Aktenzeichen 1 C 1500/15
BGB BGB § 249
Leitsatz
Der Versicherer einer privaten Krankheitskostenversicherung genügt seinen Hinweis- und Beratungspflichten aus § 205 Abs. 2 S. 2 VVG und § 6 Abs. 4 VVG nicht, wenn er nach Vorlage der Mitgliedsbescheinigung einer gesetzlichen Krankenversicherung durch den Versicherungsnehmer eine Nachfrage zum Grund der Vorlage unterlässt und nicht in verständlicher Form darauf hinwirkt, dass der Versicherungsnehmer sich eindeutig erklärt und die aus Sicht des Versicherers tauglichen Unterlagen (Nachweis der Nachversicherung gemäß § 205 Abs. 2 S. 2 VVG) übersendet. (redaktioneller Leitsatz)
Die Verletzung der Hinweis- und Beratungspflichten durch den Versicherer führt dazu, dass dem Versicherungsnehmer ein auf Befreiung von Prämienforderungen nebst Säumniszuschlägen und Rechtsverfolgungskosten gerichteter Schadensersatzanspruch zusteht. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 576,32 € nebst 1 Prozent Säumniszuschlag pro angefangenem Monat jeweils aus € 87,43 seit September 2012, aus € 97,43 € seit Oktober, November und Dezember 2012, aus 98,30 seit Januar und Februar 2013 sowie 10 € vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 77% und die Beklagte 23% zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110%, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 2.444,02 € festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Klage ist zum Teil begründet hinsichtlich der rückständigen Beiträge im unstreitig bestehenden Krankenversicherungsvertrag und im Übrigen abzuweisen, weil die Beklagte zum Einen fristgerecht kündigen ließ, sie zum Anderen ausreichende Unterlagen übermitteln ließ, die die Klägerin zur sofortigen Klärung der Sachlage und zu Rückfragen sowie zur Versendung des von ihr selbst als notwendig erkannten Schreibens zur Nachversicherung hätten veranlassen müssen (§ 205 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz VVG) und die Klägerin schließlich in der Folge, soweit sie der Ansicht war, die übermittelten Unterlagen reichten nicht aus, gesetzlichen Hinweis- und Beratungspflichten gemäß § 6 VVG nicht nachgekommen ist. Überdies hat die Beklagte die eventuelle Versäumung einer Frist des § 205 Abs. 2 Satz 2 VVG nicht zu vertreten (siehe dort 3. Halbsatz).
I.
Die Klage ist begründet, soweit die Klägerin die Zahlung der Beiträge ab dem September 2012 bis zum Februar 2013 begehrt. Die Ansprüche sind dem Grunde und der Höhe nach insoweit unstreitig und errechnen sich für 6 Monate wie tenoriert und bereits hingewiesen. Für bare Auslagen schätzt das Gericht die geforderten 10,00 €, was angesichts günstiger Porti für Massenbriefe ein hoher Betrag ist. So viele Schreiben legt die Klägerin schon nicht substantiiert dar, so dass der Betrag auf jeden Fall zur Durchsetzung der berechtigten Interessen der Klägerin ausreichend ist, § 287 ZPO, zumal der Zeuge Sch1 angab, es hätten Rückstände bestanden, eine Zahlungsvereinbarung sei aber eingehalten worden.
Insoweit wird der Klage samt den Nebenforderungen wie tenoriert stattgegeben.
II.
Für die weiter geltend gemachten Beiträge ab dem März 2013 samt Nebenforderungen ist die Klage unbegründet. Denn ab diesem Zeitpunkt ist die Beklagte unstreitig gesetzlich krankenversichert.
Dies allein reichte zweifellos nicht aus, um einen privaten Krankenversicherungsvertrag zu beenden. Hinzutreten muss, dass der Versicherungsnehmer das in §§ 205 VVG vorgesehene Verfahren einhält und den geforderten Nachweis zur sogenannten Nachversicherung erbringt, sofern er hierzu von Seiten der Versicherung in Textform aufgefordert wird.
§ 205 Abs. 2 VVG hat folgenden Wortlaut:
Wird eine versicherte Person kraft Gesetzes kranken- oder pflegeversicherungspflichtig, kann der Versicherungsnehmer binnen drei Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht eine Krankheitskosten-, eine Krankentagegeld- oder eine Pflegekrankenversicherung sowie eine für diese Versicherungen bestehende Anwartschaftsversicherung rückwirkend zum Eintritt der Versicherungspflicht kündigen. Die Kündigung ist unwirksam, wenn der Versicherungsnehmer dem Versicherer den Eintritt der Versicherungspflicht nicht innerhalb von zwei Monaten nachweist, nachdem der Versicherer ihn hierzu in Textform aufgefordert hat, es sei denn, der Versicherungsnehmer hat die Versäumung dieser Frist nicht zu vertreten. Macht der Versicherungsnehmer von seinem Kündigungsrecht Gebrauch, steht dem Versicherer die Prämie nur bis zu diesem Zeitpunkt zu.(Hervorhebung durch das Gericht)
Die Gesetzeslage, die Bürger davor schützen soll, nicht krankenversichert zu sein, wurde im streitgegenständlichen Verfahren seitens der Klägerin als Krankenversicherung so gehandhabt, dass der gesetzlich geforderte Hinweis des § 205 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz VVG wenig nachvollziehbar und verständlich und ohne besondere Hervorhebung im Text mit dem Schreiben vom 11.11.2013 erteilt wurde, so dass der Zeuge M1 Sch1 als Vertreter der Versicherungsnehmerin glaubhaft angab, die Rechtslage nicht verstanden zu haben und nicht gewusst zu haben, was zu tun sei. Das Gericht kann dies nachvollziehen, da Versicherungsnehmer in aller Regel nur einmal und in besonderen Lebenslagen (Wechsel der Versicherung) mit diesem Erfordernis konfrontiert sind.
Aufgrund der glaubhaften Angaben des Zeugen Sch1 geht das Gericht davon aus, dass er noch im März 2013 mit dem oder der Sachbearbeiter/in der Versicherung telefoniert hat und in diesem Telefonat den Vertrag mündlich gekündigt hat. Deshalb liegt eine mündliche Kündigung vor, die zunächst auch wirksam ist, auch wenn der Gesetzeswortlaut dahingehend lautet „Die Kündigung ist unwirksam… wenn …nicht innerhalb von zwei Monaten nachweist. Dies ergibt die Auslegung des Gesetzes anhand des darin geregelten Ablaufes.
Die Bedenken, die die Klägerin dagegen vorbringt, dass der Zeuge Sch1, ihr Ehemann, die Telefonate geführt haben will, kann das Gericht nicht teilen. Die Aussage hat glaubhaft ergeben, dass der Zeuge die Angelegenheiten seiner Ehefrau stets besorgte. Es verstieße gegen Regeln der Beweiswürdigung, würde man Aussagen von Angestellten großer Firmen von vorneherein nicht Glauben schenken, nur weil sie in einem Abhängigkeitsverhältnis stehen. Genauso verhält es sich mit den Aussagen von Familienangehörigen. Zwar wechselte der Sachvortrag der Beklagten von „Die Beklagte telefonierte“ zum Beweisergebnis „Ihr Ehemann hat telefoniert“. Im Bereich völlig alltäglicher Posterledigung liegt dies aber im Rahmen üblicher Arbeitsteilung innerhalb der Ehe und erweckt nicht den Argwohn des Gerichts. Auch im Übrigen waren die Angaben nachvollziehbar und glaubhaft.
Es mag sein, dass die Krankenversicherungskarte keinen tauglichen Nachweis im Sinne des § 205 Abs. 2 VVG darstellt. Nach den glaubhaften Angaben des Zeugen Sch1 hat er diese jedoch sowohl an den Versicherungsvermittler als auch an die Klägerin gefaxt. Es ist nicht erklärlich, dass die Klägerin beides nicht erhalten haben will. Sie äußert sich hierzu auch nicht substantiiert. Sie bestreitet den Erhalt des Faxes. Keine Partei legt Faxprotokolle vor, die Beklagte, weil sie keine hat. Die Klägerin als namhaftes Versicherungsunternehmen hätte jedoch mit Sicherheit welche. Das Gericht würdigt dieses wenig zur Aufklärung beitragende Prozessverhalten der Klägerin im Rahmen des § 286 ZPO. Das Gericht schenkt daher den Angaben des Zeugen M1 Sch1 Glauben. Für ihn liegt ein überschaubarer Einzelvorgang vor, der ihn auch selbst finanziell betreffen dürfte. Er hatte sich um die Angelegenheit im Auftrag seiner Ehefrau gekümmert. Seine Erinnerung erschien ausreichend gut. Soweit sie nicht mehr so gut war, ist zu bedenken, dass sich aus der Aussage ergibt, dass er die Angelegenheit mit der Übersendung der Unterlagen im März 2013 und dem Telefonat mit der Klägerin – wohl aus Laiensicht zu Recht – für erledigt hielt. Das Gericht geht somit von einem Zugang der mündlichen Kündigung bei der Klägerin sowie von einem Zugang der schriftlichen Unterlagen aus. Die Klägerin legt nämlich keine Störung ihrer bzw. eines Faxgerätes dar. Auch der Zeuge machte keine Angaben darüber, dass es eine Störung gegeben habe, über welche er auch ohne ausgedrucktem Sendeprotokoll durch eine Anzeige am Gerät mit hoher Wahrscheinlichkeit Kenntnis erlangt hätte. Deshalb hält das Gericht auch den zeitigen Zugang der Anlagen B1 und der Gesundheitskarte bei der Klägerin für erwiesen. Denn das gesamte Vorbringen der Klägerin im Verlaufe des Verfahrens erklärt nicht, warum der Vertrag zum 30.11.2014 schließlich beendet worden ist, insbesondere welche Unterlagen plötzlich vorlagen, damit die Klägerin von der Erfüllung der Nachversicherungspflicht ausgehen konnte, die die Klägerin zweifellos zu überprüfen hat.
Auf den Zugang der schriftlichen Unterlagen kommt es jedoch zunächst überhaupt nicht an. Denn der Zeuge Sch1 hat glaubhaft mündlich gekündigt. Daraufhin hätte die Klägerin die Beklagte in Textform hinweisen müssen, dass sie Nachweise über eine Nachversicherung vorlegen müsse, wenn sie die bis dahin übermittelten Unterlagen nicht für ausreichend erachtet (vergleichbar auch Urteil des Amtsgerichts Ansbach Az. 1 C 1736/14). Dies legt die Klägerin selbst dar und war ihr wohl hinlänglich bekannt auch bereits im Jahr 20013, nachdem sich die Gesetzeslage einige Jahre zuvor geändert hatte. Die Klägerin hatte daher bereits sehr lange Zeit, ihren Geschäftsablauf der neuen Rechtslage anzupassen und aussagekräftige Hinweisschreiben zu entwerfen.
Zur Erfüllung eines gesetzlich vorgeschriebenen Hinweises (§ 205 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz VVG) gehört es, dass man diesen nachvollziehbar und verständlich erfüllt. Das Schreiben der Klägerin vom 11.11.2013 erfüllt diese Anforderungen des VVG nicht.
§ 6 VVG hat folgenden Wortlaut:
Beratung des Versicherungsnehmers
(1) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags zu dokumentieren.
(2) Der Versicherer hat dem Versicherungsnehmer den erteilten Rat und die Gründe hierfür klar und verständlich vor dem Abschluss des Vertrags in Textform zu übermitteln. Die Angaben dürfen mündlich übermittelt werden, wenn der Versicherungsnehmer dies wünscht oder wenn und soweit der Versicherer vorläufige Deckung gewährt. In diesen Fällen sind die Angaben unverzüglich nach Vertragsschluss dem Versicherungsnehmer in Textform zu übermitteln; dies gilt nicht, wenn ein Vertrag nicht zustande kommt und für Verträge über vorläufige Deckung bei Pflichtversicherungen.
(3) Der Versicherungsnehmer kann auf die Beratung und Dokumentation nach den Absätzen 1 und 2 durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten, in der er vom Versicherer ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sich ein Verzicht nachteilig auf seine Möglichkeit auswirken kann, gegen den Versicherer einen Schadensersatzanspruch nach Absatz 5 geltend zu machen.
(4) Die Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 besteht auch nach Vertragsschluss während der Dauer des Versicherungsverhältnisses, soweit für den Versicherer ein Anlass für eine Nachfrage und Beratung des Versicherungsnehmers erkennbar ist. Der Versicherungsnehmer kann im Einzelfall auf eine Beratung durch schriftliche Erklärung verzichten.
