Aktenzeichen 23 U 1932/17
ZPO § 301, § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 7
BGB § 278, § 314 Abs. 2 S. 2, § 323 Abs. 2 Nr. 3
Leitsatz
1 Der Erlass eines Teilurteils ist nach § 301 ZPO grundsätzlich schon dann unzulässig, wenn eine materiell-rechtliche Verzahnung verschiedener selbständiger prozessualer Ansprüche besteht und es daher zu widersprüchlichen Entscheidungen kommen könnte. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine Angabe von Kündigungsgründen in der Kündigungserklärung ist bei der Kündigung des Handelsvertretervertrags aus wichtigem Grund nicht erforderlich; bei der Prüfung der Wirksamkeit der Kündigung sind alle Gründe zu berücksichtigen, die zum Zeitpunkt der Kündigung objektiv vorlagen. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
1 HK O 653/15 2017-05-05 TeU LGINGOLSTADT LG Ingolstadt
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Teilurteil des Landgerichts Ingolstadt vom 05.05.2017, Az. 1 HK O 653/15 in Ziffer III. insgesamt und in Ziffer VI. hinsichtlich der Abweisung des Antrags zur Zahlung eines Handelsvertreterausgleichs nach § 89b HGB aufgehoben.
II. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Der Rechtsstreit wird zur weiteren Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht Ingolstadt zurückverwiesen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Sodann wird das Urteil gem. § 540 Abs. 1 ZPO wie folgt zu Protokoll begründet:
Gründe
I.
Die Parteien streiten über die Abwicklung eines Handelsvertretervertrags.
Zwischen der Klägerin und der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1) wurde unter dem 25.08./01.09.1993 ein Handelsvertretervertrag abgeschlossen. Die Handelsvertretertätigkeit auf Seiten der Klägerin wurde von Anfang an durch deren Ehemann im allseitigen Einvernehmen ausgeübt. Mit Schreiben vom 16.09.2014 sprach die Beklagte zu 1) die außerordentliche Kündigung aus. Die Klägerin wies die Kündigung mit Schreiben vom 18.09.2014 zurück und sprach ihrerseits die außerordentliche Kündigung des Handelsvertretervertrages aus. Ab dem Jahr 2007 wurde der Geschäfts- und Aufgabenbereich der Beklagten zu 2) durch die Handelsvertreter der Beklagten zu 1) mit erledigt. Mit Schreiben vom 11.12.2014 kündigte die Beklagte zu 2) die mit der Klägerin bestehenden Vertragsverhältnisse außerordentlich, hilfsweise ordentlich.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten zu 1) die Rückzahlung eines angeblich gewährten Darlehens, die Erteilung eines Buchauszuges für den Zeitraum vom 01.01.2012 bis 18.09.2014, die Zahlung der sich aus dem Buchauszug ergebenden Provisionen und Boni und Bezahlung des noch zu errechnenden Schadensersatzes wegen der Nichteinhaltung der Kündigungsfrist nach § 89a Abs. 2 HGB und eines noch zu errechnenden Handelsvertreterausgleichs gemäß § 89b HGB. Von der Beklagten zu 2) begehrt die Klägerin die Erteilung eines Buchauszuges, die Erteilung einer Provisionsabrechnung, die Zahlung der sich aus dem Buchauszug ergebenden Provisionen und Boni und Bezahlung des noch zu errechnenden Schadensersatzes nach § 89a Abs. 2 HGB und eines noch zu errechnenden Handelsvertreterausgleichs gemäß § 89b HGB. Die Klägerin trägt vor, das Vertragsverhältnis sei nicht durch die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 16.09.2014 sondern durch ihre Kündigung vom 18.09.2014, die durch das Verhalten der Beklagten zu 1) veranlasst wurde, aufgelöst worden. Die Beklagte zu 2) trägt vor, das Vertragsverhältnis mit der Klägerin sei endabgerechnet und es ergebe sich eine Überzahlung in Höhe von 1.257,82 €, die sie im Wege der Widerklage geltend macht.
Das Landgericht hat mit Teilurteil vom 05.05.2015 (Bl. 268 ff d. A.)
in Ziffer I. den Klageantrag I. mit dem Ziel, die Beklagte zu 1) zur Zahlung von 178.500 € zu verurteilen, abgewiesen,
in Ziffer II. die Beklagte zu 1) verurteilt, der Klägerin über alle mit Kunden ab 01.01.2012 bis 17.09.2014 abgeschlossenen Geschäfte einen Buchauszug zu erteilen und den weitergehenden Antrag auf Erteilung eines Buchauszugs abgewiesen,
in Ziffer III. den Klageantrag IV abgewiesen, soweit die Klägerin beantragt hat, die Beklagte zu 1) zur Zahlung eines Schadensersatzes nach § 89a Abs. 2 HGB und eines Handelsvertreterausgleichs gemäß § 89b HGB zu verurteilen,
in Ziffer IV. die Beklagte zu 2) verurteilt, der Klägerin über alle ab 01.01.2012 bis 30.06.2015 abgeschlossenen Geschäfte einen Buchauszug zu erteilen,
in Ziffer V. die Beklagte zu 2) verurteilt, der Klägerin eine Provisionsabrechnung zu erteilen und
in Ziffer VI. den Klageantrag VII abgewiesen, soweit die Klägerin beantragt hat, die Beklagte zu 2) zur Zahlung eines Schadensersatzes nach § 89a Abs. 2 HGB und eines Handelsvertreterausgleichs gemäß § 89b HGB zu verurteilen.
Das Landgericht hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass der Handelsvertretervertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten zu 1) am 17.09.2014 beendet wurde, da ein wichtiger Grund zur Kündigung vorlag und der Handelsvertretervertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2) durch die Kündigung der Beklagten zu 2) vom 11.12.2014 mit Wirkung zum 30.06.2015 beendet wurde. Aufgrund der berechtigten Kündigungen der Beklagten zu 1) und zu 2) lägen die Voraussetzungen des § 89a HGB nicht vor. Der Anspruch auf Zahlung eines Handelsvertreterausgleichs sei gemäß § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB entfallen.
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 06.06.2017 (Bl. 294/295 d. A.) Berufung gegen das Teilurteil eingelegt.
Die Klägerin beantragt im Berufungsverfahren,
das Teilurteil insoweit aufzuheben, als die Beklagte zu 1) zur Erteilung eines Buchauszuges nur bis zum 17.09.2014 verurteilt wurde und die Beklagte zu 1) zur Erteilung eines Buchauszuges bis einschließlich 18.09.2014 zu verurteilen,
das Teilurteil insoweit aufzuheben, als der Antrag, die Beklagte zu 1) zur Zahlung eines Schadensersatzes nach § 89a Abs. 2 HGB zu verurteilen, abgewiesen wurde und das Teilurteil insoweit aufzuheben, als der Antrag, die Beklagten zu 1) und zu 2) zur Zahlung eines Handelsvertreterausgleichs gemäß § 89b HGB zu verurteilen, abgewiesen wurde.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
II.
Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.
1. Soweit das Landgericht die Klage auf Zahlung eines Schadensersatzes nach § 89a Abs. 2 HGB und eines Handelsvertreterausgleichs nach § 89b HGB abgewiesen hat, stellt das Urteil des Landgerichts ein nach § 301 ZPO unzulässiges Teilurteil dar.
