Familienrecht

Keine Vergütung des Sachverständigen bei Schlechtleistung

Aktenzeichen  64 OH 769/16 Bau

Datum:
30.11.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 147906
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
JVEG § 8a Abs. 2 S. 1
ZPO § 404 Abs. 1 S. 3

 

Leitsatz

1 Die Vergütung ist einem Sachverständigen gemäß § 8a Abs. 2 S. 1 JVEG nur insoweit zuzuerkennen, als seine Leistung bestimmungsgemäß verwertbar ist. Soweit der Sachverständige eine insgesamt unverwertbare Leistung erbracht hat, hat eine Vergütung insgesamt zu unterbleiben. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine Nachbesserungsmöglichkeit ist dem Sachverständigen nicht einzuräumen, wenn er bereits wiederholt die ihm zur Gutachtenserstellung gesetzten Fristen überschritten und nachträglich ein Gutachten vorgelegt hat, das keine einzige Beweisfrage in einer Art und Weise beantwortet, die zur Grundlage einer Beweiswürdigung gemacht werden könnte. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Ernennung des Sachverständigen Dipl.-Ing. J… K… wird aufgehoben.
2. Der Sachverständige K… wird nicht vergütet.

Gründe

I.
Mit Beschluss des Landgerichts Würzburg vom 27.07.2016 wurde der Sachverständige als Gutachter bestellt. Die Beauftragung ging ihm im August 2016 zu. Ihm war zunächst eine Frist zur Beantwortung der Beweisfragen bis 02.11.2016 gesetzt worden. Der Sachverständige teilte nicht mit, dass diese Frist nicht auskömmlich sei.
Der Sachverständige führte einen Ortstermin durch und trat hiernach an die Antragstellerin heran und äußerte die Notwendigkeit eines Weiteren Ortstermins; der Antragsgegnerin teilte er dies jedoch nicht mit.
Mit Beschluss vom 19.12.2016 wurden weitere Fragen zum Gegenstand der Beweiserhebung gemacht. Auch hierauf erfolgt keine Reaktion des Sachverständigen.
Auf eine Sachstandsanfrage des Gerichts vom 21.03.2017 äußerte sich der Sachverständige nicht.
Mit Schriftsatz vom 29.03.2017 bat die Antragstellerin, dem Sachverständigen eine Frist zur Gutachtenerstellung bis 30.04.2017 zu setzen und ihm bei fruchtlosem Fristablauf den Sachverständigenauftrag zu entziehen und ihm die Vergütung abzuerkennen. Auf diesen Schriftsatz, der dem Sachverständigen zur Kenntnis zugesandt worden war, erfolgte wiederum keinerlei Reaktion.
Erst auf eine telefonische Anfrage des Gerichts teilte der Sachverständige per Fax mit, dass er beabsichtige, das Gutachten bis zum 20.05.2017 fertigzustellen.
Mit am 23.05.2017 eingegangenem Fax bat der Sachverständige nochmals um Nachsicht und kündigte nunmehr den Gutachtenseingang bis Ende Juni 2017 an.
Erneut teilte der Sachverständige sodann per Fax vom 29.06.2017 mit, dass er weiteren Aufschub benötige und das Gutachten bis zum 11.08.2017 vorlegen werde. Daraufhin setzte das Gericht dem Sachverständigen eine Frist gemäß § 411 Abs. 1 ZPO, das Gutachten bis zum 11.08.2017 vorzulegen.
Mit Fax vom 10.08.2017 bat der Sachverständige nochmals um Verlängerung der Abgabefrist bis 15.09.2017, Hierauf reagierte das Gericht mit dem Setzen einer Nachfrist bis 15.09.2017 und Androhung eines Ordnungsgeldes durch Beschluss vom 11.08.2017.
Telefonisch teilte der Sachverständige sodann mit, dass er die Frist bis 15.09.2017 nicht einhalten könne.
Bei einem Anruf dies Sachverständigen am 12.09.2017 kündigte der Sachverständige an, dass er sein Gutachten spätestens am 22.09.2017 in Vorlage bringen wird.
Tatsächlich ging bis zum Ablauf dieser Frist das Gutachten nicht ein. Erst am 02.10.2017 kam ein Gutachten in Einlauf, allerdings ohne Akte und Anlagenheften, die beim Sachverständigen angefordert wurden.
Bei einem Telefonat am 24.10.2017 teilte der Sachverständige mit, dass er die Akten derzeit nicht auffinden könne. Er habe nur Kopien vorliegen. Mit Schreiben vom selben Tag sandte der Sachverständige die Gerichtsakte dann aber doch zurück, allerdings wiederum ohne die Anlagenhefte.