(5) Verletzt der Versicherer eine Verpflichtung nach Absatz 1, 2 oder 4, ist er dem Versicherungsnehmer zum Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Versicherer die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(6) Die Absätze 1 bis 5 sind auf Versicherungsverträge über ein Großrisiko im Sinn des § 210 Absatz 2 nicht anzuwenden, ferner dann nicht, wenn der Vertrag mit dem Versicherungsnehmer von einem Versicherungsmakler vermittelt wird oder wenn es sich um einen Vertrag im Fernabsatz im Sinn des § 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs handelt.
Die Klägerin schrieb in ihrem Schreiben vom 11.11.2013 an die Beklagte, dass sie den Mitgliedsausweis erhalten habe. Die Kopie eines Aufnahmeantrages oder einer Versichertenkarte reiche als Nachweis nicht aus. In welchem die Verhältnis die drei genannten Papiere zueinander stehen sollen, ergibt sich aus dem Schreiben nicht. Es ergibt sich auch nicht, dass der übersandte Mitgliedsausweis gerade nicht ausreicht. Einen Aufnahmeantrag hatte die Beklagte unstreitig überhaupt nicht übersandt, jedenfalls trägt dies keine der Parteien vor. Insofern kann die Aussage des Zeugen Sch1 gut nachvollzogen werden, dass er das Schreiben der Versicherung vom 11.11.2013 nicht verstanden habe. Auch dem Gericht erschließt sich aus diesem Schreiben nicht, was die Beklagte konkret hätte tun sollen, §§ 133, 157 BGB.
Des Weiteren schreibt die Klägerin in diesem Schreiben aber auch irreführend, dass die Beklagte nachweisen solle, dass sie ab 01.01.2013 pflichtversichert sei. Die Beklagte war jedoch unstreitig erst ab dem 01.03.2013 gesetzlich versichert. Auch unter diesem Aspekt erscheint das Schreiben verwirrend und sachlich falsch. Die Klägerin kommt ihrer Beratungspflicht nach § 6 VVG und ihrer gesetzlich normierten Hinweispflicht in Textform gemäß § 205 VVG in keiner Weise nach, dem Versicherungsnehmer klar und nachvollziehbar aufzuzeigen, was er tun muss, um eine Doppelversicherung und eine doppelte Inanspruchnahme wegen Krankenversicherung zu vermeiden.
Deshalb ist die Klägerin ihrer Pflicht, gemäß § 205 VVG auf die Notwendigkeit eines Nachweises hinzuweisen, nicht nachgekommen.
Jedenfalls hat die Beklagte als Versicherungsnehmer die Versäumung dieser Frist nicht zu vertreten, § 205 Abs. 2 Satz 2, 3. Halbsatz VVG, angesichts des formularmäßig formulierten sachlich falschen Schreiben der Klägerin. Die mündliche Kündigung der Beklagten, die glaubhaft durch ihren Mann ausgesprochen wurde, wurde somit nicht bzw. ist nicht unwirksam, § 205 Abs. 2 Satz 2, 1. Halbsatz VVG.
Das Vorbringen der Klägerin lässt nicht erkennen, wie und durch was die Beklagte mittlerweile nachgewiesen hat, dass sie nachversichert ist und vor allem wann dies geschah. Sie legt dazu auch keinerlei Schriftwechsel vor. Im Rahmen der Würdigung des Vorbringens der Klägerin an sich und im Rahmen der Glaubwürdigkeit des beiderseitigen Vorbringens erachtet das Gericht gerade den Vortrag der Klägerseite als wenig substantiiert und glaubwürdig. Das Gericht kann sich gerade kein Bild davon machen, wie es nun tatsächlich zur Vertragsbeendigung kam und welche Unterlagen die Klägerin ihrerseits als ausreichend erachtete und vor allem wann sie diese und von wem erhielt. Mit einem Sachvortrag „Dies hat sie der Klägerin mittlerweile nachgewiesen“, kann das Gericht in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht nichts anfangen. Die Klägerin erhält weder zeitlich noch hinsichtlich der Umstände irgendetwas. Deshalb schenkt das Gericht den Angaben des Ehemannes der Beklagten Glauben, er habe bereits im März 2013 Unterlagen mit Ausnahme der Anlage B3 hingefaxt, aus welchen die Klägerin, wenn sie bis 3 zählt, sich den Kündigungswunsch ausreichend erschließen konnte. Auch insoweit gilt, dass ein Schreiben von der Klägerin auszulegen ist. Dies gilt auch für die Übersendung von Unterlagen, §§ 133, 157 BGB. Das Gericht hält somit sowohl dafür, dass ausdrücklich mündlich gekündigt wurde als auch ausreichend konkludent schriftlich durch die Übersendung der Unterlagen, die die Klägerin spätestens von ihrem Vermittler erhalten haben muss, weil der Ehemann sowohl an die Klägerin unmittelbar als auch an den Vermittler gefaxt hat.
