Familienrecht

Rechtmäßige nachträgliche Befristung einer Aufenthaltserlaubnis

Aktenzeichen  M 12 K 15.3669

Datum:
28.4.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG AufenthG § 7 Abs. 2 S. 2, § 27 Abs. 1, § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3
GG GG Art. 6 Abs. 1

 

Leitsatz

Bei aufenthaltsrechtlichen Entscheidungen, die den Umgang mit einem Kind berühren, ist maßgeblich auch auf die Sicht des Kindes abzustellen und zu prüfen, ob tatsächliche eine persönliche Verbundenheit besteht, auf deren Aufrechterhaltung das Kind zu seinem Wohl angewiesen ist.  (redaktioneller Leitsatz)
Eine Ausübung der Personensorge, die nicht dem Wohle des Kindes dient, kann einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AufenthG nicht begründen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Verfahrensgegenstand ist vorliegend der Bescheid vom 17. Juni 2015, mit dem die Beklagte die Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis des Klägers, die ihm zum Zwecke des Familiennachzugs zu seinem minderjährigen Sohn erteilt worden war, nachträglich verkürzt hat.
Die hiergegen gerichtete Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 17. Juni 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Die Beklagte hat vorliegend zu Recht die Geltungsdauer der – zunächst bis 17. Juni 2016 verlängerten – Aufenthaltserlaubnis des Klägers nachträglich auf den 31. Juli 2015 befristet.
Die nachträgliche Verkürzung der Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis des Klägers findet ihre Rechtsgrundlage in § 7 Abs. 2 Satz 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG). § 7 Abs. 2 Satz 1 AufenthG regelt, dass die Aufenthaltserlaubnis unter Berücksichtigung des beabsichtigten Aufenthaltszwecks zu befristen ist. Nach Satz 2 der Vorschrift kann die Frist auch nachträglich verkürzt werden, wenn eine für die Erteilung, die Verlängerung oder die Bestimmung der Geltungsdauer wesentliche Voraussetzung entfallen ist.
a) Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Bestimmung sind vorliegend erfüllt.
Vorliegend wurde dem Kläger von der Beklagten am 18. Juni 2013 seine Aufenthaltserlaubnis gemäß §§ 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG i. V. m. § 27 Abs. 1 AufenthG bis 17. Juni 2016 verlängert, um ihm eine familiäre Lebensgemeinschaft mit seinem am … Mai 2011 im Bundesgebiet geborenen Sohn, der die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, zu ermöglichen. Wesentliche Voraussetzung für die Erteilung bzw. Verlängerung dieser Aufenthaltserlaubnis ist somit das Bestehen einer familiären Lebensgemeinschaft zwischen dem Kläger und seinem Sohn, da ihm gerade aus diesem Grund der Aufenthalt im Bundesgebiet ermöglicht werden soll.