In einem Telefonat vom 09.11.2017 teilte der Sachverständige mit, dass er die Anlagenhefte gefunden habe; er sei davon ausgegangen, dass diese für ihn bestimmt gewesen seien. Deshalb habe er auch das Anlagenheft für die Antragstelleranlagen beschriftet. Das letztgenannte Anlagenheft kam leer bei Gericht in Einlauf. Dem zuständigen Einzelrichter teilte der Sachverständige bei einem Telefonat am 10.11.2017 mit, dass er die Antragstelleranlagen nicht mehr auffinden könne.
Bei Rückkunft der Akte könnte das Gericht feststellen, dass der Sachverständige umfangreiche handschriftliche Anmerkungen in der Akte vorgenommen hatte.
Mit Schriftsatz vom 20.10.2017 beantragte die Antragstellerin, den Sachverständigen von der weiteren Begutachtung zu entbinden und ihm seine Vergütungsansprüche zu versagen.
Das Gericht gab dem Sachverständigen Gelegenheit, zum vorgenannten Antrag bis 10.11.2017 Stellung nehmen zu können. Diese Frist verstrich fruchtlos.
Mit Schriftsatz vom 06.11.2017 beantragte auch die Antragsgegnerin, dem Sachverständigen den Auftrag zu entziehen und die Vergütung abzusprechen.
Das Gericht gab dem Sachverständigen nochmals Gelegenheit, zu den vorgenannten Anträgen bis zum 22.11.2017 Stellung zu nehmen.
Am 24.11.2017 teilte der Sachverständige telefonisch mit, dass er zur Beantwortung noch Zeit bis zum 12.12.2017 benötige, Ebenfalls ging am 24.11.2017 ein entsprechendes Fax des Sachverständigen bei Gericht ein.
II.
Sowohl die Antragstellerin als auch die. Antragsgegnerin stützten ihre Entpflichtungsanträge auf die Tatsache, dass das Gutachten des Sachverständigen unverwertbar sei und keine einzige gestellte Beweisfrage sachgerecht beantworten würde.
Tatsächlich verhält sich das nicht einmal acht Seifen umfassende Gutachten des Sachverständigen vom 26.09.2017 zu keiner der fünf von der Antragstellerin und zwölf von der Antragsgegnerin gestellten Beweisfragen. Eine sachdienliche und verwertbare Beantwortung der Beweisfragen durch den Sachverständigen ist nicht erfolgt.
III.
Der Sachverständige war deshalb von seinem Gutachtensauftrag zu entpflichten; ihm war zudem die Vergütung zu versagen.
Das Gericht kann einen ernannten Sachverständigen jederzeit gemäß § 404 Abs. 1 Satz 3 ZPO von seinem Gutachtensauftrag entbinden.
Die Vergütung ist dem Sachverständigen gemäß § 8 a Abs. 2 Satz 1 JVEG nur insoweit zuzuerkennen, als seine Leistung bestimmungsgemäß verwertbar ist. Soweit der Sachverständige eine insgesamt unverwertbare Leistung erbracht hat, hat eine Vergütung insgesamt zu unterbleiben.
Eine Nachbesserungsmöglichkeit war dem Sachverständigen nicht einzuräumen. Zum einen hat der Sachverständige bereits wiederholt die ihm zur Gutachtenserstellung gesetzten Fristen überschritten. Zum anderen hat er nachträglich ein Gutachten vorgelegt, das keine einzige Beweisfrage in einer Art und Weise beantwortet, die zur Grundlage einer Beweiswürdigung gemacht werden könnte. Auch bezüglich des vorhandenen Inhalts und des Aufbaus entspricht sein Gutachten in keinerlei Hinsicht den Gepflogenheiten, die an Gerichtsgutachten zu stellen sind. Der Sachverständige hat schließlich durch seine umfangreichen Kennzeichnungen in der Gerichtsakte, bei denen ihr Urheber nicht vermerkt ist, gezeigt, dass er keinerlei Erfahrung mit der Bearbeitung gerichtlicher Gutachtensaufträge hat. Die Anmerkung führen letztlich dazu, dass das Gericht die Schriftsätze der Parteivertreter erneut anfordern muss, um den originiären Akteninhalt wiederherzustellen.
Den Verfahrensbeteiligten ist deshalb eine Fortsetzung der Begutachtung durch den Sachverständigen K… nicht mehr zuzumuten.

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