Familienrecht

bindender Verweisungsbeschluss bei fehlender willkürlicher Annahme der Unzuständigkeit

Aktenzeichen  1 AR 44/19

Datum:
1.8.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 20004
Gerichtsart:
BayObLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 826
ZPO § 32, § 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2, § 281 Abs. 2 S. 2, S. 4
EGZPO § 9
GG Art. 103 Abs. 1

 

Leitsatz

Ein Verweisungsbeschlusses ist nicht bindend, wenn sich ein unzweifelhaft zuständiges Gericht über seine Zuständigkeit hinwegsetzt, imdem es eine klare Zuständigkeitsnorm nicht beachtet oder nicht zur Kenntnis nimmt (BGH BeckRS 2011, 19094) oder die  eigene Unzuständigkeit nicht begründet wird (BGH BeckRS 2006, 975); eine unzutreffende rechtliche Subsumtion reicht hierfür nicht (BayObLG BeckRS 1999, 4567). (Rn. 17 und 19) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Örtlich zuständig ist das Landgericht Ulm.

Gründe

I.
Der im Bezirk des Landgerichts Memmingen wohnhafte Kläger macht mit seiner zu diesem Gericht erhobenen Klage gegen die im Bezirk des Landgerichts Braunschweig ansässige Beklagte Ansprüche geltend, die ihm aus dem Kauf eines Fahrzeugs der Marke Audi von einem im Bezirk des Landgerichts Ulm ansässigen Autohandelsunternehmen erwachsen seien. Das Fahrzeug sei von dem sogenannten Abgasskandal betroffen, da dessen von der Beklagten hergestellter Motor mit einer verbotenen Abschalteinrichtung versehen sei, deren Einbau mit Wissen und Wollen des Vorstands der Beklagten erfolgt sei. Er sei durch die Beklagte i. S. d. § 826 BGB vorsätzlich sittenwidrig geschädigt worden. Das Landgericht Memmingen sei gemäß § 32 ZPO örtlich zuständig. Da bei § 826 BGB der Eintritt eines Schadens zum Tatbestand gehöre, sei auch der Ort des Schadenseintritts Begehungsort i. S. d. § 32 ZPO; Ort des Schadenseintritts sei sein Wohnort.
Das Landgericht Memmingen hat mit Verfügung vom 11. April 2018 auf Bedenken gegen seine örtliche Zuständigkeit hingewiesen; der vom Kläger geltend gemachte Schaden sei mit Abschluss des Kaufvertrags und damit bereits in Ulm eingetreten; Gründe, die einen Tat- oder Erfolgsort am Wohnort des Klägers begründen könnten, seien aus dem Klagevortrag nicht ersichtlich. Der Kläger hat daraufhin auf seine in der Klageschrift dargelegte Rechtsauffassung verwiesen und vorsorglich die Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Ulm beantragt. Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf die gerichtliche Verfügung die Unzuständigkeit des Landgerichts Memmingen gerügt, weil nach den maßgeblichen allgemeinen Grundsätzen des § 32 ZPO weder Handlungs- noch Erfolgsort im Bezirk des angerufenen Gerichts lägen, und die Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Braunschweig angeregt.
Mit Beschluss vom 11. Mai 2018 hat sich das Landgericht Memmingen für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Ulm verwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, aus § 32 ZPO lasse sich seine örtliche Zuständigkeit nicht herleiten. Zuständig sei vielmehr das Landgericht Ulm, weil in dessen Bezirk nach dem Klagevortrag die behauptete Täuschungshandlung zur schädigenden Vermögensverfügung des Klägers, dem Abschluss des Kaufvertrags, geführt habe. Auch der Erfolg der behaupteten Tat sei nicht am Wohnort des Klägers, sondern bereits mit Abschluss des Kaufvertrags in Ulm eingetreten; wie und von wo aus der Kläger den vereinbarten Kaufpreis geleistet habe, sei nicht vorgetragen. Im Ergebnis sei daher nicht ersichtlich, dass ein zum Tatbestand des § 826 BGB gehörendes wesentliches Tatbestandsmerkmal in seinem Bezirk verwirklicht worden sei. Demgegenüber sei der Kaufvertrag im Bezirk des Landgerichts Ulm geschlossen worden, so dass dort wesentliche Tatbestandsmerkmale der behaupteten unerlaubten Handlung verwirklicht worden seien und somit dieses Landgericht örtlich zuständig sei. Für eine Verweisung an das für den Geschäftssitz der Beklagten zuständige Landgericht sei kein Raum, weil der Kläger mit dem Verweisungsantrag das ihm zustehende Wahlrecht ausgeübt habe.