Die Beklagte hat hier zu Recht angenommen, dass diese, für die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis wesentliche Voraussetzung zum 31. Juli 2015 entfallen ist, da zwischen dem Kläger und seinem Sohn keine schutzwürdige familiäre Lebensgemeinschaft mehr besteht:
Bei der Beurteilung, ob eine nach Art. 6 Abs. 1 und 2 GG schützenswerte familiäre Lebensgemeinschaft besteht, ist maßgeblich auf die tatsächliche Verbundenheit zwischen den Familienmitgliedern abzustellen (vgl. BVerfG, B. v. 12.5.1987 – 2 BvR 1226/83 – juris Rn. 87). Hierbei ist grundsätzlich eine Betrachtung des konkreten Einzelfalls geboten und zu würdigen, in welcher Form die Elternverantwortung ausgeübt wird und welche Folgen eine endgültige oder vorübergehende Trennung für die Eltern-Kind-Beziehung und das Kindeswohl hätte. Unabhängig vom Innehaben des Sorgerechts ist vor allem der persönliche Kontakt mit dem Kind in Ausübung des Umgangsrechts Ausdruck und Folge des natürlichen Elternrechts und der damit verbundenen Elternverantwortung. Bei der Bewertung der familiären Beziehungen kommt es auch nicht darauf an, ob eine Hausgemeinschaft vorliegt und ob die von einem Familienmitglied tatsächlich erbrachte Lebenshilfe auch von anderen Personen erbracht werden könnte. Insbesondere wird der spezifische Erziehungsbeitrag des Vaters nicht durch die Betreuung des Kindes durch die Mutter entbehrlich. Eine verantwortungsvoll gelebte und dem Schutzzweck des Art. 6 GG entsprechende Eltern-Kind-Gemeinschaft lässt sich auch nicht allein quantitativ etwa nach Daten und Uhrzeiten des persönlichen Kontakts oder genauem Inhalt der einzelnen Betreuungshandlungen bestimmen. Die Entwicklung eines Kindes wird nämlich nicht nur durch quantifizierbare Betreuungsbeiträge der Eltern, sondern auch durch die geistige und emotionale Auseinandersetzung geprägt. Die familiäre Lebensgemeinschaft zwischen einem Elternteil und seinem minderjährigen Kind ist getragen von tatsächlicher Anteilnahme am Leben und Aufwachsen des Kindes. Im Fall eines in diesem Sinne regelmäßigen Umgangs des ausländischen Elternteils, der dem auch sonst Üblichen entspricht, wird daher in der Regel von einer familiären Lebensgemeinschaft auszugehen sein (vgl. BVerfG, B. v. 9.1.2009 – 2 BvR 1064/08 – NVwZ 2009, 387; B. v. 1.12.2008 – 2 BvR 1830/08 – juris Rn. 28 ff.). Auch Unterhaltsleistungen stellen in diesem Zusammenhang ein Indiz für die Wahrnehmung elterlicher Verantwortung dar.
Besteht ein gemeinsames Sorgerecht, so verstärkt sich der bereits aufgrund der Eltern-Kind-Beziehung geschützte persönliche Kontakt des Kindes zum getrennt lebenden Elternteil dadurch, dass von Rechts wegen dem ausländischen Elternteil eine gemeinsame Erziehungs- und Betreuungsverantwortung übertragen worden ist. Allerdings entfaltet Art. 6 GG nicht schon aufgrund formal-rechtlicher familiärer Bindungen ausländerrechtliche Schutzwirkungen. Für die Erteilung bzw. Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG reicht daher allein das formelle Bestehen des Sorgerechts ebenso wenig aus wie die bloße Einräumung eines Umgangsrechts. Maßgeblich ist vielmehr die tatsächliche Ausübung des Sorgerechts (OVG Berlin-Brandenburg, U. v. 9.3.2011 – OVG 12 B 18.10 – juris). Erforderlich ist, dass der Sorgeberechtigte nach außen erkennbar in ausreichendem Maße Verantwortung für die Betreuung und Erziehung seines minderjährigen Kindes übernimmt (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, Kommentar, § 28 Rn. 11 f.). Lebt das Kind nicht in häuslicher Gemeinschaft mit dem sorgeberechtigten Elternteil, muss sich die Vater-Kind-Beziehung als eine über die Begegnungsgemeinschaft hinausgehende Erziehungs- und Betreuungsgemeinschaft darstellen. Anhaltspunkte für die Annahme einer familiären Lebensgemeinschaft können beispielsweise intensive Kontakte, gemeinsam verbrachte Urlaube, die Übernahme eines nicht unerheblichen Anteils der Betreuung und Versorgung des Kindes oder sonstige Beistandsleistungen sein, sofern diese geeignet sind, das Fehlen des gemeinsamen Lebensmittelpunktes auszugleichen (BVerwG, U. v. 9.12.1997, NVwZ 1998, 742). Darüber hinaus kann sich Umgang auch außerhalb der persönlichen Begegnung ereignen. So müssen Telefonate und Briefkontakt, zumal bei getrennten Wohnsitzen, als Elemente familiärer Lebensgemeinschaft angemessen berücksichtigt werden (Hailbronner, a. a. O., § 28 Rn. 15; BVerfG, U. v. 8.12.2005 – 2 BvR 1001/04 Rn. 37).
