Handels- und Gesellschaftsrecht

Geschuldetes Dateiformat bei Erstellung technischer Zeichnungen

Aktenzeichen  23 O 10827/15

Datum:
12.12.2016
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 137455
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 631 Abs. 1, § 633 Abs. 1, Abs. 2

 

Leitsatz

Treffen die Vertragsparteien keine ausdrückliche Vereinbarung darüber, in welchem Dateiformat beauftragte technische Zeichnungen zu übergeben sind, so ist ein übliches Format (hier: Standard for the exchange of product modul data – STEP) zur vertragsgemäßen Leistungserbringung ausreichend. (Rn. 31 – 40) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 18.039,88 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 9.881,41 € seit dem 10.04.2015 sowie aus weiteren 8.158,47 € seit dem 18.04.2015 zu zahlen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 18.039,88 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet. Soweit der Tenor vom Klageantrag abweicht, beruht dies lediglich auf Klarstellungsgründen.
I.
Die Klage ist zulässig. Die Eventualwiderklage des Beklagten ist zwar grundsätzlich zulässig (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Auflage 2016, § 33 Rdnr. 26), die für sei gestellte Bedingung ist aber aufgrund der Klagestattgabe nicht eingetreten. Über sie war daher nicht zu entscheiden.
II.
Die Klage ist vollumfänglich begründet, weil der Kläger einen Anspruch auf Zahlung des vereinbarten Werklohns aus § 631 Abs. 1 HS 2 BGB hat. Die Leistung wurde insbesondere wie vertraglich vereinbart erbracht.
1. Die Auftragsvergabe an sich ist zwischen den Parteien unstreitig, auch wenn die Parteien nicht immer im Einzelnen unterschieden haben zwischen den drei Einzelaufträgen für (1) Schnapperfänger und Gabelmechanismus, (2) das Zugspannsystem und sodann (3) das Zahnbogensystem. Ausweislich der Emailkorrespondenz (Anlage K 1) war Gegenstand der Beauftragung zuerst der Schnapper. Zumindest waren damit drei selbstständige Teilleistungen beauftragt.
Letztlich war auch unstreitig, dass der Kläger dem Beklagten sämtliche Arbeitsergebnisse im STEP-Format überlassen hat. Im Übrigen hat auch der Zeuge … bestätigt, dass er bei einem Besuch des Beklagten im Büro die Daten auf einen USB-Stick übertragen hat, der dann dem Beklagten übergeben wurde. Streitig war danach allein, ob die Leistungserbringung im STEP-Format vertragsgemäß war, und ob der vom Kläger abgerechnete Aufwand hierfür ortsüblich und angemessen war.
2. Nach der freien Überzeugung des Gerichts haben die Parteien keine ausdrücklich Vereinbarung über die Überlassung der Arbeitsergebnisse getroffen, und zwar weder im Solidworks-Format noch sonst die Überlassung in einem ausschließlichen Dateiformat.
2.1 Der Zeuge … konnte zur Auftragsvergabe selbst nichts sagen. An eine Anmerkung des Beklagten zum Dateiformat bei Abholung konnte er sich ebenfalls nicht erinnern, sodass dahinstehen kann, inwieweit daraus Rückschlüsse auf die ursprüngliche vertragliche Vereinbarung gezogen werden können.
2.2 Die Zeugin … hat zu der Auftragsvergabe keine konkreten Angaben machen können. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass es sich bei ihr um die Ehefrau des Klägers handelt. Sie hat aber ohne weiteres von sich aus erklärt, dass sie von Einzelheiten der Gespräche nichts mitbekommen habe. Hätte sie eine für den Kläger günstige Aussage machen wollen, hätte es näher gelegen, wenn sie die Vereinbarung des SolidWorks Formats eindeutig in Abrede gestellt hätte. Das hat sie gerade nicht getan.
2.3 Die danach verbleibenden Angaben des Klägers und des Beklagten jeweils bei ihrer persönlichen informatorischen Anhörung als den beiden Vertragsschließenden stehen sich gegenüber, ohne dass für die Richtigkeit der einen oder der anderen Erklärung mehr sprechen würde. Das Gericht ist vielmehr davon überzeugt, dass über das zu verwendende Dateiformat nicht ausdrücklich gesprochen wurde und damit keine ausdrücklich Abrede getroffen wurde, auch wenn der Beklagte stillschweigend annahm, er werde die Arbeitsergebnisse im SolidWorks Format erhalten. Ein solcher stiller Vorbehalt ist aber rechtlich unbeachtlich.
