. 2 FamFG nicht eingreift. Jedenfalls wirkt die aus der gerichtlichen Urteilsurkunde vom 24.9.2015 ersichtliche Genehmigung der für die Antragsgegnerin dort auftretenden Anwältin nicht auf den Zeitpunkt des Antragszugangs zurück (siehe zu c bb). Auch wenn § 109 Abs. 1 Nr. 2 FamFG – ebenso wie § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO (siehe Zöller/Geimer § 328 Rn. 188) – so zu verstehen wäre, dass er nur den Antragsgegner (Beklagten) schützt (Zöller/Geimer § 109 Rn. 33), so bezweckt aber der insoweit einschlägige § 109 Abs. 1 Nr. 3 FamFG – jedenfalls auch – Belange eines geordneten zwischenstaatlichen Rechtsverkehrs (oben zu c bb), auf die nicht individuell verzichtet werden kann.
III. Die Kostenentscheidung ergibt sich nicht aus § 84 FamFG, sondern aus § 81 FamFG (vgl. Senat vom 26.1.2012; Keidel/Zimmermann § 107 Rn. 48). Insoweit ist nach billigem Ermessen zu entscheiden. Hier entspricht es nach den Umständen des Einzelfalles in Anbetracht der Verteilungsmaßstäbe in § 81 Abs. 2 FamFG der Billigkeit, dass der Antragsteller die (gerichtlichen einschließlich der außergerichtlichen) Kosten trägt. Der Antrag hatte wegen § 81 Abs. 2 Nr. 2 FamFG von vorneherein keine Aussicht auf Erfolg; angesichts der Ausführungen in der angegriffenen Entscheidung zu Art. 10 HZÜ war für eine anwaltlich vertretene Partei nämlich ohne Schwierigkeiten erkennbar, dass die Heilungsmöglichkeit nach § 189 ZPO bei Zustellmängeln nicht in jeder Hinsicht greift. In der Antragsschrift wird zwar die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – ohne nähere Zitierung -erwähnt (S. 3 Mitte), so dass deren Kenntnis vorausgesetzt werden kann, aber die wesentliche Differenzierung nach der Art des Mangels (vgl. BGHZ 191, 59) gerade nicht beachtet.
Die Gebühr für das gerichtliche Verfahren selbst ist aus Nr. 1714 KVFamGKG zu entnehmen. Deshalb bedarf es an dieser Stelle keiner Geschäftswertfestsetzung.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die dafür maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen (vgl. § 70 Abs. 2 FamFG). Namentlich weicht die Rechtsauffassung des Senats nicht von der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ab (vgl. BGHZ 191, 59 Rn. 38).

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