1.1. Ein Verstoß gegen § 301 ZPO ist als wesentlicher Verfahrensmangel von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urteil vom 04.10.2000, VIII ZR 109/99, juris Tz. 14). Eines Antrages auf Zurückverweisung bedarf es nicht, § 538 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Der Erlass eines Teilurteils ist unzulässig, wenn auf Grund der Entscheidung die Gefahr besteht, dass es bei der Entscheidung über den noch anhängigen Streitgegenstand im Schlussurteil zu einander widersprechenden Entscheidungen kommt. Diese Gefahr besteht immer dann, wenn der durch Teilurteil beschiedene Anspruch und der noch rechtshängige Anspruch von gemeinsamen Vorfragen abhängen (BGH NJW-RR 2014, S. 1298 Tz. 9; BGH NJW-RR 2012, S. 849, 850 Tz. 11, je m. w. N Reichold in Thomas / Putzo, ZPO, 38. Aufl, § 301 Rz. 3). Der Erlass eines Teilurteils ist nach § 301 ZPO grundsätzlich schon dann unzulässig, wenn eine materiell-rechtliche Verzahnung verschiedener selbständiger prozessualer Ansprüche besteht und es daher zu widersprüchlichen Entscheidungen kommen könnte (BGH, NJW 2011, S. 1815, 1817). Dies gilt auch insoweit, als es um die Möglichkeit einer Beurteilung von bloßen Urteilselementen geht, die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden. Entgegen der Auffassung der Beklagten (Bl. 327 d. A.) liegt bei einer Stufenklage keine Bindung gemäß § 318 ZPO vor (BGH, Urteil vom 12.04.2016, XI ZR 305/14, juris Tz. 32; Greger in Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 254 Rdnr. 10; Vollkommer in Zöller, a.a.O., § 318 Rdnr. 11). Die Gefahr widersprechender Entscheidungen besteht daher auch bei Stufenklagen in den verschiedenen Stufen, wird aber vom Gesetz in diesem Falle hingenommen (BGH, Urteil vom 29.03.2011, VI ZR 117/10, juris Tz. 16). Dasselbe gilt auch, wenn der Stufenklage ein im Wege der Widerklage erhobener Anspruch gegenübersteht, da dann weder über die Stufenklage noch über die Widerklage entschieden werden könnte.
1.2. Dies ist vorliegend der Fall, soweit das Landgericht die Klage auf Zahlung eines Schadensersatzes nach § 89a Abs. 2 HGB und eines Handelsvertreterausgleichs nach § 89b HGB abgewiesen hat. Bei der Entscheidung über die sich aus dem Buchauszug ergebenden und in der zweiten Stufe geltend zu machenden Provisionen und Boni ist erneut zu prüfen, zu welchem Zeitpunkt das streitgegenständliche Handelsvertreterverhältnis beendet wurde, da mit der in der ersten Stufe erfolgten Verurteilung zur Erteilung eines Buchauszuges nicht rechtskräftig entschieden wurde, dass das Vertragsverhältnis mit Ende des Zeitraums, für den die Erteilung des Buchauszugs zugesprochen wurde, endete. Widersprechende Entscheidungen zu der Ablehnung des Anspruchs auf Schadensersatz nach § 89a HGB und Handelsvertreterausgleich nach § 89b HGB, die darauf gestützt ist, dass das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und den Beklagten zu 1) und zu 2) jeweils durch die Kündigungen der Beklagten, die aufgrund eines schuldhaften Verhaltens der Klägerin erfolgten, beendet wurde, sind insoweit nicht ausgeschlossen.
Nach dem Urteil des BGH vom 16.06.2010 (VIII ZR 62/09, juris Tz. 27) handelt es sich beim Auskunftsanspruch nur um ein Hilfsmittel, um den Leistungsantrag zu beziffern. Dieser ist das eigentliche Rechtsschutzziel. Gleichrangig damit sind weitere Zahlungsansprüche. Die Rangordnung zwischen Auskunfts- und Zahlungsanspruch bei der Stufenklage soll daher auch im Verhältnis zwischen Auskunftsanspruch und widerklagend geltend gemachtem Anspruch zu berücksichtigen sein. Diese Grundsätze müssen auch gelten, wenn nicht eine Widerklage, sondern weitere Zahlungsansprüche neben der Stufenklage geltend gemacht werden. Auch hier ist zunächst nur über den Auskunftsanspruch zu entscheiden.
Der Erlass eines Teilurteils ist damit insoweit unzulässig und die Berufung insoweit begründet. Das Urteil war insoweit aufzuheben und das Verfahren nach § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 ZPO an das Landgericht zurückzuverweisen. Einer Aufhebung des Verfahrens bedurfte es nicht, da die Zurückverweisungsgründe nur das erstinstanzliche Urteil selbst, nicht aber das zugrundeliegende Verfahren betreffen.
