Aktenzeichen 2 UF 182/19
Leitsatz
1. Eine Kindeswohlgefährdung im Sinne von § 1666 BGB liegt vor, wenn eine gegenwärtige, in einem solchen Maß vorhandene Gefahr festgestellt wird, dass bei der weiteren Entwicklung der Dinge eine erhebliche Schädigung des geistigen oder leiblichen Wohls des Kindes mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.(Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
2. An die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts sind bei einer Kindeswohlgefährdung umso geringere Anforderungen zu stellen je schwerer der drohende Schaden wiegt. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Zusage der Eltern, dass sie in Zukunft „Klapse“ unterlassen werden, kann im Einzelfall die Kindeswohlgefährdung im Sinne des § 1666 BGB nicht beseitigen. (Rn. 47) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
2 UF 182/19 2019-10-22 Bes OLGBAMBERG OLG Bamberg
Tenor
1. Auf die Beschwerden des Kindsvaters X. und der Kindesmutter Y. wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Forchheim vom 23.07.2019 in Ziffern 3. und 4. aufgehoben.
2. Im Übrigen werden die Beschwerden der Kindesmutter und des Kindsvaters gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Forchheim vom 23.07.2019 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass auch der Herausgabeantrag in Bezug auf das Kind A., geboren am xx.xx.2012, zurückgewiesen wird (Ziffern 1. und 2. des Beschlusses des Amtsgerichts Forchheim, Az: 2 F 228/18).
3. Hinsichtlich H., geboren am xx.xx.2001, hat sich das Verfahren erledigt.
4. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen. Die Beteiligten tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
5. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 6.000,00 Euro festgesetzt.
6. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Entscheidung über familiengerichtliche Maßnahmen gemäß §§ 1666, 1666 a BGB betreffend die Kinder L., geb. xx.xx.2006, sowie A., geb. xx.xx.2012.
Mit Beschluss vom 23.07.2019 hat das Amtsgericht – Familiengericht – Forchheim den sorgeberechtigten Eltern Teilbereiche der elterlichen Sorge, insbesondere das Aufenthaltsbestimmungsrecht, für das gemeinsame Kind A., geb. xx.xx.2012, entzogen und insoweit die Ergänzungspflegschaft angeordnet und die entzogenen Rechte auf den Betreuungsverein … übertragen (Ziffern 1. und 2. des Beschlusses des Amtsgerichts).
Ferner wurden hinsichtlich L. begleitende Maßnahmen angeordnet, insbesondere den Eltern aufgegeben, die bestehende Sozialpädagogische Familienhilfe weiterhin anzunehmen, diese nicht zu beenden und mit dieser sowie dem Jugendamt konstruktiv zusammenzuarbeiten sowie einen Antrag auf Bestellung eines Erziehungsbeistandes für L. zu stellen (Ziffern 3. und 4. des Beschlusses).
Die Beteiligten sind die Eltern der Kinder L., geb. xx.xx.2006, und A., geb. xx.xx.2012. L. lebt noch im Haushalt der Eltern, A. lebt seit der Inobhutnahme durch das Jugendamt im einstweiligen Anordnungsverfahren des Amtsgerichts Forchheim (Az: 2 F 17/19, OLG Bamberg 2 UF 37/19) am 08.01.2019 bei Pflegeeltern.
Die weitere Tochter H., geb. xx.xx.2001, lebt mittlerweile nicht mehr im Haushalt der Eltern.
Die Mutter Y. ist Hausfrau und ist im Alltag primär für die Versorgung und Betreuung der Kinder bzw. von L. zuständig, der Kindsvater ist in Vollzeit als LKW-Fahrer tätig und tagsüber unterwegs. Die Familie bewohnt eine Wohnung in einem Zweifamilienhaus in …. Ebenfalls im Haus wohnt die Mutter der Kindesmutter. Bis zur der Inobhutnahme von A. lebte diese ebenfalls im Haushalt der Eltern.
Auf Antrag des Jugendamtes … (Verfahren des Amtsgerichts Forchheim 2 F 221/18) wurde gem. § 157 FamFG eine Kindeswohlgefährdung erörtert und im Sitzungstermin vom 12.06.2018 vereinbart, dass die Eltern eine Sozialpädagogische Familienhilfe annehmen und mit dieser und dem Jugendamt … konstruktiv zusammenarbeiten. Ferner erklärte die Kindesmutter, dass sie psychotherapeutische Hilfe annehmen und die bereits in Aussicht genommene Therapie antreten werde. Hintergrund war u.a. die schulverweigernde Arbeitshaltung des Sohnes L., der von 120 möglichen Schultagen zum damaligen Zeitpunkt am 12.04.2018 an insgesamt 40 Tagen gefehlt hatte.
Auch die damals noch im Haushalt der Eltern lebende H. war psychisch erheblich belastet, so dass das Jugendamt von einem dringenden kinder- und jugendpsychiatrischen Behandlungsbedarf ausgegangen war. A., bei der eine behandlungsbedürftige Epilepsie festgestellt worden war, besuchte damals noch den Kindergarten.
Außerdem stand die strafrechtliche Vorbelastung des Kindsvaters zur regelmäßigen Gefährdungsüberprüfung an, da dieser im Juli 2002 wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei tateinheitlichen Fällen, in einem Fall mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt worden war. Zuvor war er bereits am 23.01.1998 durch das Amtsgericht Erlangen wegen zwei tateinheitlicher Fälle des sexuellen Missbrauchs zur Freiheitsstrafe von zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt war, verurteilt worden. Zuletzt war er mit Strafbefehl des Amtsgerichts Forchheim vom 02.03.2018 wegen des Besitzes kinderpornografischer Schriften zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 35,00 Euro verurteilt worden (Az: 1105 Js 9897/17).
In diesem Zusammenhang wurde das hiesige Hauptsacheverfahren wegen elterlicher Sorge eingeleitet.
Mit Beweisbeschluss vom 12.06.2018 hat das Amtsgericht – Familiengericht – Forchheim ein familienpsychologisches Sachverständigengutachten zur Erziehungsfähigkeit der Eltern beauftragt und mit weiterem Beschluss vom 04.07.2018 die Dipl.-Psych. R. mit dem Gutachtensauftrag betraut. Daneben wurde auf Anregung der Sachverständigen R. ein psychiatrisches Zusatzgutachten bezüglich des Kindsvaters dahingehend eingeholt, ob beim Kindsvater eine Störung der Sozialpräferenz vorliege und hierdurch das Wohl des Kindes bzw. der Kinder bei einem Verbleib bei den Eltern gefährdet sei. Mit dem Gutachten wurde der Sachverständige Dr. M. beauftragt. Dieses Gutachten wurde unter dem 13.02.2019 vorgelegt. Die Sachverständige R. hat ihr Gutachten unter dem 27.04.2019 vorgelegt.
Bereits am 21.11.2018 hatte die Sachverständige R. das Jugendamt … darüber informiert, dass sie im Rahmen ihrer Begutachtung durch ein Gespräch mit A. erfahren habe, dass die Mutter sie schlage. Auch der Bruder L. sowie der Vater und auch die Oma schlage sie.
Nachdem das Jugendamt zunächst im Rahmen einer Gefährdungsüberprüfung am 29.11.2018 eine Schutzvereinbarung mit den Eltern geschlossen hatte, in der die Eltern u. a. erklärten, dass sie ihre Tochter gewaltfrei erziehen wollten (Schutzvereinbarung vom 29.11.2018 im Verfahren 2 F 17/19, auf die Bezug genommen wird) hat das Jugendamt nach schriftlicher Stellungnahme der Dipl.-Psych. R. vom 12.12.2018 am 08.01.2019 das Kind in Obhut genommen. Das Amtsgericht hat daraufhin nach mündlicher Anhörung mit Beschluss vom 05.02.2019 durch einstweilige Anordnung im Verfahren 2 F 17/19 den sorgeberechtigten Eltern das Recht zur Aufenthaltsbestimmung, das Recht zur Regelung der ärztlichen Versorgung, das Recht zur Zuführung zu medizinischen Behandlungen, das Recht zur Beantragung von Jugendhilfemaßnahmen nach den §§ 27 ff. SGB VIII, das Recht zur Regelung der schulischen Angelegenheiten und das Recht zur Regelung des Umgangs für das Kind A., geb. xx.xx.2012, vorläufig entzogen. Es hat ferner die Ergänzungspflegschaft angeordnet, soweit den Eltern die Rechte entzogen worden sind und diese auf das Landratsamt …, Amt für Jugend und Familie, Senioren übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss des Amtsgerichts vom 05.02.2019 Bezug genommen.
Diese Entscheidung wurde durch das Oberlandesgericht Bamberg nach Durchführung eines Erörterungstermins, in dem die Sachverständige R. ergänzend angehört und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden war und nach Anhörung des Kindes A. durch den Senat aufrechterhalten. Der Senat war davon überzeugt, dass A. in der Vergangenheit mehrfach und regelmäßig von den Eltern, auch von der Großmutter und vom Bruder L., geschlagen worden war. Die Entscheidung wurde damals im Wesentlichen auf die Ausführungen der Sachverständigen R. gestützt, die im Termin vor dem Senat erklärt hatte, wie es zu den Äußerungen A.s gekommen war. Nach Einschätzung des Senats waren die Angaben A.s erlebnisfundiert und der Senat zweifelte nicht daran, dass die Angaben auch zutreffen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss des Oberlandesgerichts Bamberg vom 28.02.2019, Az: 2 UF 37/19, Bezug genommen.
Nach Erstattung des schriftlichen Sachverständigengutachtens durch die Sachverständige R. und des Sachverständigen Dr. M. im hiesigen Hauptsacheverfahren hat das Amtsgericht am 16.07.2019 das Kind A. im Beisein der Verfahrensbeiständin persönlich angehört. Hierbei hat A. ausweislich des Vermerks über die nichtöffentliche Sitzung des Amtsgerichts Forchheim vom 16.07.2019 ausgeführt:“ Ich möchte zurück nach Hause. Zu Hause ist es eigentlich schön, wenn, wenn nicht bloß das „Dings“ wäre.“ Die Richterin hat danach gefragt, was „Dings“ sei. Ausweislich des Protokolls antwortete A. „Schlagen halt“. Sie habe auch Angst nicht mehr nach Hause zu dürfen. Sie könne doch nichts dafür. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vermerk über die nichtöffentliche Sitzung vom 16.07.2019 Bezug genommen.
