Familienrecht

Prüfungsumfang für Gewährung von Prozesskostenhilfe im Mahnverfahren

Aktenzeichen  32 T 7/17

Datum:
19.7.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 140367
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Coburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 114

 

Leitsatz

Für ein von vorneherein aussichtsloses Mahnverfahren, bei dem bereits von Anfang an nicht damit zu rechnen ist, dass ein Vollstreckungsbescheid ergehen wird, weil der Antragsgegner Widerspruch gegen den Mahnbescheid angekündigt hat, kann ein Antragsteller nicht erwarten, dieses auf Kosten der Staatskasse durchführen zu können. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

17-0462234-0-6-NEDV 2017-05-09 Bes AGCOBURG AG Coburg

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Mahngerichts Coburg vom 09.05.2017, Az. 17-0462234-06-N, wird zurückgewiesen.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.
Der Beschwerdeführer beantragte am 14.02.2017, eingegangen beim Amtsgericht – Zentrales Mahngericht – Coburg am 17.02.2017, den Erlass eines Mahnbescheides gegen den Antragsgegner gemäß „Rechnung vom 26.01.2017“ über eine Hauptforderung von 630.000,00 €. Gleichzeitig beantragte er für die Kosten des Mahnverfahrens die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Aus der von ihm eingereichten Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen geht hervor, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung aufzubringen. Er bezieht Arbeitslosengeld II und verfügt über kein nennenswertes Vermögen.
Ausweislich der bei den Akten befindlichen Rechnung des Antragstellers vom 26.01.2017 begehrt er vom Antragsgegner Schadensersatz wegen behaupteter rechtswidriger Haftbedingungen in der JVA … (Bl. 47 PKH-Heft).
Mit Verfügung vom 14.03.2017 hat das Amtsgericht den Antragsgegner angehört (Bl. 43 PKH-Heft). Dieser hat mit Schreiben vom 27.03.2017 (Bl. 44 ff. PKH-Heft) das Bestehen des Anspruchs aus mehreren – näher aufgeführten – Gründen bestritten und angekündigt, gegen einen eventuellen Mahnbescheid in jedem Fall Widerspruch einzulegen.
Mit Beschluss vom 09.05.2017, dem Beschwerdeführer zugestellt am 11.05.2017, wies das Amtsgericht – Zentrales Mahngericht – Coburg den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wegen offensichtlicher Erfolglosigkeit des beabsichtigten Mahnverfahrens zurück (Bl. 55 f. PKH-Heft).
Hiergegen erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 17.05.2017, eingegangen am 18.05.2017, sofortige Beschwerde (Bl. 60 f., 62 f. PKH-Heft).
Das Amtsgericht – Zentrales Mahngericht – Coburg hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 19.05.2017 nicht abgeholfen und die Akten dem Landgericht Coburg zur Beschwerdeentscheidung vorgelegt (Bl. 64 PKH-Heft).
II.
Die gemäß §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch sonst form- und fristgerecht (§§ 127 Abs. 2 Satz 3, 569 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO) eingelegte sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Zu Recht geht das Amtsgericht – Zentrales Mahngericht – Coburg davon aus, dass eine hinreichende Aussicht auf Erfolg des Mahnverfahrens nicht besteht. Eine solche Prüfung der Erfolgsaussichten ist auch im Rahmen eines Mahnverfahrens, für das Prozesskostenhilfe beantragt wird, vorzunehmen.
Voraussetzung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist gemäß § 114 ZPO, dass die antragstellende Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht oder nur in Raten aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Grundsätzlich kann die Prozesskostenhilfe auf das Mahnverfahren beschränkt werden, vgl. Geimer in Zöller, ZPO, 31. Auflage 2016, § 119, Rdnr. 16; OLG München, MDR 1997, 891; OLG Oldenburg, MDR 1999, 384; LG Berlin, NJW 1972, 2312. Sie erstreckt sich dann nicht auf den anschließenden Zivilprozess, zu dem es nach dem Übergang ins streitige Verfahren kommt.
Ob bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Mahnverfahren die Erfolgsaussicht zu prüfen ist, ist umstritten. Nach einer Rechtsauffassung findet grundsätzlich eine Schlüssigkeitsprüfung nicht statt, vgl. Motzer, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Aufl., § 114, Rdnr. 32; Geimer, in: Zöller, ZPO, 31. Auflage 2016, § 119, Rdnr. 16. Jedoch finden die Vorschriften der §§ 114 ff. ZPO im Mahnverfahren uneingeschränkte Anwendung, somit auch die Vorschrift des § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO, der grundsätzlich eine Anhörung des Gegners vorsieht. Eine solche Anhörung wäre jedoch überflüssig, wenn das Vorbringen des Antragsgegners überhaupt keine Berücksichtigung fände. Aus diesem Grunde ist daher auch bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Mahnverfahren die Erfolgsaussicht zu prüfen, so auch Landgericht Stuttgart, Beschluss vom 09.09.2004, Az.: 10 T 304/04 (RPfl 2005, 32); Landgericht Berlin, Beschluss vom 05.07.2007, Az.: 57 T 27/07, Landgericht Hagen, Beschluss vom 26.6.2014, Az. 3 T 42/14, Landgericht Fulda, Beschluss vom 24.2.2014, Az. 1 T 7/14 und Landgericht Hamburg, Beschluss vom 26.8.2014, Az. 331 T 6/14 (letztgenannte alle unveröffentlicht).
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Prozesskostenhilfe nur für das Mahnverfahren und nicht für ein sich anschließendes streitiges Verfahren beantragt wird. Es kommt damit nur auf die Erfolgsaussicht des Mahnverfahrens und nicht auf die etwaigen Erfolgsaussichten eines streitigen Hauptsacheverfahrens an. Sinn und Zweck des Mahnverfahrens ist der Erwerb eines schnellen und kostengünstigen Vollstreckungstitels in Form eines Vollstreckungsbescheides. Gerade dieser Erfolg ist aber äußerst unwahrscheinlich. Dabei kann dahinstehen, ob eine solche Einschätzung ohne Anhörung der Antragsgegner vorgenommen werden konnte. Die Antragsgegner haben nämlich jedenfalls im Rahmen der Anhörung durch das Beschwerdegericht das Bestehen eines Anspruchs bestritten und Widerspruch gegen einen zu erlassenden Mahnbescheid angekündigt. Es besteht damit eine ganz erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Beschwerdeführer im Mahnverfahren keinen Vollstreckungstitel erlangen wird. Deshalb hat das Amtsgericht im Ergebnis zu Recht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Mahnverfahren zurückgewiesen. Für ein von vorneherein aussichtsloses Mahnverfahren, bei dem bereits von Anfang an nicht damit zu rechnen ist, dass ein Vollstreckungsbescheid ergehen wird, kann ein Antragsteller nicht erwarten, dieses auf Kosten der Staatskasse durchführen zu können.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 22 GKG i.V.m. KV-Nr. 1812 zum GKG.
Die Rechtsbeschwerde war zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts bzw. die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern. In Instanzrechtsprechung und Literatur werden zur Frage der Zulässigkeit der Prüfung der Erfolgsaussichten im Mahnverfahren sowie zum Umfang dieser Prüfung unterschiedliche Auffassungen vertreten.

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