Familienrecht

Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen einen nachfolgend ergänzten Kostenfestsetzungsbeschluss

Aktenzeichen  2 WF 184/19

Datum:
8.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
JurBüro – 2020, 253
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
FamFG § 116 Abs. 3, § 120
ZPO § 103, § 104, § 518

 

Leitsatz

1. Ohne Anordnung der sofortigen Wirksamkeit ist eine Kostengrundentscheidung in Familienstreitsachen erst ab Rechtskraft ein der Kostenfestsetzung zugänglicher Vollstreckungstitel. (Rn. 11)
2. Wird ein lückenhafter Kostenfestsetzungsbeschluss durch einen Ergänzungsbeschluss iSd §§ 113 Abs. 1 FamFG, 321 ZPO (analog) vervollständigt, ist für die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen den ersten Kostenfestsetzungsbeschluss die Regelung des § 518 S. 1 ZPO entsprechend anwendbar. (Rn. 7)

Verfahrensgang

0207 F 1116/18 2019-08-09 Kostenfestsetzungsbeschluss AGBAMBERG AG Bamberg

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Kostenfestsetzungsbeschluss „II“ des Amtsgerichts – Familiengericht – Bamberg vom 09.08.2019 (207 F 1116/18) aufgehoben.
Insoweit wird das Verfahren – auch zur Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens – an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde verworfen.
2. Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 9.258,48 Euro festgesetzt.

