Aktenzeichen 44 O 3587/18
ROM II-VO Art. 19, Art. 20
Leitsatz
Bei der Doppelversicherung eines Gespanns aus einem Kraftfahrzeug und einem versicherungspflichtigen Anhänger haben im Regelfalle nach einem durch das Gespann verursachten Schaden der Haftpflichtversicherer des Kraftfahrzeugs und der des Anhängers den Schaden im Innenverhältnis je zur Hälfte zu tragen (Anschluss an BGH BeckRS 2010, 29733; s. auch BGH BeckRS 2018, 15039). (Rn. 19 und 20) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 1.461,32 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.03.2018 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 5.939,92 € und ab 18.07.2019 auf 1.461,32 € festgesetzt.
Gründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
A.
Die Zuständigkeit des Landgerichts Landshut ergibt sich aus § 32 ZPO iVm Art. 7 Nr. 2 der VO (EU) Nr. 1215/2012 (“Brüssel Ia“), da sich das dem Anspruch zugrunde liegende Unfallgeschehen im Gerichtsbezirk ereignete.
B.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Ausgleichsanspruch in Höhe von weiteren 1.461,32 € gemäß § 78 Abs. 2 Satz 1 VVG.
I. Es ist deutsches Recht anwendbar, denn Art. 20 und 19 der Verordnung 864/2007/EG (Rom II-Verordnung) erklären sowohl hinsichtlich der Frage des Ausgleichsanspruchs unter mehreren für dieselbe Forderung haftenden Schuldnern, als auch hinsichtlich der Frage des gesetzlichen Forderungsübergangs nach Leistung eines Dritten direkt an den Gläubiger, bzgl. des Inhalts des Anspruchs jeweils das Recht für anwendbar, das den Anspruch des Gläubigers gegen den an ihn zunächst leistenden Schuldner bzw. Dritten beherrscht.
II. Anhänger und Zugfahrzeug bilden haftungsrechtlich eine Einheit. Für beide besteht eine eigene Kfz-Haftpflicht gemäß den rechtlichen Vorgaben. Daher muss grundsätzlich sowohl der Halter des Anhängers als auch der Halter des Zugfahrzeugs in vollem Umfang für einen durch das Gespann verursachten Schaden haften. Im Innenverhältnis haben sie die Aufwendungen unter dem Gesichtspunkt der Mehrfachversicherung (§ 77 VVG ff.) zu teilen (vgl. Hierzu BGH, Urt. V. 27.10.2010 – IV ZR 279/08, NJW 2011, 447).
Bei der Doppelversicherung eines Gespanns aus einem Kraftfahrzeug und einem versicherungspflichtigen Anhänger haben im Regelfalle nach einem durch das Gespann verursachten Schaden der Haftpflichtversicherer des Kraftfahrzeugs und der des Anhängers den Schaden im Innenverhältnis je zur Hälfte zu tragen (BGH, a.a.O.).
III. Die Versicherung des Zugfahrzeugs erstreckt sich im Außenverhältnis auch auf Schäden, die durch einen Anhänger verursacht werden, der mit dem Kraftfahrzeug verbunden ist oder sich während des Gebrauchs von diesem löst und noch in Bewegung befindet. Mitversichert sind dabei auch Halter, Eigentümer und Fahrer des Anhängers (vgl. BGH NJW 1971, 940 = VersR 1971, 611 und BGH VersR 1981, 322), wobei dies auch für die Versicherung des Anhängers bei der Beklagten gilt.
IV. Nachdem sich der Unfall auf dem Gebiet der Bundesrepublik ereignete, gilt deutsches Haftungsrecht, dem sich der Versicherungsnehmer der Beklagten, indem er das Fahrzeug auf bundesdeutsche Straßen schickt, unterworfen hat. Über § 6 PflVAusl gelten auch für ausländische Fahrzeuge § 3 PflVG sowie § 115 VVG über den Direktanspruch des Geschädigten gegen den jeweiligen Versicherer.
V. Auf der Grundlage der obigen Ausführungen ist die Beklagte der Klägerin zur Erstattung der Hälfte der von der Klägerin getätigten Aufwendungen in Höhe von ursprünglich 5.939,92 € zum Ausgleich verpflichtet.
1. Für den Vergleichsbetrag Hauptforderung netto in Höhe von 8.278,10 € und den Vergleichsbetrag außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten netto in Höhe von 679,10 € ist dies auch unstreitig, nachdem die Beklagte diese Beträge zur Hälfte bereits anerkannt hat und insoweit auch bereits mit Teilanerkenntnisurteil vom 17.07.2019 zur Zahlung verurteilt wurde.
2. Aber die Beklagte hat auch die Hälfte der eigenen Aufwendungen der Klägerin in Höhe von 2.922,64 €, mithin 1.461,32 € zu erstatten.
Nach § 78 II 1 VVG sind die Versicherer im Verhältnis zueinander zu Anteilen nach Maßgabe der Beträge verpflichtet, die sie dem Versicherungsnehmer nach dem jeweiligen Vertrag zu zahlen haben. Den allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB 2015) mit Stand vom 12.10.2017 kann unter A.1.1.3 entnommen werden, dass die Kfz-Versicherung Schadensersatzansprüche auf ihre Kosten abwehrt, wenn diese unbegründet sind. Auch insoweit hat die Kfz-Versicherung also dem Versicherungsnehmer die Kosten für einen Anwalt im Prozess zu erstatten, soweit dieser Anwalt im Prozess gegen den Unfallgegner nicht nur den Versicherer, sondern auch den Versicherungsnehmer vertreten hat. Zudem ist es unbillig, dass für diese Kosten kein Ausgleich stattfinden soll. Denn es hängt vom Zufall ab, welche Versicherung der Unfallgegner in Anspruch nimmt. Der Unfallgegner hätte auch die ausländische Krafthaftpflichtversicherung in Anspruch nehmen können oder beide. Es ist nicht einzusehen, warum nur deshalb, weil die Klägerin vom Unfallgegner allein in Anspruch genommen wurde, sie die Kosten zur Abwehr unberechtigter Schadensersatzansprüche alleine tragen muss.
C.
Der Zinsanspruch beruht auf §§ 280 Abs. 1, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB, da sich die Beklagte spätestens seit Eingang der Mahnung in Zahlungsverzug befindet.
D.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 und 2 ZPO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 3 ZPO iVm § 48 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG.