Familienrecht

Berücksichtigung von Haushaltsangehörigen für die Vormerkung für eine Sozialwohnung

Aktenzeichen  M 12 K 16.1209

Datum:
19.1.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayWoBindG BayWoBindG Art. 1 S. 1, Art. 2 Abs. 1 S. 1, Art. 4 Abs. 1 S. 1 u. Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

1. Verwandte in gerader Linie gehören gemäß Art. 4 BayWoFG zum Haushalt, wenn eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft besteht oder zu erwarten ist, dass diese alsbald und auf Dauer in den Haushalt aufgenommen werden. (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein bloßes Umgangsrecht mit Kindern – also ein gelegentliches Wohnen der Kinder in der Wohnung – macht diese nicht zu Haushaltsangehörigen im Sinne des Art. 4 BayWoFG. (redaktioneller Leitsatz)
3. Leben die Eltern nicht in einem gemeinsamen Haushalt, kann für die Frage der Berücksichtigung der Kinder als Haushaltsangehörige ein Nachweis über das Vorliegen der gemeinsamen elterlichen Sorge, die Zustimmung des einen Elternteils zu einem Verbleib beim anderen Elternteil oder die Erklärung der Eltern, dass die Kinder abwechselnd und regelmäßig in beiden Haushalten leben sollen, verlangt werden. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vormerkung für eine öffentlich geförderte Wohnung für sich und seine beiden Kinder (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der Bescheid des Beklagten vom 10. Februar 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Das Gesetz über die Wohnraumförderung in Bayern (Bayerisches Wohnraumförderungsgesetz – BayWoFG) vom 10. April 2007 hat den Zweck, Maßnahmen zur Unterstützung von Haushalten bei der Versorgung mit angemessenem Wohnraum zu fördern, Art. 1 Satz 1 BayWoFG. Ziel der Mietwohnraumförderung ist die Unterstützung von Haushalten, die sich am Markt nicht angemessen mit Wohnraum versorgen können, Art. 2 Abs. 1 Satz 1 BayWoFG.
Gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Sicherung der Zweckbestimmung von Sozialwohnungen in Bayern (Bayerisches Wohnungsbindungsgesetz – BayWoBindG) i.V.m. Art. 4 BayWoFG rechnen auch die Verwandten des Antragstellers in gerader Linie, die miteinander eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft führen, zum Haushalt. Gemäß Art. 4 Abs. 2 Satz 1 BayWoFG werden darüber hinaus auch Personen i.S.d. Abs. 1 zum Haushalt gerechnet, wenn zu erwarten ist, dass diese alsbald und auf Dauer in den Haushalt aufgenommen werden. Gerade weil Wohnraum im sozialen Wohnungsbau sehr knapp ist, kann es nicht hingenommen werden, dass mit Steuermitteln geförderter Wohnraum zur Verfügung gestellt wird, ohne dass sichergestellt ist, dass er tatsächlich zweckentsprechend verwendet wird. Ein bloßes Umgangsrecht des Klägers mit den Kindern – also ein gelegentliches Wohnen der Kinder in der Wohnung – macht sie nicht zu Haushaltsangehörigen im Sinne des Art. 4 BayWoFG.
Nach der Dienstanweisung „Sorgerecht“ der Beklagten bedarf es im Falle nichtehelicher Kinder eines Nachweises über das Vorliegen der gemeinsamen elterlichen Sorge. Dabei treffen getrennt lebende Personen mit Kindern gesteigerte Mitwirkungspflichten. Sie müssen der Behörde mitteilen und durch entsprechende Nachweise belegen, wie sich die elterliche Sorge für die gemeinsamen Kinder gestaltet. Diese in ihren Anforderungen strenge Dienstanweisung ist aufgrund der Knappheit öffentlich geförderten Wohnraums gerechtfertigt. Die Kinder des Klägers können bei der Registrierung sowie bei der Bemessung des dem Kläger zuzuerkennenden Wohnungstyps nur dann berücksichtigt werden, wenn sichergestellt ist, dass sie auch tatsächlich beim Kläger leben werden. Zu diesem Zweck darf die Beklagte im Falle nichtehelicher Kinder einen Nachweis über das Vorliegen der gemeinsamen elterlichen Sorge und entweder die Zustimmung des einen Elternteils zu einem Verbleib beim anderen Elternteil oder die Erklärung der Eltern, dass die Kinder abwechselnd und regelmäßig in beiden Haushalten leben sollen, fordern. Würde der Antrag des Klägers auf Registrierung für eine Sozialwohnung zusammen mit seinen Kindern ohne diese Nachweise positiv verbeschieden, bestünde die Gefahr, dass die Kinder nicht zusammen mit dem Kläger die auf Grundlage des Bescheids vermittelte Wohnung beziehen würden.