Handels- und Gesellschaftsrecht

Abtretung von Arbeitseinkommen: Verweisungsbeschluss

Aktenzeichen  M 10 K 16.10

Datum:
10.2.2016
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BGB BGB § 398
GVG GVG § 13, § 12, § 17a Abs. 2 S. 1, § 23 Nr. 1
RDGEG RDGEG §§ 3, 5
VwGO VwGO § 40 Abs. 1, § 173
ZPO ZPO § 12, § 17 Abs. 1

 

Leitsatz

Der Streit um die Wirksamkeit eines privatrechtlichen Abtretungsvertrags stellt keine öffentlich-rechtliche Streitigkeit dar, für den der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Verwaltungsrechtsweg ist unzulässig.
II.
Der Rechtsstreit wird an das Amtsgericht Düsseldorf verwiesen.
III.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Amtsgericht Düsseldorf vorbehalten.

Gründe

I.
Der Klage liegt nach Aktenlage folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger schloss am 2. Oktober 2007 mit der Beklagten einen Kreditvertrag (Konto-Nr. …) sowie einen Girokontovertrag (Konto-Nr. …); damals firmierte die Beklagte noch unter … Privatkunden AG & Co KG aA. Unter demselben Datum trat der Kläger den pfändbaren Teil seiner Arbeits- und Erwerbseinkommen jeglicher Art zur Sicherung der aus den Kredit- und Giroverträgen bestehenden Ansprüche der Beklagten an diese ab.
Mit Schreiben vom 16. Juni 2015 legte die Beklagte gegenüber der Arbeitgeberin des Klägers die mit diesem vereinbarte Abtretung offen und wies darauf hin, dass damit das jeweils fällige pfändbare Einkommen nach § 398 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf sie übergegangen und die Arbeitgeberin mit Zugang der Abtretungserklärung zur Zahlung des pfändbaren Betrages an sie verpflichtet sei. Die Forderung der Beklagten gegen den Kläger auf dem in dem Schreiben vom 16. Juni 2015 in Bezug genommenen Kreditkonto wurde zum damaligen Zeitpunkt mit 8.366,14 € beziffert.
Bei der Beklagten ging einmalig am 27. November 2015 ein Betrag von 140,98 € ein.
Mit Schreiben vom 31. Dezember 2015 hat der Kläger daraufhin Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben (Eingang am 04.01.2016).
Er beantragt, die Beklagte solle sein Arbeitseinkommen in Höhe von 140,98 €, das durch eine arglistige Täuschung gepfändet worden sei, an ihn zurückerstatten sowie Opferentschädigung bzw. Schadenersatz leisten.
Gleichzeitig hat er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren beantragt.
Zur Begründung seiner Anträge führt er im Wesentlichen aus, er sei Opfer von Betrug, Abzocke, arglistiger Täuschung und Missbrauch seiner privaten Daten durch die Beklagte geworden. Die Beklagte habe sein Arbeitseinkommen zur Weihnachtszeit gepfändet. Er sei kein Privatkunde der Beklagten und habe keine Abtretung von Ansprüchen auf sein Arbeitserwerbseinkommen und Sozialleistungen unterzeichnet. Aufgrund seiner persönlichen und finanziellen Verhältnisse stelle die Pfändung eine sittenwidrige Härte für ihn und seine Familie dar, weswegen er auch die Kosten für die Prozessführung nicht aufbringen könne.
Mit Schreiben vom 12. Januar 2016 wies das Verwaltungsgericht die Beteiligten darauf hin, dass für die Klage der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet und daher beabsichtigt sei, die Klage an die Zivilgerichtsbarkeit zu verweisen; es wurde Frist zur Stellungnahme bis 31. Januar 2016 gegeben.
Mit Schreiben vom 18. Januar 2016 hat die Beklagte die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes München gerügt.
Sie führt aus, soweit der Kläger einen Zahlungsanspruch geltend machen wolle, wäre das Zivilgericht anzurufen; für die Frage der Höhe pfändungsfreier Einkünfte wäre wohl das Vollstreckungsgericht zuständig.
In der Sache seien die Ansprüche und Vorwürfe des Klägers unbegründet und würden vollumfänglich zurückgewiesen. Die zwischen den Parteien am 2. Oktober 2007 abgeschlossenen Kredit- und Girokontoverträge seien wegen Zahlungsverzuges des Klägers am 2. bzw. 3. Juli 2008 seitens der Beklagten gekündigt worden. Zu diesem Zeitpunkt hätte sich das Girokonto mit einem Betrag von 3.349,71 € im Soll befunden, der Außenstand auf dem Kreditkonto habe 8.071,95 € betragen. Mit Schreiben vom 16. Juni 2015 habe die Beklagte zur Durchsetzung ihrer Forderung gegenüber der Arbeitgeberin des Klägers die Lohnabtretung offengelegt, woraufhin bei ihr einmalig am 27. November 2015 der genannte Betrag von 140,98 € eingegangen sei. Die Forderung aus dem Girokonto sei mit Mahnbescheid des Amtsgerichtes Hagen vom 14. August 2015 in Höhe von 2.863,29 € geltend gemacht worden; der Kläger habe hiergegen Widerspruch eingelegt. Die Beklagte prüfe derzeit die Durchführung des streitigen Verfahrens. Eine Rechtsgrundlage für die geforderte Zahlung sei nicht ersichtlich, die Klage daher vollumfänglich abweisungsreif.
Der Kläger hat sich zur beabsichtigten Verweisung des Rechtsstreites an die Zivilgerichtsbarkeit nicht binnen gesetzter Frist geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Das Rechtsschutzbegehren des Klägers richtet sich nach entsprechender Auslegung primär auf die Herausgabe eines Geldbetrags in Höhe von 140,98 €, den die Beklagte aus einem Abtretungsvertrag über Lohnforderungen bei der Arbeitgeberin des Klägers eingefordert hat.
Nach § 173 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i. V. m. § 17 a Abs. 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) ist für dieses prozessuale Begehren die Unzulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs festzustellen und der Rechtsstreit an das zuständige Amtsgericht Düsseldorf zu verweisen, weil für das vorliegende Verfahren nicht der Verwaltungsrechtsweg, sondern der Rechtsweg zu den Zivilgerichten eröffnet ist.
Nach § 40 Abs. 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind.
Ob eine Streitigkeit dem öffentlichen oder dem bürgerlichen Recht zuzuordnen ist, bestimmt sich, wenn eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (vgl. BVerwG, B. v. 12.04.2013 – BVerfG 9 B 37/12 – juris Rn. 6 m. w. N.; Kopp/Schenke, VwGO, 18. Auflage, § 40, Rn. 9a).
Im vorliegenden Verfahren macht der Kläger geltend, die Beklagte habe den Geldbetrag in Höhe von 140,98 € rechtsgrundlos bei seiner Arbeitgeberin eingezogen, weil seinerseits nie eine Abtretung von Arbeits-/Erwerbseinkommen an die Beklagte stattgefunden habe.
Die Beteiligten streiten mithin im Kern um die Wirksamkeit des Abtretungsvertrags vom 2. Oktober 2007, der eine rein privatrechtliche Vereinbarung darstellt.
Gemäß § 17 a Abs. 2 Satz 1 GVG ist daher nach Anhörung der Beteiligten festzustellen, dass der Verwaltungsrechtsweg unzulässig ist, und der Rechtsstreit an das insoweit sachlich nach §§ 13, 12, 23 Nr. 1 GVG und örtlich nach §§ 12, 17 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) zuständige Amtsgericht Düsseldorf zu verweisen.
Als unselbstständiges Beschlussverfahren ist auch das Verfahren auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zu verweisen (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 41 Rn. 4).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 17 b Abs. 2 Satz 1 GVG.

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