Aktenzeichen 31 O 21218/14
Leitsatz
Einer GmbH, die gegen ihren Geschäftsführer auf Zahlung von Schadensersatz wegen der Begleichung privater Rechnungen aus dem Gesellschaftsvermögen klagt, obliegt es nur darzutun, welche Unterlagen zu den dargelegten Handlungen vorhanden sein sollen und Einsicht in diese zu verlangen. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
31 O 21218/14 2015-02-05 Versäumnisurteil LGMUENCHENI LG München I
Tenor
1. Das Versäumnisurteil vom 05.02.2015 wird aufrechterhalten.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 17.936,81 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 27.02.2016 zu zahlen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil vom 05.02.2015 darf nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags fortgesetzt werden.
5. Der Streitwert wird bis 26.02.2016 auf 24.802,54 Euro, danach auf 42.739,35 Euro festgesetzt.
Gründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
I.
1. Die Klage ist zulässig. Das angerufene Landgericht München I ist sachlich und örtlich zuständig, §§ 1 ZPO, 23, 71 Abs. 1 GVG; §§ 12, 13 ZPO.
2. Der Kläger ist als Insolvenzverwalter der Insolvenzschuldnerin und damit als sog. Partei kraft Amtes gemäß § 80 Abs. 1 InsO als gesetzlicher Prozessstandschafter prozessführungsbefugt.
3. Das Verfahren wurde durch den Einspruch der Beklagten gemäß § 342 ZPO in die Lage zurückversetzt, in dem er sich vor Eintritt der Säumnis befand. Der Einspruch war als statthafter Rechtsbehelf gemäß § 338 ZPO gegen das Versäumnisurteil zulässig, insbesondere wurde er form- und fristgerecht eingelegt, §§ 339, 340 ZPO.
4. Der Zulässigkeit der Klage steht der Einwand anderweitiger Rechtshängigkeit gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO nicht entgegen. Bei der gegen den Ehemann der Beklagten – demnach einer anderen Beklagtenpartei – vor dem Landgericht München I, Az.: 41 O 22089/14, erhobenen Klage wegen behaupteter Haftung als faktischer Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin handelt es sich um einen anderen Streitgegenstand.
II.
Die Klage ist in vollem Umfang begründet. Die Insolvenzschuldnerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz in der geltend gemachten Höhe aus § 43 Abs. 2, Abs. 1 GmbHG hat, und der Kläger darf diesen Betrag als Insolvenzverwalter, § 80 Abs. 1 InsO, von der Beklagten fordern.
1. Ein Anspruch aus § 43 Abs. 2, Abs. 1 GmbHG ist für jeden der vom Kläger geltend gemachten Zahlungsposten entstanden. Gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG haften Geschäftsführer, die ihre Obliegenheiten verletzen, der Gesellschaft für den entstandenen Schaden. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Im Einzelnen:
a. Die Beklagte war formgültig bestellte und in das Handelsregister eingetragene Geschäftsführerin der Gesellschaft, § 6 GmbHG, zum Zeitpunkt der jeweiligen Zahlungen.
b. Durch die Zahlungen ist der Gesellschaft jeweils und insgesamt ursächlich ein Schaden im Sinne des § 43 Abs. 2 GmbHG in der vom Kläger geltend gemachten Höhe entstanden.
aa. Schaden ist jede Minderung des geldwerten Gesellschaftsvermögens (OLG Frankfurt, Urteil vom 16.04.2008 – 1 U 136/05 m.w.N.; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl. 2017, § 43 Rn. 15) und nach den §§ 249 ff. BGB dann gegeben, wenn der tatsächliche Wert des Gesellschaftsvermögens infolge des die Haftungspflicht auslösenden Ereignisses geringer ist als ohne das Ereignis. Nach der Rechtsprechung (z.B. BGH, DStR 2003, 124, 125; OLG München, Urteil vom 30.07.2014 – 7 U 3260/13 m.w.N.) trifft die Gesellschaft, die einen Schadensersatzanspruch aus § 43 GmbHG einklagt, die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass und inwieweit ihr durch ein möglicherweise pflichtwidriges Verhalten des Geschäftsführers ein Schaden entstanden ist.
