Familienrecht

Anwaltszwang im Vollstreckungsverfahren in Familienstreitsachen

Aktenzeichen  2 WF 18/17

Datum:
22.2.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
MDR – 2017, 902
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
FamFG $ 114, § 120
ZPO § 888

 

Leitsatz

Der Anwaltszwang in einer Unterhaltssache als Familienstreitsache nach § 114 FamFG betrifft auch das diesbezügliche Vollstreckungsverfahren nach den §§ 120 FamFG, 888 ZPO, so dass die sofortige Beschwerde gegen einen Zwangsmittelbeschluss gem. §§ 120 FamFG, 793, 567 ff. ZPO nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden kann, wenn keine anderweitige Befreiung vom Anwaltszwang gem. § 114 FamFG eingreift.

Verfahrensgang

3 F 911/16 2017-01-10 Bes AGASCHAFFENBURG AG Aschaffenburg

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Aschaffenburg vom 10.01.2017 (3 F 911/16) wird als unzulässig verworfen.
2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 300,00 Euro festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Der Antragsteller macht beim Amtsgerichts – Familiengericht – Aschaffenburg im Verfahren 3 F 911/16 gegen den Antragsgegner Ansprüche auf Zahlung von Kindesunterhalt im Wege des Stufenantrags geltend.
Mit Beschluss vom 10.01.2017 hat das Amtsgericht gegen den Antragsgegner zur Erzwingung der ihm mit rechtskräftigem Teilversäumnisbeschluss des Amtsgerichts Aschaffenburg vom 25.07.2016 auferlegten Auskunft ein Zwangsgeld von 300,00 Euro, ersatzweise für je 60,00 Euro einen Tag Zwangshaft verhängt. Vor Erlass des Beschlusses wurde der Antragsgegner als Schuldner gem. § 891 Satz 2 ZPO i. V. m. § 120 FamFG gehört. Das Familiengericht hat die Anordnung der Zwangsmittel auf § 888 ZPO i. V. m. § 120 FamFG gestützt. Der Beschluss ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung:versehen, wonach gegen die Entscheidung sofortige Beschwerde eingelegt werden kann. Hierbei hat das Familiengericht ausgeführt, dass die Beschwerde zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich eingereicht werden könne, ohne dass die Mitwirkung eines Rechtsanwalts vorgeschrieben sei.
Der Beschluss wurde dem Antragsgegner am 13.01.2017 zugestellt. Mit am 18.01.2017 beim Amtsgericht eingegangenem persönlichem Schreiben des Antragsgegners wendet sich dieser gegen den vorgenannten Beschluss und macht geltend, dass er für Unterhaltszahlungen nicht leistungsfähig sei.
Das Amtsgericht hat das Schreiben als sofortige Beschwerde ausgelegt und dieser mit Beschluss vom 25.01.2017 nicht abgeholfen.
Mit dem Antragsgegner am 02.02.2017 zugestellter Verfügung vom 31.01.2017 hat das Beschwerdegericht den Antragsgegner darauf hingewiesen, dass die sofortige Beschwerde unzulässig sein dürfte, da diese dem Anwaltszwang unterliegt. Der Antragsgegner wurde darauf hingewiesen, dass Gelegenheit besteht, binnen zwei Wochen nach Zustellung der Verfügung die ordnungsgemäße Rechtsmitteleinlegung beim Amtsgericht oder beim Oberlandesgericht nachzuholen. Ein Anwaltsschriftsatz ist diesbezüglich nicht eingegangen. Auch ansonsten hat der Antragsgegner keine weitere Erklärung abgegeben.
II.
Das Schreiben des Antragsgegners vom 18.01.2017 ist als sofortige Beschwerde gegen den Zwangsmittelbeschluss vom 10.01.2017 auszulegen, da nur dieses Rechtsmittel gegen die Entscheidung vom 10.01.2017 gem. §§ 120 FamFG, 793, 567 ZPO statthaft ist. Die sofortige Beschwerde ist jedoch gem. §§ 120 FamFG, 572 Abs. 2 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil die sofortige Beschwerde nicht in der gesetzlichen Form binnen der Einlegungsfrist von zwei Wochen ab Zustellung des Beschlusses (§§ 120 FamFG, 793, 569 ZPO) eingelegt wurde. Auch nach Hinweis auf den Anwaltszwang ist binnen zwei Wochen nach Zustellung der Verfügung vom 31.01.2017 die formgerechte Einlegungshandlung nicht nachgeholt worden, so dass auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdeeinlegungsfrist gem. §§ 113 Abs. 1 FamFG, 233 ff. ZPO nicht in Betracht kommt.