2.4 Der Kläger hat insofern insbesondere von sich aus erklärt, dass der Beklagte eingangs nachgefragt habe, ob er mit SolidWorks arbeiten würde, wohl auch, weil die bei ihm vorhandenen Dateiformate zum Teil in Solidworks gewesen seien. Es ist aber nie darüber gesprochen worden, in welchem Format die Arbeiten ihm übersandt werden sollten. Auch die ihm zur Verfügung gestellten Dateien hätten unterschiedliche Formate gehabt, darunter Zeichnungen als pdf, Solidworks-Dateien, Handskizzen und Step-Daten. Es sei aber richtig, dass der Grundaufbau der Maschine im Solidworks-Format auf dem Datenträger vorhanden gewesen sei.
2.5 Der Beklagte hat insofern erklärt, es sei besprochen worden, dass der Kläger alles zurücksetzen solle für die Gesamtmaschine in CAD, so wie er sie ihm auch auf der DVD übergeben habe. Das Dateiformat sei für ihn klar gewesen, der Kläger habe doch nur SolidWorks 2015 gehabt. Auch im weiteren hat der Beklagte immer wieder betont, dass es für ihn selbstverständlich gewesen sei, dass das Ganze auf eine gesamt virtuelle Maschine zurückgesetzt werde. Auch sei es nicht denkbar, dass er 3D-Zeichnungen brauche und das bei der Beauftragung nicht besprechen würde.
Schließlich hat der Beklagte auf Nachfrage des Klägervertreters erklärt, dass bei dem ersten Treffen bereits besprochen sei, dass der Kläger mit Solidworks arbeitet. Dass die Arbeitsergebnisse dann auch in Solidworks geliefert werden, sei eine Selbstverständlichkeit. Auf nochmalige Nachfrage des Gerichts, ob ausdrücklich besprochen worden sei, dass die Arbeitsergebnisse in Solidworks zur Verfügung gestellt werden sollen, oder, ob besprochen worden sei, dass der Kläger mit Solidworks arbeitet und für den Beklagten selbstverständlich gewesen sei, dass dann auch die Ergebnisse in Solidworks geliefert werden, hat der Beklagte erklärt, das sei für ihn das gleiche. Sie hätten doch auch ausführlich besprochen, was der Kläger machen solle.
Danach war die Übermittlung der Arbeitsergebnisse in SolidWorks eine einseitige, rein innere Vorstellung des Beklagten. Nach dem persönlichen Eindruck des Gerichts vom Beklagten war das für ihn so selbstverständlich, dass er es nicht gesondert angesprochen hat. Ohne ausdrückliche Vereinbarung eines bestimmten Dateiformats war aber ein technisch übliches Format zur vertragsgemäßen Leistungserbringung ausreichend, zumal auch nach dem Beklagtenvortrag zwar auf der DVD in erheblichem Umfang aber nicht ausschließlich Dateien im SolidWorks Format enthalten waren.
2.6 Schließlich spricht gegen die Vereinbarung des SolidWorks Formats, dass der Beklagte vor Abschluss der gesamten Leistungen durch den Kläger zu keinem Zeitpunkt Einwände gegen die Verwendung des STEP-Formats bei der Überlassung von Arbeitsergebnissen erhoben hat.
Vielmehr hat der Beklagte die beiden Rechnungen vom 03.02.2015 über insgesamt immerhin 2.142,04 € für Gabelmechanismus, Schnapper und Schnapper/Schnapper Fänger vorbehaltlos bezahlt. Nach dem objektiven Empfängerhorizont kann dies zur freien Überzeugung des Gerichts nur als Abnahme dieser selbstständigen Teilleistungen verstanden werden. Dass es sich lediglich um Vorschüsse gehandelt hätte, ist weder den Rechnungen noch sonstigen Umständen zu entnehmen. Vielmehr wurde über einzelne, selbstständige Teilleistungen abgerechnet, was der Beklagte vorbehaltlos bezahlte. Dass der Beklagte irgendeinen Vorbehalt – gleich ob hinsichtlich der Leistung noch hinsichtlich der Zahlung lediglich als Vorschuss – hat er weder selbst vorgetragen noch ist dies sonst ersichtlich.
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass bedingt durch das Zugspannsystem noch Anpassungen am Gabelsystem erfolgten, wie in den Rechnungen vom 10.03.2015 (Anlage K 3) und 04.04.2015 (Anlage K 4) ausgewiesen. Insofern liegen nachträgliche Änderungswünsche des Beklagten vor. Der Beklagte hat aber mit Email vom 17.04.2015 (Anlage K 9) nochmals ausdrücklich die Abnahme des fertig angepassten Schnappermechanismus erklärt. Die Email ernhält keinerlei Einschränkungen, auch nicht hinsichtlich des Dateiformats. Die Email lässt noch nicht einmal erkennen, dass der Beklagte irgendwelche Schwierigkeiten gehabt hätte, anhand des ihm vorliegenden Dateiformats zu prüfen, ob die erbrachte Leistung aus seiner Sicht ordnungsgemäß war.
Vielmehr hat der Beklagte ohne jeglichen Vorbehalt erklärt, dass der Schnappermechanismus „fertig angepasst“ sei und weiterverwendet werden dürfe. Weiterer Aufwand sei nicht erforderlich. Andernfalls hätte es näher gelegen, dass der Beklagte dies lediglich vorbehaltlich einer näheren Überprüfung nach Vorliegen der – nach seinem Vortrag erst dann vollständigen – Arbeitsergebnisse im SolidWorks Format erklärt hätte. Dies steht im klaren Widerspruch zum Vortrag des Beklagten, dass die Leistungserbringung im Solid-Works Format für ihn zentral und nur in diesem Format überprüfbar und verwertbar gewesen wäre.
3. Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Leistungserbringung im STEP-Format auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Projekts in einem üblichen und ausreichenden technischer Standard einschließlich der Weiterverarbeitung erfolgt ist. Das Gericht schließt sich insofern den in sich schlüssigen und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen an und macht sie sich zu eigen.
3.1 Der Sachverständige hat insbesondere ausgeführt, dass der Austausch von 3D-Produktdaten über das STEP-Format insbesondere für abgeschlossene Baugruppen ein üblicher Weg ist, solange nicht konkret ein anderer Weg des Datenaustauschs vereinbart wurde. Eine solche Vereinbarung ist hier aber – wie bereits dargelegt – nach der freien Überzeugung des Gerichts gerade nicht getroffen worden.
Der Sachverständige hat im Einzelnen erläutert, dass die Ergebnisse eines Produktmodells von CAD-Systemen in einem systemspezifischen Format (natives Format) meist binär gespeichert werden. Das native Format kann aber in der Regel nur von einer bestimmten Software, zum Teil sogar nur in der passenden Programmversion ausgelesen werden. Zum Austausch von Produktmodellen zum Beispiel zwischen CAD-Systemen unterschiedlicher Hersteller können deshalb systemneutrale Schnittstellen verwendet werden, wobei STEP eines der drei meisten CAD-Systeme ist, das zudem nach ISO 10303 genormt ist. Bereits auf dieser Grundlage hat das Gericht keinerlei Zweifel daran, dass das STEP-Format ohne – hier nicht vorliegende – abweichende Vereinbarung ein übliches, sach- und fachgerechtes Dateiformat zur Ablieferung technischer Zeichnungen ist.
Der Sachverständige hat außerdem ausgeführt, dass STEP-Daten nicht nur für die mechanische Fertigung direkt verwendbar sind. STEP-Daten können auch für die weitere CAD-Konstruktion und in SolidWorks eingelesen und genutzt werden. Auch Änderungen an importierten Einzelteilen und Baugruppen sind prinzipiell möglich. Alle wesentlichen (geometrischen) Ergebnisse des Konstruktionsprozesses sind vorhanden. Das Konstruktionsergebnis lässt sich entgegen der Auffassung des Beklagten auch auf jeden Fall überprüfen. Lediglich der Konstruktionsablauf kann nicht überprüft werden, was aber nach der freien Überzeugung des Gerichts für eine mangelfreie Werkleistung nicht erforderlich ist. Der Kläger als Werkunternehmer schuldet ein fertiges Werk, nicht einen bestimmten Weg der Werkerstellung einschließlich der Nachvollziehbarkeit des Schöpfungsprozesses. Hätte der Beklagte dies gewollt, hätte er es – wie nicht – ausdrücklich vereinbaren und gegebenenfalls zusätzlich entlohnen müssen.
Für das Gericht überzeugend hat der Sachverständige hierzu erläutert, dass eine Zeitverzögerung bei der Weiterverarbeitung – die aber wie bereits ausgeführt möglich ist – möglicherweise entstehen könnte, wenn der Beklagte beabsichtigt hätte, sich selbst in den inneren Aufbau der CAD-Modelle einzuarbeiten, um dann anschließend Änderungen an den Daten durchzuführen. Das war aber nach der freien Überzeugung des Gerichts nicht Leistungsumfang. Vereinbart und geschuldet waren technische Zeichnungen in einem elektronischen Dateiformat. Im Übrigen hat der Sachverständige lediglich festgestellt, dass eine Zeitverzögerung möglicherweise entstehen könnte, nicht dass diese wahrscheinlich wäre oder gar sicher eintreten würde.
Der Sachverständige hat zudem ausgeführt, dass das übliche Vorgehen selbst bei Änderungen an Baugruppen für einen Prototyp darin besteht, dass die Änderungen vom Konstrukteur der technischen Zeichnung – hier dem Kläger – durchgeführt wird, was für das Gericht wiederum im Einklang mit der Vertragsgeschichte der Parteien deckt. So wurde der Gabel- bzw. Schnappermechanismus nach Fertigstellung nochmals angepasst bis zur nochmaligen Abnahme durch den Beklagten mit Email vom 17.04.2015 (Anlage K 9). Der Beklagte mag insofern mit den üblichen Gepflogenheiten bei der Vergabe selbstständiger Aufträge nicht vertraut sein. Umso mehr hätte es dann aber ihm oblegen, seine besonderen Wünsche bei der Auftragsvergabe auch zu äußern und als Teil des Leistungsumfangs zu vereinbaren. Dass er das nicht getan hat, ist nicht dem Kläger anzulasten, der nach den ihm vorliegenden Vorgaben des Beklagten gehandelt hat.
3.2 Die Einwände des Beklagten mit Schriftsatz vom 02.11.2016 (Bl. 125/128 d.A.) greifen nicht durch und machen auch keine weitere Beweisaufnahme erforderlich.
Der Sachverständige führt auf Seite 4 (Bl. 112 Rs) zutreffend aus, dass das Gesamtsystem unbekannt ist und nicht offengelegt wird – nicht gegenüber dem Kläger sondern gegenüber dem Gericht und dem Sachverständigen. Dies war indes auch nicht erforderlich, weil Gegenstand der Werkleistung nur technische Zeichnungen einzelner Baugruppen waren, nämlich für Schnapperfänger und Gabelmechanismus, das Zugspannsystem und sodann das Zahnbogensystem. Das die technischen Zeichnungen inhaltlich mangelhaft oder unrichtig und damit für das Gesamtsystem unrichtig gewesen wären, trägt selbst der Beklagte nicht vor, sondern wendet sich ausschließlich gegen das vom Kläger verwendete bzw. ihm überlassene Dateiformat.
Der Sachverständige hat auch ausweislich seiner Ausführungen erkannt und genau so bewertet, dass es nicht um eine vollständige Neuentwicklung von Baugruppen ging. Völlig richtig ist der Sachverständige aber davon ausgegangen, dass die CAD-Zeichnungen in der Form erstmals vom Kläger erstellt und damit als solche neu entwickelt wurden. Der Beklagte hat insofern bei seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 12.02.2016 selbst erklärt, dass zwar … die Änderungen schon weitestgehend für ihn gemacht habe. Dieser habe aber kein SolidWorks gehabt. Deshalb habe er die 2D-Zeichnungen von … den Kläger gegeben zur Erstellung der 3D-Zeichnungen in CAD.
Soweit der Beklagte ferner behauptet, Gegenstand der Beauftragung seien keine abgeschlossenen Baugruppen gewesen, ist dies in keiner Weise begründet. Ferner widerspricht es dem bisherigen Beklagtenvorbringen. Im Übrigen ist das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger vom Beklagten mit der Erstellung technischer Zeichnungen für die Baugruppen (1) Schnapperfänger und Gabelmechanismus, (2) Zugspannsystem und (3) Zahnbogensystem beauftragt wurde. Dass sie mit anderen Teilen des Motors des Beklagten interagieren macht sie nicht zu nicht abgeschlossenen Baugruppen sondern liegt in der Natur der Sache. Andernfalls gäbe es gar keine Baugruppen, sondern der Motor wäre eine einziege Einheit, was dann aber auch die Erteilung von Einzelaufträgen für Teilbereiche des Motors ausschließen würde. Dies hat offenbar auch der Beklagte selbst nicht für erforderlich gehalten. Anders ist auch nicht zu erklären, dass der Beklagte mit Email vom 17.04.2015 (Anlage K 9) die vorbehaltlose Abnahme des fertig angepassten Schnappermechanismus erklärte.
3.3 Etwas anderes folgt auch nicht aus der Email des Klägers vom 04.05.2015. Der Beklagte stützt sich insofern isoliert auf den Satz „Diese Daten sind jedoch aufgrund ihrer statischen Eigenschaften bei Änderungen für Sie weitgehend nutzlos.“ Die – vom Beklagten im Übrigen nicht vollständig vorgelegte – Email beschränkt sich aber nicht auf diesen einen Satz. Sie beginnt vielmehr mit dem Verweis auf die nach Auffassung des Klägers nach Industriestandard vollständige Erfüllung seiner Leistungspflicht. Im Übrigen hat der Sachverständige die Einlassung des Klägers aus der mündlichen Verhandlung vom 12.02.2016 bestätigt, dass die STEP-Daten gerade nicht „weitgehend nutzlos“ sind, sondern auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich um die Entwicklung eines Prototyps handelt, weiterverarbeitet werden können, auch wenn dabei Zeitverzögerungen möglich sein könnten.
3.4 Das Gericht war auch nicht gehalten, den Zeugen … zu der mit Schriftsatz vom 29.01.2016 (Bl. 60/61 d.A.) vorgetragene Behauptung zu vernehmen, nämlich der Eignung von STEP-Dateien im Vergleich zu SolidWorks Daten.
Es handelt sich insofern um ein Thema, für das der Sachverständigenbeweis einschlägig ist und erhoben wurde. Der Zeuge … war auch nicht als sachverständiger Zeuge zu vernehmen. Ein sachverständiger Zeuge ist nur ein solcher, der aus eigener Wahrnehmung über tatsächliche Umstände Angaben machen kann, für die er besondere Sachkunde besitzt, § 414 ZPO (Zöller/Greger, a.a.O., § 373 Rdnr. 1). Vorliegend wurde der Zeuge Almendinger aber zu allgemeinen technischen Fragen benannt. Dies ist keine Frage an einen sachverständigen Zeugen, sondern an einen Sachverständigen.
Dementsprechend hat das Gericht zu dieser Frage auch nicht auf die Aussagen der Zeugen … und … oder die Angaben der Parteien bei ihrer jeweiligen persönlichen informatorischen Anhörung abgestellt, sondern ausschließlich auf das eingeholte schriftliche Sachvertständigengutachten.
4. Das Gericht ist auch davon überzeugt, dass der vom Kläger abgerechnete Aufwand und die entsprechenden Kosten einschließlich des Stundensatzes angemessen und ortsüblich sind. Auch insofern schließt sich das Gericht den in sich schlüssigen und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen an und macht sie sich zu eigen.
4.1 Der Sachverständige hat insbesondere ausgeführt, dass der konstruktive Aufwand trotz Unsicherheiten wegen nicht ausreichender Dokumentation des Produktentwicklungsprozesses bei Annahme einer typischen Entwicklungssituation plausibel ist. Insbesondere ist die Aufstellung der Arbeitszeiten in der Anlage K 2 ausreichend detailliert und zur Plausibilitätsprüfung ausreichend. Daraus ergeben sich keine offensichtlichen Widersprüche zu der vom Sachverständigen sehr ausführlich vorgenommenen pauschalierten Abschätzung des zeitlichen Aufwandes.
Danach kam es bereits nicht mehr darauf an, dass der Sachverständige diese Einschätzung unter der Annahme einer typischen Entwicklungssituation getroffen hat. Insofern kann dahinstehen, ob das vom Beklagten als sehr komplex und technisch schwierig dargestellte Projekt eines hydrostatischen Motors auch einen höheren Aufwand gerechtfertigt hätte und über eine typische Entwicklungssituation hinausging. Ebenso kann dahinstehen, ob der Beklagte als nach dem persönlichen Eindruck des Gerichts aus der mündlichen Verhandlung vom 12.02.2016 besonders anspruchsvoller Auftraggeber Anforderungen, Vorgaben oder Änderungswünsche angebracht hat, die über eine typische Entwicklungssituation hinausgingen.
4.2 Auch der zwischen den Parteien unstreitig vereinbarte Stundensatz von 55,00 € ist nach der freien Überzeugung des Gerichts angemessen und ortsüblich. Dieser liegt am unteren Rand des vom Sachverständigen dargelegten Spanne von ca. 50,00 € bis 75,00 € pro Stunde. Darauf, dass anhand dieses Stundensatzes aus sachverständiger Sicht eine durchschnittliche Ingenieurleistung in Bezug auf Erfahrungshorizont der Bearbeiter, Qualität und Effizienz erwartet werden kann, kam es daher bereits nicht mehr an.
4.3 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag des Beklagten, er habe die gesamten Arbeiten von der Firma Herion für 1.428,00 € vollständig neu erbringen lassen.
Die hierzu vorlegte Anlage B 6 vermag zur freien Überzeugung des Gerichts die Feststellungen des Sachverständigen nicht zu entkräften. Zudem lässt die Rechnung nicht erkennen, ob eine stundenweise Vergütung oder ein Festpreis vereinbart war. Auch lässt sich der Rechnung der genaue Auftragsumfang nicht entnehmen, also vollständige Neuerstellung oder Anpassung anhand der vom Kläger geleisteten STEP-Daten.
Schließlich umfasst die Rechnung auch nicht sämtliche vom Beklagten beim Kläger beauftragten Leistungen, sondern ausschließlich Gabelmechanismus und Schnappermechanismus. Diese waren Gegenstand der Rechnungen des Klägers vom 03.02.2015 für über insgesamt 2.142,04 €. Davon weicht der Rechnungsbetrag nicht so erheblich ab, dass sich daraus für das Gericht berechtigte Zweifel an der Richtigkeit des Sachverständigengutachtens ergeben würden.
Dies gilt auch deshalb, weil mit dem Gabelmechanismus und der Schnappereinheit entsprechend der überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen bei der Aufwandsermittlung die beiden einfachen Baugruppen Gegenstand der Beauftragung der Firma Herion waren, nicht dagegen die beiden komplexen Baugruppen Federmechanismus und Zugspannsystem.
5. Der Klageanspruch ist auch entgegen der Auffassung des Beklagten fällig, §§ 640 Abs. 1, 641 BGB.
Der Beklagte hat durch vorbehaltlose Zahlung der beiden Rechnungen vom 03.02.2015 für Gabelmechanismus, Schnapper und Schnapper/Schnapper Fänger diese Teilleistungen abgenommen und mit der Email vom 17.04.2015 (Anlage K 9) auch den fertig angepassen Schnappermechanimus abgenommen. Auf die entsprechenden Ausführungen vorstehend unter II. 2.6 wird Bezug genommen.
Im Übrigen war die Leistung des Klägers insgesamt mangelfrei und damit abnahmereif, so dass sich der Beklagte nicht darauf berufen kann, dass er die Abnahme verweigert hat. Das die technischen Zeichnungen des Klägers inhaltliche Mängel gehabt hätten, trägt auch der Beklagte nicht vor und ist auch sonst nicht ersichtlich. Der Beklagte beschränkt sich insofern auf ein einfaches Bestreiten mit Nichtwissen. Der Beklagte hat insofern lediglich pauschal behauptet, eine Kontrolle könne nur im SolidWorks Format erfolgen. Das hat die Beweisaufnahme durch Sachverständigengutachten eindeutig widerlegt.
