Handels- und Gesellschaftsrecht

Arrestantrag – Sicherung der Zwangsvollstreckung in bewegliches und unbewegliches Vermögen

Aktenzeichen  3 O 4524/16

Datum:
17.3.2017
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Traunstein
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
GmbHG GmbHG § 43
ZPO ZPO § 916 Abs. 1, § 921

 

Leitsatz

1 Ein Arrestgrund ist nach Auffassung des Gerichts gegeben, da der Arrestbeklagte unstreitig darum gebeten hat, dass ein größerer Geldbetrag nicht auf sein eigenes, sondern auf ein Konto seiner Ehefrau ausbezahlt werden soll. Insoweit besteht eine realistische Gefahr der Entziehung von Vermögenswerten vor dem Zugriff von Gläubigern.  (redaktioneller Leitsatz)
2 Der Arrestanspruch besteht, da der Arrestbeklagte in erheblichen Umfang gegen seine Verpflichtung als (faktischer) Geschäftsführer gemäß § 43 GmbHG sowie gegen den Geschäftsführungsvertrag verstoßen hat. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Arrestbeschluss des Landgerichts Traunstein vom 02.01.2017, Az. 3 O 4524/16, bleibt aufrechterhalten.
II. Der Arrestbeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Der Arrestantrag ist sowohl zulässig als auch begründet. Im Hinblick auf die Sicherung der möglichen Zwangsvollstreckung in das bewegliche oder unbewegliche Vermögen des Arrestbeklagten wegen einer Geldforderung des Arrestklägers war der beantragte Arrest gem. §§ 916 Abs. 1, 921 ZPO anzuordnen. Daran hat sich nichts geändert.
Ein Arrestgrund ist nach Auffassung des Gerichts gegeben: Nachdem der Arrestbeklagte unstreitig darum gebeten hat, dass ein größerer Geldbetrag in Höhe von 300.000,00 EUR nicht auf sein eigenes, sondern auf ein Konto seiner Ehefrau ausbezahlt werden soll, besteht insoweit durchaus eine realistische Gefahr der Entziehung von Vermögenswerten vor dem Zugriff von Gläubigern. Hierzu bedarf es nach Auffassung des Gerichts keiner weiteren Ausführungen. Dass der Arrestbeklagte bei Abschluss des Insolvenzverfahrens gegen die … einen Geldbetrag in Höhe von 50.000,00 EUR hinterlegt hat, ist vom Arrestkläger zutreffend berücksichtigt worden und steht dem ergangenen Arrestbeschluss nicht entgegen. Auch kann sich der Arrestbeklagte nicht auf eine Absicherung in Form einer … Versicherung berufen, weil diese zugunsten der Geschäftsführerin … besteht und ihr damit im vorliegenden Arrestverfahren keine Bedeutung zukommt. Die generelle Rüge des Arrestbeklagten, der Arrestgrund sei nicht glaubhaft gemacht, kann unter Verweis auf die zahlreichen, mit dem Arrestantrag vom 28.12.2016 vorgelegten Unterlagen unschwierig entkräftet werden. Alle wesentlichen Punkte des diesbezüglichen Sachvortrags des Arrestklägers wurden durch Vorlage entsprechender Unterlagen glaubhaft gemacht.
Etwas schwieriger ist die Rechtslage nach Auffassung des Gerichts beim Arrestanspruch. Hinsichtlich der vom Arrestbeklagten insoweit gerügten fehlenden Glaubhaftmachung ist darauf hinzuweisen, dass nach Auffassung des Gerichts eine Glaubhaftmachung nicht erforderlich ist, soweit in dem zugrunde liegenden Hauptsacheverfahren 3 O 1071/15 schon eine Beweisaufnahme stattgefunden hat und das Beweisergebnis damit gerichtsbekannt ist. Auch nach Auffassung des Gerichts war der Arrestbeklagte in dem fraglichen Zeitraum faktischer Geschäftsführer. Dies ergibt sich einerseits aus der vom Arrestkläger zum Zwecke der Glaubhaftmachung vorgelegte Anlage K6: Frau … hat in diesem Schreiben vom 11.11.2014 darauf hingewiesen, dass sie gegenüber den Mitarbeitern der …, also der Schuldnerin, nicht weisungsbefugt gewesen sei. Dies verwundert umso mehr, als sie im damaligen Zeitraum die einzige eingetragene Geschäftsführerin der Schuldnerin war. Frau … hat damit einen ganz wesentlichen Teil der Geschäftsführerfunktionen und Geschäftsführerbefugnisse nicht