Handels- und Gesellschaftsrecht

Divergenz im Sinne von § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO

Aktenzeichen  17 U 3343/16

Datum:
6.2.2017
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 150143
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 543 Abs. 2

 

Leitsatz

Die unterschiedliche Beurteilung des gleichen Sachverhalts von zwei Gerichten begründet für sich allein noch keine Divergenz im Sinne von § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO. Hinzukommen muss, dass dieser Beurteilung unterschiedliche Rechtssätze zu Grunde liegen (so auch BGH BeckRS 2007, 15401). (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

3 O 18565/15 2016-07-15 Endurteil LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 15.07.2016, Aktenzeichen 3 O 18565/15, wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen. Die Streithelferin trägt die durch die Nebenintervention verursachten Kosten.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden; wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 22.079,97 € festgesetzt.

Gründe

I. Der Senat nimmt gemäß § 522 Abs. 2 S. 4 ZPO Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil des Landgerichts.
Zum Sachvortrag im Berufungsrechtszug verweist der Senat ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien und bezüglich der Berufungsanträge auf die Schriftsätze der Beklagten zu 1 vom 10.10.2016 (dort S. 1, Bl. 300 d.A.) und der Beklagten zu 2 und zu 3 vom 21.10.2016 (dort S. 1, Bl. 317 d.A.) sowie auf den Schriftsatz des Klägers vom 31.08.2016 (Bl. 294 d A).
II. Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 15.07.2016, Aktenzeichen 3 O 18565/15, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
III. Auf die Grunde des Beschlusses des Senats vorn 29.12.2016 (Bl. 344/350 d.A.), den Beklagtenvertretern zugestellt am 03.01.2017 und am 04.01.2017, wird Bezug genommen. Die Schriftsätze der Beklagten zu 2 und zu 3 vom 24.01.2017 (Bl. 352/354 d.A.) und der Beklagten zu 1 vom 25,01.2017 (Bl. 355/357 d.A.) enthalten keine Gesichtspunkte, die eine andere Entscheidung rechtfertigen könnten.
1. Die Beklagte zu 2 vermag mit ihren Einwendungen gegen ihre Haftung nicht durchzudringen. Der Senat hat sich in Ziffer 1 a seines Beschlusses vom 29.12.2016 (Bl. 345/346 d.A.) auf der Basis der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausführlich mit der grundsätzlichen Haftung der Beklagen zu 2 auseinandergesetzt. Dass der 5. Zivilsenat in seinem Urteil vom 08.11.2016 (OLG München Urteil vom 08.11.2016 – 5 U 1353/16 unter II 3 b = juris Rn. 44/45) in dem von ihm entschiedenen Einzelfall nach Beweisaufnahme eine Haftung der Beklagten zu 2 verneint hat, führt nicht dazu, dass die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen wäre. Selbst wenn es sich um den gleichen Sachverhalt handeln würde, würde die unterschiedliche Beurteilung noch keine Divergenz begründen, da weder vorgetragen noch ersichtlich ist, dass der Beurteilung unterschiedliche Rechtssätze zugrunde liegen (BGH Beschluss vom 09.07.2007 – II ZR 95/06; NJW–RR 2007, 1676 unter I).
2. Die Beklagte zu 3 haftet als Gründungs – und Treuhandkommanditistin. Sie war – wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat – nicht wie ein nur kapitalistisch beteiligter Anlagegesellschafter erkennbar von jedem Einfluss auf die Vertragsgestaltung und die Einwerbung von neuen Gesellschaftern ausgeschlossen (vgl. BGH Urteil vom 09.07.2013 – II ZR 9/12, NJW–RR 2013, 1255 unter II 2 a aa insb. Rn. 29; BGH Urteil vom 13.07.2006 – III ZR 361/04; NJW–RR 2007, 406 unter II 2).
3. Auch die Einwände gegen die Haftung der Beklagten zu 1 greifen nicht durch. Die als Anlagenkonvolut BK 1 zum Schriftsatz vom 28.11.2016 (Bl. 333/336 d.A.) vorgelegten Beschlüsse des OLG Karlsruhe sind als Einzelfallentscheidung nach erstinstanzlicher Beweisaufnahme zu einem anderen Fonds ergangen. Der Beklagten zu 1 oblag es im Rahmen der von ihr geschuldeten Plausibilitätsprüfung, den Prospekt darauf zu kontrollieren, ob dieser ein in sich schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsprojekt ergibt. Dies war – wie der Senat im Beschluss 29.12.2016 ausführlich dargelegt hat – im Hinblick auf die „Parkplatzsituation“ nicht der Fall.
4. Die Beklagte zu 1 vermag auch nicht mit der Behauptung durchzudringen, das Beweisangebot im Schriftsatz vom 2104.2016 unter 2 d (S. 4 oben, Bl. 173 d.A.) habe das nunmehr lediglich präzisierte Beweisangebot im Schriftsatz vom 10.10.2016 (dort unter II 5 b, Bl. 310 d.A.) bereits umfasst, so das dieses keineswegs „neu“ im Sinne von § 531 Abs. 2 ZPO sei. Das Beweisangebot im Schriftsatz vom 21.04.2016 unter 2 d bezieht sich ausdrücklich auf die „genannten Risiken“, d.h. auf die im Vorsatz aufgeführter Risiken, „dass ein – teilweiser oder totaler – Verlust seines eingesetzten Kapitals eintreten könne, dass Ausschüttungen eingeschränkt oder eingestellt werden könnten und dass er (gemeint: der Kläger) die Beteiligung nicht jederzeit wieder veräußern könne.“ Bereits aus der Tatsache, dass drei Risiken aufgeführt werden, ergibt sich, dass es sich beim Totalverlustrisiko nicht um ein übergeordnetes Risiko handelt, dass alle weniger schwerwiegenden Risiken bereits in sich birgt und zumindest hinsichtlich der Kausalität umfasst. Dementsprechend hat die Beklagte zu 1 auf den Seiten 6 und 7 (Bl. 175/176 d.A.) auch Beweis dafür angeboten, dass ihr Verdienst für den Kläger ohne Belang war, was nach der jetzigen Interpretation ihrer Beweisangebote auch nicht notwendig gewesen wäre.
5. Insgesamt hält der Senat nach nochmaliger Überprüfung an seiner im Beschluss vom 29.12.2016 dargelegten Rechtsauffassung fest.
IV. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO, die gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und 3 ZPO eine Zurückweisung der Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ausschließen würden, liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, da die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Fragen geklärt sind. Die Zulassung der Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Der Senat sieht sich – wie oben und im Beschluss vom 29.12.2016 aufgezeigt – in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung.
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO.
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr. 10, 708 Nr. 10 analog und 711 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung für das Berufungsverfahren beruht auf § 63 Abs. 2 GKG; auf den Beschluss des Senats vom 13.10.2016 (Bl. 314/315 d.A.) wird Bezug genommen.

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