Aktenzeichen 081 O 1525/18
Leitsatz
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 9.408,98 € festgesetzt.
Gründe
I. Zulässigkeit
Die Klage ist zulässig. Sie scheitert insbesondere nicht an der nach § 243 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erforderlichen bestimmten Antragstellung. Zwar mag offen sein, ob und in welchem Umfang tatsächlich eine Haftung des Beklagten für Verbindlichkeiten der Insolvenzschuldnerin I oder der Insolvenzschuldnerin II besteht und mit welchem Anteil. Darauf kommt es aber für die Frage der Bestimmtheit des Klageantrags nicht an. Die Klage enthält die Behauptung, dass die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, gegen den Beklagten einen Anspruch insgesamt in Höhe des Klageantrags habe. Dies reicht für einen bestimmten Klageantrag.
II. Begründetheit
Die Klage ist, ohne dass es auf eine weitere Aufklärung des in verschiedenerlei Hinsicht unvollständigen Sachverhalts ankommt, in jedem Fall unbegründet, weil eine wirksame Abtretung der Freihalteansprüche der Treuhänderin gegen den Beklagten an die Insolvenzverwalter nach § 399 BGB ausgeschlossen war. Zwischen den Parteien ist auch ohne Vorlage des Treuhandvertrages unstreitig, dass es im Verhältnis der Treuhänderin zum Beklagten aus einem Treuhandverhältnis einen Anspruch auf Befreiung von Verbindlichkeiten betreffend den für den Beklagten treuhänderisch gehaltenen Kommanditanteil gab. Einer weitergehenden Aufklärung des Inhalts der Vertragsbeziehungen bedarf es nicht, weil die Klägerin keinen originären Zahlungsanspruch gegen den Beklagten behauptet.
1. Nach § 399 Alt. 1 BGB kann eine Forderung nicht abgetreten werden, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung des Inhalts erfolgen kann. Der Anspruch auf Schuldbefreiung kann nur an den Gläubiger der zu tilgenden Schuld abgetreten werden und wandelt sich dann in einen Zahlungsanspruch um. Eine Abtretung an Dritte ist grundsätzlich erst möglich, wenn aus dem Freihaltungsanspruch gemäß § 281 BGB ein Schadensersatzanspruch geworden ist.
Befindet sich der Befreiungsgläubiger in einer Lage, die seine Inanspruchnahme durch den Drittgläubiger mit Sicherheit erwarten lässt und steht fest, dass für die Erfüllung der Drittforderung auf die Mittel des Befreiungsschuldners zurückgegriffen werden muss, so wandelt sich der Befreiungsanspruch in einen Zahlungsanspruch um. Der Befreiungsgläubiger kann dann Zahlung an sich selbst verlangen (BGH, Urteil vom 19.10.2017, III ZR 495/16 und Oberlandesgericht München, Beschluss vom 29.04.2019, Az 23 U 4226/18, der Klägerin bekannt und von der Beklagten im vorliegenden Verfahren vorgelegt).
2. Das Gericht macht sich die Auffassung des Oberlandesgerichts München aus dem vorstehend zitierten Verfahren zu eigen. Entscheidend ist, dass die Klägerin nicht auf eine unmittelbare Kommanditistenhaftung der Treuhänderin abstellt, sondern auf eine Haftung der Treuhänderin als Kommanditistin der Kommanditistin.
a) Das Gericht hat die Argumentation des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung nochmals überdacht. Zu einem anderen Ergebnis führt dies nicht. Vorliegend geht es jeweils nur um die Außenhaftung der drei Kommanditistinnen Insolvenzschuldnerin I, Insolvenzschuldnerin II (Ebene 1) und Treuhänderin (Ebene 2). Die Gläubiger, um deren Befriedigung es geht, sind die Gläubiger der beiden Insolvenzschuldnerinnen. Diese Gläubiger haben gegenüber der Treuhänderin die persönliche Haftung nicht geltend gemacht. Deshalb hat sich der Befreiungsanspruch der Treuhänderin gegen den Beklagten noch nicht in einen Zahlungsanspruch umgewandelt. Eine Abtretung des Befreiungsanspruchs wäre deshalb nur an die Gläubiger der Insolvenzschuldnerinnen und nicht an die Insolvenzverwalter möglich gewesen.
b) Vor der Eröffnung der Insolvenzverfahren hatten die Gläubiger der Insolvenzschuldnerinnen ihre Ansprüche gegen die Insolvenzschuldnerinnen. Daneben haftete ihnen für diese Ansprüche gemäß §§ 171 Abs. 1, 128 HGB der Dachfonds als Kommanditistin der Insolvenzschuldnerin I und der Insolvenzschuldnerin II (Ebene 1). Für die Erfüllung dieses Haftungsanspruchs der Gläubiger gegen die Dachgesellschaft als Kommanditistin auf Ebene 1 haftete den Gläubigern wiederum deren Kommanditistin, die Treuhänderin, unmittelbar aus den §§ 171 Abs. 1, 128 HGB. Die Haftung auf Ebene 2 stellte sich also als Anspruch der Gläubiger unmittelbar gegen den Dachfonds dar.