Bei aufenthaltsrechtlichen Entscheidungen, die den Umgang mit einem Kind berühren, ist dabei maßgeblich auch auf die Sicht des Kindes abzustellen und zu prüfen, ob tatsächliche eine persönliche Verbundenheit besteht, auf deren Aufrechterhaltung das Kind zu seinem Wohl angewiesen ist. Eine Ausübung der Personensorge, die nicht dem Wohle des Kindes dient, kann daher einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG nicht begründen (vgl. BVerfG, B. v. 9.1.2009 – 2 BvR 1064/08 – NVwZ 2009, 387.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist nach dem Akteninhalt und dem Ergebnis der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung nicht feststellbar, dass der Kläger, dem die elterliche Sorge für seinen am … Mai 2011 geborenen deutschen Sohn gemeinsam mit der Kindsmutter zusteht, in ausreichendem Maße elterliche Verantwortung für dessen Betreuung und Erziehung übernommen hat bzw. derzeit übernimmt.
Hinsichtlich des vom Kläger in den letzten Jahren geleisteten Erziehungs- und Versorgungsbeitrag folgt das Gericht den glaubhaften Ausführungen der Zeugin. Diese hat in der mündlichen Verhandlung detailliert und lebensnah den Umgang zwischen dem Kläger und seinem Sohn beschrieben. Ihre Aussagen decken sich zudem mit den Bewertungen und Feststellungen Dritter. So wird die unzureichende Mitwirkung des Klägers im Rahmen der Erziehungsberatung im Zeitraum von April 2012 bis Mitte November 2012 auch von Seiten der Erziehungsberatungsstelle „…“ bestätigt (vgl. Blatt 601 der Behördenakte). Ihre Angaben zu den Unterhaltszahlungen des Klägers sowie der beim Zentrum … (Z.) stattgefundenen begleiteten Übergaben finden sich ebenfalls durch entsprechende Stellungnahmen des Jugendamtes der Stadt … (vgl. Blätter 600 und 612 der Behördenakte) und des Z. (Blätter 38 f. der Gerichtsakte) bestätigt.
Das Gericht sieht des Weiteren keinen Anlass die Glaubwürdigkeit der Zeugin in Zweifel zu ziehen. Trotz der geschilderten Spannungen und Auseinandersetzungen, die seit der Geburt ihres Sohnes zwischen ihr, ihrem Ehemann und dem Kläger aufgetreten sind, konnte bei der Zeugin weder eine unangemessene Voreingenommenheit noch ein Belastungseifer gegenüber dem Kläger festgestellt werden. Vielmehr war die Zeugin ersichtlich bemüht, das Verhalten des Klägers umfassend und sachlich darzustellen. Durch ihr gesamtes Verhalten und ihre differenzierenden, das Kindeswohl reflektierenden Äußerungen in der mündlichen Verhandlung hat die Zeugin dem Gericht insgesamt einen glaubwürdigen Eindruck vermittelt.