Das Amtsgericht hat ferner am 16.07.2019 L. angehört und sodann in nichtöffentlicher Sitzung unter Anwesenheit der Kindseltern, des Jugendamtes und der Verfahrensbeiständin den Sozialpädagogen F. (Familienhelfer seit 22.08.2018 in der Familie), die Mutter der Kindesmutter, D., und die Schwester von A. und L., H., als Zeugen vernommen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vermerk über die nichtöffentliche Sitzung des Amtsgerichts Forchheim vom 16.07.2019 Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 23.07.2019 hat daraufhin das Amtsgericht – Familiengericht – Forchheim den sorgeberechtigten Eltern das Recht zur Aufenthaltsbestimmung, das Recht zur Regelung der ärztlichen Versorgung, das Recht zur Zuführung zu medizinischen Behandlungen, das Recht zur Beantragung von Jugendhilfemaßnahmen nach §§ 27 ff. SGB VIII und das Recht zur Regelung des Umgangs sowie das Recht zur Regelung schulischer Angelegenheiten und Ausbildungsangelegenheiten für das Kind A., geb. xx.xx.2012, entzogen. Soweit die Rechte den Eltern entzogen wurden, wurde die Ergänzungspflegschaft angeordnet und die entzogenen Rechte übertragen auf den Betreuungsverein ….
Den Kindseltern wurde ferner geboten, die bestehende Sozialpädagogische Familienhilfe weiterhin anzunehmen, diese nicht zu beenden und mit dieser und dem Amt für Familie, Jugend und Senioren … konstruktiv zusammenzuarbeiten (Ziffer 3. des Beschlusses). Den Kindseltern wurde weiterhin geboten, den regelmäßigen Schulbesuch des Kindes L. sicherzustellen und die Bestellung eines Erziehungsbeistand für das Kind L. zu beantragen (Ziffer 4. des Beschlusses).
Im Übrigen stellte das Gericht fest, dass weitergehende familiengerichtliche Entscheidungen bezüglich des Kindes L. derzeit nicht veranlasst seien.
Das Amtsgericht stützt seine Entscheidung im Wesentlichen auf die Feststellungen der Sachverständigen R. und ist davon überzeugt, dass die von A. geschilderten körperlichen Übergriffe stattgefunden haben. Dem stehe die Tatsache, dass die Oma mütterlicherseits, die Familienhelfer und die Geschwister dies nicht bestätigten, nicht entgegen. Zum einen seien diese nicht ständig anwesend gewesen, zum anderen sei gerade bei den Geschwistern zweifelhaft, ob sie richtige Angaben gemacht haben, insbesondere weil die Eltern beim Jugendamt selbst noch von körperlichen Angriffen der Oma und eigenen Klapsen berichtet hätten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss des Amtsgerichts vom 23.07.2019 Bezug genommen.
Gegen diesen, dem Verfahrensbevollmächtigten der Kindesmutter und des Kindsvaters am 25.07.2019 zugestellten Beschluss, wenden sich diese mit ihrer mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 15.08.2019, eingegangen beim Amtsgerichts Forchheim am 15.08.2019, eingelegten Beschwerde.
Sie beantragen, den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Forchheim vom 23.07.2019, zugestellt am 25.07.2019, aufzuheben und festzustellen, dass sich das Verfahren gegen H., geb. xx.xx.2001, erledigt hat sowie festzustellen, dass das Kind A. umgehend an die Eltern zurückzuführen sei.
Die Beschwerdeführer tragen vor, dass hinsichtlich der Anordnung bezüglich L. eine Rechtsgrundlage für den Beschluss in Bezug auf das Gebot, den regelmäßigen Schulbesuch sicherzustellen, nicht ersichtlich sei. Ferner wird die Anordnung, einen entsprechenden Antrag auf Bestellung eines Erziehungsbeistandes zu stellen und das Gebot die bestehende Sozialpädagogische Familienhilfe weiterhin anzunehmen, angegriffen. Ein Familienhelfer sei mit Inobhutnahme von A. nicht mehr in der Familie erschienen. Man sei aber bereit mit einer Sozialpädagogische Familienhilfe zusammenzuarbeiten, wenn A. in den Familienverband zurückkehren dürfe.
Hauptsächlich wenden sich die Kindseltern gegen die Entziehung von Teilbereichen des Sorgerechts, insbesondere des Aufenthaltsbestimmungsrechts in Bezug auf A.. Dieses sei weder rechtlich vertretbar, noch mit dem Kindeswohl zu vereinbaren. Es sei immer noch nicht nachgewiesen, dass A. in der Familie unangemessen behandelt worden sei. Sämtliche Familienmitglieder als Zeugen hätten erklärt, dass das Kind nicht geschlagen worden sei. Die Eltern seien sich ganz sicher, dass es Schläge (Prügel) niemals gegeben habe. A. habe sich unterschiedlich geäußert. Dass es in der Vergangenheit gelegentlich Klapse gegeben habe, sei unbestritten. Es seien eher spielerische körperliche Berührungen gewesen. A. habe nie zu erkennen gegeben, dass sie dies störe. Nach der unterzeichneten Schutzvereinbarung seien aber auch solche Klapse zudem bewusst unterblieben. Somit könne nicht davon ausgegangen werden, dass in Zukunft irgendwelche Beeinträchtigungen des Kindeswohls, insbesondere Schläge, vorkommen könnten. Es habe im Verhalten des Kindes nie irgendwelche Anzeichen dafür gegeben, dass das Kind zu Hause schlecht behandelt, unangemessen erzogen oder sogar geschlagen würde. Vertrauenspersonen im Kindergarten sowie alle Mediziner, die mit A. zu tun gehabt hätten, hätten keinerlei Hinweise auf ein Fehlverhalten der Eltern diagnostiziert oder für denkbar gehalten. Dasselbe gelte für die Lehrerin der …-Schule.