ausgeübt. Weiter hat Frau … diesbezüglich ausgeführt, dass sich nach ihrer Niederlegung des Geschäftsführeramtes am 05.09.2014 und damit im maßgeblichen Zeitraum Herr … persönlich darum gekümmert habe, dass die Kontostände laufend einen von der … Tätigkeit bereinigten Stand aufgewiesen hätten. Genau wegen dieser Tätigkeit des Arrestbeklagten werden in dem Hauptsacheverfahren die hier streitgegenständlichen Ansprüche geltend gemacht. Außerdem hat die Zeugin … dies bei ihrer Einvernahme am 21.11.2016 im Hauptsacheverfahren bestätigt. Nach Aussage der Zeugin … „wurde es immer so gemacht, dass die Fälligkeitslisten an Herrn … geschickt wurden, er das intern verglichen hat, ob da noch etwas aussteht, wie beispielsweise Palettenrechnungen, und anhand dieser Rechnungen der Betrag von der … an die … überwiesen wurde, die dann die Rechnungen bezahlen konnte“. Und später: „Zuvor hat Herr … immer die Zahlungen von der … an die … gemacht“. Zur Abrundung der Überzeugung des Gerichts, dass der Arrestbeklagte im fraglichen Zeitraum faktischer Geschäftsführer war, ist darauf hinzuweisen, dass im Hauptsacheverfahren in der Güteverhandlung vom 27.07.2015 der anwesende Arrestbeklagte sehr viel geredet hat, die ebenfalls anwesende Frau … hingegen so gut wie gar nichts gesagt hat. Nach Auffassung des Gerichts sind daraus gewisse Rückschlüsse auf die im Sommerhalbjahr 2014 innerhalb der … herrschenden Zuständige zulässig.
Auch von einem Verstoß des Arrestbeklagten gegen § 43 GmbHG ist das Gericht nach der bisher durchgeführten Beweisaufnahme im Hauptsacheverfahren überzeugt. Ein Umstand, der nach Auffassung des Gerichts für die Schieflage der Schuldnerin ganz entscheidend war, war die Auffassung des Arrestbeklagten, dass die Forderungen der Dienstleiter erst nach vier Wochen fällig seien. Der Arrestklägervertreter hat zutreffend darauf hingewiesen, dass aus dem Zeitraum von bis zu vier Wochen vor dem 23.09.2014 ebenso wie auf später einlaufende Rechnungen gar nichts mehr bezahlt wurde. Damit haben die Entscheider, zu denen in erster Linie der Arrestbeklagte zählte, im erheblichen Umfang gegen ihre Verpflichtung als (faktischer) Geschäftsführer gem. § 43 GmbHG sowie gegen den Geschäftsführungsvertrag verstoßen. Der Arrestbeklagte kann sich insoweit nicht darauf berufen, diese Vorgehensweise habe dem Willen der Gesellschafter der Schuldnerin entsprochen, weil der Arrestklägervertreter wiederum zutreffend darauf hingewiesen hat, dass die … als einzige Gesellschafterin der Schuldnerin ganz bestimmt nicht damit einverstanden war, dass die Schuldnerin mit unbezahlten Forderungen von Dienstleistern stehen gelassen wird.
Schließlich kann der Arrestbeklagte auch mit seinem Einwand nicht durchdringen, die Schadenshöhe sei nicht schlüssig dargelegt worden. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Höhe der Dienstleisterforderungen im Wesentlichen unstreitig ist. Insoweit kann auf die sehr umfangreichen Unterlagen im Hauptsacheverfahren 3 O 1071/15 verwiesen werden, insbesondere auf die zusammen mit der Klageschrift vom 25.03.2015 eingereichte sowie auf die zusammen mit dem klageerweiternden Schriftsatz vom 16.03.2016 nachgereichten Unterlagen. Ein ganz wesentlicher Streitpunkt zwischen den Parteien ist die Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang sich der Arrestbeklagte auf seine Einwendungen und Gegenforderungen berufen kann. Diesbezüglich dürfte im Hauptsacheverfahren der Arrestbeklagte beweispflichtig sein mit der Folge, dass er insoweit im Rahmen des Arrestverfahrens zur Glaubhaftmachung verpflichtet ist, welcher er allenfalls ungenügend nachgekommen ist. Nach Auffassung des Gerichts kommt es allerdings auf die Glaubhaftmachung nicht an, weil hier das bisherige Ergebnis der Beweisaufnahme im Hauptsacheverfahren berücksichtigt werden