Familienrecht

Erfolglose Sachverständigenablehnung wegen Vortätigkeit für Prozesspartei

Aktenzeichen  25 W 1745/17

Datum:
12.4.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 49941
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 406 Abs. 1, § 42 Abs. 2, § 571

 

Leitsatz

1. Eine Tätigkeit des Sachverständigen in einer Vielzahl von Fällen gerade für Versicherungsgesellschaften begründet allein nicht die Besorgnis der Befangenheit, es sei denn, dass er bereits in dem aktuell anhängigen Rechtsstreit für den beklagten Versicherer tätig gewesen ist, er in einer abhängigen und ständigen Verbindung zu diesem steht oder wirtschaftlich derart mit den ihn beauftragenden Versicherern verflochten ist, dass eine unvoreingenommene Bearbeitung nicht zu erwarten ist. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
2. Im Beschwerdeverfahren über eine Sachverständigenablehnung können keine Ablehnungsgründe nachgeschoben werden. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

2 O 2491/13 2017-11-02 Endurteil LGTRAUNSTEIN LG Traunstein

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Landgerichts vom 12.10.2017 wird zurückgewiesen.
II. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 21.920,48 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Beschwerdeführer, der Ansprüche aus einem privaten Unfallversicherungsvertrag geltend macht, hat den Sachverständigen Dr. … wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt (Bl. 77 d.A.). Das Landgericht hat das Ablehnungsgesuch vom 19.09.2017 (Bl. 77 d.A.) nach Erholung einer Stellungnahme des Sachverständigen (Bl. 81 d.A.) mit Beschluss vom 12.10.2017 (Bl. 84/87 d.A.) zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 02.11.2017 (Bl. 102/103 d.A.), bei Gericht am selben Tag eingegangen, sofortige Beschwerde eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 16.11.2017 (Bl. 107/110 d.A.) begründet.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die aufgeführten Aktenfundstellen ebenso Bezug genommen wie auf den Hinweis des Senats vom 27.11.2017, den Beschluss des Landgerichts vom 12.02.2018 (Bl. 137/138 d.A.) und auf den Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 01.02.2018 (Bl. 124 d.A.).
II.
Die zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Das Landgericht hat das Ablehnungsgesuch zu Recht mit überzeugender Begründung zurückgewiesen. Der Ablehnungsantrag wurde darauf gestützt, dass sich aus der Beweisaufnahme ergeben habe, dass der Sachverständige eingeräumt habe, dass er auch in unmittelbarer Vergangenheit Privatgutachten im Auftrag der Beklagten erstattet habe.
1. Das stellt, wie der Kläger richtig erkennt, keinen Ablehnungsgrund dar. Eine Tätigkeit des Sachverständigen als spezialisierter medizinischer Experte in einer Vielzahl von Fällen gerade für Versicherungsgesellschaften begründet allein nicht die Besorgnis der Befangenheit, es sei denn, dass er bereits in dem aktuell anhängigen Rechtsstreit für den beklagten Versicherer tätig gewesen ist, er in einer abhängigen und ständigen Verbindung zu diesem steht oder wirtschaftlich derart mit den ihn beauftragenden Versicherern verflochten ist, dass eine unvoreingenommene Bearbeitung nicht zu erwarten ist (KG, Beschluss vom 18.11.2016 – Az. 10 W 136/16, VersR 2017, 1104). Solches ist vom Kläger nicht vorgetragen, geschweige denn glaubhaft gemacht. Der Sachverständige selbst hat angegeben, hauptsächlich für Gerichte Gutachten zu erstatten.
2. Soweit der Kläger sich in der Beschwerdebegründung (zusätzlich) auf die fachlichen Ausführungen des Sachverständigen bezieht, hat auch das keinen Erfolg.
2.1. Im Beschwerdeverfahren über eine Sachverständigenablehnung können keine Ablehnungsgründe nachgeschoben werden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.08.2000 – Az. 9 W 57/00, NJW-RR 2001, 1434; Wulf in Beckscher Onlinekommentar zur ZPO, 26. Ed., 15.9.2017, § 571 Rn. 3; BayObLG, Beschluss vom 26.08.1985 – BReg. 3 Z 25, 39, 40/85, BeckRS 2009, 28318 für das Richterablehnungsverfahren; vgl. auch OLG Frankfurt a.M. Beschluss vom 23.2.2012 – Az. 15 W 35/11, BeckRS 2012, 05586).
2.2. Darüberhinaus sind Ablehnungsgründe insoweit auch nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Allgemein gilt: eine Befürchtung fehlender Unparteilichkeit kann berechtigt sein, wenn der Sachverständige seine gutachterlichen Äußerungen in einer Weise gestaltet, dass sie als Ausdruck einer unsachlichen Grundhaltung gegenüber einer Partei gedeutet werden können. Mangel an Sachkunde, Unzulänglichkeiten oder Fehlerhaftigkeit mögen das Gutachten entwerten, rechtfertigen für sich allein aber nicht die Ablehnung des Sachverständigen wegen Befangenheit (BGH, Beschluss vom 15.3.2005 – Az. VI ZB 74/04). Vorliegend sind solche Gründe nicht dargestellt und erst recht nicht glaubhaft gemacht.
Danach war der Ablehnungsantrag zurückzuweisen.
III.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 1 ZPO nicht vorliegen. Der Beschwerdewert bei der Ablehnung des Sachverständigen bemisst sich nach §§ 3 ZPO, 48 GKG und entspricht einem Drittel des Hauptsachestreitwerts (ständige Rechtsprechung des Senats 25 W 1146/15, 25 W 1652/14, 25 W 2481/14, 25 W 1340/14, so auch der 24. Senat im Beschluss vom 01.06.2015 – Az. 24 W 881/15; Hüßtege in Thomas/Putzo, 37. Auflage, § 3 Rdnr. 7).

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