Aktenzeichen 7 UF 251/18
Leitsatz
Ein vom Familiengericht mit der Erstellung eines psychologischen Gutachtens beauftragter Sachverständiger ist nach §§ 30 FamFG, 407a Abs. 5 Satz 1 ZPO verpflichtet, von ihm im Rahmen der Begutachtung gefertigte Audio-Aufzeichnungen von Gesprächen mit Beteiligten zu den Gerichtsakten zu geben. (Rn. 7)
Verfahrensgang
2 F 721/18 — AGCOBURG AG Coburg
Tenor
1. Dem Sachverständigen Dipl.-Psych. S wird aufgegeben, die von ihm im Rahmen der diagnostischen Interviews am 09.01.2020 (Kind C) und 10.01.2020 (Kind D) erstellten Audio-Dateien bis spätestens zum 30.04.2020 zu den Gerichtsakten zu geben.
2. Der Sachverständige wird darauf hingewiesen, dass bei Zuwiderhandlung gegen die Anordnung der Herausgabe Ordnungsgeld verhängt werden kann. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 1.000 € nicht überschreiten.
Gründe
I.
Der vom Senat beauftragte Sachverständige legte im vorliegenden Verfahren wegen Umgangs am 24.02.2020 ein schriftliches Gutachten vor. Im Rahmen der Begutachtung hatte er am 09.01.2020 mit Kind C und am 10.01.2020 mit Kind D diagnostische Interviews geführt, welche er in digitaler Form aufzeichnete.
Mit Schriftsatz vom 11.03.2020 erklärte der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin:
Ich beantrage hiermit ausdrücklich im Hinblick auf das vorgelegte Sachverständigengutachten die Übersendung der Audio-Dateien des Sachverständigen S. zu den Kinderbefragungen. Der Sachverständige selbst weist auf den Umstand hin, dass entsprechende Audio-Dateien gefertigt wurden, insofern sind diese Audio-Dateien der Kindesmutter zur Auswertung vorzulegen.
Mit Verfügung des Vorsitzenden vom 16.03.2020 wurde dem Sachverständigen daraufhin aufgegeben, die von ihm erstellten Audio-Dateien bis zum 01.04.2020 zur Gerichtsakte zu geben.
Der Sachverständige erklärte hierauf telefonisch, er werde die von ihm erstellten Aufzeichnungen nicht herausgeben.
II.
Die unter Ziffer 1 getroffene Anordnung beruht auf §§ 30 FamFG, 407a Abs. 5 Satz 1 ZPO. Nach diesen Vorschriften hat der Sachverständige auf Verlangen des Gerichts neben den Akten und beigezogenen Unterlagen auch die Untersuchungsergebnisse unverzüglich herauszugeben oder mitzuteilen.
Umfasst sind von der Verpflichtung zur Herausgabe der „Untersuchungsergebnisse“ nicht nur die dem Gutachten zu Grunde liegenden Bearbeitungsunterlagen wie zum Beispiel Röntgenaufnahmen, Lichtbilder und Aufzeichnungen (Zöller / Greger, ZPO, 33. Aufl., 2020, § 407a Rn. 4), sondern auch die Tonaufzeichnungen, die der Sachverständige im vorliegenden Fall im Rahmen der Begutachtung gefertigt hat (AG Stuttgart FamRZ 2008, 2215).
Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 11/3621, S. 40) soll durch diese Regelung in erster Linie erreicht werden, dass ein weiterer Sachverständiger die Arbeiten ohne Zeitverlust fortführen kann und erneute möglicherweise kostspielige und belastende Untersuchungen vermieden werden.
Daneben dient die Vorschrift aber auch dazu, dem Gericht und den am Verfahren Beteiligten zu ermöglichen, das Gutachten kritisch zu prüfen (OLG Hamm BeckRS 2015, 6154; Zöller / Greger, a.a.O.).
III.
Die Androhung der Festsetzung eines Ordnungsgeldes beruht auf §§ 30 FamFG, 409 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 EGStGB.