Aktenzeichen 71 O 2943/17
InsO § 93, § 178 Abs. 3
Leitsatz
Der Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Kommanditgesellschaft obliegt die Geltendmachung von Ansprüchen auf die persönliche Haftung eines Gesellschafters für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Der Kommanditist kann einer entsprechenden Klage nicht entgegen halten, der Insolvenzverwalter habe pflichtwidrig Ansprüche gegen Dritte nicht zur Masse gezogen. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.250,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 23.06.2017 zu zahlen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 11.250,00 € festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet.
1. Der Anspruch beruht auf §§ 171 I, II und 172 I, IV HGB.
Gemäß § 171 I haftet der Kommanditist der Gläubigergesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar. Ist, wie hier über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so wird für die Dauer des Verfahrens das den Gesellschaftsgläubigern nach § 1 zustehende Recht durch den Insolvenzverwalter ausgeübt. Somit ist der Kläger aktiv legitimiert, da er unstreitig Insolvenzverwalter im Rahmen des noch laufenden Insolvenzverfahrens über die XY ist.
2. Gemäß § 172 I HGB ist die Haftung des Kommanditisten durch den in der Eintragung angegebenen Betrag bestimmt. Dieser beträgt hier unstreitig 25.000,00 €. Im Streit sind Ansprüche wegen Zurückzahlung von Einlagen bzw. Entnahme von Gewinnanteilen gemäß § 172 IV HGB. Diese gelten den Gläubigern und somit auch dem Kläger gegenüber als nicht geleistet, wenn Gewinnanteile entnommen werden während der Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert ist oder soweit durch die Entnahme Kapital unter dem bezeichneten Betrag herabgemindert wird. Unstreitig waren die Kapitalkonten im Minus, so dass die Voraussetzungen erfüllt sind.
Somit ist der Einwand einer nicht regelgerechten Bilanzprüfung rechtlich aus Sicht des Gerichts unerheblich.
3. Soweit der Beklagte Einwände erhebt, dass die Handelsbilanzen fehlerhaft und Ergebnis von Zins- und Wechselkursmanipulationen sind, ist der Beklagte gemäß § 129 I HGB mit diesem Einwand abgeschnitten. Die Forderungen sind zur Insolvenztabelle angemeldet worden und festgestellt. Dies hat für Gläubiger und Schuldner gemäß § 178 III InsO die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils.
4. Die Klageforderung ist auch substantiiert. Sie genügt den Anforderungen des Urteils des BGH vom 20.02.2018 (II ZR 272/16). Ausreichend für die Darlegung ist es demnach, wenn sich der Insolvenzverwalter auf die Insolvenztabelle bezieht. Dies hat der Kläger vorliegend mit Anlage K 2 getan. Dabei entspricht die vorgelegte Insolvenztabelle den gesetzlichen Anforderungen (§§ 174, 175 InsO). Eine weitere Substantiierung ist somit nicht erforderlich.
5. Auch der Einwand, der Kläger als Insolvenzverwalter habe Pflichtverletzungen begangen, indem er Ansprüche Dritter nicht zur Masse gezogen habe, verfängt nicht. Dem Insolvenzverwalter obliegt nach § 93 InsO die Geltendmachung von Ansprüchen auf die persönliche Haftung eines Gesellschafters für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Er hat somit die Verpflichtung die hier genannten Ansprüche geltend zu machen. Einwände er habe derzeit weitere Ansprüche nicht geltend gemacht, können nach Auffassung des Gerichts hier nicht entgegen gehalten werden.
6. Entgegen der Auffassung des Beklagten sind Ansprüche nicht verjährt. Dies auch unter dem Aspekt, dass der Beklagte im Hinblick auf die ersten Ausschüttungen bis zum 21.09.2005 nicht ins Handelsregister eintragen war und lediglich Treugeber war. Das Gericht schließt sich der Auffassung des OLG München (Entscheidung vom 07.05.2018, AZ: 7 U 354/17) an. Insoweit kommt es nicht auf den Zeitpunkt der Ausschüttung an. Ansprüche aus § 172 II HGB verjähren nach § 159 I, II HGB 5 Jahre nach Eintragung der Auflösung der Gesellschaft im Handelsregister. Diese Frist ist hier nicht abgelaufen. Ebenso wenig ist relevant, dass der Beklagte zunächst nur Treugeber war und erst später als Vollkommanditist der XY ins Handelsregister eingetragen wurde. Entscheidend ist allein, dass er bei Insolvenzeröffnung Vollkommanditist war und der Wert seiner Einlage die Hafteinlage nicht erreichte. Damit ist die 5-jährige Frist des § 159 I HGB nicht abgelaufen.
Die Nebenforderungen ergeben sich aus Verzug. Spätestens mit Zustellung des Mahnbescheides am 23.06.2017 war Verzug eingetreten, §§ 280, 286 BGB. Hierbei wirkt bei alsbaldiger Abgabe, wie hier, die Rechtshängigkeit auf den Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheids zurück bezogen. Zinsen wurden somit ab dem 23.06.2017 geschuldet.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.