Im Übrigen könnte eine Sozialpädagogische Familienhilfe eine etwaige doch bestehende Gefahr minimieren. Familienhelfer könnten aus erster Hand erfahren, ob es Entgleisungen der Eltern gäbe. Sie könnten auch als Unterstützer der Eltern fungieren und notfalls könnte aus dieser „engmaschigen Überwachung“ heraus schnell reagiert werden.
Das Beschwerdegericht hat den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und mit Verfügung vom 13.09.2019 unter Darlegung der Rechtsansicht des Senats darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden und die Beschwerde im Hinblick auf die bezüglich A.s angeordneten Maßnahmen zurückzuweisen.
Die Verfahrensbeiständin ist der Auffassung, dass die Beschwerde zurückzuweisen sei. Seit der Entscheidung des Oberlandesgerichts Bamberg im einstweiligen Anordnungsverfahren sei die Situation nahezu unverändert. Es werde deutlich, dass nach wie vor keinerlei Problemeinsicht bei den Eltern bestehe und die Vorkommnisse, von denen A. im Übrigen auch in der Anhörung vor dem Amtsgericht Forchheim vom 16.07.2019 berichtet habe, weiterhin bagatellisiert würden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Stellungnahme der Verfahrensbeiständin vom 05.09.2019 Bezug genommen Das Jugendamt hat mit Schreiben vom 11.09.2019 mitgeteilt, dass sich A. in der Pflegefamilie gut habe einleben können und eine tragfähige Beziehung zu den Pflegeeltern aufgebaut habe. Nach weiteren fünf Kontakten mit der S. nach der Inobhutnahme hätten die Eltern keine Interesse mehr an einer Fortführung der ambulanten Hilfemaßnahme gehabt. Erst im Hinblick auf das hiesige Verfahren äußerten die Kindseltern ein Interesse an einer ambulanten Unterstützung für ihre Familie. Es sei aus fachlicher Sicht dringend notwendig, dass A. weiterhin außerhalb der Herkunftsfamilie verbleibe. In diesem Zusammenhang sei auf das Gutachten der Sachverständigen Dr. R. zu verweisen. Es bestehe eine hohe Gefahr, dass A. in Falle einer Rückführung von den Eltern erneut misshandelt und ihr Kindeswohl erheblich geschädigt würde. Die Gefährdung könne durch ambulante Hilfe nicht ausreichend reduziert werden. Im Übrigen wurde darauf verwiesen, dass die Pflegemutter berichtet hätte, dass A. in der Pflegefamilie sexualisierte Verhaltensweisen gezeigt habe. Hierüber sei bereits die Staatsanwaltschaft Bamberg informiert worden.
Aus dem vom Amtsgericht beigezogenen Verfahren wegen einstweiliger Anordnung, Az: 2 F 17/19, welche auch das Beschwerdegericht beigezogen hat, worauf im Hinweis vom 13.09.2019 auch hingewiesen wurde, ergibt sich, dass die Sachverständige R. dem Amtsgericht mitgeteilt 2 UF 182/19 – Seite 8 – hatte, dass seitens der Pflegemutter rückgemeldet worden sei, dass A. sexualisierte Verhaltensweisen aufzeige. Dieser Sachverhalt wurde durch das Amtsgericht der Staatsanwaltschaft Bamberg zur Kenntnis gegeben, die unter dem Aktenzeichen 1105 UJs 22343/19 ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt zum Nachteil von A. führt.
Nach Nachfrage dauern die Ermittlungen an. Einer Akteneinsicht für die Verfahrensbeteiligten hat die Staatsanwaltschaft nicht zugestimmt.
Die Beschwerdeführer haben nach Hinweis des Gerichts weiter ausgeführt, dass einer Entscheidung ohne weitere gerichtliche Anhörung des Kindes und ohne weitere mündliche Verhandlung nicht zugestimmt werde. Die Eltern könnten Schläge i. S. v. Prügel nicht zugestehen, weil solche Prügel nicht vorgekommen seien. Im Übrigen sei entscheidend, ob dies für die Zukunft auch zu erwarten sei. Die mehrfache Aussage der Eltern, dass sie nicht gemerkt hätten, das „Klapse“ A. massiv störten und die Eltern solche Klapse deshalb in Zukunft keinesfalls mehr verteilen würden, sei unberücksichtigt geblieben. Es könne auch nicht nachvollzogen werden, dass weitere Kontaktpersonen A.s nicht angehört würden. Es gehe nicht nur darum, ob diese Personen Spuren körperlicher Gewalt gefunden haben, sondern auch darum, dass auch Vertrauenspersonen des Kindes von diesem nicht in Kenntnis gesetzt worden seien, dass es zu Hause schlecht behandelt werde. Die Möglichkeit milderer Mittel als die Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts sei weiterhin zu prüfen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Verfahrensbevollmächtigten der Kindseltern im Beschwerdeverfahren, insbesondere vom 15.08.2019 und 26.09.2019 Bezug genommen.
II.
Die Beschwerden des Kindsvaters und der Kindesmutter sind zulässig (§§ 58 ff. FamFG). Dies gilt auch hinsichtlich des Rückführungsantrages. Auch erstinstanzlich war das Herausgabebegehren bereits Gegenstand des Verfahrens und damit auch Gegenstand der Entscheidung. Das Beschwerdebegehren ist daher insgesamt zulässig.