Die Klägerin hat überdies bei Erhalt der Unterlagen ihrer gesetzlich normierten Hinweis- und Beratungspflicht nicht Genüge getan. Sie hat nicht alsbald nachgefragt, was die Beklagte wohl wollen könnte (§ 6 VVG) und verständlich darauf hingewirkt, dass aus ihrer Sicht taugliche Unterlagen übersandt werden (Nachweis der Nachversicherung gemäß § 205 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz VVG). Diese Verletzung der Hinweis- und Beratungspflicht der Klägerin als namhaftes großes und erfahrenes Versicherungsunternehmen zulasten einer Versicherungsnehmerin, die bereits zuvor mit Beitragsrückständen in der Kreide stand, führte nämlich dazu, dass die Klägerin sich gegenüber der Beklagten schadensersatzpflichtig gemacht hat (§ 280 BGB) und die Beklagte daher einen Anspruch auf Befreiung hinsichtlich der ab März angefallenen Beiträge samt Säumniszuschlägen und Rechtsanwaltskosten hat (§ 249 BGB). Die Kausalität wäre insoweit auch gegeben, weil die Beklagte unstreitig ab 01.03.2013 gesetzlich versichert ist und deshalb bei richtiger Vorgehensweise der Klägerin kein Schaden aus Mehrfachversicherung mehr angefallen wäre.
Die Würdigung dieser Umstände beruht auch gerade darauf, dass sich aus dem Schreiben vom 11.11.2013, wegen dessen Unzulänglichkeit auf die obigen Ausführungen nochmals verwiesen wird, nicht ergibt, was denn in der Zwischenzeit geschehen ist, was die Klägerin überhaupt zu diesem Schreiben veranlasst hat, wenn sie denn nicht die Unterlagen vom Ehemann der Beklagten unmittelbar oder zumindest mittlerweile über den Vermittler erhalten hatte. Auch deshalb ist das Bestreiten des Zuganges der Klägerin sehr unglaubwürdig. Sie legt auch nicht dar, welche Sachbearbeiter sie zu einem möglichen Eingang befragt hat. Sie legt insgesamt wenig dar, was den konkreten Ablauf erhellt. Das finanzielle Interesse der Klägerin am Ausgang dieses Verfahrens ist kein anderes als das des Zeugen Sch1 als Ehemann der Versicherungsnehmer. Dies stellt das Gericht bei der Würdigung des Sachvortrages und der Zeugenaussage ein, § 286 ZPO.
Die Klägerin legt auf 3 Seiten bausteinartig dar, warum sie hohe außergerichtlich Rechtsverfolgungskosten verlangen kann. Hätte sie nachvollziehbar durch einen Versicherungssachbearbeiter (nicht durch Inkassoinstitute, Rechtsanwälte oder andere zur Einziehung beauftragte Institutionen) auf die bestehende Rechtslage hinweisen lassen – es ist der Klägerin als Versicherer insoweit auch zumutbar deutliche und verständliche Merkblätter zur Rechtslage zu § 205 Abs. 2 VVG ihrer Post beizulegen – wären die Rechtsverfolgungskosten bezüglich der nun abgewiesenen Nebenforderungen ebenfalls nicht angefallen. Auch deshalb sind diese anteilig abzuweisen.
Die Klägerin legt aber auch nicht dar, wann die Kosten angefallen sind und ob sie eine Folge der unstreitigen Säumnis mit den Beitragszahlungen der Beklagten sind. Der Zeuge Sch1 gibt insoweit jedenfalls glaubhaft an, man habe eine vereinbarte Ratenzahlung o.ä. eingehalten. Wieso für diesen Vorgang die Einschaltung von Rechtsanwälten erforderlich ist, legt die Klägerin nicht dar. Insofern kann sich das Gericht keine Überzeugung davon verschaffen, dass die geltend gemachten Kosten eine Folge des Verzuges der Beklagten mit den von ihr noch geschuldeten Beiträgen sind und dass sie erforderlich gewesen wären. Jedenfalls wäre zum damaligen Zeitpunkt eine Rechtsverfolgung nicht erforderlich gewesen, § 249 BGB. Überdies wäre es der Klägerin auch zumutbar, Rechtsverfolgungskosten aus den hohen geforderten (und gesetzlich zulässigen) Säumniszuschlägen durch eigene Mitarbeiter zu bestreiten, so dass insoweit die Erforderlichkeit fehlt, § 249 BGB. Deshalb ist die Klage insoweit insgesamt im Übrigen abzuweisen.
