Handels- und Gesellschaftsrecht

Erstattung der Kosten für den Abbau eines Parkscheinautomaten

Aktenzeichen  M 2 K 17.2557

Datum:
12.12.2017
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 143318
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayStrWG Art. 18 Abs. 3

 

Leitsatz

1 Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch nach Art. 18 Abs. 3 S. 1 BayStrWG kann entweder hoheitlich mittels Leistungsbescheid und gegebenenfalls Vollstreckung oder mittels Zahlungsaufforderung und anschließender allgemeiner Leistungsklage geltend gemacht werden. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2 Von Art. 18 Abs. 3 S. 1 BayStrWG erfasst werden alle Kosten, die in adäquatem Kausalzusammenhang mit der Sondernutzung stehen. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Beklagte wird verpflichtet, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 1810,31 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 10.11.2016 zu bezahlen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig und begründet.
Das von Amts wegen zu beachtende Prozesshindernis der anderweitigen Rechtshängigkeit gem. § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG steht nicht entgegen, da nach dem Widerspruch gegen den Mahnbescheid kein Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens gestellt worden ist (§ 696 Abs. 1 Satz 1, 4 ZPO).
Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung von 1.810,31 € zuzüglich 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 10. November 2016.
Anspruchsgrundlage für diesen Zahlungsanspruch ist Art. 18 Abs. 3 Satz 1
BayStrWG. Gemäß Art. 18 Abs. 3 Satz 1 BayStrWG hat der Erlaubnisnehmer einer Sondernutzung nach öffentlichem Recht dem Träger der Straßenbaulast alle Kosten zu ersetzen, die diesem durch die Sondernutzung zusätzlich entstehen. Bei dieser Vorschrift handelt es sich um einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch. Ein solcher Erstattungsanspruch kann entweder hoheitlich mittels Leistungsbescheid und gegebenenfalls Vollstreckung nach Maßgabe der Art. 18 ff., 23 ff. VwZVG oder wie vorliegend mittels Zahlungsaufforderung und anschließender allgemeiner Leistungsklage geltend gemacht werden. Von Art. 18 Abs. 3 Satz 1 BayStrWG erfasst werden alle Kosten, die in adäquatem Kausalzusammenhang mit der Sondernutzung stehen.
Die Klägerin ist Trägerin der Straßenbaulast für die S. Straße und die R.straße. Die Beklagte haftet als Inhaberin des Einzelunternehmens „… Dienstleistungen“ für alle Verbindlichkeiten des Unternehmens. Die Firma „… Dienstleistungen“ war Erlaubnisnehmerin einer Sondernutzung nach öffentlichem Recht. Mit Bescheid vom 9. September 2014 wurde ihr eine Sondernutzungserlaubnis u. a. für den Abbruch eines Hauses erteilt. Hierbei handelt es sich um öffentlich-rechtliche Sondernutzungen, da diese Benutzung den Gemeingebrauch am Gehweg beeinträchtigen (Art. 18 Abs. 1 BayStrWG). Diese Sondernutzung ist auch ursächlich für die Beseitigung des Parkscheinautomaten durch die Klägerin. Durch die von der Klägerin vorgelegten Fotos ist nachgewiesen, dass die gesamte Gehbahn, auf der der Parkscheinautomat gestanden hatte, während der Bauarbeiten mit Bauschutt bedeckt war, sodass der Parkscheinautomat nicht mehr zugänglich war. Es ist auch nachgewiesen, dass der Klägerin für den durch die Sondernutzung verursachten Abbau des Parkscheinautomaten Kosten in Höhe von 1.810,31 € entstanden sind. Dies ergibt sich aus den in den Behördenakten befindlichen Rechnungen nebst darauf angebrachten Prüfvermerken der Klägerin. Demzufolge sind der Klägerin für den Abbau Kosten für einen Montagewagen in Höhe von 98,75 € sowie Kosten für die Stilllegung des Netzanschlusses durch die … Infrastruktur GmbH in Höhe von 1.535,10 € zzgl. 10,8% Bauleitkosten entstanden.
Der geltend gemachte Zahlungsanspruch ergibt sich isoliert auch aus der Kostenübernahmeerklärung von 9. September 2014, die den Anspruch als öffentlich-rechtliches Garantieversprechen selbständig neben Art. 18 Abs. 3 Satz 1 BayStrWG begründet. In Ziff. 2 der Kostenübernahmeerklärung, unterzeichnet durch Herrn … für die „… Dienstleistungen“, wurde ausdrücklich die Verpflichtungserklärung abgegeben, die für den Parkscheinautomaten anfallenden Kosten, die nach den vom Stadtrat gebilligten Einheitspreisen, zuzüglich der städtischen Bauleitungs- und Verwaltungskosten (10,8% aus der Nettobausumme) zu ermitteln sind, zu übernehmen.
Der Zinsanspruch in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 10.11.2016 folgt aus § 288 Abs. 1, Abs. 2 i.V.m. § 286 Abs. 1 BGB. Die Beklagte war infolge der Zustellung des Mahnbescheids am 9. November 2016 seit dem 10. November 2016 in Verzug (§ 286 Abs. 1 Satz 2, § 187 Abs. 1 BGB). Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. B.v. 15.2.2012 – 8 ZB 11.591) kann es sich bei einem Aufwendungsersatzanspruch um eine „Entgeltforderung“ i.S.d. § 288 Abs. 2 BGB handeln, wenn dieser ein Äquivalent für eine erbrachte Lieferung von Gütern oder Erbringung einer Dienstleistung ist. Eine Entgeltforderung im Sinne des § 288 Abs. 2 BGB liegt unter Berücksichtigung des Ziels der Richtlinie 2000/35/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 29.6.2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (ABlEG Nr. L 200 S. 35) vor, wenn die Forderung auf die Zahlung eines Entgelts (wirtschaftlich) als Gegenleistung für eine vom Gläubiger erbrachte oder zu erbringende Leistung gerichtet ist, die in der Lieferung von Gütern oder der Erbringung von Dienstleistungen besteht. Dabei bedarf es keiner synallagmatischen Verknüpfung zwischen der Leistung des Gläubigers und der Zahlung durch den Schuldner. Entgeltlichkeit setzt daher keinen gegenseitig verpflichtenden Vertrag voraus, sondern lediglich, dass sich die Zahlung wirtschaftlich als Entgelt für die erbrachte Leistung darstellt. Dies ist vorliegend der Fall. Die Klägerin hat mit der Durchführung des Abbaus des Parkscheinautomaten für das Einzelunternehmen „… Dienstleistungen“ eine „Dienstleistung“ im weiteren Sinne erbracht, für die sie die Kostenerstattung (im Sinne eines Aufwendungsersatzes) beanspruchen kann.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

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