III.
Der Senat hat entsprechend seines Hinweises von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen, da diese bereits im ersten Rechtszug durchgeführt worden ist und durch die Durchführung eines weiteren Termins keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind, § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG.
IV.
In Bezug auf die Maßnahmen hinsichtlich des Kindes A. (Ziffern 1. und 2. des Beschlusses des Amtsgerichts) sind die Beschwerden nicht begründet.
Der Senat ist weiterhin davon überzeugt, dass hier eine konkrete Kindeswohlgefährdung vorliegt, weil es gegenüber A. zu wiederholten körperlichen Übergriffen in der Familie, insbesondere durch die Eltern, aber auch durch die Großmutter und den Bruder, gekommen ist und weitere Gefährdungshandlungen nach wie vor drohen. Hierbei wird vollumfänglich auf die Ausführungen des Amtsgerichts Bezug genommen, ferner auch auf die Ausführungen des Senats im einstweiligen Anordnungsverfahren, Az: 2 UF 37/19.
Ergänzend wird ausgeführt:
Gemessen am Prüfungsmaßstab des § 1666 Abs. 1 BGB liegt eine Kindeswohlgefährdung vor, wenn eine gegenwärtige, in einem solchen Maß vorhandene Gefahr festgestellt wird, dass bei der weiteren Entwicklung der Dinge eine erhebliche Schädigung des geistigen oder leiblichen Wohls des Kindes mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. An die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts sind dabei umso geringere Anforderungen zu stellen je schwerer der drohende Schaden wiegt (vgl. etwa BVerfG vom 03.02.2017, FamRZ 2017, 524 ff.). So liegt der Fall hier.
Die Sachverständige R. kommt in ihrer zusammenfassenden Stellungnahme ihres schriftlichen Gutachtens vom 27.04.2019 zu dem Ergebnis, dass die Begutachtung Hinweise geliefert habe, dass die siebenjährige A. im häuslichen Umfeld geschlagen und zum Teil vernachlässigt wurde. Sie sei ganz erheblich beeinträchtigt. Ferner seien bei beiden Elternteilen in Bezug auf A. insbesondere die Gefahr impulsiver plötzlicher Übergriffigkeiten in Erwägung zu ziehen. Trügen sie, so die Sachverständige, die elterliche Verantwortung für A., würden sie sie mit hoher Wahrscheinlichkeit zurück in ihr häusliches Umfeld holen, damit könne ein erneutes Misshandlungsrisiko nicht ausgeschlossen werden.
Die Sachverständige hat A., wie sie es auch bereits im Termin vor dem Senat im einstweiligen Anordnungsverfahren am 28.02.2019 ausführlich und nachvollziehbar erklärt hat, mehrfach während ihrer Begutachtung besucht und dargelegt, wie es zu den Äußerungen A.s gekommen ist. Sie gab die sorgfältig dokumentierten Gesprächsverläufe mit A. wieder, so dass sich der Senat bereits im Anhörungstermin in Beschwerdeverfahren über die einstweilige Anorndung im Februar diesen Jahres ein genaues Bild davon machen konnte, wie es zu den Angaben A.s, dass sie geschlagen werde, gekommen ist. Die Angaben A.s sind erlebnisfundiert und der Senat zweifelt nach wie vor nicht daran, dass diese Angaben auch zutreffen. In dem schriftlichen Gutachten sind die einzelnen Gesprächsverläufe der Sachverständigen mit A. wörtlich verschriftet. Die Sachverständige hat insoweit ausführlich protokolliert, wie es zu den Schilderungen der Schläge seitens A. kam. A. hat demgemäß anlässlich des dritten Hausbesuches am 12.11.2018 auf die Frage nach den Hausaufgaben von sich aus angegeben, dass es nicht so gut laufe und dann weiter erklärt „wenn ich die Hausaufgaben nicht machen will, macht die Mama Batsch Bum Batsch“. A. schlage sich nun in das Gesicht, auf die Arme und die Beine. Auf Frage wie oft die Mama das mache, erklärte A.: “Oft, aber wenn ich brav bin, macht sie es nicht“. Auf Frage der Sachverständigen, ob es noch jemanden hier gebe, der sowas macht, erklärte sie: “Der Papa kommt zu mir und sagt willst du ne Backpfeife? Ich sag dann aber, ich mach das nicht mehr, ich bin jetzt brav. Und die Mama hat heute auch Batsch Bum Batsch gemacht, weil ich nicht die Hausaufgaben gemacht habe“. Auf die Frage wohin sie geschlagen habe, zeigte A. auf die Wange und sagte: “Auf die Backe. Die hat mich aber sogar auch eingesperrt“. Im weiteren Verlauf des Gesprächs erklärte sie auch, dass L. sie geschlagen habe. Auch der Papa habe ihr auf den Kopf gehauen, „wo ich nichts gemacht hab“. Ferner erklärte sie: “Und die Oma, die blöde Kuh, die schlägt mich immer, die ist ne Kuh, weil sie mich immer schlägt“. Die Sachverständige fragte in diesem Zusammenhang, was sich A. wünschen würde, wenn sie drei Wünsche frei hätte. A. hat daraufhin erklärt: “Erstens, dass ich nicht mehr böse bin, zweitens dass ich fliegen kann und drittens, den … als Kuscheltier“.