bb. Demnach hat die Gesellschaft den Eintritt des Schadens und dessen Verursachung durch ein Verhalten des Geschäftsführers darzulegen und – im Falle des Bestreitens – zu beweisen. Für die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast gilt § 93 Abs. 2 S. 2 AktG analog, da diese Vorschrift den allgemeinen Grundsatz für die Geschäftsführung zum Ausdruck bringt, wonach der Geschäftsführende einer Rechenschaftspflicht unterliegt.
cc. Diese Anforderungen hat der Kläger vorliegend erfüllt. Der Kläger hat substantiiert dargelegt, dass vonseiten und in der Verantwortungssphäre der Beklagten die besagten Zahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen der Insolvenzschuldnerin veranlasst worden sind, die zu einer tatsächlichen Vermögensverringerung geführt haben, da diese nicht ausgeglichen worden sind. Der Kläger hat konkret vorgetragen, dass und welche Zahlungen von den Geschäftskonten der GmbH zu welchem Zeitpunkt erfolgt sind. Es ist dem Kläger auch gelungen, seiner im Hinblick auf den Schadenseintritt bestehenden Darlegungslast dadurch Rechnung zu tragen, dass er die mögliche Pflichtwidrigkeit der schadensauslösenden Zahlungen dargelegt hat. Der Kläger hat die Zahlungen in ihrem Betreff genau bezeichneten Verwendungszwecken zuordnen können. Diese begründen schon nach ihrer Bezeichnung die tatsächliche Vermutung dafür, zur privaten Lebensführung und nicht zur betrieblichen Geschäftsführung der in der Baubranche tätigen Gesellschaft zu gehören, und damit möglicherweise pflichtwidrig zu sein.
c. Die Beklagte hat durch jede der genannten Zahlungen ihre Obliegenheiten im Sinne des § 43 Abs. 2 GmbHG verletzt. Ein Geschäftsführer hat gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG insbesondere die Pflicht, in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Die wichtigste Verhaltensvorgabe liegt in der eigentlichen Geschäftsführungsaufgabe, konkreter darin, den Gesellschaftszweck möglichst effektiv zu verfolgen (Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl. 2017, § 43 Rn. 17-17 a). Dem widersprechen Vertragsabschlüsse außerhalb des gesellschaftsvertraglich festgelegten Gegenstands der Gesellschaft sowie nachteilige Geschäftsabschlüsse, z.B. solche ohne angemessene oder fehlende Gegenleistung (Oetker, in: Henssler/Stroh, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl. 2016, § 43 GmbHG Rn. 21). Den Geschäftsführer trifft kraft seiner Organstellung eine besondere Treuepflicht: Aufgrund seiner Funktion als Verwalter fremden Vermögens und der herausgehobenen Vertrauensstellung verpflichtet § 43 Abs. 1 GmbHG den Geschäftsführer zu einem besonderen, über § 242 BGB hinausgehenden loyalen Verhalten gegenüber der Gesellschaft (Haas/Ziemons, in: Michalski, GmbHG, 2. Auf. 2010, Rn. 86 ff.). Die Treuepflicht verpflichtet den Geschäftsführer, in allen Angelegenheiten, die das Interesse der Gesellschaft berühren, allein deren Wohl und nicht seinen eigenen Vorteil oder den Vorteil Dritter im Auge zu haben (Haas/Ziemons, in: Michalski, GmbHG, 2. Aufl. 2010, Rn. 86 ff.; OLG Düsseldorf, DStR 2001, 716, 717 m.w.N.).
