Aktenzeichen 2 W 216/18
Leitsatz
Verfahrensgang
12 OH 107/17 2017-12-27 Bes LGWEIDEN LG Weiden
Tenor
I. Der Beschluss des Landgerichts Weiden i. d. OPf. vom 27.12.2017, Az. 12 OH 107/17, wird in Ziff. 2, der Beschluss vom 16.01.2018 zum selben Az. wird insgesamt aufgehoben.
II. Die Ablehnung des Sachverständigen L wird für begründet erklärt.
Gründe
1. Die sofortigen Beschwerden gegen die im Tenor genannten Beschlüsse des Landgerichts sind zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.
2. Die Ablehnungsgesuche sind rechtzeitig gestellt; das erste innerhalb der zur Stellungnahme auf das Gutachten gesetzten Frist, das zweite innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis von den die Ablehnung begründenden Tatsachen. Dass im Ortstermin vom 08.11.2017 niemand für den Streithelfer erschienen war, konnte die Beklagte auf eine bewusste Entscheidung des Streithelfers zurückführen. Dass dieser überhaupt nicht geladen worden war, wurde erst aus dem Gutachten erkennbar.
3. Auch in der Sache sind die Ablehnungsgesuche begründet.
Nach § 406 i. V. m. § 42 Abs. 2 ZPO kann ein Sachverständiger wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Sachverständige tatsächlich befangen ist; es genügt jede Tatsache, die ein auch nur subjektives Misstrauen einer Partei (oder eines sonstigen Beteiligten) in die Unparteilichkeit des Sachverständigen vernünftigerweise rechtfertigen kann. Dies ist hier der Fall.
Der Sachverständige L hat den Ortstermin vom 08.11.2017 durchgeführt, ohne dem Streithelfer auf Seiten der Antragsgegnerin Gelegenheit zur Teilnahme zu geben. Er hat insoweit dargelegt, er habe am 24.10.2017 mehrere Telefonate geführt, um einen Ortstermin zu vereinbaren. Dabei habe er auch ein längeres Telefongespräch mit dem Streithelfer geführt. Dieser habe dabei den Eindruck erweckt, dass er am Ortstermin nicht teilnehmen möchte. Welche konkreten Äußerungen des Streithelfers diesen Eindruck hervorgerufen haben, teilt der Sachverständige in seiner Stellungnahme vom 18.12.2017 nicht mit; in seiner − ansonsten weitgehend wortgleichen − Stellungnahme vom 19.02.2018 wird dieser Eindruck nicht erneut erwähnt. Ob dem Sachverständigen nicht bewusst gewesen sei, dass auch ein Streithelfer geladen werden müsse, kann dahinstehen (immerhin hat der Sachverständige nach seiner Erklärung das Telefonat auch mit dem Streithelfer zu dem Zweck geführt, einen Ortstermin zu vereinbaren). Jedenfalls aus der Sicht des Beklagten und seines Streithelfers musste aus dieser Vorgehensweise der Eindruck entstehen, dass der Sachverständige dem Rechtsstreit nicht unvoreingenommen gegenübersteht, denn durch diese Vorgehensweise ist der Streithelfer objektiv daran gehindert worden, zu Gunsten des Beklagten im Ortstermin fachliche Argumente vorzutragen.
Der Sachverständige hat sich nach seiner eigenen Erklärung Fotos und Unterlagen vom Streithelfer des Beklagten zuschicken lassen, die für die Bewertung der Sachlage dienlich waren. Diese Unterlagen und Fotos hat er in seinem Gutachten verwendet, ohne dass er den sonstigen Beteiligten des selbständigen Beweisverfahrens zuvor Gelegenheit gegeben hätte, dazu Stellung zu nehmen. Damit hat er objektiv auch dem Beklagten selbst die Möglichkeit genommen, den Inhalt dieser Unterlagen und Fotos aus seiner Sicht zu bewerten und entsprechend im Verfahren vorzutragen.
Dieses Vorgehen des Sachverständigen trägt die Ablehnung (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 406 Rdnr. 7 m. w. N.) auch dann, wenn der Sachverständige tatsächlich nicht befangen ist. Das Angebot, den Ortstermin zu wiederholen, kann die Benachteiligung des Beklagten nicht beseitigen; inzwischen liegt ein Gutachten vor, so dass aus der subjektiven Sicht der Parteien die Befürchtung bestehen kann, dass der Sachverständige auch aufgrund eines neuen Termins am Ergebnis seiner Begutachtung nichts ändern werde.
4. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind Kosten des selbständigen Beweisverfahrens; eine gesonderte Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (Greger, a. a. O., Rdnr. 17; G. Vollkommer, a. a. O., § 46 Rdnr 20).