Das Verfahren der sofortigen Beschwerde und damit auch die Einlegung der sofortigen Beschwerde unterliegt entgegen den Ausführungen des Amtsgerichts in der Rechtsbehelfsbelehrung:des Beschlusses vom 10.01.2017 bezüglich des Antragsgegners vorliegend dem Anwaltszwang. Das verfahrensgegenständliche Vollstreckungsverfahren betrifft die titulierte Auskunftsverpflichtung bezüglich des auf Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch genommenen Antragsgegners. Damit liegt dem Vollstreckungsverfahren eine Familienstreitsache gem. §§ 112 Nr. 1, 113, 231 Abs. 1 Nr. 1 FamFG zugrunde. Für Familienstreitsachen besteht gem. § 114 Abs. 1 FamFG Anwaltszwang, so dass sich die Beteiligten durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen müssen. Eine Erleichterung i. S. d. § 114 Abs. 4 FamFG ist vorliegend für den Antragsgegner nicht einschlägig.
Infolgedessen unterliegt auch das sofortige Beschwerdeverfahren nach §§ 120 FamFG, 793, 567 ff. ZPO dem Anwaltszwang. Eine Beschwerdeeinlegung durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle gem. § 569 Abs. 3 ZPO ist vorliegend nicht zulässig, da der Antragsgegner im Rechtsstreit für den ersten Rechtszug ebenfalls nicht vom Anwaltszwang befreit war. Der Anwaltszwang in einer Unterhaltssache als Familienstreitsache nach § 114 FamFG betrifft auch das diesbezügliche Vollstreckungsverfahren nach den §§ 120 FamFG, 888 ZPO. Dies folgt schon daraus, dass für die Festsetzung von Zwangsmitteln nach § 888 ZPO das „Prozessgericht des ersten Rechtszuges“ zuständig ist, somit also hier das Familiengericht. Zwar bestimmt § 891 ZPO, dass vor der Entscheidung der Schuldner zu hören ist. Dies ändert jedoch nichts daran, dass das Vollstreckungsverfahren nach § 888 ZPO in einer Familienstreitsache wegen § 114 FamFG vorliegend dem Anwaltszwang unterworfen ist. Daraus ergibt sich gleichfalls zwingend, dass auch das sofortige Beschwerdeverfahren dem Anwaltszwang unterliegt und die Beschwerde vom Antragsgegner nicht gem. § 569 Abs. 3 ZPO zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden kann, was nach § 114 Abs. 4 Nr. 6 FamFG zu einer Befreiung vom Anwaltszwang führen würde.
Damit bleibt festzuhalten, dass in Vollstreckungsverfahren in Familienstreitsachen gem. §§ 120 FamFG, 888 ZPO Anwaltszwang besteht, so dass die sofortige Beschwerde gem. §§ 120 FamFG, 793, 567 ff. ZPO nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden kann, wenn keine anderweitige Befreiung vom Anwaltszwang gem. § 114 FamFG eingreift, was vorliegend für den Antragsgegner nicht der Fall ist (vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.02.1993, 11 W 1/93 – juris; OLG Koblenz NJW-RR 1988, 1279; OLG Koblenz WRP 1985, 292; OLG Nürnberg MDR 1984, 58; OLG Köln FamRZ 1995, 312; OLG Frankfurt, Beschluss vom 10.08.1994, 17 W 22/94 – juris; OLG Frankfurt FamRZ 1987, 1292).
Dass sich der Antragsteller im Verfahren durch den Beistand vertreten lassen kann (§ 114 Abs. 4 Nr. 2 FamFG) bewirkt nur für diesen eine Befreiung vom Anwaltszwang, wirkt sich insoweit aber nicht auf die Postulationsfähigkeit des Antragsgegners aus.
Nach alledem ist die sofortige Beschwerde des Schuldners als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 243 FamFG.
Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren hat seine Grundlage in §§ 40, 42 FamGKG und beruht auf dem festgesetzten Zwangsgeld.
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§§ 120 FamFG, 793, 574 ZPO) sind nicht gegeben.

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