Danach stellt sich der Sachverhalt zur Überzeugung des Gerichts wie folgt dar:
Der Kläger und die Kindsmutter haben sich nur wenige Monate nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes im August 2011 getrennt, so dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt mit seinem Sohn in häuslicher Gemeinschaft lebte. Dennoch zog der Kläger nach der Geburt seines Sohnes zunächst nach München, um das Umgangsrecht mit seinem Sohn ausüben zu können. Der Stellungnahme des Sozialreferats der Beklagten vom 20. Dezember 2011 lässt sich entnehmen, dass sich der Kläger seiner Elternverantwortung in den ersten Monaten nach der Geburt seines Sohnes gestellt hat und ihm Beistand im Lebensalltag geleistet hat. Nach Auffassung des Sozialreferats war deshalb zum damaligen Zeitpunkt von einer echten familiären Beistandsgemeinschaft auszugehen. Auch aus der Stellungnahme der Kindsmutter vom 11. Februar 2015 geht hervor, dass der Kläger zunächst regelmäßig Kontakt zu seinem Sohn hatte, wenngleich er auch damals gelegentlich Treffen mit seinem Sohn absagte oder hierzu verspätet erschien. Aufgrund der Unzuverlässigkeit des Klägers fanden zunächst Gespräche mit dem Jugendamt statt. Von April 2012 bis Mitte November 2012 nahmen der Kläger und die Kindsmutter darüber hinaus ein Angebot der Erziehungsberatungsstelle „…“ wahr. Hierbei sollte im Rahmen gemeinsamer Gespräche eine einvernehmliche Umgangsregelung gefunden und die Eltern bei deren praktischer Umsetzung unterstützt werden. Aus der Stellungnahme der Diplom-Psychologin … vom 16. Februar 2015 ergibt sich jedoch, dass der Kläger hieran nur unzureichend mitwirkte, indem er zu vereinbarten Terminen nicht erschien und nicht mehr zu erreichen war. Aufgrund dessen wurden die Beratungsgespräche Mitte November 2012 eingestellt, während die Kindsmutter noch bis August 2013 in regelmäßigem Beratungskontakt zu der Erziehungsberatungsstelle stand. Im September 2013 zog die Kindsmutter mit dem gemeinsamen Sohn nach … und versuchte vor Gericht, das alleinige Sorgerecht für ihren Sohn zugesprochen zu bekommen. Bei der Gerichtsverhandlung im November 2013 wurde jedoch vereinbart, dass das Sorgerecht bei beiden Eltern verbleiben solle. Darüber hinaus wurde eine Umgangsregelung dahingehend getroffen, dass dem Kläger im Wege einer begleiteten Übergabe über das Z. in … jeden ersten und dritten Samstag im Monat die Gelegenheit eingeräumt wurde, zwei Stunden mit seinem Sohn zu verbringen. Aus den Angaben der Zeugin und den vorgelegten Unterlagen des Z. geht hervor, dass der Kläger von Januar bis Juni 2014 zunächst regelmäßig die Termine zur begleiteten Übergabe wahrnahm. Nach Auskunft der Kindsmutter habe sich … in dieser Zeit auch darauf gefreut, seinen Vater zu sehen. Sie wisse, dass der Kläger während des Umgangs gelegentlich mit seinem Sohn auf einen Spielplatz im Freien oder in einer Halle gegangen sei. Die Zeugin hat des Weiteren berichtet, dass die Treffen seit Juni 2014 jedoch zunehmend seltener geworden seien und der Kläger immer wieder neue Ausreden für sein Ausbleiben gefunden habe. Ende des Jahres 2014 wollte … nach Auskunft der Kindsmutter seinen Vater nicht mehr sehen und hat sehr viel geweint. Im Januar 2015 habe man den Versuch unternommen, die begleitete Übergabe von zwei auf vier Stunden zu erhöhen. Entgegen dieser neuen Abmachung habe der Kläger jedoch die begleitete Übergabe bei einem Termin im Januar 2015 bereits nach zwei Stunden vorzeitig abgebrochen und die Kindsmutter sei vom Z. aufgefordert worden, … abzuholen. In der mündlichen Verhandlung führte die Zeugin des Weiteren aus, dass daraufhin noch im Januar 2015 – in Absprache mit dem Jugendamt und dem Z. – die begleiteten Übergaben eingestellt worden seien, um zu sehen, ob sich der Kläger von sich aus bei seinem Sohn melden würde. Nach den Angaben der Zeugin meldete sich der Kläger daraufhin für acht Monate nicht mehr bei ihr und hatte keinen Kontakt zu seinem Sohn. Auch zum Geburtstag hat er … in diesem Jahr nichts geschenkt. Erst im August 2015 hat der Kläger schließlich unvermittelt wieder Kontakt mit der Kindsmutter aufgenommen und um erneute Treffen mit seinem Sohn gebeten. Im September und im Oktober 2015 haben erneut jeweils zwei begleitete Übergaben stattgefunden. Seit August 2015 bezahlt der Kläger darüber hinaus auch regelmäßig Unterhalt. Im Januar, März und April 2016 fand nach Auskunft der Kindsmutter und des Z. jeweils eine begleitete Übergabe. Telefonate des Klägers mit seinem Sohn beschränken sich nach den Angaben der Zeugin auf zwei bis drei Mal im Jahr.