Pflichtwidrig in diesem Zusammenhang sind insbesondere Verfügungen, die mit kaufmännischen Grundsätzen unvereinbar sind, insbesondere dann, wenn sie geeignet sind, der GmbH Betriebsmittel zu entziehen und ihre Liquidität zu gefährden. Darüber hinaus hat der Geschäftsführer einer GmbH die ihm zur Verfügung stehenden Gelder stets nachprüfbar und nachvollziehbar zu verwenden (OLG Saarbrücken, NZG 2002, 378, 379; OLG Frankfurt, Urteil vom 16.04.2008 – 1 U 136/05). Ein Geschäftsführer verletzt seine Treue- und Interessenswahrungspflicht gegenüber der GmbH, wenn er diese veranlasst, Leistungen mit privatem Bezug allein in seinem Eigeninteresse zu erbringen, ohne dass die Gesellschaft adäquate Gegenleistungen erhält (OLG Naumburg, NZG 1999, 353).
d. Dem Geschäftsführer ist es auf Grund seiner Loyalitätspflicht untersagt, persönliche Vorteile aus der geschäftlichen Tätigkeit der Gesellschaft für sich abzuleiten (OLG Düsseldorf, DStR 2001, 716). Insofern trägt er die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er seinen Sorgfaltspflichten gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG nachgekommen ist, ihn ein Verschulden nicht trifft oder der Schaden auch bei pflichtgemäßem Alternativverhalten eingetreten wäre (BGH, DStR 2003, 124, 126; OLG München, Urteil vom 30.07.2014 – 7 U 3260/13). Dieser Nachweis ist der Beklagten nicht gelungen.
aa. Soweit sich die Beklagte darauf beruft, nur nach Vorlage der Belege für die einzelnen Zahlungsposten durch die Insolvenzschuldnerin substantiierter vortragen zu können, verfängt dies nicht. Dies folgt daraus, dass die Beklagte nach § 93 Abs. 2 S. 2 AktG analog die Darlegungslast für dasjenige trägt, woraus sich die Sorgfaltsgemäßheit ihres Handelns als Geschäftsführerin ergibt. Diese spezifische gesellschaftsrechtliche Verteilung der Darlegungslast zwischen Gesellschaft und Geschäftsführer, die auf dem rechtlichen Sphärengedanken beruht, würde umgekehrt, wenn der Gesellschaft die Darlegungsobliegenheit für Belege für die einzelnen Zahlungsposten aufgebürdet werden würde. Der Gesellschaft darf im Hinblick auf die Sorgfaltswidrigkeit nicht mehr obliegen als darzutun, welche Unterlagen zu den vom Kläger dargelegten Handlungen der Beklagten vorhanden sein sollen und Einsicht in diese zu verlangen. Der Einwand der Beklagten, ein hinreichend substantiierter Vortrag sei ohne eine Vorlage der Belege durch die Insolvenzschuldnerin nicht möglich, greift auch deshalb nicht durch, weil die Beklagte als Geschäftsführerin der Gesellschaft aus den Regelungen der §§ 41 Abs. 1, 51 a Abs. 1 GmbHG, die dem Geschäftsführer Buchführungs-, Auskunfts- und Einsichtspflichten auferlegen, und deren gemeinsamen Rechtsgedanken ersichtlich die Darlegungslast für diejenigen Tatsachen trägt, die sich in ihrer Geschäftsführer- und Informationssphäre befinden oder befanden.
Diese Auffassung steht mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Einklang, wonach im Falle eines ungeklärten Kassenfehlbestandes vom Geschäftsführer der Nachweis verlangt wird, dass er die gebotene Sorgfalt zur Verhinderung des Fehlbestandes angewandt hat oder unverschuldet dazu nicht im Stande gewesen ist (vgl. BGH, DStR 2003, 124, 126 m.w.N.) und es zu Lasten des Geschäftsführers gehe, wenn Abrechnungen nicht mehr vorhanden sind, mit der Folge, dass die Unaufklärbarkeit des Verbleibs von Geldern der Gesellschaft der Gesellschaft nicht zum Nachteil gereichen dürfe, weil der Geschäftsführer für eine ordnungsgemäße und nachvollziehbare Kassen- und Buchführung verantwortlich ist (vgl. BGH NJW-RR 1991, 485, 487).
