Aktenzeichen III B 88/12
Leitsatz
NV: Das Finanzgericht verletzt durch eine Überraschungsentscheidung das rechtliche Gehör des Klägers, wenn es eine auf die Gewährung von Kindergeld gerichtete Klage mit der Begründung ablehnt, es sei zweifelhaft, ob das Kind neben seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit weitere Einkünfte und Bezüge gehabt habe, obwohl der Kläger im finanzgerichtlichen Verfahren ausdrücklich erklärt hatte, dass das Kind ausschließlich die der Familienkasse bereits bekannten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit hatte und im gesamten finanzgerichtlichen Verfahren weder von der Familienkasse noch seitens des Finanzgerichts geltend gemacht wurde, dass der Vortrag des Klägers Zweifeln begegnet .
Verfahrensgang
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 16. Mai 2012, Az: 12 K 12263/11, Urteil
Tatbestand
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I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist die Mutter des im März 1988 geborenen Sohnes S. S nahm im September 2007 eine Ausbildung zum Tischler auf, die im Januar 2011 mit der Gesellenprüfung endete. Die Ausbildungsvergütung betrug laut Ausbildungsvertrag vom 4. September 2007 im ersten Ausbildungsjahr 282 €, im zweiten Ausbildungsjahr 296,10 € und im dritten Ausbildungsjahr 310,91 € monatlich.
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Nachdem die Klägerin mehrere Anfragen der Beklagten und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) zu den Einkünften und Bezügen des S nicht oder unzureichend beantwortet hatte, hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung mit Bescheid vom 1. Juni 2011 nach § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ab Januar 2010 auf und forderte das für den Zeitraum Januar 2010 bis März 2011 bereits ausgezahlte Kindergeld in Höhe von 2.760 € von der Klägerin zurück. Auch im Einspruchsverfahren legte die Klägerin keine geeigneten Nachweise hinsichtlich der Einkünfte des S vor, woraufhin die Familienkasse den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 6. September 2011 als unbegründet zurückwies.
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Die dagegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet ab.
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Mit ihrer Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen des Vorliegens von Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung –FGO–), weil das FG gegen seine Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) verstoßen und den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör (§ 96 Abs. 2 FGO) verletzt habe.