Bei einem Hausbesuch bei der Pflegemutter am 21.02.2019 durch die Sachverständige zeigte A. Tendenzen, die vorgefallenen Schläge zu verharmlosen. Dennoch erklärte sie gegenüber der Sachverständigen im Laufe des Gesprächs, an was sie sich erinnere, wenn sie an Mama und Papa denken müsse. Auf Nachfrage erklärte sie, dass die Mama geschimpft habe, als sie mit dem Stift gespielt und was falsches aufgeschrieben habe. Auf Frage, was dann passiert sei, erklärte A., dass die Mama fast nichts gemacht habe, nur ein bissl geschlagen. Auch der Papa habe eigentlich nur auf die Arme wegen was anderem geschlagen. A. sei im Laufe des Gesprächs immer unruhiger geworden und habe erklärt, dass Mama und Papa gesagt hätten, dass dies ein Geheimnis sei, das man nicht verraten dürfe. Sie erklärte dann später, dass die Mama und der Papa sie nicht schlage, auch nicht überall, nur am Arm und so und dass das nicht schlimm sei. Sie würden das nie wieder machen. Auf die Frage der Sachverständigen, ob sie es denn vorher gemacht hätten, erklärte A.: „Ja, aber jetzt nicht mehr“.
Diese schriftlichen Feststellungen decken sich vollumfänglich mit den Erklärungen des Sachverständigen im Termin vor dem Oberlandesgericht im einstweiligen Anordnungsverfahren vom 28.02.2019. Wie bereits im damaligen Termin kommt die Sachverständige auch in ihrem endgültigen Gutachten zu dem Ergebnis, dass A. – vermutlich über einen längeren Zeitraum – geschlagen und zum Teil vernachlässigt worden sei. Die Intensität und Dauer der belastenden Erlebnisse haben mit dem Zeitpunkt der Einschulung und Notwendigkeit der Erledigung schulischer Angelegenheiten offensichtlich deutlich zugenommen. Aus den Einlassungen A.s könne jedoch auch geschlussfolgert werden, dass die Grenzverletzungen nicht nur auf die Hausaufgabensituation beschränkt gewesen seien. Diese Erlebnisse können durchaus zu traumatischen Auswirkungen führen, die das Mädchen auf der Erlebens- und Verhaltensebene bislang in Form von Verhaltensauffälligkeiten zeige. Die emotionale Entwicklung A.s sei zudem gekennzeichnet von einer Bedürfnislosigkeit und seit Aufnahme in der Pflegefamilie von massiven Schuldgefühlen, wobei sie in der Pflegefamilie deutliche Entwicklungsfortschritte gemacht habe und sich deutlich wohl fühle. Die Sachverständige führt weiter aus, dass Kindesmisshandlungen nicht allein die isolierte, gewaltsame Beeinträchtigung eines Kindes sei, sie umfasse vielmehr die Gesamtheit der familiären Sozialisationsbedingungen der elterlichen Handlungen oder Unterlassungen im Erziehungsalltag. A. habe im Rahmen der Befragungen mehrfach geäußert, wie sie von ihrer Mutter, ihrem Vater, ihrer Oma und ihrem Bruder bestraft worden sei. Offensichtlich geworden sei dabei, dass diese Form der Bestrafung nicht ab und an erfolgt ist, sondern offensichtlich in ein Erziehungskonzept eingebaut und als fester Bestandteil im Umgang mit A. gegolten habe. Auch wenn die Grenzüberschreitungen der Familienmitglieder aus einer Überforderung hinsichtlich der expansiven Verhaltenstendenzen von A. hergerührt haben mögen, so blieben sie regelmäßige, harsche und herabsetzende Disziplinierungsmaßnahmen, die über einen längeren Zeitpunkt regelmäßig stattgefunden hätten und mit einer Demütigung von A. verbunden gewesen seien. Die Gewalterfahrungen, folge man den Einlassungen von A., stellten einen erheblichen Risikofaktor für A. dar, verbunden mit der Gefahr einer Beeinträchtigung ihrer weiteren Entwicklung und zwar sowohl in körperlich und geistiger wie auch in psychischer Hinsicht. A. gebe sich nun, seit sie in der Bereitschaftspflegefamilie lebe, selbst die Schuld für ihre jetzige Situation. Auch dies werde als weiterer problematischer Punkt angesehen. Demzufolge kommt die Sachverständige zu der Einschätzung, dass A. durch die körperlichen Grenzverletzungen und dann infolge durch diese Form der Einflussnahme einen permanenten und steten Eingriff in ihre persönliche Integrität erfahren habe und Gefahr laufe, durch diese Formen der seelischen und körperlichen Misshandlungen weitere seelische Schäden zu erleiden, die sämtliche Kriterien einer klinisch relevanten emotionalen Störung des Kindesalters erfüllen. Dies stelle eine erhebliche Beeinträchtigung dar und es könne davon ausgegangen werden, dass bei einer möglichen Rückführung von A. zu ihren Eltern für diese stressreiche Situationen entstehen würden, die diese nicht bewältigen kann. A. sei vor diesem Hintergrund sehr vulnerabel damaligen einstweiligen Anordnungsverfahren selbst angehört und kam damals bereits zu dem Ergebnis, dass die Angaben A.s bei der Sachverständigen tatsächlich zutreffen und richtig sind. A. wollte in der damaligen Anhörung nicht über zu Hause reden und erstarrte fast, als sie nach der Hausaufgabensituation daheim gefragt wurde. Dies sei ein Geheimnis. Die Ausführungen der Sachverständigen, dass die Angaben A.s ihrer Einschätzung nach in großen Teilen erlebnisfundiert waren und keinerlei Anhaltspunkte dafür bestünden, weshalb das Kind diese Angabe hätte machen sollen, ohne dass diese zuträfen, hält der Senat nach wie vor für zutreffend. Die Sachverständige hat A. über einen langen Begutachtungszeitraum von Juli 2018 bis zuletzt im März 2019 immer wieder besucht und das Gespräch mit ihr geführt, anfangs daheim, später in der Pflegefamilie. A. hat sich gegenüber der Sachverständigen geöffnet. Es ist auch nachvollziehbar, dass das Kind nach der Inobhutnahme offensichtlich Schuldgefühle hatte und insoweit ihre Angaben relativierte.
Auch im Rahmen der Anhörung vor dem Amtsgericht am 16.07.2019 hat A. erklärt, dass es zu Hause eigentlich schön sei, wenn nicht bloß das „Dings“ wäre und dass sie hiermit Schlagen meinte. Sie erklärte auch, vor dem Schlagen ein bisschen Angst zu haben. Nachdem die Richterin eine Erzählung A.s zum Anlass genommen hatte, sie nach dem Zähneputzen zu fragen und A. diesbezüglich auch geantwortet hatte, führte sie erneut ohne jegliche Überleitung aus, dass sie ihnen sagen müsse, dass sie sie nicht schlagen dürften. Sie könne nichts dafür und sei ein Kind und sie wisse es auch nicht. Auch noch zu einem späteren Zeitpunkt in der Anhörung hat A. erneut ansatzlos erklärt, dass ihre Eltern doch wüssten, dass sie sie nicht schlagen dürfen, da sie noch ein Kind sei.
Auch diese Anhörung zeigt, dass die Schläge bei den Eltern A. nach wie vor prägen. Zweifel daran, dass es zu diesen Schlägen in der Vergangenheit gekommen war, insbesondere auch als Disziplinierungsmaßnahme seitens der Eltern, bestehen nicht. Der Senat kommt hier auch nicht zu einer anderen Einschätzung, weil die vernommenen weiteren Familienmitglieder (Schwester, Bruder und Großmutter A.s) Schläge negierten. Die Großmutter und der Bruder L. müssten sich hierzu selbst belasten, zudem ist ausgeschlossen, dass sie immer vor Ort waren. Die Schwester H. hat ausweislich der Zeugeneinvernahme angegeben, seit Dezember 2018 wieder zu Hause zu leben. Hieran bestehen allerdings erhebliche Zweifel, zumal der Kindsvater im Termin vom 28.02.2019 vor dem Oberlandesgericht erklärt hat, dass sie zu ihrem Freund in die Nähe von F. gezogen sei. Gegenüber der Sachverständigen hat sie angegeben, bei ihrer Tante in N. zu leben und von A. überhaupt nicht viel mitbekommen zu haben. Der Umstand, dass die Familienmitglieder die Schläge gegenüber A. nicht bestätigt haben, ändert daher nichts an der Überzeugung des Senats, dass diese Übergriffe stattgefunden haben. Hierzu war es auch nicht erforderlich, weitere Zeugen, insbesondere Erzieherinnen und Lehrer bzw. behandelnde Ärzte A.s zu vernehmen. Es kann insoweit unterstellt werden, dass es in deren Beisein zu keinen körperlichen Erziehungsmaßnahmen gekommen ist und dass diese auch keine Verletzungen festgestellt haben.
Die Familienhelfer waren nach Angaben des Zeugen F. nur an zwei Terminen pro Woche zu je zwei Stunden vor Ort, die Lehrer und Ärzte haben A. ohnehin nicht im häuslichen Alltag erlebt. Gegenüber der Sachverständigen berichtete die Familienhelferin E. am 09.01.2019, dass die Mutter in der Hausaufgabensituation mit A. überfordert sei, weil sie sich nicht durchsetzen könne. Sie spreche sehr leise und sei dann wieder auf einmal sehr ungeduldig. Der Vater sei oft nicht da gewesen, habe ihr aber mal mitgeteilt, wenn es Stresssituationen gebe, ziehe er sich lieber zurück und gehe lieber raus, bevor ihm die Hand ausrutsche.
Diese Feststellungen stehen demgemäß keineswegs in Widerspruch zu den Angaben A.s und den Einschätzungen der Sachverständigen. Schließlich müssen die nach Feststellung des Senats erfolgten regelmäßigen Übergriffe nicht zu feststellbaren körperlichen Verletzungen, wie etwa Hämatomen, geführt haben.
Es besteht demgemäß aber auch weiterhin die konkrete Gefahr, dass, sollte das Kind zurück in den elterlichen Haushalt kehren, es zu weiteren Schädigungen des Kindes durch körperliche Übergriffe kommen würde. Hierbei ist die körperliche Unversehrtheit wie auch die seelische Unversehrtheit des Kindes gefährdet. A. ist jetzt schon stark belastet, wie die Sachverständige ausgeführt hat. Wie dargestellt stellen die Gewalterfahrungen einen erheblichen Risikofaktor für A. dar verbunden mit der Gefahr einer Beeinträchtigung ihrer weiteren Entwicklung sowohl in körperlich und geistiger sowie in psychischer Hinsicht. Durch weitere körperliche Grenzverletzungen läuft A. Gefahr, weitere seelische Schäden zu erleiden, die sämtliche Kriterien einer klinisch relevanten emotionalen Störung des Kindesalters erfüllen.
