Handels- und Gesellschaftsrecht

Außenhaftung des Kommanditisten – Rechtsweg bei (auch) zur Insolvenztabelle festgestellter Gewerbesteuerforderung

Aktenzeichen  13 W 452/18

Datum:
11.4.2018
Fundstelle:
ZInsO – 2018, 1157
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
GVG § 13, § 17a Abs. 4 S. 3
FGO § 33
HGB § 171 Abs. 1, Abs. 2, § 172 Abs. 4

 

Leitsatz

Macht der Insolvenzverwalter über das Vermögen der Gesellschaft die Außenhaftung des Kommanditisten geltend, kann der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten auch dann eröffnet sein, wenn (auch) eine Gewerbesteuerforderung zur Insolvenztabelle festgestellt ist. (Rn. 8 – 12) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

12 O 1266/17 2018-02-05 Bes LGNUERNBERGFUERTH LG Nürnberg-Fürth

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 05.02.2018 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte.
3. Der Beschwerdewert wird auf 2.250,00 € festgesetzt.
4. Die weitere Beschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Der Kläger verlangt als Insolvenzverwalter der F Fonds Nr. 17 „A GmbH & Co. C. KG“ vom Beklagten als Kommanditisten die Rückzahlung von Ausschüttungen, während die Kapitalanteile der Kommanditisten unter den Betrag der Einlage herabgemindert war. Der Kläger legte eine Insolvenztabelle (Anlage K 2) vor, aus der sich die Anmeldung einer Forderung „Gewerbesteuer 2013“ des Finanzamtes H-Mitte ergibt.
Der Beklagte beantragte eine Vorabentscheidung nach § 17 a GVG über den Rechtsweg der Steuerforderung.
Mit Beschluss vom 05.02.2018 hat das Landgericht Nürnberg-Fürth die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs bejaht. Gegen diesen dem Beklagten am 12.02.2018 zugestellten Beschluss hat der Beklagte am 26.02.2018 sofortige Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig.
Gegen einen Beschluss, der die Zulässigkeit des Rechtswegs bejaht oder verneint, ist nach § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben. Die sofortige Beschwerde richtet sich nach den Vorschriften der jeweils anzuwendenden Verfahrensordnung, hier nach den §§ 567 ff. ZPO (Zöller/Lückemann, ZPO, 32. Aufl., § 17 a GVG Rn. 15). Die sofortige Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt worden, § 569 ZPO. Der Beklagte ist durch den Beschluss des Landgerichts auch beschwert, da die Entscheidung über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines Rechtswegs das Recht der Partei auf den gesetzlichen Richter gemäß Artikel 101 Abs. 1 und 2 GG verletzen kann.
III.
Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht Nürnberg-Fürth den beschrittenen Rechtsweg für zulässig erklärt. Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist eröffnet, da es sich um eine bürgerlichrechtliche Streitigkeit handelt, § 13 GVG. Der Rechtsweg zu den Finanzgerichten nach § 33 FGO ist hingegen nicht gegeben.
Zur Vermeidung von Wiederholungen kann auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Nürnberg-Fürth im angegriffenen Beschluss Bezug genommen werden. Ergänzend sei Folgendes auszuführen:
Maßgebend für den Rechtsweg ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die Rechtsnatur des erhobenen Anspruchs, wie sie sich aus dem tatsächlichen Vorbringen der klagenden Partei ergibt. Grundlage der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs ist der Sachvortrag des Klägers, da er über den Streitgegenstand bestimmt (vgl. BGH, Urteil vom 16.02.1984 – IX ZR 45/83 -, juris Rn.9; Urteil vom 22.06.1984 – III ZR 109/76 -, juris Rn. 8; OLG Frankfurt, Beschluss vom 02. November 2006 – 25 W 86/06 -, Rn. 7, juris Rn. 7).
Der Kläger macht als Insolvenzverwalter, der Begründung seines Klageantrags folgend, für die Gesellschaft einen Anspruch nach § 171, § 172 Abs. 4 HGB geltend. Dabei handelt es sich nach dem klägerischen Vortrag um einen zivilrechtlichen Anspruch auf der Grundlage dieser Vorschriften. Zur Begründung führt der Kläger aus, der Beklagte habe Ausschüttungen erhalten, obwohl der Kapitalanteil des Beklagten unter den Betrag der Einlage herabgemindert war, woraus sich die Pflicht des Beklagten zur Wiederauffüllung des Kapitalkontos ergäbe. Ein solcher etwaiger Anspruch, der seine Grundlage in dem Verhältnis des Beklagten zur Gesellschaft hat, ist zivilrechtlicher Natur.
Dabei bezeichnet der Kläger den geltend gemachten Anspruch auch als den Außenhaftungsanspruch nach § 171 Abs. 1, Abs. 2 HGB. Für diesen trifft es zu, dass der Insolvenzverwalter als gesetzlicher Prozessstandschafter Ansprüche der Insolvenzgläubiger geltend macht mit der Folge, dass durch Zahlungen an den Insolvenzverwalter konkrete Gläubigerforderungen zum Erlöschen gebracht werden (BGH, Urteil vom 09.10.2006 – II ZR 193/05 -, juris Rn. 9). Dennoch ändert der Umstand, dass in der klägerseits vorgelegten Tabelle nach § 175 InsO (Anlage K 2) eine Forderung des Finanzamts ausgewiesen ist, nichts an der Beurteilung, dass der Kläger einen zivilrechtlichen Anspruch geltend macht. Auch wenn der Insolvenzverwalter die Gesellschafterhaftung immer nur für die Gläubiger realisiert, die gegen den betroffenen 13 W 452/18 – Seite 4 Gesellschafter Ansprüche aus gesellschaftsrechtlicher Haftung haben (BGH, Urteil vom 17.12.2015 – IX ZR 143/13 -, beckonline Rn. 11), ist die Forderung des Finanzamts gegenüber der Insolvenzschuldnerin nicht streitgegenständlich. Die zur Tabelle angemeldete Forderung des Finanzamts H-Mitte legt der Kläger seinem Antrag nicht zugrunde. Der Kläger begründet seinen Anspruch vielmehr damit, dass er auf der Grundlage von § 171 Abs. 1, Abs. 2 HGB einen Anspruch auf Rückzahlung der Ausschüttungen und damit auf Wiederauffüllung des Kapitalkontos habe. Ob diese Auffassung des Klägers zutrifft, ist aber, worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat, nicht eine Frage des Rechtswegs, sondern eine solche der Zulässigkeit oder der Begründetheit der Klage. Zudem enthält die Insolvenztabelle (Anlage K 2) eine Vielzahl von angemeldeten Forderungen, die unter Berücksichtigung des Grunds der Forderung zivilrechtlicher Natur sind und die betragsmäßig die Klageforderung deutlich überschreiten. Damit kann der geltend gemachte Anspruch auch auf der Grundlage einer zivilrechtlichen Insolvenzforderung bestehen, womit der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet ist.
Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Beschlusses des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 29.10.1987, BGHZ 102, 280, 283. Streitgegenständlich war dort die Forderung gegenüber einer Ortskrankenkasse zur Abgabe einer Unterlassungserklärung hinsichtlich der Überlassung von gebrauchten Rollstühlen an ihre Versicherte, für die der Zivilrechtsweg bejaht wurde. Der Gemeinsame Senat hat ausgeführt, dass sich der Rechtsweg nach der Natur des Rechtsverhältnisses richte, aus dem das Klagebegehren hergeleitet wird. Bei der Bestimmung des streitgegenständlichen Rechtsverhältnisses sei grundsätzlich vom Klagebegehren auszugehen. Maßgeblich sei dabei, dass der Parteivortrag – seine Richtigkeit unterstellt – Rechtsbeziehungen oder Rechtsfolgen ergibt, für die die Zuständigkeit der Zivilgerichte gegeben sind (BGH, Urteil vom 09.05.1979 – VIII ZR 134/79 -, juris Rn. 5). Nach diesen Grundsätzen ist auch hier der Zivilrechtsweg zu bejahen. Der sich aus dem klägerischen Vortrag und nach der klägerischen Rechtsauffassung ergebende Anspruch ist zivilrechtlicher Natur auf der Grundlage der Haftung des Kommanditisten auf die Einlagesumme. Ob ein solcher Anspruch auf dieser Grundlage tatsächlich besteht, ist eine Frage der Begründetheit der Klage, nicht eine solche des Rechtswegs.
Auch die weiteren vom Beklagten zitierten Entscheidungen rechtfertigen keine abweichende Beurteilung. Der Beschluss des BGH vom 02.04.2009 – X ZB 182/08 befasst sich mit der Frage des Rechtswegs für eine Anfechtungsklage des Insolvenzverwalters, mit der die Rückforderung von vom Schuldner gezahltem Arbeitsentgelt geltend gemacht wurde. Insoweit hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes mit Beschluss vom 27.09.2010 – GmS-OGB 1/09 – die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten bejaht und ausgeführt, dass für die Bestimmung des Rechtswegs nicht der anfechtungsrechtliche Rückgewähranspruch, sondern der Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis bestimmend sei. Im dortigen Verfahren hat der Insolvenzverwalter – im Unterschied zum hiesigen Fall – eine Forderung geltend gemacht, die nicht 13 W 452/18 – Seite 5 zivilrechtlicher, sondern arbeitsrechtlicher Natur war. Auch den weiteren vom Beklagten zitierten Entscheidungen lassen sich für die hier aufgeworfene Streitfrage keine Gesichtspunkte entnehmen, die die Ansicht des Beklagten stützen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Beschwerdewert wurde nach dem Interesse der Parteien nach § 3 ZPO in Höhe von 1/3 des Hauptsachestreitwerts festgesetzt (Zöller/Lückemann, ZPO, 32. Aufl., § 17 a GVG Rn. 20).
Die weitere Beschwerde war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen für deren Zulassung nach § 17 a Abs. 4 Satz 5 GVG nicht vorliegen. Insbesondere weicht der Senat nicht von einer Entscheidung eines obersten Gerichtshofs oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes ab.

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