Dies muss nach der Auffassung des Gerichts auch dann gelten, wenn Unterlagen an den Steuerberater hinausgegeben werden. Eine Aufbewahrung oder Kopie von Belegen zum Zwecke des Nachweises ist der Beklagten als Geschäftsführerin durchaus möglich gewesen. Dies ist erst recht deshalb zu bejahen, weil die Beklagte sich darauf berufen hat, dass sich aus den Buchungslisten, erstellt von einem Steuerberater, ergebe, dass es eine ordnungsgemäße Buchführung gegeben hat.
bb. Im Einzelnen genügt der Vortrag der Beklagten nicht, darzulegen, dass die in Streit stehenden Zahlungen tatsächlich betrieblich veranlasst waren und aus welchem Grund gerade die Gesellschaft für die bezahlten Kosten aufzukommen hat.
(1) Im Hinblick auf die Mietzinszahlungen an C. J., die entsprechende Maklerprovisionszahlung an die Fa. H. und die Rechtsverfolgungskosten, die das Anwesen in der F.-Straße 20 in München betreffen, ist der Vortrag seitens der Beklagten nicht erheblich genug, den Vorwurf der Sorgfaltswidrigkeit und Obliegenheitsverletzung zu entkräften. Dies ergibt sich daraus, dass der Gesellschaft ein vertragliches und damit auch ein geschäftliches Risiko dadurch aufgebürdet worden ist, dass die behauptete betriebliche Nutzung von Teilen der im Übrigen als Privatwohnung genutzten Räumlichkeiten gar nicht zulässig gewesen wäre. Denn die Benutzung der besagten Räumlichkeiten in der F.-Straße 20 durfte nach § 1 Nr. 1, § 7 Nr. 1 des Hauptmietvertrags ausschließlich zu Wohnzwecken erfolgen. Die Vereinbarung eines Mietverhältnisses durch einen Untermietvertrag mit dem Ehemann der Beklagten, der die vertraglichen Regelungen des Hauptmietvertrags, der der untervermieteten Nutzung als Geschäftsräume offenkundig entgegensteht, ist nicht mit der Pflicht des Geschäftsführers zur sorgsamen Geschäftsführung vereinbar. Denn der schwebende Regelungskonflikt zwischen Haupt- und Untermietvertrag steht einer rechtlichen Tragfähigkeit der räumlich-betrieblichen Grundlage für eine ordnungsgemäße Geschäftsführung entgegen und die Mietzinsen wurden aus dem Gesellschaftsvermögen auf ein rechtlich unsicheres Mietverhältnis geleistet.
Die Sorgfaltspflichtverletzung folgt auch daraus, dass Teile einer Privatwohnung, und nicht etwa eigene gewerbliche Räume, zu betrieblichen Zwecken angemietet worden sind, und damit eine Trennung von der privaten Lebensführung der Beklagten nicht gewährleistet war, die insbesondere dem Schutz von geschäftlichen Informationen vor der unbefugten Kenntnisnahme Dritter gedient hätte, die sich aus privatem Anlass in der Wohnung aufhalten. Darüber hinaus setzt sich die Beklagte auch zu ihrer eigenen Erwiderung in Widerspruch, wonach ein Ansatz als Betriebsausgaben in Höhe der hälftigen Miete gerechtfertigt sei, der Untermietvertrag der Insolvenzschuldnerin mit dem Ehemann der Beklagten vom 01.09.2009 jedoch als Mietzins in § 4 Nr. 1 eine Zahlung in doppelter Höhe, nämlich 2.340 Euro, vorgesehen hat, die der Anmietung der gesamten Räumlichkeiten entsprechen würde.
Bei sorgfaltsgemäßer Berücksichtigung der Gesichtspunkte, die im Vorhinein gegen eine Anmietung teils privat genutzter Räumlichkeiten zu betrieblichen Zwecken gesprochen haben, hätte der Untermietvertrag vonseiten der Geschäftsführung der Insolvenzschuldnerin nicht geschlossen werden dürfen und wäre auch nicht geschlossen worden, mit der Folge, dass der entstandene Vermögensverlust dann ausgeblieben wäre.