Im Übrigen nimmt das Gericht zur Begründung dieses Urteils vollumfänglich auf die tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen des Beklagtenvertreters in dessen Schriftsätzen zur Hauptsache wie auch zu den Nebenforderungen Bezug. Soweit nicht zugesprochen werden die Nebenforderungen abgewiesen, weil die Beklagte ab 01.03.2013 nicht mehr in Verzug bzw. Rückstand war, weil die rechtzeitige Anzeige der neu bestehenden gesetzlichen Pflichtversicherung im Verlaufe des Monats Rückwirkung auf den 01.03.2013 hat. Im Übrigen erscheinen die geltend gemachten Nebenforderungen überhöht (§§ 249, 254 BGB), so dass die Klage auch insoweit teilweise abzuweisen ist.
Hinsichtlich der Sach- und Rechtslage kann informatorisch auch auf die Ausführungen des Amtsgerichts Ansbach im Urteil Az. 1 C 1736/14 verwiesen werden, welches im Juli 2016 verkündet wurde.
Ergänzend kann ausgeführt werden, dass das Gericht davon ausgeht, dass die Beklagte angesichts der aufgezeigten Umstände des unzureichenden Schriftwechsels seitens der Klägerin die Versäumung der Frist des § 205 Abs. 2 Satz 2 VVG nicht zu vertreten hat und ihre mündliche Kündigung deshalb wirksam ist. Hierauf wurde die Klägerin gemäß § 139 ZPO hingewiesen.
Der Zeuge Sch1 war glaubwürdig, er machte seine Angaben ruhig, unter Nachdenken, ließ Zweifel erkennen und gab keineswegs eine für seine Ehefrau günstige Maximalposition an. Da er während seiner Einvernahme sich mit Billigung der Beteiligten entfernt hatte, um Unterlagen von der BKK zu holen, unterblieb eine Entscheidung über seine Beeidigung. Er sollte nochmals vernommen werden. Hierzu kam es jedoch nicht mehr, so dass in diesem Urteil die Entscheidung ergeht, dass der Zeuge unbeeidigt bleibt.
Kosten: § 92 Abs. 1 ZPO
Vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO
Streitwert: §§ 48 GKG, 3 ZPO.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen die Entscheidung kann das Rechtsmittel der Berufung eingelegt werden. Die Berufung ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 Euro übersteigt oder das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat, was für die Beklagte soweit sie in der Hauptsache verurteilt wurde, nicht der Fall ist.
Die Berufung ist binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem Landgericht Ansbach, Promenade 4, 91522 Ansbach einzulegen.
Die Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung der Entscheidung.
Die Berufung muss mit Schriftsatz durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt eingelegt werden. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung und die Erklärung enthalten, dass Berufung eingelegt werde.
Die Berufung muss binnen zwei Monaten mit Anwaltsschriftsatz begründet werden. Auch diese Frist beginnt mit der Zustellung der vollständigen Entscheidung.
Gegen die Entscheidung, mit der der Streitwert festgesetzt worden ist, kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.
Die Beschwerde ist binnen sechs Monaten bei dem Amtsgericht Ansbach, Promenade 891522 Ansbach, einzulegen.
Die Frist beginnt mit Eintreten der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache oder der anderweitigen Erledigung des Verfahrens. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf der sechsmonatigen Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.
Die Beschwerde ist schriftlich einzulegen oder durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des genannten Gerichts. Sie kann auch vor der Geschäftsstelle jedes Amtsgerichts zu Protokoll erklärt werden; die Frist ist jedoch nur gewahrt, wenn das Protokoll rechtzeitig bei dem oben genannten Gericht eingeht. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben.
Vermerk: siehe auch hierzu Urteil Hauck Az.: 1 C 1736/14 Amtsgericht Ansbach., siehe nachfolgend einkopiert: