Aktenzeichen 15 O 23907/15
BGB § 839 Abs. 1 S. 2, § 906 Abs. 2 S. 2, § 1004 Abs. 1
LstVG Art. 6, Art. 11 Abs. 1 S. 2
Leitsatz
1. Zur Frage der Passivlegitimation bei Schäden, die durch die Sprengung einer Luftmine aus dem 2. Weltkrieg im Rahmen der Kampfmittelräumung entstehen. (Rn. 26 – 28)
2. Der Anspruch gegen die öffentliche Hand wegen Schäden im Zusammenhang mit der Sprengung einer Luftmine ist aufgrund des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs gegen den Grundstückseigentümer, auf dessen Grundstück die Luftmine liegt, ausgeschlossen. (Rn. 38 – 40)
1 Der als Verwaltungshelfer tätige privatrechtlich organisierte Kampfmittelräumdienst wird in Bayern für den Freistaat Bayern und nicht für die Landeshauptstadt München tätig. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
2 In Fällen der fehlerhaften Sprengung einer Fliegerbombe haftet der Grundstückseigentümer seinem Grundstücksnachbarn auf der Grundlage des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs. (Rn. 37 – 38) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits sowie die Kosten der Nebenintervention zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 410.565,76 € festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
Gegen die Beklagte kann die Klägerin Ansprüche nicht erfolgreich geltend machen, da der Beklagten das Handeln der Mitarbeiter der Streitverkündeten zu 2 nicht zuzurechnen ist und sie daher nicht passivlegitimiert ist (sogleich unter I), ein Verschulden der Beklagten nicht ersichtlich ist (II) und weil eine anderweitige Ersatzmöglichkeit in Gestalt eines nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruches besteht (III). Eine Anspruchsgrundlage für den Ersatz der aufgewendeten Sachverständigenkosten ist nicht ersichtlich (IV).
I) Die Beklagte ist nicht passivlegitimiert.
Die geltend gemachten Ansprüche aus Art. 11 LstVG i.V.m. § 70 Abs. 1 und 2 PAG sowie aus Amtshaftung gemäß § 839 BGB richten sich gemäß Art. 11 Abs. 1 S. 2 LstVG gegen den Träger der Behörde, die die Maßnahme getroffen hat. Dies ist nicht die Beklagte.
Die Sprengung der Bombe wurde nicht von einer Behörde, sondern von den Mitarbeitern der Streithelferin zu 2 durchgeführt. Da die Streitverkündete zu 2 die Sprengung zur Gefahrenabwehr vorgenommen hat, hat ihr Handeln hoheitlichen Charakter und ist der Eingriffsverwaltung zuzuordnen (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 30.03.2011, 11 U 221/10, zitiert nach juris). Die Kammer folgt der Auffassung der Klagepartei nicht, dass das Handeln der Mitarbeiter der Streitverkündeten zu 2 der Beklagten zuzurechnen sei. Vielmehr ist das Staatsministerium des Inneren die die Maßnahme treffende Behörde im Sinne des Art. 11 LstVG. Richtige Beklagte ist damit nicht die beklagte Landeshauptstadt.
Als Sicherheitsbehörde, für die in Ausführung der Aufgabe Gefahrenabwehr die Mitarbeiter der Streithelferin zu 2 tätig geworden sind, kommt gemäß § 77 Satz 2 PAG, Art. 6 LstVG nach zutreffender Einschätzung der Klagepartei grundsätzlich die Landeshauptstadt M. als Gemeinde in Betracht, daneben jedoch auch das Staatsministerium des Inneren als Behörde des Streitverkündeten zu 2. Gegen die Zuständigkeit des Staatsministeriums des Inneren bestehen nicht die von der Klagepartei geäußerten Bedenken. Rechtsgrundlage für ein Handeln des Staatministeriums des Inneren zur Gefahrenabwehr ist Art. 6 LstVG i.V.m. § 77 Satz 2 PAG. Der örtliche Zuständigkeitsbereich des Staatsministeriums des Inneren umfasst auch das Gemeindegebiet der Landeshauptstadt M. Keinesfalls besteht eine ausschließliche örtliche Zuständigkeit der Gebietskörperschaft Landeshauptstadt M. Dass Art. 44 LstVG und die Bekanntmachung 2186-4 des Staatsministeriums des Inneren vom 15.04.2010 „Abwehr von Gefahren durch Kampfmittel“ (im folgenden: Bekanntmachung 2186-4 vom 15.04.2010) zur Begründung seiner Zuständigkeit nicht taugen, wie von der Klägerin gerügt wird, ist daher unschädlich.
Eine Beleihung der Streitverkündeten zu 2 per Gesetz ist nicht erfolgt, so dass zur Bestimmung der verantwortlichen Behörde ein solcher Akt nicht herangezogen werden kann. Die Mitarbeiter der Streitverkündeten zu 2 sind lediglich als Verwaltungshelfer tätig geworden.
Welcher Behörde das Handeln von Verwaltungshelfern zuzurechnen ist, bestimmt sich danach, welche Behörde ihnen die hoheitliche Aufgabe anvertraut hat (OLG München, Urteil vom 29.01.2004, 1 U 4881/03, zitiert nach juris). Grundlage für das Tätigwerden der Streitverkündeten zu 2 war ihr „Vertrag über die Durchführung der Kampfmittelbeseitigung in Bayern“ vom 12.12.2000 bzw. 08.01.2001 mit dem vom Bayerischen Staatsministerium des Inneren vertretenen Streitverkündeten zu 1 (Anlage SV 2.1). Die Streitverkündete zu 2 handelte in Erfüllung ihrer Pflichten aus diesem Vertrag. Gemäß der Bekanntmachung 2186-4 vom 15.04.2010 ist es das Staatsministerium des Inneren, das den Kampfmittelbeseitigungsdienst einrichtet, die ausführende Firma aussucht und unter Vertrag nimmt. Das Staatsministerium des Inneren handelte dabei im Rahmen seiner Zuständigkeit aus Art. 6 LstVG. Die Beklagte, die unstreitig keinen Kampfmittelbeseitigungsdienst unterhält und nicht über die erforderliche Sachkunde verfügt, hatte keine Möglichkeit, auf die Auswahl der nach der Bekanntmachung 2186-4 vom 15.04.2010 mit der Kampfmittelbeseitigung zu beauftragenden Firma einzuwirken und keine Fach- und Weisungskompetenz, diese zu überwachen. Die Überwachung der Tätigkeit der Streitverkündeten zu 2 erfolgt ausweislich § 3 des Vertrages durch das Staatsministerium des Inneren. Vertragliche Beziehungen zu der Beklagten bestehen nicht. Die Beklagte ist daher gegenüber der Streitverkündeten zu 2 nicht weisungsbefugt. Das Handeln der Mitarbeiter der Streitverkündeten zu 2 ist nicht der Beklagten, sondern dem Streithelfer zu 1 zuzurechnen.
Dass nicht die Beklagte, sondern der Freistaat für das Handeln der Mitarbeiter der Streitverkündeten zu 2 einzutreten hat, steht im Einklang mit der Entscheidung des BGH vom 19.01.1989, III ZR 258/87 (zitiert nach juris). In diesem Fall hatte die Gemeinde die Wahl, ob sie selbst die Gefahrenabwehr in ihren Wäldern vornimmt oder den Revierdienst im Wege der Organleihe durch staatliche Revierbeamte vornehmen lässt, so dass sich die Frage erhob, ob bei Verkehrspflichtverletzungen durch die staatlichen Revierbeamten das Land oder die Gemeinde haftete. Der BGH hat eine Verantwortlichkeit der Gemeinde angenommen, weil die Gemeinde die Möglichkeit hatte, auf die Auswahl der Revierbeamten einzuwirken und ihnen Weisungen zu erteilen. Entsprechendes gilt, wenn es wie hier um die Zurechnung des Verhaltens Dritter geht, die von einer anderen Behörde vertraglich verpflichtet worden sind. Die Beklagte hatte – anders als in dem vom BGH zu entscheidenden Fall – nicht die Möglichkeit, auf die Auswahl der Streitverkündeten zu 2 einzuwirken. Vielmehr musste sie, weil sie einen eigenen Kampfmittelräumdienst nicht hat, die Gefahrenabwehr der von dem Streitverkündeten zu 1 ausgesuchten Streitverkündeten zu 2 überlassen. Auch eine Überwachung der Streitverkündeten zu 2 kann die Beklagte nicht vornehmen. Die Streitverkündete zu 2 ist ausschließlich den Weisungen ihres Vertragspartners, dem Streitverkündeten zu 2, unterworfen.