Gründe

Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22.07.2019 ist unzulässig und somit zu verwerfen. Soweit sich die sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss „II“ vom 09.08.2019 wendet, ist das Rechtsmittel zulässig, (vorläufig) vollumfänglich begründet und führt zur Zurückverweisung des Verfahrens an das Amtsgericht.
I.
Die sofortige Beschwerde ist nur z.T. zulässig.
Mit am 26.08.2019 beim Amtsgericht eingegangenem Anwaltsschriftsatz vom gleichen Tag hat der Antragsgegner Beschwerde gegen „alle Kostenfestsetzungsbeschlüsse und beglaubigten Abschriften“ eingelegt und dazu ausgeführt, dass mangels Vollstreckbarkeit der angefochtenen Hauptsacheentscheidung die Kostenfestsetzungsbeschlüsse nicht hätten ergehen dürfen. Das Rechtsmittel ist als sofortige Beschwerde iSd §§ 113 Abs. 1 FamFG, 104 Abs. 3 S. 1 ZPO auszulegen.
Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22.07.2019 ist dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners am 24.07.2019 zugestellt worden. Die Zwei-Wochen-Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 104 Abs. 3 S. 1, 569 Abs. 1 ZPO) endete bezüglich des Beschlusses vom 22.07.2019 daher mit Ablauf des 07.08.2019, so dass diese Frist nicht eingehalten ist.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss „II“ vom 09.08.2019, dem Antragsgegnerbevollmächtigten zugestellt am 12.08.2019, hat das Amtsgericht in Ergänzung zum Beschluss vom 22.07.2019 die Festsetzung der Gerichtkosten vorgenommen, was der Antragsgegnervertreter bereits mit Schreiben vom 27.05.2019, eingegangen beim Amtsgericht am Folgetag, beantragt hatte. Von einer Kostenausgleichung hinsichtlich der Gerichtskosten hatte das Amtsgericht beim Beschluss vom 22.07.2019 nach dem Zuleitungshinweis der Rechtspflegerin an den Antragstellervertreter vom 22.07.2019 ausdrücklich abgesehen, da aufgrund Beschwerdeeinlegung in der Hauptsache das Verfahren noch nicht abgeschlossen war.
Mit der am 26.08.2019 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde ist die Zwei-Wochen-Frist gem.§§ 113 Abs. 1 FamFG, 104 Abs. 3 S. 1, 569 Abs. 1 ZPO hinsichtlich des Kostenfestsetzungsbeschlusses „II“ gewahrt.
Der Kostenfestsetzungsbeschluss „II“ vom 09.08.2019 ist ein Ergänzungsbeschluss iSd §§ 113 Abs. 1 FamFG, 321 ZPO (analog) zum Beschluss vom 22.07.2019, da damit die lückenhafte Kostenfestsetzung vervollständigt wurde. Bei dieser Sachlage ist für die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen den ersten Kostenfestsetzungsbeschluss die Regelung des § 518 S. 1 ZPO entsprechend anwendbar. Es ist kein Grund ersichtlich, dies anders als für das Revisionsrecht (dazu BGH, Urteil v. 24.02.1953 – I ZR 98/52; BGH, Urteil v. 15.11.1961 – VIII ZR 115/61) oder für Ergänzungsbeschlüsse gem. § 43 FamFG (dazu Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 40. Aufl. 2019, § 43 FamFG Rn. 4; Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 19. Aufl. 2017, § 43 Rn. 18) zu beurteilen.
Da der Ergänzungsbeschluss vom 09.08.2019 aber erst nach Ablauf der Einlegungsfrist gem. §§ 113 Abs. 1 FamFG, 104 Abs. 3 S. 1, 569 Abs. 1 ZPO bezüglich des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 22.07.2019 erging, führt auch eine analoge Anwendung des § 518 S. 1 ZPO vorliegend nicht zu einer neuen Anfechtungsfrist in Bezug auf den Beschluss vom 22.07.2019. Hierfür fehlt es an einer Ergänzung vor Ablauf der Rechtsmitteleinlegungsfrist iSd § 518 S. 1 ZPO.
Daher ist die sofortige Beschwerde hinsichtlich des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 22.07.2019 verfristet, damit unzulässig und zu verwerfen.
II.
Die Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss „II“ vom 09.08.2019 ist begründet.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass – wie antragsgegnerseits insgesamt im Ergebnis zutreffend bemängelt – die Kostenfestsetzungsbeschlüsse vor Wirksamkeit der Kostengrundentscheidung mit Teilanerkenntnis- und Endbeschluss vom 24.05.2019 nicht hätten ergehen dürfen. Da vorliegend eine Familienstreitsache gegeben ist, tritt die Wirksamkeit der Endentscheidung erst mit Rechtskraft ein, § 116 Abs. 3 Satz 1 FamFG. Eine sofortige Wirksamkeit gemäß § 116 Abs. 3 Satz 2 FamFG wurde nicht angeordnet. Erst mit Rücknahme der Beschwerde im Verfahren 2 UF 135/19 mit Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners vom 07.10.2019, eingegangen beim Beschwerdegericht am gleichen Tag, ist die Kostengrundentscheidung gem. Ziffer 2. des Beschlusses vom 24.05.2019, wonach der Antragsgegner die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, wirksam und somit auch vollstreckbar geworden gemäß § 120 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 FamFG. Erst seit diesem Zeitpunkt liegt ein der Kostenfestsetzung zugänglicher Vollstreckungstitel gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 103, 104 ZPO vor. Die dortige Kostengrundentscheidung hat das Amtsgericht dem angefochtenen Beschluss zugrunde gelegt.
Gleichwohl kann es nicht bei dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 09.08.2019 verbleiben, da mit Beschluss vom 08.10.2019 im Verfahren 2 UF 135/19 (OLG Bamberg) der Verfahrenswert für das erstinstanzliche Verfahren von Amts wegen auf 158.667,69 Euro herabgesetzt wurde.
Es ist angezeigt, das Verfahren an das Amtsgericht zurückzuverweisen (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 104 Abs. 3 S. 1, 572 Abs. 3 ZPO). Auf §§ 113 Abs. 1 FamFG, 107 ZPO wird hingewiesen. Insoweit besteht ggf. die Möglichkeit, die Kostenfestsetzung insgesamt zu korrigieren.
Aufgrund des Vorstehenden war von der Erhebung von Gerichtskosten gemäß § 21 FamGKG abzusehen. Die Entscheidung hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens obliegt dem Amtsgericht.
Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens ergibt sich aus der insgesamt bekämpften Kostenlast entsprechend der Summe der festgesetzten Beträge in beiden Kostenfestsetzungsbeschlüssen.
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht gegeben.

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