Familienrecht

(Schonbeträge bei der Festsetzung der Betreuervergütung)

Aktenzeichen  XII ZB 247/19

Datum:
6.11.2019
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2019:061119BXIIZB247.19.0
Normen:
§ 1836 Abs 1 S 2 BGB
§ 1836 Abs 1 S 3 BGB
§ 1836c Nr 2 BGB
§ 1836d Nr 1 BGB
§ 1908i Abs 1 S 1 BGB
§ 60a SGB 12
§ 90 SGB 12
§ 1 Abs 2 Nr 1 VBVG
Spruchkörper:
12. Zivilsenat

Verfahrensgang

vorgehend LG Düsseldorf, 29. April 2019, Az: 19 T 165/18vorgehend AG Neuss, 20. November 2018, Az: 115 XVII 103/06 N

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 2 wird der Beschluss der 19. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 29. April 2019 aufgehoben.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Neuss vom 20. November 2018 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsmittelverfahren sind gerichtskostenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Wert: 924 €

Gründe

I.
1
Die Beteiligte zu 2 (im Folgenden: Landeskasse) wendet sich dagegen, dass dem Betroffenen im Rahmen der Betreuervergütung wegen seines Bezugs von Eingliederungshilfe ein erhöhter Freibetrag von zusätzlich 25.000 € zugebilligt worden ist.
2
Für den Betroffenen ist der Beteiligte zu 1 zum Betreuer bestellt. Dem Betroffenen ist mit Bescheid vom 8. Juni 2018 für die Zeit ab Ende 2017 Eingliederungshilfe bewilligt worden. Der Beteiligte zu 1 führt die Betreuung berufsmäßig und begehrt die Festsetzung einer Vergütung gegen die Landeskasse für seine in der Zeit vom 20. Februar 2018 bis zum 19. August 2018 entfaltete Tätigkeit in Höhe von 924 €.
3
Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen, weil der Betroffene über ein Vermögen von insgesamt 6.470,44 € verfügt. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1 hat das Landgericht den Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben. Hiergegen wendet sich die Landeskasse mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
4
Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung.
5
1. Das Landgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Nach § 1836 c Nr. 2 BGB iVm § 90 SGB XII habe der Betreute grundsätzlich sein gesamtes verwertbares Vermögen für die Betreuervergütung einzusetzen. Ausgenommen sei jedoch gemäß § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII die Verwertung des Vermögens, soweit dies eine Härte für den Betroffenen bedeute. Gemäß § 90 Abs. 3 Satz 2 SGB XII sei dies bei der Leistung nach dem 5. bis 9. Kapitel insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde. Aus der Regelung des § 60 a SGB XII folge, dass sich bei einem Betreuten, der – wie hier – Eingliederungshilfe erhalte, der Vermögensfreibetrag um 25.000 € erhöhe.
6
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
7
a) Der Beteiligte zu 1 hat als Berufsbetreuer einen Anspruch auf Vergütung seiner Amtsführung gemäß §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB iVm § 1 Abs. 2 Satz 1 VBVG. Schuldner des Vergütungsanspruchs ist grundsätzlich der Betreute. Die zu bewilligende Vergütung ist aber nach § 1 Abs. 2 Satz 2 VBVG aus der Staatskasse zu zahlen, wenn der Betreute mittellos ist. Er gilt nach §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1836 d Nr. 1 BGB als mittellos, wenn er die Vergütung aus seinem einzusetzenden Einkommen oder Vermögen nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann. Die Inanspruchnahme des Betreuten ist dabei auf die gemäß § 1836 c BGB einzusetzenden Mittel begrenzt. Sein Vermögen hat der Betreute gemäß § 1836 c Nr. 2 BGB nach Maßgabe des § 90 SGB XII für die Betreuervergütung aufzubringen (Senatsbeschluss vom 24. Juli 2019 – XII ZB 216/19 – juris Rn. 7 mwN).
8
b) Gemessen hieran scheidet eine Vergütung des Betreuers aus der Landeskasse aus. Dem Betroffenen steht nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII iVm § 1 Nr. 1 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII (BGBl. 2017 I S. 519) ein Schonbetrag in Höhe von derzeit 5.000 € zu, so dass er nach den getroffenen Feststellungen des Amtsgerichts zu seinen Vermögensverhältnissen ohne weiteres in der Lage ist, die geltend gemachte Vergütung von 924 € zu zahlen.
9
Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts ist dem Betreuten im Hinblick auf § 60 a SGB XII kein zusätzlicher Freibetrag von weiteren 25.000 € zuzubilligen. Wie der Senat entschieden hat, hat § 60 a SGB XII auf die Ermittlung des für die Betreuervergütung einzusetzenden Vermögens keinen Einfluss (Senatsbeschluss vom 20. März 2019 – XII ZB 290/18 – FamRZ 2019, 1006 Rn. 17 ff. mwN).
10
3. Der Beschluss des Landgerichts ist daher aufzuheben und die amtsgerichtliche Entscheidung wiederherzustellen. Der Senat kann in der Sache abschließend entscheiden, da keine weiteren Feststellungen mehr zu treffen sind und die Sache zur Endentscheidung reif ist, § 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG.
Dose     
        
Klinkhammer     
        
Schilling
        
Guhling     
        
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