(2) Für das Mietobjekt in der S.straße 14 a in München und die dafür entstandenen Kosten gelten die obigen Ausführungen in gleicher Weise, da ebenfalls die gleichen, gegen eine Anmietung teils privat genutzter Räumlichkeiten durch die Insolvenzschuldnerin offenkundig sprechenden Gesichtspunkte vonseiten der Geschäftsführung sorgfaltswidrig nicht berücksichtigt worden sind und ein entsprechender Untermietvertrag nicht hätte geschlossen werden dürfen.
(3) Für die Ausgaben an die Fa. F. und die Fa. S. GmbH wegen des Erwerbs von Brillen für die Beklagte und ihren Ehemann hat die Beklagte nicht hinreichend vorgetragen, aus welchem Grund die Insolvenzschuldnerin für die Kosten dieser Sehhilfen aufkommen sollte.
Grundsätzlich ist es Sache desjenigen, der für eine Gesellschaft tätig wird, für den Erwerb von solchen persönlichen Gegenständen zu sorgen, die die eigene dienstliche Tätigkeitserbringung für die Gesellschaft betreffen. Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei der Brille für Herrn … als Bauleiter um eine Brille gehandelt haben soll, die speziell für den Einsatz auf Baustellen getragen werden sollte, und bei der anderen Brille um eine PC-Arbeitsplatzbrille, die nur bei betrieblicher Arbeit getragen worden sei.
Ohne weiteres ist eine Gesellschaft nicht verpflichtet, für den kostenträchtigen Erwerb von solchen persönlichen Gegenständen aufzukommen, die aus personengebundenen Gründen für eine vertragsgemäße Verrichtung der geschuldeten Tätigkeit erforderlich sind. Eine vertragliche Verpflichtung der Gesellschaft zur Übernahme der Kosten oder andere besondere Gründe, aus denen die GmbH verpflichtet gewesen wäre, die Kosten der Sehhilfen zu tragen, wurden nicht vorgetragen.
(4) In gleicher Weise ist auch der Erwerb von Gegenständen bei der Fa. L., bei der Fa. T. GmbH und bei der Fa. G. zu beurteilen. Gegenstände des persönlichen Bedarfs, insbesondere solche wie Kleidung, Taschen und dergleichen, die bei den besagten Händlern angeboten werden, gehören grundsätzlich nur zur Sphäre privater Lebensführung und entbehren eines inneren Bezugs zur Betriebstätigkeit. Ohne eine vertragliche oder andere besondere Verpflichtung der Gesellschaft, für persönliche Gegenstände aufzukommen, die auch zu betrieblichen Zwecken verwendet werden können, ist grundsätzlich zu verneinen, dass diese der Gesellschaft aufgebürdet werden dürfen. Aus der Darlegung der Beklagten ergibt sich nicht, aus welchen Gründen eine solche Kostentragung durch die Gesellschaft gerechtfertigt und sorgfaltsgemäß wäre. Eine vertragliche Abwälzung anfallender Kosten der persönlichen Lebensführung auf die Gesellschaft entspricht nicht dem Sorgfaltsmaßstab des § 43 Abs. 1 GmbHG.
(5) Gleichfalls ist nicht nachvollziehbar und fehlt es an einem Vortrag der Beklagten, warum die Kosten der Fa. J. von der Gesellschaft übernommen werden sollten. Bei einer Friseurleistung liegt ein innerer Bezug zu betrieblichen Zwecken offenkundig fern.
(6) Nicht hinreichend dargelegt wurde auch, warum die GmbH dazu verpflichtet gewesen sein sollte, die gezahlte Stellplatzmiete zu tragen. Die vertragliche Überlassung eines Kraftfahrzeugs an den Ehemann der Beklagten genügt allein noch nicht, die Anmietung eines eigenen Stellplatzes für dieses Fahrzeug zu rechtfertigen. Insoweit fehlt es auch an einem hinreichenden tatsächlichen Vortrag, aus welchem Grund andere, beispielsweise öffentliche Parkmöglichkeiten für das überlassene Fahrzeug nicht genügen. Eine vertragliche Verpflichtung der Gesellschaft im Wege der Vertretung würde nichts an der Sorgfaltswidrigkeit ändern, da es nicht Sache der GmbH war, für einen eigenen Stellplatz für das Fahrzeug zu sorgen.
