Aktenzeichen 32 T 5/16
Leitsatz
Für ein von vornherein aussichtsloses Mahnverfahren, bei dem bereits von Anfang an nicht damit zu rechnen ist, dass ein Vollstreckungsbescheid ergehen wird, kann Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
B 2288/14 a 2015-12-09 Bes AGCOBURG AG Coburg
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Mahngerichts Coburg vom 09.12.2015, Az. B 2288/14 a, wird zurückgewiesen.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer beantragte am 15.12.2014, eingegangen beim Amtsgericht – Zentrales Mahngericht – Coburg am 22.12.2014, den Erlass eines Mahnbescheides gegen den Antragsgegner … K über eine Hauptforderung von 479.315,98 € als „Forderung aus ungerechtfertigter Bereicherung Bereicherung gem. Schenkungsrückforderung nach Schenkungswiderruf laut Schreiben vom 31.07.2007 (und) vom 26.09.2007“ zzgl. Zinsen in Höhe von 4% jährlich ab 26.09.2007, gesamtschuldnerisch mitS. K. Gleichzeitig beantragte er für die Kosten des Mahnverfahrens die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Aus der von ihm eingereichten Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen geht hervor, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung aufzubringen. Er bezieht eine geringe Altersrente und Grundsicherung.
Aus seiner Beschwerdebegründung vom 02.02.2016 (Bl. 57 ff.) nebst Anlagen geht hervor, dass dem behaupteten Anspruch der Widerruf der Schenkung in Höhe von 937.460,58 DM (= 479.315,98 €) zugrunde liegt, den der Beschwerdeführer schriftlich zweimal wegen groben Undanks erklärt haben will, wobei er die Daten der Schreiben hier mit 26.09.2007 und 30.06.2008 angibt.
Mit Beschluss vom 09.12.2015, dem Beschwerdeführer zugestellt am 12.12.2015, wies das Amtsgericht – Zentrales Mahngericht – Coburg den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wegen offensichtlicher Erfolglosigkeit des beabsichtigten Mahnverfahrens zurück (Bl. 51 f.). Bereits in der Vergangenheit habe der Antragsteller gegen denselben Antragsgegner mit gleicher Rechtsgrundlage und ähnlicher Forderungshöhe Mahnbescheide beantragt, gegen die jedesmal Gesamtwiderspruch eingelegt worden sei. Dies sei auch im hiesigen Verfahren zu erwarten.
Hiergegen erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 08.01.2016, eingegangen am 12.01.2016, sofortige Beschwerde, die er mit Schreiben vom 02.02.2016, eingegangen per Telefax am 04.02.2016, begründete (Bl. 57 ff.). Eine offensichtliche Erfolglosigkeit des Mahnverfahrens liege nicht deshalb vor, weil die Antragsgegner Widerspruch einlegen wollten. Das Amtsgericht habe nicht aufgrund des Verhaltens der Antragsgegner in anderen von ihm gegen diese gerichteten Verfahren, in denen jeweils ein Widerspruch angekündigt wurde, ein gleiches Verhalten auch im hiesigen Verfahren prognostizieren dürfen.
Das Amtsgericht – Zentrales Mahngericht – Coburg hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 16.02.2016 nicht abgeholfen und die Akten dem Landgericht Coburg zur Beschwerdeentscheidung vorgelegt (Bl. 70 d. A.).
Das Landgericht leitete den Antrag zur Stellungnahme an den Antragsgegner zu, der mit Anwaltsschreiben vom 15.03.2016 erklärte, gegen einen etwaig erlassenen Mahnbescheid in jedem Fall Widerspruch zu erheben, da Ansprüche des Beschwerdeführers nicht bestünden (Bl. 75 d. A.).
II.
Die gemäß §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch sonst form- und fristgerecht (§§ 127 Abs. 2 Satz 3, 569 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO) eingelegte sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Zu Recht geht das Amtsgericht – Zentrales Mahngericht – Coburg davon aus, dass eine hinreichende Aussicht auf Erfolg des Mahnverfahrens nicht besteht. Eine solche Prüfung der Erfolgsaussichten ist auch im Rahmen eines Mahnverfahrens, für das Prozesskostenhilfe beantragt wird, vorzunehmen.
Voraussetzung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist gemäß § 114 ZPO, dass die antragstellende Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht oder nur in Raten aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Grundsätzlich kann die Prozesskostenhilfe auf das Mahnverfahren beschränkt werden, vgl. Geimer in Zöller, ZPO, 31. Auflage 2016, § 119, Rdnr. 16; OLG München, MDR 1997, 891; OLG Oldenburg, MDR 1999, 384; LG Berlin, NJW 1972, 2312. Sie erstreckt sich dann nicht auf den anschließenden Zivilprozess, zu dem es nach dem Übergang ins streitige Verfahren kommt.
Ob bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Mahnverfahren die Erfolgsaussicht zu prüfen ist, ist umstritten. Nach einer Rechtsauffassung findet grundsätzlich eine Schlüssigkeitsprüfung nicht statt, vgl. Motzer im Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl., § 114, Rdnr. 32; Geimer in Zöller, ZPO, 31. Auflage 2016, § 119, Rdnr. 16. Jedoch finden die Vorschriften der §§ 114 ff. ZPO im Mahnverfahren uneingeschränkte Anwendung, somit auch die Vorschrift des § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO, der grundsätzlich eine Anhörung des Gegners vorsieht. Eine solche Anhörung wäre jedoch überflüssig, wenn das Vorbringen des Antragsgegners überhaupt keine Berücksichtigung finden würde. Aus diesem Grunde ist daher auch bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Mahnverfahren die Erfolgsaussicht zu prüfen, so auch Landgericht Stuttgart, Beschluss vom 09.09.2004, Az.: 10 T 304/04 (RPfl 2005, 32); Landgericht Berlin, Beschluss vom 05.07.2007, Az.: 57 T 27/07, Landgericht Hagen, Beschluss vom 26.6.2014, Az. 3 T 42/14, Landgericht Fulda, Beschluss vom 24.2.2014, Az. 1 T 7/14 und Landgericht Hamburg, Beschluss vom 26.8.2014, Az. 331 T 6/14 (letztgenannte alle unveröffentlicht).
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Prozesskostenhilfe nur für das Mahnverfahren und nicht für ein sich anschließendes streitiges Verfahren beantragt wird. Es kommt damit nur auf die Erfolgsaussicht des Mahnverfahrens und nicht auf die etwaigen Erfolgsaussichten eines streitigen Hauptsacheverfahrens an. Sinn und Zweck des Mahnverfahrens ist der Erwerb eines schnellen und kostengünstigen Vollstreckungstitels in Form eines Vollstreckungsbescheides. Gerade dieser Erfolg ist aber äußerst unwahrscheinlich. Dabei kann dahinstehen, ob eine solche Einschätzung ohne Anhörung der Antragsgegner vorgenommen werden konnte. Die Antragsgegner haben nämlich jedenfalls im Rahmen der Anhörung durch das Beschwerdegericht das Bestehen eines Anspruchs bestritten und Widerspruch gegen einen zu erlassenden Mahnbescheid angekündigt. Es besteht damit eine ganz erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Beschwerdeführer im Mahnverfahren keinen Vollstreckungstitel erlangen wird. Deshalb hat das Amtsgericht im Ergebnis zu Recht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Mahnverfahren zurückgewiesen. Für ein von vorneherein aussichtsloses Mahnverfahren, bei dem bereits von Anfang an nicht damit zu rechnen ist, dass ein Vollstreckungsbescheid ergehen wird, kann ein Antragsteller nicht erwarten, dieses auf Kosten der Staatskasse durchführen zu können.
Die vom Antragsteller angekündigte Einreichung eines Klageentwurfs mit Beweisangeboten (Bl. 94 f.) ist nicht abzuwarten, da eine solche für die Beurteilung der Erfolgsaussicht im Mahnverfahren ohne Bedeutung ist. Im Mahnverfahren findet eine materielle Prüfung des geltend gemachten Antrags nicht statt. Hier ist nur relevant, ob der Antragsgegner Widerspruch einlegt. Dem Antragsteller bleibt unbenommen, Klage beim zuständigen Gericht einzureichen und für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe zu beantragen.
Der vom Antragsteller gewünschte Vorlagebeschluss durch das Landgericht an den Bundesgerichtshof (Bl. 90 d. A.) ist im Prozessrecht nicht vorgesehen und daher nicht möglich.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 22 GKG i.V.m. KV-Nr. 1812 zum GKG.
Die Rechtsbeschwerde war zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts bzw. die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern. In Instanzrechtsprechung und Literatur werden zur Frage der Zulässigkeit der Prüfung der Erfolgsaussichten im Mahnverfahren sowie zum Umfang dieser Prüfung unterschiedliche Auffassungen vertreten.