Familienrecht

7 K 1977/15

Aktenzeichen  7 K 1977/15

Datum:
15.2.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
EStG § 74 Abs. 1 EStG
EStG § 76 Einkommensteuergesetz (EStG
AO § 360 Abgabenordnung (AO
FGO § 60 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung (FGO

 

Leitsatz

Gründe

Finanzgericht München
Az.: 7 K 1977/15
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
Stichwort: Ermessensausübung bei der Entscheidung über einen Antrag auf Abzweigung des Kindergeldes
In der Streitsache

Klägerin
gegen

Beklagte
Beigeladen: …
wegen Kindergeld
hat der 7. Senat des Finanzgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht als Einzelrichter aufgrund der mündlichen Verhandlung
vom 15. Februar 2016
für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Rechtsmittelbelehrung
Die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil kann durch Beschwerde angefochten werden.
Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen.
Rechtsmittel können auch über den elektronischen Gerichtsbriefkasten des Bundesfinanzhofs eingelegt und begründet werden, der über die vom Bundesfinanzhof zur Verfügung gestellte Zugangs- und Übertragungssoftware erreichbar ist. Die Software kann über die Internetseite „www.bundesfinanzhof.de“ lizenzkostenfrei heruntergeladen werden. Hier befinden sich auch weitere Informationen über die Einzelheiten des Verfahrens, das nach der Verordnung der Bundesregierung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26. November 2004 (BGBl. I S. 3091) einzuhalten ist.
Vor dem Bundesfinanzhof müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesfinanzhof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer zugelassen; zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, deren Partner ausschließlich Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer sind. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe des vorhergehenden Satzes zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089/92 31-201.
Lässt der Bundesfinanzhof aufgrund der Beschwerde die Revision zu, so wird das Verfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs über die Zulassung der Revision ist jedoch bei dem Bundesfinanzhof eine Begründung der Revision einzureichen. Die Beteiligten müssen sich auch im Revisionsverfahren nach Maßgabe des vierten Absatzes dieser Belehrung vertreten lassen.
Gründe:
I.
Die Klägerin bezieht für ihren Sohn F, geboren am …1996, Kindergeld. Auf Antrag des Sohnes entschied die beklagte Familienkasse mit Bescheid vom 25.3.2015, dass das Kindergeld ab Januar 2015 i. H. v. 184 € monatlich nach § 74 Abs. 1 i. V. m. § 76 Einkommensteuergesetz (EStG) an den Sohn F abgezweigt wird. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass nach den Feststellungen der Familienkasse die Klägerin dem Kind keinen Unterhalt gewährt und die Abzweigung in dieser Höhe angemessen ist, weil das Kindergeld insoweit für den Kindesunterhalt bestimmt ist. Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein, der damit begründet wurde, dass sie sehr wohl Unterhaltszahlungen geleistet habe. Auch jetzt noch zahle sie monatlich 49 € für den Klavierunterricht von F. Die Familienkasse zog F nach § 360 Abgabenordnung (AO) zum Einspruchsverfahren hinzu und wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 22. Juli 2015 als unbegründet zurück, da keine regelmäßigen Unterhaltszahlungen nachgewiesen seien.
Dagegen richtet sich die Klage. Die Klägerin trägt vor, dass sie monatlich 49 € an die Musikschule überweise. Zwar werde der Klavierunterricht von F nicht mehr besucht, sie sei jedoch vertraglich gebunden, da der Vertrag mit der Musikschule erst mit Wirkung zum 31.1.2016 gekündigt worden sei.
Mit Beschluss vom 8.12.2015 ist F zum Verfahren nach § 60 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) beigeladen worden. Mit Beschluss vom 22.1.2016 ist der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Aufhebung des Abzweigungsbescheides vom 25.3.2015 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 22.7.2015.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
Auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 15.2.2015 wird Bezug genommen.
II.
Die Klage ist unbegründet. Die Familienkasse hat die Entscheidung über die Abzweigung des Kindergeldes ermessensfehlerfrei getroffen.
Die Entscheidung der Familienkasse über eine Abzweigung nach § 74 Abs. 1 EStG ist eine Ermessensentscheidung („kann“). Nach § 102 Satz 1 FGO kann das Gericht eine Ermessensentscheidung nur darauf hin überprüfen, ob die Behörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zwecke der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Für die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (Einspruchsentscheidung) maßgebend (BFH-Beschluss vom 20. Februar 2012 III B 107/11, BFH/NV 2012, 987, Rz. 10).
Nach § 74 Abs. 1 Satz 1 EStG kann das für ein Kind festgesetzte (oder festzusetzende) Kindergeld an das Kind ausgezahlt werden, wenn der Kindergeldberechtigte ihm gegenüber seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt. Das gilt nach Satz 3 der Vorschrift auch, wenn der Kindergeldberechtigte mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist oder nur Unterhalt in Höhe eines Betrags zu leisten braucht, der geringer ist als das für die Auszahlung in Betracht kommende Kindergeld. Für ein volljähriges unterhaltsberechtigtes Kind, das auswärts lebt, ist der Unterhalt regelmäßig durch eine Geldrente zu erbringen. Leistet der Unterhaltsverpflichtete tatsächlich keinen Unterhalt, liegt es im pflichtgemäßen Ermessen, das Kindergeld an das Kind auszuzahlen. Das Ermessen wird nicht dadurch eingeschränkt, dass der Unterhaltspflichtige anstelle des zivilrechtlich geschuldeten Barunterhalts Naturalleistungen anbietet (vgl. BFH-Beschluss v. 17.03.2006 III B 135/05, BFH/NV).
Bei der Ausübung des Ermessens ist insbesondere der Zweck des § 74 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen (vgl. § 5 AO). Trägt der Kindergeldberechtigte überhaupt keine Aufwendungen für den Unterhalt des Kindes, soll das gesamte Kindergeld nicht ihm, sondern entweder dem Kind oder aber demjenigen zugutekommen, der dem Kind tatsächlich Unterhalt gewährt. Auch geringe Unterhaltsleistungen des Kindergeldberechtigten sind aber bei der Ermessensausübung zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 23.02.2006 III R 65/04, BStBl. II 2008, 753). Entstehen dem Kindergeldberechtigten Unterhaltsaufwendungen mindestens in Höhe des Kindergeldes, ist allein die Auszahlung des vollen Kindergeldes an den Kindergeldberechtigten ermessensgerecht (BFH-Urteil vom 15.07.2010 III R 89/09, BFH/NV 2011, 121, m. w. N.).
Im Streitfall war die Abzweigung des Kindergeldes nicht ermessensfehlerhaft, da die Klägerin dem volljährigen Sohn kein Unterhalt in Form einer regelmäßigen Geldrente geleistet hat.
Die von der Klägerin im streitigen Zeitraum von Januar bis Juli 2015 (Erlass der Einspruchsentscheidung) teilweise geleisteten Zahlungen an die Musikschule stellen keine Geldrente an den Sohn dar, vielmehr handelt es sich um eine vertragliche Verpflichtung gegenüber einem Dritten, die dem Sohn nicht für seinen Lebensunterhalt zugute gekommen ist. Diese ändern daher an der Rechtmäßigkeit der Ermessensentscheidung nichts.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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