Nach Anhörung der Parteien hat das Landgericht Ulm mit Beschluss vom 18. Juni 2018 die Übernahme des Verfahrens abgelehnt und das Verfahren an das Landgericht Memmingen zurückverwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Verweisungsbeschluss des Landgerichts Memmingen keine rechtliche Wirkung entfalte, weil dieses Gericht zuständig sei und die zutreffenden Ausführungen des Klägers übergangen habe. Für den Ort des Schadenseintritts sei auf den Wohnsitz des Geschädigten als Vermögensmittelpunkt abzustellen; da der Kläger zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Bezirk des Landgerichts Memmingen gewohnt habe, sei dessen örtliche Zuständigkeit gegeben. Die Auffassung des Landgerichts Memmingen, der Schaden sei mit Abschluss des Kaufvertrags in Ulm eingetreten, scheine zu verkennen, dass der Vermögensmittelpunkt des Geschädigten auch dann an dessen Wohnsitz verbleibe, wenn der Geschädigte einen Kaufvertrag in Ulm schließe.
Das Landgericht Memmingen hat es mit Beschluss vom 20. Dezember 2018 abgelehnt, das Verfahren wieder zu übernehmen, und die Sache dem Oberlandesgericht München zur Entscheidung über den negativen Kompetenzstreit vorgelegt. Nachdem das Oberlandesgericht München die Sache mit Beschluss vom 1. März 2019 unter Aufhebung des Vorlagebeschlusses zurückgegeben hatte, hat das Landgericht Memmingen die Sache mit Beschluss vom 26. März 2019 dem Bayerischen Obersten Landesgericht vorgelegt.
II.
Auf die zulässige Vorlage des Landgerichts Memmingen ist die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Ulm auszusprechen.
1. Die Voraussetzungen für die Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 ZPO durch das Bayerische Oberste Landesgericht liegen vor (vgl. Schultzky in Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 36 Rn. 34 m. w. N.).
a) Das Landgericht Memmingen hat sich durch unanfechtbaren Verweisungsbeschluss vom 11. Mai 2018 bindend für unzuständig erklärt, das Landgericht Ulm durch die zuständigkeitsverneinende Entscheidung vom 18. Juni 2018. Die jeweils ausdrücklich ausgesprochene Leugnung der eigenen Zuständigkeit erfüllt das Tatbestandsmerkmal „rechtskräftig“ im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 15. August 2017, X ARZ 204/17, NJW-RR 2017, 1213 Rn. 12 m. w. N.).
b) Zuständig für die Bestimmungsentscheidung ist gemäß § 36 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 9 EGZPO das Bayerische Oberste Landesgericht, weil die Bezirke der am negativen Kompetenzkonflikt beteiligten Gerichte zu den Zuständigkeitsbereichen unterschiedlicher Oberlandesgerichte (München und Stuttgart) gehören und das mit der Rechtssache zuerst befasste Gericht in Bayern liegt.
2. Örtlich zuständig zur Entscheidung über das Klagebegehren ist gemäß § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO das Landgericht Ulm, weil es an den Verweisungsbeschluss des Landgerichts Memmingen gebunden ist.
a) Der Gesetzgeber hat in § 281 Abs. 2 Sätze 2 und 4 ZPO die grundsätzliche Unanfechtbarkeit von Verweisungsbeschlüssen und deren Bindungswirkung angeordnet. Dies hat der Senat im Verfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu beachten. Im Falle eines negativen Kompetenzkonflikts innerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit ist daher grundsätzlich das Gericht als zuständig zu bestimmen, an das die Sache in dem zuerst ergangenen Verweisungsbeschluss verwiesen worden ist. Demnach entziehen sich auch ein sachlich zu Unrecht ergangener Verweisungsbeschluss und die diesem Beschluss zugrunde liegende Entscheidung über die Zuständigkeit grundsätzlich jeder Nachprüfung (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 10. September 2002, X ARZ 217/02, NJW 2002, 3634/3635; Beschluss vom 10. Dezember 1987, I ARZ 809/87, BGHZ 102, 338/340; Greger in Zöller, ZPO, § 281 Rn. 16).