2. Soweit das Landgericht über den Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) auf Erteilung eines Buchauszuges entschieden hat, liegt ein im Rahmen der Stufenklage zulässiges Teilurteil vor. Insoweit ist die Berufung der Klägerin unbegründet, da das Landgericht die Klage gegen die Beklagte zu 1) auf Erteilung eines Buchauszuges für den 18.09.2014 zutreffend abgewiesen hat. Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) keinen Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges für die am 18.09.2014 abgeschlossenen Geschäfte, da der Handelsvertretervertrag am 17.09.2017 endete.
2.1. Der Handelsvertretervertrag kann gemäß § 89a Abs. 1 HGB von jedem Teil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Eine Angabe von Kündigungsgründen in der Kündigungserklärung ist nicht erforderlich; bei der Prüfung der Wirksamkeit der Kündigung sind alle Gründe zu berücksichtigen, die zum Zeitpunkt der Kündigung objektiv vorlagen (Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 37. Aufl, § 89a Rdnr. 14). Ein Kündigungsgrund rechtfertigt eine außerordentliche Kündigung, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung bis zur vereinbarten Vertragsbeendigung oder bis zum Ablauf der Frist zur ordentlichen Kündigung nicht zugemutet werden kann (Hopt, a.a.O., § 89a Rdnr. 6).
2.2. Ein wichtiger Grund für die Kündigung lag vor, da der Ehemann der Klägerin unbefugt umfangreiche Datensätze auf seinen privaten PC heruntergeladen und gespeichert hat, die zur Erfüllung seiner Tätigkeit für die Beklagte zu 1) nicht erforderlich waren und die Klägerin sich dieses Verhalten nach § 278 BGB zurechnen lassen muss.
2.2.1. Unstreitig erteilte Herr Dirk M., der Gesellschafter der Beklagten zu 1), dem Ehemann der Klägerin in einem Telefonat am 08.09.2014 Hausverbot. Anschließend lud der Ehemann der Klägerin zu Hause in seinem Büro in der Zeit von 19.23 Uhr bis 09.09.2014 9.02 Uhr umfangreiches Datenmaterial über den ihm eingeräumten Account aus den Datenbanken der Beklagten zu 1) auf seinen privaten eigenen E-Mail Account herunter. Diese heruntergeladenen Daten waren für die Tätigkeit der Klägerin als Handelsvertreterin der Beklagten zu 1) nicht erforderlich. Dahingestellt bleiben kann, ob der Ehemann der Klägerin – wie die Klägerin vorbringt – stellvertretender Geschäftsführer war. Zwar war unstreitig der Geschäftsführer der Beklagten zu 1) am 08.09.2014 urlaubsbedingt abwesend. Die Klägerin hat jedoch nicht ansatzweise vorgetragen und es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass die Klägerin die heruntergeladenen Daten für Handelsvertreter- oder Geschäftsführertätigkeiten benötigte. Die Beklagte zu 1) hat in ihrem Schriftsatz vom 29.07.2015 (Seite 33 ff., Bl. 63 d. A.) die heruntergeladenen Daten im Einzelnen dargelegt. In ihrem Schriftsatz vom 03.03.2016 (Seite 5 ff., Bl. 184 d. A.) hat die Beklagte zu 1) ausgeführt, dass kein einziges der in den 48 Download-Vorgängen enthaltenen Dokumente mit dem operativen Geschäft eines Handelsvertreters überhaupt unmittelbar zu tun hatte bzw. von solcher Dringlichkeit war, dass es wenige Stunden nach dem erteilten Hausverbot sofort zu bearbeiten gewesen wäre. Die Beklagte zu 1) hat vorgetragen, viele der Dokumente beziehen sich auf Vorgänge, die zum Teil Jahre zurückliegen oder längst abgeschlossene Bankenverhandlungen des Geschäftsführers der Beklagten zu 1) mit der Hausbank (Seite 5 des Schriftsatzes vom 03.03.2016, Bl. 184 d. A.). Die