Ob das Staatsministerium des Inneren berechtigt war, der Beklagten vorzuschreiben, welche Firma mit der Sprengung befasst wird, wenn die Beklagte keinen eigenen Kampfmittelräumdienst eingerichtet hat, kann dahinstehen. Denn auch wenn das Staatsministerium hierzu nicht berechtigt sein sollte, so tritt auch dann eine Haftung der Beklagten für die von dem Streitverkündeten zu 2 beauftragte Firma nicht ein.
II) Der geltend gemachte Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB scheitert zusätzlich daran, dass der Beklagten eine schuldhafte Amtspflichtverletzung nicht vorzuwerfen ist.
Es ist nicht ersichtlich, welche Amtspflicht die Beklagte hätte verletzen sollen. Wie oben dargestellt, obliegt nicht der Beklagten die Überwachung des tätig gewordenen Kampfmittelbeseitigungsdienstes, sondern dem Bayerischen Staatsministerium des Inneren. Der Beklagten kann auch nicht vorgeworfen werden, dass sie einen inkompetenten Kampfmittelbeseitigungsdienst ausgewählt hätte, da die Auswahl ebenfalls vom Staatministerium des Inneren getroffen wurde. Die Beklagte selbst unterhält keinen eigenen Kampfmittelbeseitigungsdienst. Mit der Bekanntmachung 2186-4 vom 15.04.2010 ist ihr vorgegeben, welcher auswärtige Kampfmittelbeseitigungsdienst in diesem Fall die Räumung bzw. Sprengung vornimmt. Soweit dem Klägervortrag konkludent der Vorwurf zu entnehmen ist, dass die Beklagte keinen eigenen Kampfmittelbeseitigungsdienst eingerichtet hat, so ist schon nicht erkennbar, gegen welche Pflicht die Beklagte damit verstoßen hätte. Im übrigen kann aus einem Unterlassen der Einrichtung eines solchen Kampfmittelbeseitigungsdienstes jedenfalls mit der von der Klägerin bisher vorgetragenen Begründung weder der geltend gemachte Ersatzanspruch nach PAG noch der Schadensersatzanspruch wegen Amtshaftung abgeleitet werden.
III) Die Haftung ist auch nach Art. 11 Abs. 1 S. 1 LstVG i.V.m. § 70 Abs. 1, Abs. 2 PAG bzw. § 839 Abs. 1 S. 2 BGB ausgeschlossen. Fällt dem Beamten (im haftungsrechtlichen Sinn) nur – wie hier – Fahrlässigkeit zur Last, haftet der Dienstherr nur, wenn der Geschädigte nicht auf andere Weise Ersatz erlangen kann.
Dabei kann der Geschädigte nur auf solche Ersatzmöglichkeiten verwiesen werden, die demselben Tatsachenkreis entsprungen sind, aus dem die eingeklagte Schadensersatzforderung entstanden ist (RGZ 145, 56, 62; 170, 37; BGHZ 31, 148; BGH VersR 1959, 1005, 1008; 1964, 751; 1969, 423; DVBl 1967, 661), die begründete Aussicht auf alsbaldige Verwirklichung bieten (BGHZ 2, 209, 218; 120, 124, 126; NVwZ 2008, 338 Rn 19; LM § 839 Fi Nr. 5; VersR 1964, 751; 1967, 140, 142; 1969, 423, 428) und die Möglichkeit eines wirklichen Ersatzes bieten; der Geschädigte kann nicht auf eine Ersatzmöglichkeit verwiesen werden, wenn er durch deren Inanspruchnahme und Durchführung eine Vermögenseinbuße in gleicher Höhe wie der Schaden erleiden würde (RG DNotZ 1934, 677; BGH VersR 1960, 663; 1964, 682).
Dementsprechend braucht sich der Verletzte nicht auf Ersatzansprüche verweisen zu lassen, die er nicht oder jedenfalls nicht in absehbarer oder angemessener Zeit durchsetzen kann. Auch weitläufige, unsichere oder im Ergebnis zweifelhafte Wege des Vorgehens gegen Dritte braucht er nicht einzuschlagen. Die Ausnutzung anderweitiger Ersatzmöglichkeiten muss mithin dem Geschädigten zumutbar sein (BGHZ 120, 124, 126). Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit ist auf die Sicht ex ante abzustellen; es ist mithin eine auf den Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs bezogene Prognose über die Erfolgsaussichten der anderweitigen Ersatzmöglichkeit aufzunehmen (in diesem Sinne: BGHZ 120, 124, 131; vgl. auch BGH NJW 2002, 1266). Die Frage, ob und inwieweit es dem Geschädigten, wenn Ersatzansprüche gegen mehrere Schädiger in Betracht kommen, nach § 839 Abs. 1 S. 2 BGB unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten angesonnen werden kann, nicht nur einen, sondern mehrere von ihnen – sei es gleichzeitig, sei es nacheinander – gerichtlich in Anspruch zu nehmen, lässt sich nur nach den Umständen des Einzelfalls beantworten (BGHZ 120, 124, 127; Staudinger/Wöstmann, Neubearbeitung 2013, § 839 BGB, Rn. 289ff).
Gemessen daran stehen der Klägerin bzw. den Zedenten vorliegend auch Ansprüche gegen den Eigentümer des Grundstücks, auf dem die Fliegerbombe gefunden wurde, gemäß § 906 Abs. 2 S. 2 BGB zu.
Der Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB kommt in Betracht, wenn der Eigentümer eine Beeinträchtigung (hier: die Sprengung der Fliegerbombe) nach § 906 Abs. 2 S. 1 BGB zu dulden hat und die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.
Ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB besteht nach gefestigter Rechtsprechung regelmäßig dann, wenn von einem Grundstück auf ein benachbartes Grundstück einwirkende Beeinträchtigungen zwar rechtswidrig sind und daher nicht, wie im gesetzlich geregelten Falle, geduldet werden müssten, der betroffene Eigentümer jedoch aus besonderen Gründen gehindert ist, solche Störungen gemäß § 1004 Abs. 1 BGB zu unterbinden; der Anspruch setzt voraus, dass der Betroffene hierdurch Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Einwirkung übersteigen (BGHZ 90, 255, 262 f; 111, 158, 163; BGHZ 142, 227, 235; NJW-RR 2000, 537). Der Ausgleichsanspruch ist nicht auf die Folgen der Zuführung unwägbarer Stoffe, für die § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB unmittelbar gilt, beschränkt (BGHZ 72, 289, 292; 85, 375, 384; 90, 255, 262).
Das gleiche gilt im Ausgangspunkt für den hier zu beurteilenden Fall der Störung des Besitzes. Denn der Ausgleichsanspruch dient als Kompensation für den Ausschluss primärer Abwehransprüche (BGHZ 68, 350, 354; 112, 283, 284;, NJW 2000, 2901, 2903; NJW 2001, 1865;), die auch dem Besitzer zustehen (§ 862 Abs. 1 BGB), und ihm einen, den Rechten des Eigentümers aus § 1004 BGB ähnlichen, Schutz gegen Störungen bieten. Der Ausgleichsanspruch tritt im Falle einer aus besonderen Gründen nicht abwehrbaren verbotenen Eigenmacht (§ 858 Abs. 1 BGB) neben den Schadensersatzanspruch wegen Besitzverletzung (§ 823 Abs. 1 BGB, § 823 Abs. 2 i.V.m. § 858 Abs. 1 BGB), der in der Rechtsprechung von jeher anerkannt ist (RGZ 59, 326; 170, 1, 6; BGHZ 32, 194, 204), aber ein Verschulden des Störers voraussetzt. In Anerkennung der vergleichbaren Interessenlage bei Eigentums- und Besitzstörungen hat die Rechtsprechung den gesetzlichen Ausgleichsanspruch wegen duldungspflichtiger Immissionen (§ 906 Abs. 2 Satz 2 BGB) auf den Besitzer erstreckt (BGHZ 30, 273, 280; 92, 143, 145). Hiervon ist sie auch bei der entsprechenden Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB wiederholt ausgegangen (BGH NJW 2001, 1865). In gleicher Weise kann somit auch der Besitzer nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog den nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch geltend machen, soweit er die Einwirkung dulden muss.
Dass Sprengungen grundsätzlich geeignet sind, einen Ausgleichsanspruch zu begründen, hat der BGH bereits entschieden (BGHZ 66, 70). Eine Möglichkeit für die Zedenten, die Sprengung zu untersagen, bestand offensichtlich nicht.
Voraussetzung für eine Haftung nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog ist zudem, dass das beeinträchtigende Verhalten dem Bereich der konkreten Nutzung des Grundstücks zuzuordnen ist und einen sachlichen Bezug zu diesem aufweist. Nicht in den Anwendungsbereich des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs fallen demgegenüber diejenigen störenden Verhaltensweisen, die zwar auf dem Grundstück stattfinden, durch die jedoch die spezifische Beziehung der Grundstückseigentümer oder -nutzer zueinander nicht berührt wird. Dies kann insbesondere deshalb der Fall sein, weil eine Handlung nur gelegentlich des Aufenthalts auf dem Grundstück vorgenommen wird, genauso gut aber an anderer Stelle hätte vorgenommen werden können (OLG Köln, Urteil vom 22. Dezember 2015, Az. I-25 U 16/15, zitiert nach juris – zur Explosion einer Sprengbombe bei Zerkleinerung von Bauschutt auf einem Recyclingbetrieb; BGH VersR 1969, 135).
So liegt der Fall hier. Der Eigentümer des Fundgrundstücks beabsichtigte die Bebauung des Grundstücks. Dies allein war der Grund für das Auffinden der Bombe und der erforderlichen Sprengung. Die Beeinträchtigung der Geschäftslokale der Zedenten erfolgt daher gerade durch die Benutzung des Fundgrundstücks.
Auch der Höhe nach erreicht der Ausgleichsanspruch vorliegend den geltend gemachten Schaden.
§ 906 Abs. 2 S. 2 BGB spricht zwar nach seinem Wortlaut von einem angemessenen Ausgleich in Geld. Die Rechtsprechung gewährt demnach nicht Schadensersatz nach den §§ 249 ff BGB, sondern bestimmt den Inhalt in Anlehnung an die Grundsätze der öffentlichrechtlichen Enteignungsentschädigung (BGHZ 85, 375, 386; 49, 148, 155; 62, 361, 371 = LM Nr. 45 mAnm Mattern; BGH NJW 2010, 3160 Rn 8; 2009, 762, 765; NJW-RR 1989, 1291, 1292; MDR 1969, 648). Der Ausgleichsanspruch des § 906 Abs. 2 S. 2 BGB ist somit zwar nicht wie ein Schadensersatzanspruch streng auf Ersatz aller entstandenen und zukünftigen Vermögenseinbußen gerichtet. Vielmehr ist sein Betrag regelmäßig niedriger als derjenige eines Schadensersatzanspruches (OLG Hamm NJW-RR 2009, 739, 741). Die von der Rechtsprechung angewendeten Grundsätze führen nicht notwendigerweise zu einer Schlechterstellung des Geschädigten im Vergleich mit einer Schadenshaftung nach den §§ 249 ff BGB. Ausgleichsfähig nach § 906 Abs. 2 S. 2 BGB sind nämlich auch Nichtvermögensschäden wie etwa die Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeit eines Hausgrundstücks durch Erschütterungen eines Bergbaubetriebs, wenn der Eigentümer das Grundstück trotz der Störungen weiter bewohnt, ohne dass eine konkrete Vermögenseinbuße vorliegt (BGHZ 178, 90 = BGH NJW 2009, 762, 765; zur Höhe im Einzelnen vgl. Staudinger/Roth, Neubearbeitung 2016, § 906 BGB, Rn. 262ff). Soweit der Eingriff einen Gewerbebetrieb trifft, bestimmt sich auch im Bereich der öffentlichrechtlichen Ersatzansprüche der Schaden regelmäßig nach dem entgangenen Gewinn (Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl. 5. Tei, V.1.b.; s.a. BGH MDR 2016, 1162 zur Frage der wirtschaftlichen Identität).
Da ein Anspruch gegen die Beklagte nicht besteht, kann dahingestellt bleiben, ob die Sprengung dem Stand der Technik entsprach, und ob die von der Klägerin aufgeführten Zahlungen tatsächlich einem aufgrund der Sprengung eingetretenen Schaden ihrer Versicherungsnehmer entsprechen. Die geltendgemachten Sachverständigenkosten jedenfalls stellten keinen Schaden der Versicherungsnehmer dar, der gemäß § 86 VVG auf die Klägerin übergegangen wäre, sondern Aufwendungen der Klägerin zur Aufklärung des Umfangs ihrer Eintrittspflicht im Rahmen der Versicherungsverhältnisse bzw. zur Abwehr unberechtigter Leistungsanforderungen ihrer Versicherungsnehmer. Solche Aufwendungen sind weder nach dem PAG noch aus dem Gesichtspunkt der Amtshaftung ersatzfähig.
Die Klage ist insgesamt abzuweisen.
V) Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 und § 101 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.