Die Bindungswirkung entfällt nur dann, wenn der Verweisungsbeschluss schlechterdings nicht als im Rahmen des § 281 ZPO ergangen anzusehen ist, etwa weil er auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs beruht, nicht durch den gesetzlichen Richter erlassen wurde oder jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und deshalb als objektiv willkürlich betrachtet werden muss. Hierfür genügt nicht, dass der Beschluss inhaltlich unrichtig oder fehlerhaft ist. Willkür liegt nur vor, wenn der Verweisungsbeschluss bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 9. Juni 2015, X ARZ 115/15, NJW-RR 2015, 1016 Rn. 9 m. w. N.; Greger in Zöller, ZPO, § 281 Rn. 17).
b) Bei Anlegung dieses Maßstabs entfaltet der Verweisungsbeschluss des Landgerichts Memmingen vom 11. Mai 2018 die im Gesetz vorgesehene Bindungswirkung. Er ist weder als willkürlich anzusehen, noch beruht er auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs.
aa) Die ausgesprochene Verweisung ist nicht objektiv willkürlich.
(1) Zur Begründung des besonderen Gerichtsstands der unerlaubten Handlung nach § 32 ZPO ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Kläger schlüssig Tatsachen behauptet, aus denen sich das Vorliegen einer im Gerichtsbezirk begangenen unerlaubten Handlung ergeben kann (BGH, Urt. v. 25. November 1993, IX ZR 32/93, BGHZ 124, 237/241; Schultzky in Zöller, ZPO, § 32 Rn. 21 m. w. N.). Begehungsort der deliktischen Handlung ist sowohl der Handlungs- als auch der Erfolgsort, so dass eine Zuständigkeit wahlweise dort gegeben ist, wo eine der Verletzungshandlungen begangen wurde (Handlungsort), oder dort, wo in das geschützte Rechtsgut eingegriffen wurde (Erfolgsort), sowie, wenn der Schadenseintritt selbst zum Tatbestandsmerkmal der Rechtsverletzung gehört, der Ort des Schadenseintritts (BGH, Urt. v. 28. Februar 1996, XII ZR 181/93, BGHZ 132, 105/111; BayObLG, Beschluss vom 18. Juli 2019, 1 AR 23/19, juris Rn. 23; Beschluss vom 22. Januar 2004, 1Z AR 4/04, Rpfleger 2004, 365/366; Beschluss vom 27. März 2003, 1Z AR 28/03, MDR 2003, 893; Schultzky in Zöller, ZPO, § 32 Rn. 19).
In den gegen den Hersteller gerichteten Verfahren über Individualklagen aus Anlass des sogenannten Abgasskandals wird – mit unterschiedlicher Begründung – eine Zuständigkeit nach § 32 ZPO sowohl bei dem Gericht am Sitz des Herstellers, am Sitz des Händlers als auch am Wohnsitz des Käufers bejaht (vgl. BayObLG, Beschluss vom 18. Juli 2019, 1 AR 23/19, juris Rn. 27; OLG Hamm, Beschluss vom 14. Dezember 2018, 32 SA 53/18, juris Rn. 22 ff.; Beschluss vom 26. Oktober 2018, 32 SA 32/18, MDR 2019, 287 ff. Rn. 13 ff.; OLG Stuttgart, Beschluss vom 22. Mai 2018, 9 AR 3/18, BeckRS 2018, 10638 Rn. 8 f.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30. Oktober 2017, 5 Sa 44/17, NJW-RR 2018, 573/575; Vossler, NJW 2018, 2201 [Anmerkung zu BGH, Beschluss vom 6. Juni 2018, X ARZ 303/18]; Longree, MDR 2018, 1348/1350).
(2) Letztendlich kann dahinstehen, ob das Landgericht Memmingen rechtsfehlerhaft seine eigene Zuständigkeit verneint hat, indem es ohne vertiefte Prüfung davon ausgegangen ist, dass der Gerichtsstand des Delikts nicht am Wohnsitzgericht des Verletzten gegeben sei, weil es lediglich auf den Ort des Kaufvertragsschlusses abgestellt hat. Zwar kann, da eine Verweisung die Unzuständigkeit des verweisenden Gerichts voraussetzt (vgl. BayObLG, Beschluss vom 16. April 1999, 1Z AR 26/99, NJW-RR 2000, 589), die Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses entfallen, wenn sich ein nach geltendem Recht unzweifelhaft zuständiges Gericht gleichwohl über seine Zuständigkeit hinwegsetzt und den Rechtsstreit an ein anderes Gericht verweist, etwa weil es eine klare Zuständigkeitsnorm nicht beachtet oder nicht zur Kenntnis nimmt (BGH, Beschluss vom 17. Mai 2011, X ARZ 109/11, NJW-RR 2011, 1364 Rn. 11; BayObLG, Beschluss vom 18. April 2002, 1Z AR 36/02, NJW-RR 2002, 1295 Leitsatz 2) oder weil dem Verweisungsbeschluss keinerlei Begründung zur eigenen Unzuständigkeit zu entnehmen ist (BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2005, X ARZ 223/05, NJW 2006, 847/848).
So liegt es jedoch hier nicht.
