Familienrecht

Beschwerde gegen Kostenfestsetzungsbeschluss

Aktenzeichen  11 W 1591/17

Datum:
2.11.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 165518
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 92 Abs. 1 S. 1,§ 97 Abs. 1, § 104 Abs. 2 S. 3, § 278 Abs. 6, § 567, § 569

 

Leitsatz

In einem Rechtsstreit entstehen folgende Prozesskosten als Aufwendungen der Parteien aus Anlass der Prozessführung: Gerichtskosten nach dem GKG und außergerichtliche Kosten, so Anwaltsgebühren, Auslagen der Parteien, Reisekosten für die Wahrnehmung von Terminen usw. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

52 OH 337/17 2017-08-09 Kostenfestsetzungsbeschluss LGLANDSHUT LG Landshut

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Landshut vom 09.08.2017 dahingehend abgeändert, dass über die bereits festgesetzten und erstatteten 220,50 € hinaus von dem Antragsgegner an den Antragsteller weitere Kosten von 1.369,10 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit 24.05.2017 zu erstatten sind.
2. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
3. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller. Die Beschwerdegebühr wird auf die Hälfte ermäßigt. 4. Der Wert der Beschwerde beträgt 2.934,42 €.

Gründe

I.
Mit Beschluss vom 19.05.2017 stellte das Landgericht Landshut nach § 278 Abs. 6 ZPO das Zustandekommen eines Vergleichs zwischen den Parteien fest. Unter Ziffer V ist folgende Kostenregelung enthalten:
„V. Die Parteien tragen die außergerichtlichen Kosten bezüglich dieser Angelegenheit selbst. Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens und des gerichtlichen Vergleichs trägt der Antragsgegner mit der Maßgabe, dass für die Kostenerstattung die vorgerichtlich entstandene Geschäftsgebühr zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr angerechnet wird.“
Das Landgericht hat den Streitwert auf 5.000,01 € und den überschießenden Vergleichswert auf 9.000,00 € festgesetzt.
Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 23.05.2017 beantragte der Antragsteller Festsetzung von Anwaltskosten, Gerichtskosten und Sachverständigenkosten, insgesamt 5.099,42 €.
Das Landgericht hat mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 09.08.2017 nur die zu erstattenden Gerichtskosten von 220,50 € nebst Zinsen festgesetzt. Die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten wurden nicht festgesetzt mit der Begründung, dass nach der Kostengrundentscheidung die Parteien die außergerichtlichen Kosten selbst tragen, was ganz eindeutig die Rechtsanwaltskosten seien. Eine Änderung der Kostengrundentscheidung sei nicht beantragt worden.
Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde, die der Antragsteller mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 24.08.2017 eingelegt hat mit dem Ziel, einen weiteren Betrag von 2.934,42 € festzusetzen. Die vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten trage jede Partei selbst. Insbesondere die Anrechnungsregelung würde keinen Sinn ergeben, wenn die Parteien eine Kostenaufhebungsregelung getroffen hätten. Wegen des weiteren Inhalts wird auf den Schriftsatz Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 05.10.2017 hat das Landgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt. 11 W 1591/17 – Seite 3 – Die sofortige Beschwerde ist zulässig nach §§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO.
Das Rechtsmittel hat auch zum Teil Erfolg und führt zur Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 09.08.2017 dahingehend, dass über die bereits festgesetzten und erstatteten 220,50 € hinaus von dem Antragsgegner an den Antragsteller weitere 1.369,10 € nebst Zinsen zu erstatten sind. Im Übrigen erweist sich die Beschwerde als unbegründet.
1. Die Kostenfestsetzung soll nur die Grundentscheidung im Titel höhenmäßig konkretisieren. Die Kostenentscheidung bzw. Kostenregelung in einem Vergleich ist hinzunehmen, jedoch ist die Beseitigung von Unklarheiten durch Auslegung entsprechend dem wirklichen Willen statthaft, so durch Heranziehung und Würdigung des Textes des Kostentitels, durch Auslegung ist auch zu klären, welche einzelnen Gebühren in eine Kostenvereinbarung einbezogen sind (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 31. Aufl., § 104 Rn. 21 „Auslegung“, § 98 Rn. 2 m.w.N.).
Prozesskosten sind Aufwendungen der Parteien aus Anlass der Prozessführung. In einem Rechtsstreit entstehen Gerichtskosten nach dem GKG und außergerichtliche Kosten, so Anwaltsgebühren, Auslagen der Parteien, Reisekosten für die Wahrnehmung von Terminen usw. (s. Zöller-Herget, a.a.O., Vor § 91 Rn. 1).
2. Im vorliegenden Fall haben die Parteien in dem mit Beschluss vom 19.05.2017 festgestellten Vergleich eine Regelung über die Kostentragung (Ziffer V) getroffen, die der Auslegung bedarf. Wenn dort in Satz 1 geregelt wird, dass die Parteien die außergerichtlichen Kosten selbst tragen, kann dies nur dahingehend verstanden werden, dass die Parteien die ihnen entstandenen Anwaltskosten selbst tragen und diesbezüglich eine Kostenerstattung nicht stattfindet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich um einen zwischen den Rechtsanwälten der beiden Parteien schriftlich vorbereiteten Vergleich handelte (s. Schriftsätze vom 15.03.2017 Antragsgegnervertreter, vom 20.04.2017 Antragstellervertreter und vom 16.05.2017 Antragsgegnervertreter), der mit Beschluss des Landgerichts vom 19.05.2017 gemäß § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt wurde. Die Unterscheidung zwischen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten war bei den beteiligten Rechtsanwälten unzweifelhaft bekannt.
3. Allerdings ergibt sich aus Absatz V Satz 2 eine Einschränkung hinsichtlich der Kosten des Vergleichs; diese Einschränkung gilt umso mehr, als im 2. Halbsatz auch noch eine Anrechnungsregelung hinsichtlich der vorgerichtlich entstandenen Geschäftsgebühr getroffen ist. Erkennbar sind die Parteien davon ausgegangen, dass vom Antragsgegner eine Verfahrensgebühr zu erstatten ist, auf die die Geschäftsgebühr zur Hälfte angerechnet wird.
a) Bei dieser Sachlage ist die einschränkende Formulierung dahingehend zu interpretieren, dass der mit 9.000,00 € bewertete Mehrwert des Vergleichs heranzuziehen ist und die hieraus erwachsenen Anwaltskosten der angesprochenen Kostenerstattung unterliegen sollen. Die getroffene Anrechnungsregelung ist dann sinnvoll, wenn die 0,8 Verfahrensgebühr aus diesem Mehrwert von 9.000,00 € herangezogen wird und hierauf die Hälfte der vorgerichtlich entstandenen Geschäftsgebühr angerechnet wird, was einen Betrag von 175,50 € (405,60 € – 230,10 €) ergibt. Zwischen den Parteien bestand offensichtlich Einigkeit über das Anfallen einer Geschäftsgebühr aus 5.000,01 €, was aus den Ausführungen über diverse Aufforderungsschreiben – s. S. 5 der Antragsschrift vom 09.02.2017 – nachzuvollziehen ist.
b) Als Kosten des Vergleichs kommen die 1,0 Einigungsgebühr (Streitwert 5.000,01 €) und die 1,5 Einigungsgebühr (überschießender Vergleichswert 9.000,00 €) in Höhe von jeweils netto 354,00 € bzw. 621,00 € hinzu. Diese beiden Gebühren sind durch den Vergleichsabschluss bedingt und diesem unmittelbar zuzuordnen. So errechnet sich ein Nettobetrag von 1.150,50 € (175,50 € + 354,00 € + 621,00 €), brutto 1.369,10 €; der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 23.05.2017 die Erklärung abgegeben, nicht vorsteuerabzugsberechtigt zu sein, § 104 Abs. 2 Satz 3 ZPO. Dieser Betrag war – über den bereits festgesetzten und bezahlten Betrag von 220,50 € hinaus – festzusetzen.
c) Im Übrigen erweist sich die Beschwerde als unbegründet.
Die geltend gemachte 1,3 Verfahrensgebühr aus 5.000,01 € und die geltend gemachte 1,2 Terminsgebühr aus 16.000,01 € sind außergerichtliche Kosten, die nach Absatz V Satz 1 des Vergleichs nicht zu erstatten sind. Die Verfahrensgebühr ist durch das Verfahren und nicht durch den schriftlichen Vergleich bedingt. Hinsichtlich der beantragten 1,2 Terminsgebühr kann dahingestellt bleiben, inwiefern diese unter die in Absatz V Satz 2 formulierte Einschränkung fallen könnte: Zum einen ist zu berücksichtigen, dass es sich um ein selbständiges Beweisverfahren gehandelt hat, für das keine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist (s. Zöller-Herget, ZPO, 31. Aufl., § 490 Rn. 1). Die beantragte Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV-RVG scheidet schon deshalb aus (s. Zöller-Herget, a.a.O., § 492 Rn. 10) und für Besprechungen über den Vergleich – Vorb. 3 Abs. 3 Nr. 2 VV-RVG – sind hinreichende Anhaltspunkte nicht ersichtlich.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Die Gerichtsgebühr nach Nr. 1812 KV-GKG fällt nur an, soweit die Beschwerde zurückgewiesen wurde. Wegen des teilweisen Erfolgs der Beschwerde wird die Gebühr auf die Hälfte ermäßigt.

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel

Die Scheidung einer Ehe

War es bis vor etlichen Jahren noch undenkbar, eine Ehe scheiden zu lassen, so ist eine Scheidung heute gesellschaftlich akzeptiert. Die Zahlen der letzten Jahre zeigen einen deutlichen Trend: Beinahe jede zweite Ehe wird im Laufe der Zeit geschieden. Was es zu beachten gilt, erfahren Sie hier.
Mehr lesen