Klägerin habe sich interne Bankinformationen über Scheckformulare und Onlineabwicklungen beschafft und eine hochauflösende Farbkopie der Vorder- und Rückseite des Personalausweises des Gesellschafters M. Die Beklagte zu 1) hat als Anlage B13 eine tabellarische Auswertung der Downloads vorgelegt, die sie auf Seite 17 ihres Schriftsatzes vom 03.03.2016 (Bl. 197 d. A.) zum Gegenstand ihres Sachvortrags gemacht hat. In dieser Auflistung hat die Beklagte zu 1) zu den einzelnen Datensätzen Stellung genommen. Die Klägerin hat weder vorgetragen noch ist sonst ersichtlich, dass die heruntergeladen Datensätze für ihre Tätigkeit als Handelsvertreterin oder die – nach ihrem Vortrag ihr obliegende – Tätigkeit als stellvertretender Geschäftsführer erforderlich waren. Die Klägerin trägt – mit Ausnahme der Unterlagen betreffend die Kunden O. und T. – weder zu den Datensätzen im einzelnen noch zu dem Umstand, dass es sich zum Teil um sehr lange zurückliegende Vorgänge handelt, die keinerlei Bezug zu einer Handelsvertreter – oder Geschäftsführertätigkeit am 08.09.2014 aufweisen, vor. Die Klägerin hat lediglich vorgetragen, das Herunterladen und Ausdrucken sei hinsichtlich der Unterlagen, die die Kunden O. und T. betreffen, für die anstehenden Jahreskundengespräche am 17.09.2014 erforderlich gewesen (Seite 5 des Schriftsatzes vom 11.05.2016, Bl. 205 d. A.); weshalb das Herunterladen der weiteren umfangreichen Datensätze am 08.09.2014 und 09.09.2014 erforderlich war, legt die Klägerin indes nicht dar. Soweit die Klägerin allgemein vorträgt, die Datensätze seien erforderlich gewesen, da ihr auch die Liquiditätsprüfung oblegen habe, erschließt sich bereits nicht, weshalb am 08.09.2014 eine Liquiditätsprüfung erforderlich gewesen sein soll. Unklar ist ferner, weshalb die heruntergeladenen Daten im einzelnen – wie z. B. die unter Ziff. 4 der Anlage B13 aufgeführte Mitteilung vom 13.03.2012 hinsichtlich des Einverständnisses mit einer Nebentätigkeit von Herrn Dr. K. – für eine Liquiditätsprüfung erforderlich gewesen sein sollen. Hinsichtlich der Jahresabschlüsse der IKG führt die Klägerin lediglich aus, die Informationen seien erforderlich gewesen, weil es sich hierbei um die Immobiliengesellschaft der Herren M. und P. handle, welche zugleich Vermieterin der Beklagten zu 1) sei (Seite 15 des Schriftsatzes vom 31.08.2015, Bl. 116). Wofür die Jahresabschlüsse der IKG benötigt wurden, erschließt sich nicht.
Dahingestellt bleiben kann, ob in dem vom Gesellschafter der Beklagten zu 1) ausgesprochenen und vom Geschäftsführer der Beklagten zu 1) bekräftigten Hausverbot auch die Anordnung zu sehen ist, die Klägerin dürfe – wie das Landgericht ausführt – die Beklagte zu 1) auch nicht mehr „online“ betreten. Dass der Klägerin der Zugriff auf die in der „Ablage-GF“ gespeicherten Daten eingeräumt wurde, beinhaltet nämlich nicht, dass die Klägerin diese auf ihrem privaten PC speichern darf.
Ohne Belang für die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung ist, dass das Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin wegen Verrats von Betriebs – und Geschäftsgeheimnissen gemäß § 170 Abs. 2 StPO mangels strafrechtlicher Zurechenbarkeit des Verhaltens ihres Ehemannes und das Ermittlungsverfahren gegen den Ehemann der Klägerin wegen Verrats von Betriebs – und Geschäftsgeheimnissen nach § 153a Abs. 1 StPO endgültig eingestellt wurde. Ein schwerwiegender Vertrauensbruch setzt keine strafrechtliche Verurteilung voraus.