Gleichzeitig steht dieses Vorbringen im offensichtlichen Widerspruch zu der Email des Beklagten vom 17.04.2015 (Anlage K 9). Danach war der Beklagte offenbar ohne weiteres in der Lage zu beurteilen, dass der angepasste Schnappermechanismus fertig war und keines weiteren Aufwandes bedurfte. Der Beklagte konnte sich deshalb zur Mangelfreiheit nicht bloß mit Nichtwissen erklären.
Soweit der Beklagte einwendet, die Zeichnungen seien nicht im SolidWorks Format sondern im STEP-Format erbracht worden, war die Leistung ebenfalls mangelfrei. Entsprechend den vorstehenden Ausführungen unter II. 3. und II. 4. war die Übergabe in Solid-Works als nativem Format vertraglich nicht vereinbart und die Leistungserbringung im STEP-Format sach- und fachgerecht.
6. Der Anspruch des Klägers ist auch nicht wegen Rücktritts des Beklagten erloschen. In der Email des Beklagten vom 18.05.2015 (Anlage B 3) liegt bereits keine Rücktrittserklärung. Zwar braucht dafür das Wort „Rücktritt“ nicht ausdrücklich verwendet zu werden. Der Beklagte hat sich aber ausdrücklich auf die Zukunft bezogen, dem Kläger eine alternative Vorgehensweise angeboten und lediglich für den Fall des Scheiterns die Neubestellung der Konstruktion für den Folgetag angedroht. Eine Rücktrittserklärung erfolgte dann erstmals mit der Duplik vom 02.11.2015 (dort Bl. 36 d.A.).
Letztlich kann dies aber dahinstehen, weil dem Beklagten jedenfalls kein Rücktrittsgrund zur Seite stand. Wie bereits vorstehend unter II. 3. und II. 4. ausgeführt hat der Kläger die vertraglich vereinbarte Leistung mangelfrei erbracht.
7. Der Zinsanspruch des Klägers folgt aus §§ 286 Abs. 1, Abs. 3, 288 Abs. 1 und 2 BGB.
8. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Schriftsatz vom 02.12.2016, bei Gericht eingegangen am 09.12.2016.
8.1 Der Beklagte vertieft mit dem Schriftsatz lediglich sein bisheriges Vorbringen, ohne neue Tatsachen vorzutragen. Soweit er sich darin ergänzend gegen das Sachverständigengutachten wendet, setzt er lediglich seine eigenen Wertungen anstelle der Feststellungen des Sachverständigen. Soweit sich der Beklagte gegen die Prüffähigkeit der Rechnung wendet, hat der Sachverständige – wie bereits dargelegt – dass der Aufwand trotz Unsicherheiten wegen nicht ausreichender Dokumentation des Produktentwicklungsprozesses bei Annahme einer typischen Entwicklungssituation plausibel ist.
Soweit der Beklagte erneut allgemein bestreitet, dass die Leistung des Klägers auch im Übrigen ordnungsgemäß erbracht worden sei, fehlt es bereits an einem substantiierten Bestreiten. Auch im Schriftsatz vom 02.12.2016 wird hierzu nicht näher vorgetragen, obwohl der Beklagte sein Vorbringen selbst als „allgemein“ bezeichnet. Eines gesonderten Hinweises bedurfte es angesichts der mehrfahren ausführlichen Erörterung der Sach- und Rechtslage sowie der zusätzlich erteilten Hinweise des Gerichts nicht mehr.
8.2 Insofern kam es bereits nicht mehr darauf an, dass der Schriftsatz erst nach dem gemäß § 128 Abs. 1 Satz 2 ZPO festgesetzten Zeitpunkt bei Gericht einging, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können. Auch konnte dahinstehen, ob sich Rechtsanwalt H. mit diesem Schriftsatz ordnungsgemäß als neuer Beklagtenvertreter bestellt hat.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO und die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.
IV.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 3, 4, 5 ZPO, 39, 45, 48 GKG und entspricht der Höhe der Klageforderung in der Hauptsache. Der Wert der Eventualwiderklage war nicht hinzuzurechnen, da die für sie gestellte Bedingung nicht eingetreten ist (vgl. Zöller/Herget, a.a.O.., § 3 Rdnr. 16 „Eventualwiderklage“).

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