Handels- und Gesellschaftsrecht

Abfindung, Gesellschafterversammlung, Berufung, Frist, Beteiligung, Pflichteinlage, Agio, Anspruch, Zahlung, Filmfonds, Gesellschafter, Gutachten, Schiedsklausel, Gesellschaftsvertrag, kein Anspruch, Bestimmung durch Dritten, Erhebung der Einrede

Aktenzeichen  3 C 270/19

Datum:
15.7.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 59524
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Landsberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 4.504,00 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist derzeit unbegründet.
Die Klägerin hat derzeit gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 4.504,00 € zum Ausgleich eines negativen Auseinandersetzungsguthabens.
Die Beklagte hat die bestehende Einrede der Schiedsgutachtervereinbarung erhoben.
Nach § 23 Nr. 6 Abs. 1 Satz n.F. des Gesellschaftsvertrages ist dann ein Schiedsgutachten einzuholen, wenn die Beteiligten über die Höhe des Abfindungsgutachtens streiten. Damit haben die Parteien vertraglich vereinbart, dass bei Ausbleiben einer Einigung über die Höhe des Abfindungsgutachtens ein Dritter die Leistungspflicht einer Partei zu bestimmen hat. Die Regelungen der §§ 317 ff. BGB finden Anwendung. Auf Grund dieser Schiedsgutachterklausel haben die Parteien damit auch vereinbart, dass bis zur Erstattung des Gutachtens die Forderung gegen den Schuldner durch den Gläubiger nicht eingeklagt wird (Urteil des AG Pforzheim v. 21.06.2018, Az. 5 C 55/18). Damit war die Beklagte berechtigt die Leistung derzeit zu verweigern. Diesbezüglich ist es auch unerheblich, wenn neben der Höhe des Abfindungsbetrages auch die Einstandspflicht der Beklagten dem Grunde nach streitig ist. Eine Formulierung dahingehend, dass „alleine“ die Höhe bzw. „nur“ die Höhe in Streit stehen soll, fehlt in der Klausel. Zudem steht nicht fest, dass in jedem Fall ein Rechtsstreit auch nach Erholung eines Schiedsgutachtens zwingend folgen muss, so dass das Schiedsgutachten von vornherein überflüssig wäre. Die Klägerseite kann auch nicht entgegenhalten, dass es für sie unzumutbar wäre, ein Schiedsgutachten, welches mit hohen Kosten verbunden ist, zu erholen, ohne Gewissheit darüber zu haben, ob eine Einstandspflicht der Beklagten dem Grunde nach bestehen würde. Der Klägerseite wäre es insoweit unbenommen gewesen, über eine Feststellungsklage gerichtlich klären zu lassen, ob überhaupt ein Anspruch auf Ausgleich eines negativen Abfindungsguthabens dem Grunde nach bestehen würde. Auch im Fall eines streitigen Anspruchsgrundes wird die Einholung eines Schiedsgutachtens dem Sinn und Zweck gerecht, tatsächliche Feststellungen zu treffen, welche dann die Grundlage für das weitere Vorgehen der Vertragsbeteiligten bilden. Das Schiedsgutachten stellt im Rahmen eines ordentlichen Verfahrens verbindlich Tatsachen zur Höhe fest. Damit ist der Sinn und Zweck eines Schiedsgutachtens auch erfüllt und verliert nicht den Zweck allein dadurch, dass der Anspruchsgrund selbst strittig ist.
Die Berufung auf die Schiedsgutachterabrede ist auch nicht treuwidrig. Einem Beklagten steht es frei, sich gegen einen Anspruch sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu verteidigen. Allein die Tatsache, dass die Beklagte vorprozesssual keine Anstrengungen zur Einholung eines Schiedsgutachtens unternahm, begründet kein treuwidriges Verhalten. Grundsätzlich erholt die Seite ein Schiedsgutachten, welche sich eines Anspruchs berühmt. Allein eine Treuwidrigkeit auf Grund des Zuwartens der Beklagtenseite hinsichtlich eines ordentlichen Prozesses zu bejahen, würde einem Verzicht auf die Schiedsgutachtervereinbarung gleich kommen. Einer bloßen Untätigkeit bzw. dem Schweigen im Rechtsverkehr kommt grundsätzlich kein Erklärungsinhalt zu. Warum hier die Klägerseite auf einen Verzicht der Ausübung der Schiedsgutachterklausel vertrauen durfte, konnte die Klägerseite dem Gericht nicht überzeugend und nachvollziehbar darlegen. Vielmehr hätte die Klägerseite vor Klageerhebung eine Klarstellung gegenüber der Beklagtenseite fordern können, ob diese auf die Erhebung der Einrede auf Grund des nicht erholten Schiedsgutachtens verzichtet oder nicht (vgl. Urteil des AG München v. 28.09.2018, Az. 114 C 25639/17 sowie Urteil des AG Kassel v. 13.08.2018, Az. 414 C 2103/18). Zudem, worauf in dem Beschluss des Kammergerichts vom 14.05.2019 zu Recht hingewiesen wurde, hätte es allein dadurch dass ein Anspruch dem Grunde nach bestritten wird, eine Partei in der Hand, ein vertraglich vorgesehenes Schiedsgutachten zu verhindern. Dies liegt gerade nicht im Interesse der Parteien, die diese Regelung vertraglich vereinbart haben (Beschluss des Kammergerichts vom 14.05.2019, 14 U 131/18).
Unstrittig hat die Beklagte gegenüber der Klägerin bereits im Jahr 2016 Einwendungen gegen die Berechnung des negativen Auseinandersetzungsguthabens erhoben. Hierauf erfolgte unstrittig ein Angebot zu einem Vergleichsabschluss von Klägerseite. Damit hat die Beklagtenseite vorgerichtlich bereits deutlich gemacht, dass bezüglich der Höhe des Anspruches Streit besteht. Sie hat die Klägerseite gerade nicht im Unklaren darüber gelassen, dass sie die Höhe des geforderten Abfindungsguthabens nicht unstreitig stellen wird.
Eine Leistungsbestimmung durch Urteil entsprechend § 319 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz BGB kommt ebenfalls nicht in Betracht. Dies ist dann möglich, wenn sich die von den Vertragsparteien in erster Linie gewollte Bestimmung durch einen Dritten als nicht durchführbar erweist. Von einer Undurchführbarkeit sei dann auszugehen, wenn die hierzu verpflichtete Partei den Schiedsgutachter nicht innerhalb angemessener Zeit benannt hat, oder wenn die Parteien über seine Person eine Einigung herbeizuführen hätten, dies aber nicht getan haben. Beide Fallgruppen sind hier nicht einschlägig. Weder hatte eine Partei die Pflicht zur Benennung, noch ist über die Person des Schiedsgutachters zwischen den Parteien Einigkeit zu erzielen. Es ist ausreichend, dass die Wirtschaftsprüferkammer München durch lediglich eine der Parteien angerufen wird. Der Wirtschaftsprüferkammer obliegt dann die Auswahl des konkreten Gutachters. Dass dies seitens der Klägerseite nicht durchführbar gewesen wäre, ist nicht ersichtlich und wird insoweit auch nicht von Klägerseite vorgetragen (Kammergericht, Beschluss vom 14.05.2019, Az. 14 U 131/18).
Da derzeit die Klage in ihrem Hauptantrag unbegründet ist, war über den ebenfalls von Klägerseite gestellten Hilfsantrag zur Setzung einer Frist für die Beibringung des Schiedsgutachtens nach §§ 356, 431 ZPO zu entscheiden.
Eine Frist zur Beibringung eines Schiedsgutachtens, wie von Klägerseite beantragt, war von dem Gericht nicht zu setzen.
Eine Klage ist abzuweisen, wenn die klagende und beweisbelastete Partei die rechtserhebliche Tatsache, deren Feststellung dem Schiedsgutachter übertragen ist, nicht durch Vorlage des Schiedsgutachtens nachweist. Die Klage wurde damit von der Klagepartei verfrüht erhoben (BGH, Urteil v. 06.08.1988 – VIII ZR 105/87, NJW – RR 1988, 1405). Eine Verpflichtung des Gerichts besteht nicht, eine Frist zur Einholung des Gutachtens zu setzen. Im Hinblick auf die zu erwartende lange Dauer der Einholung des Schiedsgutachtens ist bereits eine Fristsetzung zur Beibringung unter dem Gesichtspunkt der Prozessförderungspflicht nicht sinnvoll. Es besteht auch kein berechtigtes Interesse der Klägerseite, Gelegenheit zu erhalten, das bestehende Hindernis ausräumen, da sich die Klägerin im Verfahren entgegen der getroffenen Vereinbarung über das Schiedsgutachten verhält und dadurch den Zweck dieser Vereinbarung, nach Möglichkeit einen Rechtsstreit zu vermeiden, zuwider handelt (Kammergericht, Beschluss vom 14.05.2019, Az. 14 U 131/18).
Mangels Vorliegen des Hauptanspruches war die Klage auch bezüglich der eingeklagten Nebenforderung, Prozesszinsen gemäß § 291 BGB, als unbegründet abzuweisen.
Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 91, 709 Satz 1, Satz 2 ZPO.

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