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist nicht alleine das Sorgerecht ausschlaggebend für eine zweckentsprechende Verwendung sozialen Wohnraums. Zwar ist es richtig, dass, wer kein Sorgerecht und somit kein Aufenthaltsbestimmungsrecht hat, auch keinen Einfluss darauf hat, ob die Kinder in der Wohnung wohnen dürfen oder nicht, der Umkehrschluss ist aber nicht möglich. So müssen bei einem gemeinsamen Sorgerecht beide Elternteile einem Wohnortwechsel zustimmen. Dies zeigt, dass sich aus dem Vorliegen einer Sorgeberechtigung noch nicht ergibt, dass die Kinder beim Sorgeberechtigten wohnen. So können die beiden Eltern, wie vorliegend geschehen, den Umgang und somit Wohnort des Kindes unabhängig vom Sorgerecht regeln.
Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass die Kinder alleine auf Dauer beim Kläger wohnen werden oder sich abwechselnd in beiden Elternhaushalten aufhalten. Gemäß der Meldebestätigung vom *. Dezember 2015 sind die beiden Kinder mit vom Kläger abweichender Anschrift gemeldet. Für den Nachweis einer alsbaldigen und dauerhaften Aufnahme der Kinder im Haushalt des Klägers fehlt es weiterhin an der Zustimmung der Mutter gemäß Nr. 5.1 a Dienstanweisung „Sorgerecht“ oder an der gemäß Nr. 5.3 Dienstanweisung „Sorgerecht“ erforderlichen gemeinsamen Erklärung der beiden sorgeberechtigten Eltern, dass die Kinder in beiden Haushalten zu gleichen Teilen abwechselnd und regelmäßig leben. Diese wurde vom Kläger trotz Aufforderung durch die Beklagte nicht eingereicht. Daran ändert auch die bei Gericht eingereichte familiengerichtliche Umgangsvereinbarung nichts. Diese ersetzt nicht die Zustimmung der Kindsmutter, da sie keine Aussage zu ihrem Einverständnis zum ausschließlichen oder wechselweisen Wohnen der Kinder beim Kläger trifft.
Zudem besteht auch ausweislich der familiengerichtlichen Umgangsvereinbarung nach wie vor kein umgangsrechtliches Wechselmodell, derart dass die Kinder abwechselnd und zu gleichen Teilen beim Kläger und der Mutter leben, sondern nur ein großzügiges Besuchsrecht. Die Aufenthalte der Kinder gehen nicht über einen besuchsweisen Umgang hinaus. Gemäß der Umgangsvereinbarung vom … Juli 2016 werden die Ferienzeiten dahingehend halbiert werden, dass die Kinder drei Wochen der Sommerferien, die erste Woche der Weihnachtsferien, die Pfingst- und Osterferien zur Hälfte beim Kläger verbringen. Bzgl. des Regelumgangs vereinbarten die Beteiligten, dass der Sohn jeden Dienstagnachmittag sich von 14 bis 18.30 Uhr und die Tochter an jedem Donnerstag, an dem der Kläger nicht das lange Wochenende hat, zwischen 15 und 19.30 Uhr beim Kläger aufhält. Der Wochenendumgang wurde derart gestaltet, dass der Kläger die Kinder alle zwei Wochen ein Wochenende hat. Dabei halten sich die Kinder an einem Wochenende pro Monat von Freitagnachmittag bis Montagmorgen und an einem Wochenende pro Monat von Freitagnachmittag bis Samstag 18.30 Uhr beim Kläger auf, wobei die Tochter bereits am Donnerstag aufgrund des Regelumgangs beim Kläger verbleibt, so dass die Betreuungszeit der Tochter von 15 Uhr am Donnerstag bis Samstag 18.30 Uhr dauert. Somit kann weder von einem dauerhaften Aufenthalt der Kinder beim Kläger noch von einem abwechselnden Aufenthalt der Kinder in beiden Elternhaushalten ausgegangen werden.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 188 Satz 2 VwGO).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

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