c) Die Eröffnungen der Insolvenzverfahren haben gemäß § 171 Abs. 2 HGB bewirkt, dass die Haftungsansprüche der Gläubiger der Insolvenzschuldnerinnen gegen die Kommanditistin der Insolvenzschuldnerinnen nurmehr nur von Insolvenzverwaltern geltend gemacht werden können. Dies gilt aber nicht für eine Haftung für Ansprüche gegen die Kommanditistin der Insolvenzschuldnerinnen.
aa) § 171 Abs. 1 HGB regelt, dass der Kommanditist den Gläubigern der Gesellschaft persönlich haftet. § 171 Abs. 2 HGB regelt, dass, wenn über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet ist, dieses Recht durch den Insolvenzverwalter ausgeübt wird.
§ 171 Abs. 2 HGB meint dabei dieselbe Gesellschaft, von der in Abs. 1 die Rede ist. Das ist vorliegend die jeweilige Insolvenzschuldnerin und nicht deren Kommanditistin. Bei der Dachgesellschaft handelt es sich um eine andere Gesellschaft als die jeweilige Insolvenzschuldnerin. Haftungsansprüche der Gläubiger gegen die Kommanditistin der Dachgesellschaft wurden deshalb durch § 172 Abs. 2 HGB durch die Insolvenzeröffnungen im vorliegenden Fall nicht erfasst. Uneingeschränkte Inhaber der Haftungsansprüche gegen die Treuhänderin blieben die Gläubiger, die vor der Abtretung noch keine Ansprüche gegen die Treuhänderin geltend gemacht hatten.
bb) Zu von den Insolvenzverwaltern gegen den Beklagten geltend zu machenden Ansprüchen der Insolvenzschuldnerinnen könnte die Innenhaftung führen. Falls die Insolvenzschuldnerinnen gegen die Dachgesellschaft Ansprüche aus dem Gesellschaftsvertrag auf Rückzahlung zurückbezahlter Einlagen hätten, würde es sich um Ansprüche gegen die Dachgesellschaft handeln, für deren Erfüllung wiederum die Treuhänderin als Kommanditistin der Dachgesellschaft haftet. Ein Anspruch aus diesem Rechtsgrund scheitert aber aus verschiedenen Gesichtspunkten.
(1) Ein solcher Anspruch ist bereits nicht Streitgegenstand. Streitgegenstand sind Ansprüche der Gläubiger. Die Innenhaftungen wären gesellschaftsrechtliche Ansprüche der Insolvenzschuldnerinnen. Die Klage ist aber eindeutig und ausschließlich auf Ansprüche der Gläubiger gegen die Insolvenzschuldnerinnen gerichtet und nicht auf Ansprüche der Insolvenzschuldnerinnen gegenüber ihrer Kommanditistin.
(2) Auch die Abtretungserklärung bezog sich nur auf die Freihalteansprüche, betreffend die Außenhaftung der Kommanditistinnen.
(3) Eine Innenhaftung der Dachgesellschaft gegenüber den Insolvenzschuldnerinnen ist auch nicht dargelegt. Nach BGH, Urteil vom 12. März 2013 – II ZR 73/11 -, juris, müsste der Gesellschaftsvertrag Rückzahlungen vorsehen.
d) Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des BGH vom 22.03.2011, Az II ZR 271/08, weil es sich dort nur um eine einfache Kommanditbeteiligung und damit um einen Fall der Abtretung eines Freistellungsanspruchs gerade an den Gläubiger der zu tilgenden Schuld abgetreten wurde.
aa) Vorliegend sind die Gläubiger der vom Beklagten als Treugeber zu tilgenden Schulden, weil § 171 Abs. 2 HGB für die Haftung von Gläubigern des Dachfonds mangels der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über dessen Vermögen nicht eingreift, weiterhin die einzelnen Gläubiger und kein Insolvenzverwalter.
bb) In der vorstehend zitierten Entscheidung hat der BGH ausgeführt, dass berechtigte Interessen des Schuldners des Freistellungsanspruchs durch die Abtretung an den Insolvenzverwalter anstelle des Gesellschaftsgläubigers nicht beeinträchtigt werden. Dass die Interessenlage vorliegend anders ist, ergibt sich aus dem Umstand, dass über das Vermögen der Dachgesellschaft gerade kein Insolvenzverfahren eröffnet wurde und dort noch Haftungsmasse vorhanden sein kann, die bewirkt, dass eine Inanspruchnahme der Kommanditisten nicht oder nur in geringerem Umfang erforderlich ist. Die Klägerin hat im Schriftsatz vom 24.04.2018 auf Seite 3 selbst einräumt, dass beim Dachfonds im Zeitpunkt der Insolvenz ihrer Beteiligungsgesellschaften noch liquide Mittel vorhanden waren.
III. Nebenentscheidungen
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO. Der Streitwert ergibt sich aus dem Zahlungsantrag.