kann. Zusammengefasst und vereinfacht ausgedrückt könnte man sagen, dass ein Teil der vom Kläger benannten Zeugen die Schadensberechnung des Klägers bestätigt hat und ein Teil der im dortigen Verfahren von den drei Beklagten benannten Zeugen den diesbezüglichen Sachvortrag des Arrestbeklagten bestätigt hat. Die derzeitige Beweisaufnahme ergibt das Ergebnis des „non liquet“. Weil dem Gericht die erforderliche Sachkunde zur Beurteilung dieser Frage fehlt, ob und in welchem Umfang die von den dortigen Beklagten erhobenen Gegenforderungen zu Recht erhoben werden, wird das Gericht in dem Hauptsacheverfahren nicht umhinkommen, ein ganz aufwendiges Sachverständigengutachten einzuholen. Genau auf diesen Punkt hat das Gericht auch in seiner Terminsverfügung vom 10.02.2017 hingewiesen. Der Arrestklägervertreter hat darauf zutreffend ausgeführt, dass hinsichtlich seiner Einwendungen der Arrestbeklagte beweispflichtig ist. Was bei dem einzuholenden Sachverständigengutachten herauskommt, ist völlig offen. Dies steht dem Forbestand des erlassenen Arrestbeschlusses nicht entgegen. Nach § 916 Abs. 2 ZPO wird die Zulässigkeit des Arrestes nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Anspruch betagt oder bedingt ist. In diesem Punkt ist die Beweisaufnahme völlig offen, daher sind die Vor- und Nachteile gegeneinander abzuwägen, die einerseits entstehen würden, wenn der erlassene Arrestbeschluss aufrecht erhalten wird und die Hauptsacheklage nicht oder nur zu einem geringen Teil Erfolg hat bzw. wenn der vorliegende Arrestbeschluss aufgehoben wird, die Hauptsacheklage jedoch ganz oder in großem Umfang Erfolg hat.
Nach der Erinnerung des unterzeichnenden Richters hat der Arrestbeklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 06.03.2017 ausgeführt, dass es ihn nicht sonderlich schmerze, dass er derzeit über einen Geldbetrag in Höhe von rund 200.000,00 EUR nicht frei verfügen kann. Das Gericht selber hat keine Zweifel an der Kreditwürdigkeit des Arrestbeklagten. Es ist weiter zu berücksichtigen, dass dieser Geldbetrag vorläufig nur „auf Eis gelegt“ und dass im Hinblick auf das vorliegend zu erwartende Berufungsverfahren ein Urteil des Berufungsgerichts noch in der ersten Jahreshälfte 2017 wahrscheinlich ist. Der einzige Schaden, der dem Arrestbeklagten bei Aufrechterhaltung des Arrestbeschlusses entsteht, liegt darin, dass er derzeit über den oben genannten Geldbetrag nicht frei verfügen kann. Angesichts der derzeit herrschenden Verhältnisse auf den Finanzmärkten fällt dieser Nachteil nach Auffassung des Gerichts nicht allzu sehr ins Gewicht. Damit lagen sämtliche Voraussetzungen für den Fortbestand des erlassenen Arrestbeschlusses vor.
Nach Auffassung des Gerichts war die vom Arrestbeklagten beantragte Anordnung einer Sicherheitsleistung nicht erforderlich. Nach den Vorschriften der §§ 921 Satz 2, 925 Abs. 2 ZPO steht die Anordnung einer Sicherheitsleistung im Ermessen des Gerichts. Wenn überhaupt hätte vorliegend ohnehin keine Sicherheitsleistung in Höhe der beantragten 202.939,24 EUR angeordnet werden können, sondern allenfalls in Höhe eines Teilbetrages von 10 bis 20 % der oben genannten Summe. Es ist damit zu rechnen, dass der Arrestbeklagte, wenn das vorliegende Urteil des Gerichts keinen Bestand hat, spätestens in drei bis vier Monaten wieder über den gesamten gepfändeten Geldbetrag verfügen kann. Aufgrund der soeben geschilderten Umstände konnte nach Auffassung des Gerichts im Arrestbeschluss und im vorliegenden Urteil von der Anordnung einer Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,00 EUR zu Lasten des Arrestklägers abgesehen werden. Es ist nicht ersichtlich, weshalb eine solche angeordnet werden sollte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

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