Familienrecht

(Teilweise inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 11.12.2018 III R 26/18 – Kindergeld; Abgrenzung zwischen der mehraktigen einheitlichen Erstausbildung mit daneben ausgeübter Erwerbstätigkeit und der berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung (Zweitausbildung))

Aktenzeichen  III R 8/18

Datum:
17.1.2019
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BFH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BFH:2019:U.170119.IIIR8.18.0
Normen:
§ 62 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2009
§ 63 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2009
§ 32 Abs 1 Nr 1 EStG 2009
§ 32 Abs 4 S 1 Nr 2 Buchst a EStG 2009
§ 32 Abs 4 S 2 EStG 2009
§ 32 Abs 4 S 3 EStG 2009
EStG VZ 2014
EStG VZ 2015
EStG VZ 2016
EStG VZ 2017
Abschn V6.1 Abs 1 S 8 DA-KG 2018
§ 88 AO
§ 76 FGO
Spruchkörper:
3. Senat

Leitsatz

1. NV: Nimmt ein volljähriges Kind nach Erlangung eines ersten Abschlusses in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang eine nicht unter § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG fallende Berufstätigkeit auf, erfordert § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG, zwischen einer mehraktigen einheitlichen Erstausbildung mit daneben ausgeübter Erwerbstätigkeit und einer berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung (Zweitausbildung) abzugrenzen .
2. NV: Eine einheitliche Erstausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ist nicht mehr anzunehmen, wenn die von dem Kind aufgenommene Erwerbstätigkeit bei einer Gesamtwürdigung der Verhältnisse bereits die hauptsächliche Tätigkeit bildet und sich die weiteren Ausbildungsmaßnahmen als eine auf Weiterbildung und/oder Aufstieg in dem bereits aufgenommenen Berufszweig gerichtete Nebensache darstellen .

Verfahrensgang

vorgehend FG Düsseldorf, 11. Januar 2018, Az: 9 K 994/17 Kg, Urteil

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 11. Januar 2018 9 K 994/17 Kg insoweit aufgehoben, als der Klage hinsichtlich des Kindergeldanspruchs für den Zeitraum Oktober 2016 bis März 2017 stattgegeben wurde.
Die Sache wird insoweit an das Finanzgericht Düsseldorf zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

I.
1
Streitig ist der Kindergeldanspruch für Oktober 2016 bis März 2017.
2
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist die Mutter eines im Februar 1993 geborenen Sohnes (S). S begann im Anschluss an seine Schulausbildung (Berufskolleg für Wirtschaft und Verwaltung) im August 2011 eine dreijährige Ausbildung zum Steuerfachangestellten, die er im Mai 2014 abschloss. Im September 2014 nahm S ein Bachelorstudium an der X-Hochschule im Studienfach “Steuerrecht Teilzeit” auf.
3
Die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) hob die zugunsten der Klägerin erfolgte Kindergeldfestsetzung für S mit Bescheid vom 6. Juni 2014 ab Juli 2014 auf, weil S seine Berufsausbildung voraussichtlich im Juni 2014 beenden werde.
4
Ende Juni 2016 beantragte der Ehemann der Klägerin und Vater des S die Gewährung von Kindergeld rückwirkend ab Mai 2014. Er legte Studienbescheinigungen für das 1. bis 4. Semester sowie Nachweise über Vollzeitarbeitsverhältnisse als Steuerfachangestellter vor. Die Familienkasse lehnte die Kindergeldgewährung mit Bescheid vom 1. August 2016 ab dem Monat Juli 2014 gegenüber der Klägerin ab. Zur Begründung führte sie aus, S habe eine erste Berufsausbildung abgeschlossen und neben einer weiteren Ausbildung eine nach § 32 Abs. 4 Sätze 2 und 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) schädliche Erwerbstätigkeit ausgeübt. Der hiergegen von der Klägerin eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 8. September 2016).
5
Außerdem hob die Familienkasse mit Bescheid vom 23. August 2016 die Kindergeldfestsetzung für Juni 2014 auf, da S seine Berufsausbildung zu Beginn dieses Monats bereits beendet habe. Hiergegen erhob die Klägerin keinen Einspruch.
6
Im Januar 2017 beantragte die Klägerin Kindergeld ab Juni 2014. Sie wiederholte ihr früheres Vorbringen und fügte eine aktuelle Immatrikulationsbescheinigung des S für das Wintersemester 2016/2017 bei. Die Familienkasse lehnte den Antrag mit Bescheid vom 2. Februar 2017 ab. Der Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 14. März 2017).
7
Die gegen letztere Entscheidung gerichtete Klage hatte nur teilweise Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage für den Zeitraum Juni 2014 bis September 2016 unter Hinweis darauf ab, dass für diesen Zeitraum ein Kindergeldanspruch bereits bestandskräftig versagt worden sei. Für den Zeitraum Oktober 2016 bis März 2017 gab das FG der Klage statt und verpflichtete die Familienkasse, der Klägerin Kindergeld für S zu gewähren.
8
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt die Familienkasse die Verletzung materiellen Rechts.
9
Die Familienkasse beantragt sinngemäß,das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben, als der Klage für den Zeitraum Oktober 2016 bis März 2017 stattgegeben wurde, und die Klage auch insoweit abzuweisen.
10
Die Klägerin beantragt,die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

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