Es ist auch nicht zu erwarten, dass die Eltern ausreichende Maßnahmen unternehmen werden, um ihr Verhalten zu ändern. Sie haben das bisher nicht getan. Die Zusage, dass sie in Zukunft auch „Klapse“ unterlassen werden, geht an der Wirklichkeit vorbei. A. war über eine lange Dauer körperlichen Grenzverletzungen als Erziehungsmaßnahme ausgesetzt, wobei sie sich selbst die Schuld hierfür gibt. Die Kindesmutter hat, so die Sachverständige, kaum Ressourcen, ihr Verhalten zu ändern. Die Sachverständige erklärt in diesem Zusammenhang auch, dass der „desolate emotionale Zustand der Mutter“ ebenfalls als massive Belastung für die Kinder zu werten sei. Sie gebe Verantwortlichkeiten ab und reflektiere ihr Erziehungsverhalten nicht selbstkritisch. Voraussetzungen für eine Änderung in der Erziehungs- und Fürsorgeverhalten der Kinder seien daher – so die Sachverständige – kaum gegeben. Der Vater habe sich in der Vergangenheit aus der Erziehung ziemlich herausgezogen und negiere ein Fehlverhalten in der Vergangenheit ebenfalls. So äußere sich das Bindungsverhalten von dem Kindsvater in erster Linie in einer übermäßigen Grenzsetzung sowie in einem ausgeprägten Lenkungsverhalten und in einer Tendenz, dem Kind Schuld zuzuschreiben und es in eine Sündenbockrolle zu schieben (A. sei streitsüchtig und boshaft). Zudem hat eine eigene Auseinandersetzung der Kindseltern mit dem Erziehungsverhalten gerade nicht stattgefunden, da sie weiterhin lediglich von „Klapsen“ sprechen, die sie mitunter A. gegeben haben wollen.
Tatsächlich haben die Kindseltern A. misshandelt und der Senat sieht weiterhin eine erhebliche Gefahr für ein konkretes Misshandlungsrisiko in der Zukunft. Nur weil Schläge nicht zu schwerwiegenden Verletzungen führten, sind die Erziehungsmethoden keinesfalls zu verharmlosen und dürfen nicht hingenommen werden. Denn das Kind A. ist durch die Gewalterfahrung bereits psychisch belastet. Da die Kindseltern trotz der installierten Sozialpädagogischen Familienhilfe keinerlei Änderungen im Erziehungsverhalten zeigten, sondern es in diesem Kontext zu den Schlägen kam, sind mildere Maßnahmen als die vorgenommene Entziehung von Teilbereichen der elterlichen Sorge nicht ausreichend, um der Kindeswohlgefahr zu begegnen.
Soweit hinsichtlich des Vaters ein weiterer Risikofaktor durch die Sachverständige im Hinblick auf dessen Vorstrafen gesehen wird, hat der Sachverständige M. lediglich eine latente Gefahr angenommen. Inwieweit das sexualisierte Verhalten A.s gegenüber der Pflegemutter hiermit im Zusammenhang steht, ist Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Bamberg. Die Ermittlungen brauchen aber nicht abgewartet zu werden, da bereits aus den vorgenannten Gründen eine Entziehung der Teilbereiche des Sorgerechts wie vom Amtsgericht vorgenommen unabdingbar ist. Die Beschwerde der Kindseltern ist insoweit zurückzuweisen.
V.
Hinsichtlich des Sohnes L., der nach den Feststellungen der Sachverständigen stabiler ist und nunmehr auch die Schule wieder regelmäßig besucht, kam die Sachverständige zu dem Ergebnis, dass die Gefährdungsrisiken deutlich geringer seien. Auch die Belastung durch die Übernahme von Rollenfunktionen falle bei einem Verbleib A.s in der Fremdunterbringung weg. Eine von einem Elternteil ausgehende unmittelbare Gefährdung L.s sei weitgehend auszuschließen. Die vorhandenen Risikofaktoren erreichten nicht die Schwere der akuten Kindeswohlgefährdung. Demgemäß kann das Gericht aber auch die von sachverständiger Seite empfohlene Anordnung eines Erziehungsbeistandes nicht anordnen. Die gesetzliche Grundlage hierfür fehlt. Demzufolge ist insoweit, auch wenn die Inanspruchnahme der Sozialpädagogischen Familienhilfe und die Bestellung eines Erziehungsbeistands für das Kind L. sinnvoll und der Schulbesuch ohnehin obligatorisch sind, Maßnahmen in Bezug auf L. auf die Beschwerde der Kindseltern hin aufzuheben.
Die (ausdrückliche) Feststellung der Verfahrenserledigung hinsichtlich H. beruht auf deren
2 UF 182/19
Volljährigkeit, die bereits erstinstanzlich eingetreten war.
VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 FamFG. Das Gericht hat entgegen § 84 FamFG davon abgesehen, den Kindseltern sämtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, da die Beschwerde hinsichtlich L. Erfolg hat.
Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 6.000,00 Euro festgesetzt. Gegenstand waren sowohl der Herausgabeantrag als auch die Entziehung des Sorgerechts für beide Kinder. Die Festsetzung beruht insoweit auf § 45 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 FamGKG.
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.
Der Beschluss ist mit Rechtsmitteln nicht anfechtbar.