(7) Aus dem Vortrag der Beklagten wird nicht ersichtlich, weshalb die Zahlung an die Zentrale Bußgeldstelle mit Betreff M. E. auf die GmbH abgewälzt werden dürfe. Diese ist nicht von der Gesellschaft zu tragen, da aufgrund der Bezeichnung und mangels eines anderslautenden Vortrags der Beklagten davon auszugehen ist, dass es sich dabei um die Begleichung eines Bußgeldes handelt, das der Privatsphäre des Herrn E. zuzuordnen ist.
(8) Weshalb die Übernahme von Kosten für ein Fitnessstudio, und zwar vorliegend an die Fa. F. und die Fa. K., der GmbH vertraglich aufgebürdet werden dürfe und worin ein konkreter Bezug zur Geschäftstätigkeit der Gesellschaft bestehe, erschließt sich nach dem Vortrag der Beklagten nicht. Die vertragliche Übernahme der Fitnessstudio-Kosten war nicht sorgfaltsgemäß, da die sportliche Betätigung von Mitarbeitern grundsätzlich deren Privatsphäre zuzuordnen und nicht betrieblich bezweckt ist.
(9) Im Hinblick auf die Zahlungen an die Fa. T. und die Fa. A. wegen angefallener Reisekosten und den Kosten wegen eines Rücktritts von einer Reise hat die Beklagte nicht hinreichend substanttiiert dargelegt, welchen genauen Zweck die konkreten (Flug-)Reise gehabt hat, insbesondere welches Reiseziel bestand, und aus welchen betrieblichen Gründen die Reise angetreten worden ist oder hätte angetreten werden sollen.
(10) An einem hinreichend substantiierten. Vortrag, warum die Kosten für eine Unterbringung des Herrn Einstädter im G. Hotel in Berlin betrieblich veranlasst sein sollen, fehlt es gleichermaßen, da nur vorgetragen wurde, dass die Reise der Auftragsakquise gedient habe, aber genauere Ausführungen dazu fehlen, insbesondere wiederum, aus welchem Grund die Gesellschaft dafür aufkommen solle.
(11) Hinsichtlich der Zahlung „…“ fehlt es an einem Vortrag der Beklagten, warum ein kostenträchtiges sog. Carsharing in Anspruch genommen werden musste, wenn doch ein Fahrzeug dem Herrn E. vertraglich überlassen worden ist.
(12) Auch für die Zahlung an die A. Versicherung mit Betreff M. E. fehlt es an einem hinreichenden Vortrag zur Rechtfertigung einer Kostentragung durch die GmbH.
(13) Die Darlegung der Beklagten, bei der Zahlung an die Fa. Parfümerie W. habe es sich um ein Kundengeschenk gehandelt, ist nicht substantiiert genug, da konkret hätte ausgeführt werden können, für welchen Kunden ein Geschenk erworben worden ist und dass der Erwerb des Geschenks auch abredegemäß erfolgt ist.
(14) Gleichermaßen fehlt es an einem hinreichend bestimmten Vortrag der Beklagten dazu, welches Büromaterial bei der K. erworben worden ist.
(15) Ebenso an einem Vortrag seitens der Beklagten im Hinblick auf den Zahlungsposten „B./. E.“ fehlt es.
cc. Auch der Einwand der Beklagten, es sei davon auszugehen gewesen und sie habe davon ausgehen dürfen, dass etwaige privat veranlasste Ausgaben mit ihrem bestehenden Guthaben auf dem Verrechnungskonto verrechnet werden, geht fehl. An einem hinreichenden Vortrag der Beklagten über die vertragliche Grundlage dieser Verrechnung fehlt es. Selbst falls eine Gutschrift auf dem Verrechnungskonto als Darlehen der Geschäftsführerin an die Gesellschaft behandelt worden sei, hätte die Beklagte dadurch sorgfaltswidrig gehandelt, dass sie die der Gesellschaft zustehende Darlehenssumme einer privaten Verwendung zugeführt hat.
dd. Auf die Mängel im Sachvortrag der Beklagten wurde in den Gründen der Beschlüsse vom 15.07.2015 (Bl. 61/64) sowie vom 17.08.2015 (Bl. 68/70) hingewiesen. Nach diesen Hinweisen und einer Anfrage des Gerichts in der Verfügung vom 21.08.2015 (Bl. 72), ob wegen mangelnder Aussichten der Rechtsverteidigung eine Rücknahme des Einspruchs gegen das Versäumnisurteil in Erwägung gezogen wird, trug die Beklagte mit Schriftsatz vom 30.09.2015 (Bl. 75/79) weiter vor. Die Beklagte konnte mit ihrem ergänzenden Sachvortrag aber wiederum nicht darstellen, inwieweit die einzelnen streitgegenständlichen Zahlungen betrieblich veranlasst waren.
Ein nochmaliger Hinweis seitens des Gerichts war nicht angezeigt. Auf die Anfrage des Gerichts beantragte der Beklagtenvertreter eine Schriftsatzfrist (Bl. 73). Er hat die Mängel seines Sachvortrags also erkannt. Dennoch konkretisierte er innerhalb der vom Gericht gewährten Schriftsatzfrist seinen Sachvortrag nicht hinreichend. Da die Hinweispflicht des Gerichts gemäß § 139 ZPO aber nicht den Zweck haben kann, der Partei risikolos ein größtmögliches Maß an Nachlässigkeit durch das Erfordernis wiederholten Anhaltens zu ordnungsgemäßem Sachvortrag zu ermöglichen, musste das Gericht nicht noch einmal darauf hinweisen, dass der mit Schriftsatz vom 30.09.2015 vorgelegte Sachvortrag immer noch nicht den Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast genügt.
2. Der Anspruch der aus § 43 Abs. 2 GmbHG ist auch nicht erloschen. An einer ausdrücklichen oder zumindest schlüssigen Aufrechnungserklärung, § 388 BGB, fehlt es seitens der Beklagten. Der bloße Vortrag, dass die ihr als Geschäftsführerin der Insolvenzschuldnerin zustehende Vergütung von 1.000 Euro monatlich nicht ausbezahlt worden sei, sondern vielmehr dem Gesellschafterverrechnungskonto gutgeschrieben worden sei, genügt dafür nach den materiellen Auslegungsgrundsätzen der §§ 133, 157 BGB nicht. Aus Gründen der prozessualen Rechtssicherheit muss Klarheit bestehen, ob die Beklagte die vom Kläger erhobene Hauptforderung durch einseitige Aufrechnungserklärung zu Fall bringen oder sich lediglich gegen den Vorwurf der Sorgfaltswidrigkeit wehren will.
3. Der Durchsetzbarkeit des Anspruchs aus § 43 Abs. 2 GmbHG steht auch nicht die Einrede der Verjährung gemäß § 214 Abs. 1 BGB entgegen.
Die in der Klage ursprünglich geltend gemachten Forderungen aus dem Jahr 2010 und 2011 sind nicht verjährt, weil die Verjährungsfrist von jeweils 5 Jahren, § 43 Abs. 4 GmbHG, die gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit Ablauf des 31.12.2010 für die Zahlungen aus dem Jahr 2010 und mit Ablauf des 31.12.2011 für die Zahlungen aus dem Jahr 2011 begonnen hat, durch den Prozesskostenhilfeantrag vom 05.11.2014 sowie den Prozesskostenhilfeantrag vom 28.12.2015, eingegangen am 30.12.2015, nach § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB gehemmt worden ist.
4. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB analog.
III.
1. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 344 ZPO.
2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 2 und S. 3 ZPO.
3. Der Streitwert war durch Beschluss festzusetzen, der allerdings räumlich mit in den Tenor aufgenommen werden durfte. Gemäß §§ 39 Abs. 1, 40 GKG war der Streitwert bis 26.02.2016 (Zustellung der Klageerweiterung) auf 24.802,54 Euro, danach auf 42.739,35 Euro festzusetzen.