Aktenzeichen 2 UF 168/18
BGB § 1671 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 2
FamGKG § 21
Leitsatz
1. Die Rüge, der Senat würde sich wesentlich intensiver mit den vom Antragsgegner erhobenen Einwendungen auseinandersetzen müssen, ist nicht geeignet, eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zu begründen (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Anhörungsrüge dient nicht dazu, die angegriffene Entscheidung in der Sache in vollem Umfange nochmals zu überprüfen. Die Anhörungsrüge eröffnet auch keine Möglichkeit der Durchbrechung der Rechtskraft bei anderen Verfahrensverstößen. Letztendlich kann daher das Ansinnen des Antragsgegners, mit der Anhörungsrüge eine andere Entscheidung herbeizuführen, keinen Erfolg haben. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
2 UF 168/18 2019-01-07 Bes OLGBAMBERG OLG Bamberg
Tenor
1. Die Gehörsrüge des Antragsgegners gegen den Beschluss des OberlandesgerichtsBamberg vom 07.01.2019 (2 UF 168/18) wird zurückgewiesen.
2. Der Antrag des Antragsgegners, die Wirksamkeit des Beschlusses des Oberlandesgerichts Bamberg vom 07.01.2019 in Verbindung mit dem Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Bamberg vom 13.08.2018 (207 F 877/17) einstweilen auszusetzen, wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die gem. § 44 Abs. 1 FamFG statthafte Gehörsrüge gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 07.01.2019 wurde in zulässiger Weise, insbesondere fristgerecht innerhalb der Zweiwochenfrist (§ 44 Abs. 2 FamFG) erhoben. Der Antragsgegner macht die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör durch den Senatsbeschluss vom 07.01.2019 geltend. Die Gehörsrüge ist jedoch unbegründet, da mit dem Senatsbeschluss vom 07.01.2019 eine Verletzung des Anspruches des Antragsgegners auf rechtliches Gehör nicht gegeben ist. Damit ist die Gehörsrüge zurückzuweisen, § 44 Abs. 4 Satz 2 FamFG.
Der Senat hat sich mit dem Beschluss vom 7.01.2019 entgegen den Ausführungen der Antragsgegnerseite in der Rügeschrift vollumfassend mit den seitens des Antragsgegners gegen das Gutachten der erstinstanzlich beauftragten Sachverständigen erhobenen Einwänden befasst und diese bei seiner Entscheidung zur Frage der Verwertbarkeit der gutachterlichen Angaben der Sachverständigen gewürdigt. Die Rüge, der Senat würde sich wesentlich intensiver mit den vom Antragsgegner erhobenen Einwendungen auseinandersetzen müssen, ist nicht geeignet, eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zu begründen. Der Senat hat vielmehr die vom Antragsgegner gegen das Gutachten der Sachverständigen erhobenen Einwände berücksichtigt und gewürdigt, wenngleich nicht mit dem vom Antragsgegner begehrten Ergebnis. Dies gilt insbesondere für die in Zweifel gezogene Qualifikation der Sachverständigen, wie auch hinsichtlich der Ausführungen des Privatgutachters des Antragsgegners und auch der erhobenen datenschutzrechtlichen Bedenken. Der Senat hat auch keinen ungenügend ermittelten oder fehlerhaft ermittelten Sachverhalt zugrunde gelegt. Auch hat der Senat Sachverhaltsdarstellungen des Antragsgegners nicht unberücksichtigt gelassen und einfach übergangen. Mit der Gehörsrüge führt der Antragsgegner vielmehr aus, dass er die Sachverhaltsfeststellung seitens des Senats und die daraus gezogenen auch rechtlichen Folgen nicht teilt. Dies ist jedoch kein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör. Der Senat hat sich zur Erziehungsfähigkeit, zur Bindung, zur Hauptbezugsperson, zur Entwicklung der Kinder, zur Förderung der Kinder und Fördermöglichkeit seitens der Eltern wie auch zum Willen der Kinder eine Überzeugung gebildet und hierfür die erforderlichen Ermittlungen angestellt. Auf die diesbezüglichen Ausführungen im Senatsbeschluss vom 07.01.2019 wird verwiesen. Eine Wiederholung der Ausführungen ist auch im Rahmen des Rügeverfahrens nicht veranlasst. Vorstehendes gilt entsprechend für den Gesichtspunkt der Kontinuität. Alle Kindeswohlkriterien wurden in die Abwägung einbezogen. Die Würdigung ist seitens des Senats gem. § 1671 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 2 BGB am Kindeswohl ausgerichtet worden. Der Senat hat gem. § 1671 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 2 BGB entschieden, was für das Wohl der beiden Kinder unter Berücksichtigung der Gesamtumstände und der jeweiligen Elternrechte am besten ist. Dass dem der Antragsgegner im Ergebnis nicht zuzustimmen vermag, ändert hieran nichts.
Soweit mit der Rügeschrift darauf abgestellt wird, dass der Familienrichter am Amtsgericht den Aktenvermerk vom 22.06.2018 nicht dem Antragsgegner mitgeteilt habe, um hierzu Stellung nehmen zu können, so ist nicht ersichtlich, inwiefern der Senat diesbezüglich gegen den Anspruch des Antragsgegners auf rechtliches Gehör verstoßen haben sollte. Wie in der Rügeschrift zutreffend ausgeführt wird, hat der Amtsrichter im erstinstanzlichen Termin vom 23.07.2018 darauf hingewiesen, dass die Sachverständige gebeten wurde, nach derzeitigem Sachstand ihr Gutachten zu erstatten, nachdem mitgeteilt wurde, dass der Antragsgegner der weiteren Begutachtung der Kinder nicht zugestimmt habe. Dies entspricht dem wesentlichen und maßgeblichen Inhalt des Vermerks vom 22.06.2018. Dass der Kindsvater selbst der Interaktionsbeobachtung und weiteren Testung der Kinder nicht zugestimmt hat, weiß der Antragsgegner seit er die dem Aktenvermerk des Erstrichters zugrundeliegenden eigenen Erklärungen gegenüber der Sachverständigen abgegeben hat. Eine entsprechende Zustimmungserklärung des Antragsgegners lag auch bis zum 7.01.2019 nicht vor. Hierzu hat sich der Antragsgegner in Schriftsätzen mehrfach geäußert.
Der weitere Inhalt des Aktenvermerks zu ergebnislosen Versuchen des Erstrichters, die Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners telefonisch zu erreichen, um die Sachlage zu klären, war für die Sachentscheidung des Senats vom 07.01.2019 ohne jegliche Relevanz. Auch die Anhörungsrüge vermag zu letzterem nichts Entscheidungserhebliches aufzuzeigen. Termin vom 23.07.2018 war der Antragsgegner und die Antragsgegnervertreterin anwesend. Auch nachfolgend wurde der Antragsgegnerseite noch die ergänzende Möglichkeit der Stellungnahme zum Gutachten eingeräumt. Zu alldem konnte die Antragsgegnerseite (auch) im Beschwerdeverfahren vortragen. Ein Gehörverstoß liegt nicht vor.
Letztendlich hat der Antragsgegner persönlich, wie von ihm mit Schriftsatz vom 13.12.2018 beantragt, am 14.12.2018 Akteneinsicht in die Gerichtsakten samt Gutachten genommen. Mit Schriftsätzen vom 17.12.2018 samt persönlicher Stellungnahme des Antragsgegners und weiteren Anlagen und Schriftsatz vom 20.12.2018 hat sich die Antragsgegnerseite nachfolgend wiederholt im Beschwerdeverfahren geäußert.
Auch hinsichtlich der Anhörung der beiden Kinder seitens des Wohnsitzgerichts und des dahin ergangenen Beschlusses vom 17.10.2018 samt Verfügung vom gleichen Tag, liegt kein Verstoß gegen das rechtliche Gehör zu Lasten des Antragsgegners vor. Der Senat hat die Anhörung der Kinder beschlossen und dabei zum Thema der Anhörung folgendes ausgeführt:
„1. Situation nach dem Wechsel nach E..
2. Jeweiliger Kindeswille zum künftigen Wohnort (mit Kindsvater in X. oder mit Kindesmutter in E.?).“
In der Zuleitungsverfügung vom 17.10.2018 an das Amtsgericht E. ist angegeben, dass die beiden Kinder angehört werden mögen, insbesondere zu der Behauptung des Kindsvaters (auf Bl. 461 d. A.), die Kinder würden sich in ihrer neuen Umgebung nicht wohlfühlen und nunmehr lieber bei ihm in X. (statt bei der Kindesmutter in E.) leben wollen. Weiterhin wurde darauf hingewiesen, dass aufgrund der Belastungssituation für die Kinder ein möglichst kurzfristiger Anhörungstermin sehr hilfreich sei. Inwiefern hier entsprechend dem Rügevortrag kein rechtliches Gehör für die „Durchführungsanweisungen und Fragestellungen zur Befragung der Kinder“ gegeben worden sein soll, erschließt sich nicht. Die Zuleitungsverfügung an das Familiengericht E. enthält keine über die Themen des Beweisbeschlusses hinausgehenden Fragestellungen. Im Übrigen konnte der Antragsgegner bei seiner Akteneinsicht am 14.12.2018 vom Wortlaut der Zuleitungsverfügung Kenntnis nehmen. Hierzu hat er sich nachfolgend in den eingereichten Schriftsätzen nicht geäußert. Auch die Rügeschrift führt nichts dazu aus, was der Antragsgegner hierzu hätte ergänzend erklären wollen.
Zu der antragsgegnerseits in der Rügeschrift erneut aufgeworfenen Frage, ob die erstinstanzlich beauftragte Sachverständige den Gutachtensauftrag hätte zurückgeben müssen, hat der Senat in seiner Entscheidung vom 07.01.2019 ausführlich Stellung genommen. Auf die dortigen Ausführungen wird verwiesen. Entsprechendes gilt für die Durchführung der Kindesanhörung durch das Wohnsitzfamiliengericht.
Schließlich ist mit der Entscheidung vom 7.01.2019 ausgeführt, dass und warum keine weiteren Ermittlungen, insbesondere eine Einvernahme des Privatgutachters des Antragsgegners für eine Sachentscheidung erforderlich sind. Auch insoweit ist kein Gehörsverstoß zu lasten des Antragsgegners gegeben.
Ergänzend bleibt auszuführen, dass Gerichte nach Art. 103 Abs. 1 GG nur verpflichtet sind, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dies ist vorliegend vollumfänglich erfolgt. Hingegen ist es nicht erforderlich, alle Einzelpunkte des Vorbringens auch ausführlich zu bescheiden, wie das der Antragsgegner mit seiner Anhörungsrüge im Wesentlichen einfordert (vgl. BGH, Urteil vom 14.04.2016, IX ZR 197/15). Auch dient die Anhörungsrüge nicht dazu, die angegriffene Entscheidung in der Sache in vollem Umfange nochmals zu überprüfen (BGH, Beschluss vom 02.09.2015, 1 StR 207/15). Die Anhörungsrüge eröffnet auch keine Möglichkeit der Durchbrechung der Rechtskraft bei anderen Verfahrensverstößen (BGH, Urteil vom 14.04.2016, IX ZR 197/15). Letztendlich kann daher das Ansinnen des Antragsgegners, mit der Anhörungsrüge eine andere Entscheidung herbeizuführen, keinen Erfolg haben. Ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör zu Lasten des Antragsgegners liegt nicht vor. Alle Darlegungen des Antragsgegners wurden bei der Entscheidung vom 07.01.2019 zur Kenntnis genommen, berücksichtigt und in die getroffene Entscheidung einbezogen. Eine ausführliche Erörterung jedes einzelnen vorgetragenen Details ist nicht Aufgabe der Gerichte. Wenn der Antragsgegner von Ausführungen des Senats keine Kenntnis nimmt, wofür die Behauptungen in der Rügeschrift jedenfalls zum Teil sprechen, vermag dies einem Rügeverfahren nicht zum Erfolg zu verhelfen.
Mangels Verletzung des Anspruchs des Antragsgegners auf rechtliches Gehör ist die von ihm erhobene Gehörsrüge gegen den Beschluss vom 07.01.2019 zurückzuweisen.
Die diesbezügliche Kostentragungspflicht ergibt sich bereits aus § 21 FamGKG i.V. m. Nr. 1800 KV-FamGKG. II. Der Antrag des Antragsgegners auf einstweilige Aussetzung der Vollziehung des Beschlusses des Oberlandesgerichts vom 07.01.2019 i.V. m. dem Beschluss des Amtsgerichts vom 13.08.2018 ist als Antrag auf einstweilige Aussetzung der Wirksamkeit des Senatsbeschlusses vom 07.01.2019 i.V. m. dem Beschluss des Amtsgerichts vom 13.08.2018 auszulegen. Die Entscheidung zur Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für die beiden Kinder bedarf keines Vollzuges. Das insoweit vorgetragene Begehren des Antragsgegners dürfte auf die einstweilige Aussetzung der Wirksamkeit gerichtet sein. Aufgrund des Vorstehenden ist dieser Antrag des Kindsvaters zurückzuweisen.
III.
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar, § 44 Abs. 4 Satz 3 FamFG.