Das Landgericht Memmingen hat in seinem Verweisungsbeschluss mit sachlichen und nicht offensichtlich unzutreffenden oder gar missbräuchlich herangezogenen Gesichtspunkten begründet, weshalb im konkreten Sachverhalt aus seiner rechtlichen Sicht der Ort des Schadenseintritts nicht am Wohnsitz des Klägers liege. Dass es dabei die – von keiner der Parteien angesprochene – Frage übersehen haben mag, ob das Vermögen eines Geschädigten auch dann an dessen Wohnsitz belegen ist, wenn er den schadenstiftenden Vertrag an einem anderen Ort schließt, macht seine Entscheidung nicht willkürlich. Denn eine gegebenenfalls unzutreffende rechtliche Subsumtion im Rahmen der Prüfung der einzig in Betracht kommenden Zuständigkeitsnorm begründet keinen derart schwerwiegenden Rechtsfehler, dass der Verweisungsbeschluss schlechterdings nicht als im Rahmen des § 281 ZPO ergangen angesehen werden kann (vgl. BGH Beschluss vom 9. Juni 2015, X ARZ 115/15, NJW-RR 2015, 1016 Rn. 11; BayObLG, Beschluss vom 16. April 1999, 1Z AR 26/99, NJW-RR 2000, 589 [juris Rn. 12]). Angesichts der vorgenommenen Sachverhaltswürdigung und der Auseinandersetzung mit den von den Parteien vorgetragenen Argumenten ist nichts dafür ersichtlich, dass das verweisende Gericht eine eindeutig gegebene eigene Zuständigkeit außer Acht gelassen hätte. Eine Zuständigkeit des Landgerichts Ulm als Gericht am Sitz des Händlers liegt zudem nach dem Klägervortrag nahe, denn danach hat der Abschluss des Kaufvertrags zum Eintritt des Schadens geführt. Hierauf hat das abgebende Gericht die ausgesprochene Verweisung gestützt.
bb) Der Verweisungsbeschluss verletzt den Kläger nicht in dessen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs.
(1) Das Gebot des rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, einer Entscheidung nur solche Tatsachen zugrunde zu legen, zu denen die Beteiligten Stellung nehmen konnten; der Einzelne hat ein Recht, sich zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt zu äußern, damit er Einfluss auf das Verfahren und dessen Ergebnis nehmen kann (st. Rspr., vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 2019, 1 BvR 1264/17, NJW 2019, 1433 Rn. 17; BGH, Beschluss vom 29. Mai 2018, VI ZR 370/17, NJW 2018, 3652 Rn. 8; jeweils m. w. N.).
Die Gewährung rechtlichen Gehörs setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts voraus, dass das Gericht die Ausführungen der Prozessparteien zur Kenntnis nimmt und in Erwägung zieht. Dabei soll das Gebot des rechtlichen Gehörs als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. Daraus folgt zwar nicht, dass das Gericht verpflichtet wäre, jedes Vorbringen der Beteiligten in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu bescheiden. Die wesentlichen der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dienenden Tatsachenbehauptungen müssen in den Gründen aber verarbeitet werden. Geht ein Gericht auf den wesentlichen Kern des Vorbringens einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder offensichtlich unsubstantiiert war (st. Rspr., vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. März 2019, 1 BvR 2721/16, juris, Rn. 17; BGH, Beschluss vom 12. März 2019, VI ZR 435/18, NJW 2019, 1754 Rn. 7, jeweils m. w. N.).
(2) Danach hat das Landgericht Memmingen den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nicht verletzt.
Das Landgericht Memmingen hat die Auffassung des Klägers zur Kenntnis genommen, dass der Schaden an dessen Wohnort eingetreten sei, ist ihr aber nicht gefolgt, sondern abweichend davon ausgegangen, dass der Schaden bereits mit Abschluss des Kaufvertrags in Ulm eingetreten sei. Da das Gebot rechtlichen Gehörs ein Gericht zwar verpflichtet, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, nicht jedoch, der von den Beteiligten vertretenen Rechtsansicht zu folgen (st. Rspr., vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Juni 2019, 2 BvR 2579/17, juris Rn. 23 m. w. N.; Beschluss vom 12. April 1983, 2 BvR 678/81, BVerfGE 64, 1 [12, juris Rn. 42]; BGH, Beschluss vom 9. Mai 2018, I ZR 110/16 juris, Rn. 2 m. w. N.), liegt darin kein Gehörsverstoß.

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