2.2.2. Das unbefugte Herunterladen der Daten aus der Ablage GF durch die Klägerin wiegt so schwer, dass das Vertrauensverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) endgültig zerstört war. Eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist, mithin nach Ziff. 9 des Handelsvertretungsvertrags (Anlage K1) bis 31.03.2015, also für weitere ca. 6 1/2 Monate, war der Beklagten zu 1) nicht zumutbar. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Klägerin kurz nach Ausspruch des Hausverbotes innerhalb eines kurzen Zeitraums – nicht einmal 14 Stunden – in 48 Downloads umfangreiche Datensätze heruntergeladen hat.
Zugunsten der Klägerin ist zwar zu berücksichtigen, dass diese bereits seit September 1993, mithin seit 21 Jahren, für die Beklagte zu 1) tätig war. Indessen wiegt der hier inmitten stehende Verstoß so schwer, dass die weitere Fortsetzung des Vertragsverhältnisses trotzdem unzumutbar erscheint.
2.3. Eine Abmahnung der Klägerin war nach § 314 Abs. 2 Satz 2 BGB i.V.m. § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB nicht nötig. Eine Abmahnung ist entbehrlich, wenn das Fehlverhalten des Vertragspartners die Vertrauensgrundlage in so schwerwiegender Weise erschüttert hat, dass diese auch durch eine erfolgreiche Abmahnung nicht wiederhergestellt werden könnte (BGH NJW-RR 2001, S. 677, 679; BGH, Urteil vom 26.05.1999, VIII ZR 123/98, juris Tz. 28). Dies ist vorliegend angesichts der Schwere des Verstoßes der Fall.
2.4. Unstreitig ist das Kündigungsschreiben der Beklagten zu 1) vom 16.09.2014 (Anlage K12) der Klägerin am 17.09.2014 zugegangen, so dass das Vertragsverhältnis am 17.09.2014 endete.
3. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
Nach Ansicht des Senats hat das Landgericht die Klage gegen die Beklagte zu 1) auf Zahlung eines noch zu errechnenden Schadensersatzes nach § 89a HGB und gegen die Beklagten zu 1) und zu 2) auf Zahlung eines noch zu errechnenden Handelsvertreterausgleichs nach § 89b HGB zutreffend abgewiesen.
3.1. Da der Handelsvertretervertrag bei Ausspruch der Kündigung durch die Klägerin am 18.09.2014 bereits wirksam durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten zu 1) vom 16.09.2014 beendet war, hat die Klägerin gegen die Beklagte zu 1) keinen Anspruch auf Schadensersatz nach § 89a Abs. 2 HGB.
3.2. Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1) auch keinen Anspruch auf Handelsvertreterausgleich nach § 89b HGB, da vorliegend ein wichtiger Grund für die Kündigung vorlag und dieser wichtige Grund auch wegen eines schuldhaften Verhaltens der Klägerin bestand.
3.3. Nicht zu beanstanden ist die Auffassung des Landgerichts, dass der Klägerin auch gegen die Beklagte zu 2) kein Anspruch auf Handelsvertreterausgleich nach § 89b HGB zusteht, da das Herunterladen der Daten und Betriebsgeheimnisse auf den privaten PC des Ehemanns der Klägerin einen schwerwiegenden Vertrauensbruch darstellt, der auch das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2), bei der es sich unstreitig um eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Beklagten zu 1) handelt und die unstreitig keine neuen oder eigenen Handelsvertreterverhältnisse begründet hat, betrifft. Nicht erforderlich für das Entfallen des Anspruchs auf Ausgleichszahlung ist, dass der Unternehmer das Vertragsverhältnis außerordentlich gekündigt hat (Hopt, a.a.O., § 89b Rdnr. 64).
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO; die Revision war nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen.