Aktenzeichen B 5 K 17.1046
Leitsatz
1. Abzüge von Versorgungsbezügen für die Versorgung ehemaliger Ehefrauen sind nicht als Unterhalt im Sinne des § 40 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BBesG zu verstehen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Abzüge auf einem Versorgungsausgleich oder auf einer Versorgungsteilung beruhen. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Kind kann auch dann nicht nur vorübergehend in die Wohnung des Elternteils aufgenommen sein, wenn es in der Wohnung des anderen Elternteils einen weiteren Lebensmittelpunkt hat. Eine solche Annahme bedarf aber eines besonderen Gewichts des Aufenthalts. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
1. Über die Klage kann mit Einverständnis der Parteien nach § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.
2. Im Interesse des Klägers legt die Kammer den Klageantrag im Rahmen des § 88 VwGO sachdienlich dahingehend aus, dass mit der Klage in erster Linie die Zahlung von Familienzuschlag der Stufe 1 ab dem 1. Mai 2014 und hilfsweise Familienzuschlag der Stufe 2 ab dem 1. Mai 2014 begehrt wird.
3. Die so verstandene, im Hauptantrag erhobene zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 29. Juli 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Dezember 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Zahlung von Familienzuschlag der Stufe 1 nach § 40 Abs. 1 Satz 1 BBesG (§ 113 Abs. 1 und 5 VwGO).
Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist das Gericht insofern auf die Begründungen des streitgegenständlichen Bescheides und Widerspruchsbescheides, § 117 Abs. 5 VwGO.
Ergänzend ist Folgendes auszuführen: Der Kläger bezieht Versorgungsbezüge nach dem BeamtVG in Form von ruhegehaltfähigen Dienstbezügen gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BeamtVG. Ebenfalls zu den ruhegehaltfähigen Dienstbezügen gehört der Familienzuschlag der Stufe 1 gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2 BeamtVG i.V.m. § 50 Abs. 1 BeamtVG. Hierbei finden nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG die für die Beamten geltenden Vorschriften des Besoldungsrechts Anwendung. Dabei ist die Stufe des Familienzuschlages von den Familienverhältnissen abhängig.
Einem geschiedenen Beamten, welcher Versorgungsempfänger ist, steht nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.V.m. § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBesG der Familienzuschlag Stufe 1 nur zu, wenn dieser dem früheren Ehegatten aus der letzten Ehe zum Unterhalt verpflichtet ist.
Die zweite Ehe des Klägers ist mit Beschluss des Familiengerichts R* … – … – vom 29. Januar 2014, rechtskräftig seit dem 8. April 2014, geschieden worden. Was unter der gesetzlichen Formulierung „aus der Ehe zum Unterhalt verpflichtet“ zu verstehen ist, richtet sich mangels eigenständiger Regelung im Bundesbesoldungsrecht nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts (BVerwG, U.v. 29.1.1987 – 2 C 6/85 – juris Rn. 15). Hiernach ist ein Beamter so lange zum Unterhalt verpflichtet wie er den Unterhalt seines früheren Ehegatten im Wesentlichen zu bestreiten hat (BVerwG, U.v. 12.3.1991 – 6 C 51/88 – NJW 1991, 2718 ff.). Die Unterhaltsverpflichtung muss eine solche aus der Ehe sein. Das sind neben den gesetzlichen Unterhaltspflichten nach §§ 1569 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) auch solche kontinuierlich zwecks Sicherstellung des Unterhalts des früheren Ehegatten zu erfüllenden Leistungspflichten, die anstelle, in Ergänzung oder Modifikation der Pflichten nach §§ 1569 ff. BGB oder mit Rücksicht auf die Besonderheiten der Situation, in der sich die früheren Eheleute befinden, durch Vertrag konkretisiert worden sind (BVerwG, B.v. 17.1.2008 – 2 B 58/07 – NVwZ 2008, 436). Der Kläger hat vorliegend jedoch nichts zu einer gesetzlichen Unterhaltspflicht gegenüber einem seiner früheren Ehegatten vorgetragen. Insbesondere ließ er in der mit Schreiben vom 1. September 2016 übersandten Erklärung zu familienbezogenen Leistungen sowie zu Einkommen, Rente und Bezüge unter dem Punkt, welchen Personen er zum Unterhalt verpflichtet sei, die Felder „Ehegatte“ sowie „andere Person“ unausgefüllt, währenddessen er seinen Sohn benannte. Es ist daher davon auszugehen, dass der Kläger seiner früheren Ehefrau aus der letzten Ehe nicht zum Unterhalt verpflichtet ist.
Auch ist der Abzug von Versorgungsbezügen nicht als Unterhalt im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBesG zu verstehen. Dem Kläger wird monatlich für seine geschiedene Ehefrau aus erster Ehe 247,02 € und aus zweiter Ehe monatlich 282,49 € seiner Bruttovergütung gekürzt. Sinn und Zweck der Gewährung des Familienzuschlags ist einzig die Kompensation der laufenden Zahlungsbelastungen durch Unterhalt des Beamten aufgrund familiärer Beziehungen (BVerwG, U.v. 30.1.2003 – 2 C 5/02 – NJW 2003, 1886 f.). Nicht zum Unterhalt gehören hierbei die Abzüge aufgrund der Versorgungsbezüge. Nicht zu verwechseln ist – wie es in der Klageschrift den Anschein erweckt – der Abzug der Versorgungsleistungen mit dem Versorgungsausgleich. Selbst dieser wird zum einen unabhängig von Unterhaltspflichten gewährt, vgl. § 57 Abs. 1 BeamtVG, der durchgeführte Versorgungausgleich erfüllt aber auch nicht die Voraussetzung des Abs. 1 Nr. 3.
Auch rechtfertigt sich die Einordnung in Stufe 1 des Familienzuschlags nicht aus § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Alt. 1 BBesG. Danach steht dem Kläger als Beamten, dessen Ehe geschieden ist und der keiner Unterhaltsverpflichtung aus der Ehe unterliegt, der Familienzuschlag der Stufe 1 zu, wenn dieser ein Kind nicht nur vorübergehend in seine Wohnung aufgenommen hat, für das ihm Kindergeld nach dem Einkommenssteuergesetz oder dem Bundeskindergeldgesetz zusteht. Das Tatbestandsmerkmal der nicht nur vorübergehenden Aufnahme eines Kindes in seine Wohnung erfüllt der Kläger nicht. Der Sohn des Klägers wohnt nicht in dessen Haushalt, sondern in dem der Mutter. Zwar kann ein Kind auch dann nicht nur vorübergehend in die Wohnung des Elternteils aufgenommen sein, wenn es in der Wohnung des anderen Elternteils einen weiteren Lebensmittelpunkt hat (Möller in Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Stand Juli 2016, § 40 BBesG, Rn. 42 ff.). Hierzu hat der Kläger aber nichts vorgetragen. Insbesondere bedarf eine solche Annahme eines besonderen Gewichts des Aufenthalts (Möller in Schwegmann/Summer, a.a.O.), wofür ebenfalls keine Anhaltspunkte ersichtlich sind.
Soweit die Bevollmächtigte des Klägers einen Zusammenhang zwischen der Unterhaltsverpflichtung des Klägers für sein Kind und dem Familienzuschlag nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BBesG herstellen will, ist dies zurückzuweisen. Sowohl die wirtschaftliche Unselbstständigkeit, als auch die Unterhaltsverpflichtung des Klägers gegenüber seinem Sohn sind für die Gewährung von Familienzuschlag ohne Bedeutung. Der Gesetzgeber hat in der vor dem 22. März 2012 geltenden Fassung das zusätzliche Tatbestandsmerkmal der Unterhaltsgewährung gefordert. Dies ist jedoch in der mit Wirkung vom 22. März 2012 geltenden Fassung gestrichen worden (durch Artikel 1 G. v. 15.03.2012 BGBl. I S. 462). Jedoch war es auch nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Alt. 1 BBesG a.F. erforderlich, dass der Beamte eine andere Person nicht nur vorübergehend in seiner Wohnung aufgenommen hat.
4. Da dem Kläger kein Familienzuschlag der Stufe 1 zusteht, kommt der hilfsweise gestellte Antrag des Klägers zum Tragen, mit dem er Familienzuschlag der Stufe 2 begehrt.
Dem im Interesse des Klägers so verstandenen Hilfsantrag ist jedenfalls, soweit der Kläger die Gewährung von Familienzuschlag der Stufe 2 nach § 40 Abs. 2 BBesG für die Zeit ab 1. Mai 2014 begehrt, entgegen zuhalten, dass sowohl der Bescheid vom 26. Oktober 2016, mit dem die Zahlung des kinderbezogenen Anteils im Familienzuschlag rückwirkend ab 1. März 2015 veranlasst wurde, als auch der Bescheid vom 7. Dezember 2016, mit dem die Zahlung des kinderbezogenen Anteils im Familienzuschlag auf den 28. Februar 2018 begrenzt wurde, bestandskräftig geworden sind. Um eine Gewährung des Familienzuschlags der Stufe 2 bereits ab 1. Mai 2014 zu erreichen, hätte der Kläger bereits gegen den Bescheid vom 26. Oktober 2016 durch einen Antrag auf teilweise Aufhebung und Verpflichtung zur Gewährung ab 1. Mai 2014 entgegen treten müssen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
6. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 der Zivilprozessordnung (ZPO). Der Einräumung einer Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO bedurfte es angesichts der – wenn überhaupt anfallenden – dann allenfalls geringen, vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen des Beklagten nicht.