Ausgehend von diesem Sachverhalt lässt sich vorliegend eine im Sinne von Art. 6 GG schützenswerte Beziehung zwischen dem Kläger und seinem Sohn nicht mehr feststellen. Zwar hat der Kläger trotz der Trennung von der Kindsmutter nach der Geburt zunächst die Nähe zu seinem Sohn gesucht und in den ersten Monaten regelmäßig Kontakt zu ihm gehabt. Aufgrund dessen bestand laut der Stellungnahme des Sozialreferats der Beklagten vom Dezember 2011 zunächst auch eine familiäre Lebensgemeinschaft zwischen dem Kläger und seinem Sohn, wenngleich der Kläger mit ihm nicht in häuslicher Gemeinschaft lebte. Das Bestehen einer solchen familiären Lebensgemeinschaft kann jedoch weder zum Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides vom 17. Juni 2015 noch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung angenommen werden.
Der Kläger hat das ihm gerichtlich im November 2013 eingeräumte Umgangsrecht ab Juni 2014 nur noch unzuverlässig und unregelmäßig wahrgenommen. Aus den Unterlagen des Z. sowie den glaubhaften Ausführungen der Zeugin geht hervor, dass sich der Kläger bei den begleiteten Übergaben häufig verspätet hat und mehr als die Hälfte der vereinbarten Treffen ganz versäumt hat. Die hierfür vom Kläger angeführten Gründe sind zum Teil widersprüchlich und insoweit nicht glaubwürdig. So gab der Kläger gegenüber der Zeugin im Juni 2014 an, er könne den kommenden Umgang mit seinem Sohn nicht wahrnehmen, da er sich das Bein gebrochen habe. Bei einem Treffen mit der Kindsmutter nur zwei Wochen später trug er den Angaben der Zeugin zufolge jedoch keinen Gips. Eine plausible Erklärung hierfür konnte der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung nicht geben. So bestätigte der Kläger zunächst, dass er sich im Juni 2014 sein Bein gebrochen habe. Auf erneute Nachfrage des Gerichts erklärte er hingegen, er habe sich nicht das Bein, sondern sein Handgelenk bei einem Arbeitsunfall gebrochen. Sein unzuverlässiges Verhalten bezüglich der Treffen mit seinem Sohn lässt darauf schließen, dass der Kläger regelmäßig seine persönlichen Interessen über das Wohl seines Kindes stellt und es ihm offenbar gleichgültig ist, ob sein Sohn auf ihn wartet und enttäuscht ist, wenn er zu den vereinbarten Terminen nicht erscheint. Dass … erheblich unter diesem Verhalten seines Vaters zu leiden hatte, hat auch die Kindsmutter bestätigt. Diese gab an, dass … Ende des Jahres 2014 sehr viel geweint habe, sie nicht gehen lassen wollte und keine Freude mehr daran hatte, seinen Vater zu sehen.
Im Januar 2015 brach der Kontakt des Klägers zu seinem Sohn für acht Monate schließlich gänzlich ab. Entgegen den Angaben des Klägers kann vorliegend nicht angenommen werden, dass der Kontakt in dieser Zeit von der Kindsmutter unterbunden worden wäre. Zwar ist zutreffend, dass die Initiative für den Abbruch der begleiteten Übergaben von der Zeugin ausging. Dies geschah jedoch in Absprache mit dem Z. und dem Jugendamt als Reaktion auf die häufigen Absagen des Klägers. Dem Kläger wäre es jederzeit möglich gewesen, auf eigene Initiative mit dem Z., dem Jugendamt oder der Kindsmutter in Kontakt zu treten, um weitere Treffen mit seinem Sohn zu vereinbaren. Erst im August 2015 trat der Kläger erneut in Kontakt mit der Kindsmutter und bat darum, die begleitete Übergabe mit seinem Sohn fortzusetzen. Aufgrund des engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen der erneuten Geltendmachung des Umgangsrechts und dem Erlass des streitgegenständlichen Bescheides, der dem Kläger am 17. Juli 2015 zugestellt wurde, steht zu vermuten, dass dies nicht freiwillig, sondern unter dem Druck der Verkürzung der Geltungsdauer seiner Aufenthaltserlaubnis erfolgte. Auch die Zeugin erklärte hierzu in der mündlichen Verhandlung, dass sie davon überzeugt sei, dass „das sich wieder Rühren“ im August 2015 mit seiner Aufenthaltserlaubnis zusammenhänge.
Das Gericht konnte vorliegend auch nach der informatorischen Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung nicht den Eindruck gewinnen, dass sich dieser ernsthaft um einen regelmäßigen, von tatsächlicher Anteilnahme am Leben seines Sohnes geprägten Kontakt mit seinem Sohn bemüht. Zwar ist vorliegend zu berücksichtigen, dass die Kontaktaufnahme mit seinem Sohn für den Kläger aufgrund des Umzugs der Kindsmutter nach … erschwert ist. Nach den glaubhaften Angaben der Zeugin steht der Kläger jedoch auch nicht in regelmäßigem telefonischem Kontakt mit ihr oder … Eine tatsächlich gelebte Anteilnahme des Klägers am Leben seines Sohnes, die über die gelegentlichen Treffen seines Sohnes im Rahmen der begleiteten Übergabe hinausgehen würde, ist nicht ersichtlich. Ansonsten wäre nicht erklärlich, weshalb der Kläger in der mündlichen Verhandlung weder das genaue Geburtsdatum seines Sohnes zutreffend anzugeben vermochte noch Auskunft darüber geben konnte, in welchen Kindergarten sein Sohn derzeit geht. Fragen des Gerichts zu den Treffen mit seinem Sohn beantwortete der Kläger allenfalls oberflächlich. Seine Angaben, wie oft er im Jahr 2016 seinen Sohn gesehen hat, standen außerdem im Widerspruch zu den Aussagen der Zeugin und den Angaben des Z. Im Zeitraum von Januar bis August 2015 bestand zwischen Vater und Sohn gar kein Kontakt. Auch bei der Kindsmutter erkundigte sich der Kläger in dieser Zeit nicht nach dem Wohlbefinden seines Sohnes.
Die Übernahme nennenswerter Erziehungs- oder Betreuungsleistungen lässt sich ebenfalls nicht feststellen. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sich der Kläger in seiner Rolle als Vater von … in das Leben seines Sohnes einbringt, ihm Fürsorge und Halt gewährt und für diesen Erziehungsverantwortung übernimmt. Auch ein emotionaler Zugang des Klägers zu seinem Sohn ist nicht ersichtlich. So gab die Kindsmutter an, dass der Kläger, als … bei einem Treffen im Dezember 2014 geweint habe, mit den Worten „Warum weint er jetzt, was soll das. Dann nimm ihn wieder mit, ich habe keinen Bock auf die Scheiße“ reagiert hat. Dieses Verhalten macht deutlich, dass der Kläger für die Gefühle seines Sohnes kein Verständnis hat und nicht dazu bereit ist, ihm Trost zu bieten.
Der Kläger hat darüber hinaus seit der Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis im Juni 2013 bis August 2015 auch kaum wirtschaftliche Verantwortung für sein Kind übernommen. Lediglich Ende 2014/Anfang 2015 hat der Kläger die Kindsmutter beim Kauf einer Hautcreme für seinen Sohn unterstützt und auf ihre Bitte hin hierfür zwei bis dreimal Geldbeträge im Rahmen von 20,00 bis 100,00 Euro überwiesen. Regelmäßige Unterhaltsleistungen erbringt der Kläger hingegen erst seit August 2015.
Nach Einschätzung der Kindsmutter ist zwar ein Vater wichtig für die Entwicklung eines Kindes. In den letzten fünf Jahren habe sie deshalb auch versucht, den Kontakt aufrechtzuerhalten. Gleichwohl ist sie der Auffassung, dass … in der Lage sei, auch ohne seinen Vater gut zurechtzukommen. Zwar freue sich … derzeit auf die Besuche von seinem Vater. Dies könne sich jedoch rasch wieder ändern, wenn die unregelmäßigen Besuche weitergingen. Sie habe das Gefühl, dass sich der Kläger nicht um seinen Sohn kümmere, sondern es ihm nur um seine Papiere gehe.
Zusammenfassend ist nach Auffassung des Gerichts nicht von einer tatsächlichen Verbundenheit des Klägers mit seinem Sohn, auf deren Aufrechterhaltung das Kind zu seinem Wohl angewiesen ist, auszugehen. Eine Ausreise des Klägers würde daher weder schutzwürdige Belange des Kindes noch des Klägers im Hinblick auf den Kontakt mit seinem Sohn erheblich beeinträchtigen. Dem Kläger ist es vorliegend zumutbar, vom Ausland aus eine Beziehung zu seinem Sohn herzustellen und über Telefon- und Briefkontakt sowie das Internet aufrechtzuerhalten, ohne dass dadurch das Kindeswohl nachhaltig beeinträchtigt würde.
b) Die nachträgliche Befristung erweist sich auch unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen des Klägers als ermessensfehlerfrei und angemessen. Das Gericht kann die Entscheidung der Beklagten nur daraufhin überprüfen, ob sie die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten und von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 114 Satz 1 VwGO).
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe erweist sich die Ermessensentscheidung des Beklagten als ermessensfehlerfrei und angemessen. Das Vertrauen auf den Fortbestand einer Aufenthaltserlaubnis ist bei einem Fortfall einer wesentlichen Voraussetzung (grundsätzlich) nicht geschützt (vgl. Dienelt in Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Auflage 2013, AufenthG, § 7 Rn. 44). Im Rahmen der nachträglichen Verkürzung der Geltungsdauer war (lediglich) das Interesse des Klägers, bis zum Ablauf der ursprünglichen Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis in Deutschland zu bleiben, und das öffentliche Interesse an der Beendigung eines materiell rechtswidrig gewordenen Aufenthalts gegeneinander abzuwägen (vgl. BVerwG, U. v. 9.6.2009 – 1 C 11/08 – BVerwGE 134, 124). Die Beklagte hat im angefochtenen Bescheid eine umfassende Abwägung vorgenommen und dargelegt, dass auch unter Berücksichtigung der persönlichen Belange des Klägers keine unverhältnismäßige Härte mit der Aufenthaltsbeendigung einhergeht. Auch der Umstand, dass der Sohn des Klägers im Bundesgebiet lebt, führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Wie bereits ausgeführt besteht zwischen dem Kläger und seinem Sohn keine mit Blick auf Art. 6 GG schutzwürdige Beziehung. Ermessensfehler sind insoweit nicht ersichtlich.
2. Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 5.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,– übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

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