Aktenzeichen 24 O 107/17
Leitsatz
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 21.700,00 € festgesetzt.
Gründe
A.
Eine Vorabentscheidung über den Rechtsweg war nicht erforderlich. Zwar sieht § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG obligatorisch eine Vorabentscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs vor, wenn eine Partei dies rügt. Der Beklagte hat die Rüge allerdings nicht rechtzeitig erhoben, § 282 Abs. 3 ZPO (vgl. auch Lückemann in Zöller, Kommentar zur ZPO, 31. Auflage, § 17a GVG Rn. 6). Eine Vorabentscheidung war daher nicht geboten (BGH, Urteil vom 19.11.1993, Az. V ZR 269/92, NJW 1994, 387).
Der Rechtsweg zu den Zivilgerichten ist eröffnet (§ 13 GVG). Dabei kann dahinstehen, ob die angemeldete Forderung des Finanzamtes aus Gewerbesteuer als solche nicht bürgerlichrechtlicher Natur ist (vgl. BFH, Beschluss vom 09.04.2014, Az. Ill S 4/14, BeckRS 2014, 95017; OLG Frankfurt, Beschluss vom 22.01.2014, Az. 19 W 2/14, juris; VG Arnsberg, Urteil vom 01.12.2016, Az. 5 K 4079/14, BeckRS 2016, 111780). Denn nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag des Beklagten handelte es sich bei der Forderung des Finanzamts um eine Masseforderung nach § 55 Abs. 4 InsO, für welche der Kommanditist nicht haftet (OLG Hamm, Urteil vom 20.11.2000, Az. 8 U 22/00). Diese Forderung ist daher nicht Gegenstand des streitgegenständlichen Außenhaftungsanspruchs durch den Insolvenzverwalter gemäß §§ 171, 172 Abs. 4 HGB.
B.
I.
Das Landgericht Schweinfurt ist sachlich (§§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG) und örtlich (§§ 12, 13 ZPO) zuständig. Bei der Zuständigkeit nach § 22 ZPO handelt es sich um keine ausschließliche, so dass der Kläger die Wahl zwischen verschiedenen Gerichtsständen hat, § 35 ZPO.
II.
Die Klage ist aber unzulässig, da sie nicht ausreichend bestimmt genug ist (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
Der Kläger macht als Insolvenzverwalter einen Anspruch gegen den Beklagten als Kommanditisten nach §§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 4 HGB geltend, der darauf beruhen soll, dass der Beklagte nicht durch Vermögenseinlagen gedeckten Ausschüttungen erhalten haben soll. Soweit ein Kommanditist Gewinnanteile entnimmt, während sein Kapitalanteil durch den Verlust unter den Betrag der geleisteten Hafteinlage herabgemindert ist bzw. durch die Entnahme herabgemindert wird, gilt seine Einlage gegenüber den Gläubigern als nicht geleistet, mit der Folge, dass die Haftung aus § 171 Abs. 1 HGB wiederauflebt, § 172 Abs. 4 HGB. Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so wird während der Dauer des Verfahrens das den Gesellschaftsgläubigern nach § 171 Abs. 1 HGB zustehende Recht durch den Insolvenzverwalter oder den Sachwalter ausgeübt, § 171 Abs. 2 HGB.
Der Insolvenzverwalter wird jedoch gemäß § 171 Abs. 2 HGB bei der Geltendmachung der Außenhaftung nach § 172 Abs. 4 HGB – ebenso wie bei der Geltendmachung der persönlichen Haftung eines Gesellschafters nach § 93 InsO – als Insolvenzverwalter mit treuhänderischer Einziehungsbefugnis als gesetzlicher Prozessstandschafter der einzelnen Gläubiger tätig (vgl. auch BGH, Urteil vom 09.10.2006, Az. II ZR 193/05, Juris, Rn. 9). Er macht also fremde Rechte im eigenen Namen geltend. § 171 Abs. 2 HGB stellt keine eigenständige Anspruchsgrundlage zugunsten des Insolvenzverwalters dar. Es handelt sich um einen Außenhaftungsanspruch, und nicht um einen Anspruch der Gesellschaft gegen die Kommanditisten. Auf der Grundlage des § 171 Abs. 2 HGB verfolgt der Insolvenzverwalter also keinen einheitlichen Anspruch auf Zahlung von Insolvenzverbindlichkeiten, sondern bestimmte Einzelforderungen der Gesellschaftsgläubiger. Der jeweils in Anspruch genommene Kommanditist bringt durch Zahlung an den Insolvenzverwalter konkrete Gläubigerforderungen zum Erlöschen (BGH, Urteil vom 09.10.2006, Az. II ZR 193/05, Juris, Rn. 9; Urteil vom 17.12.2015, Az. IX ZR 143/13, Juris, Rn. 13). Streitgegenstand sind mithin die Gläubigerforderungen, die der Haftung nach §§ 171 Abs. 1,172 Abs. 4 HGB zugrunde liegen.
Im vorliegenden Fall hat der Kläger lediglich mit der Anlage K2 eine Tabelle nach § 175 InsO vorgelegt, ohne dazu vorzutragen, ob diese Forderungen festgestellt sind oder auf welche Forderungen und in welcher Reihenfolge er die Klage stützt. Somit wäre aus dem Tenor nicht ersichtlich, welche Forderungen der Insolvenzgläubiger in welcher Höhe und gegebenenfalls mit welcher Quote zum Erlöschen gebracht würden.
Folglich handelt es sich um eine Teilleistungsklage, bei der es unabdingbar ist, genau anzugeben, wie sich der eingeklagte Betrag auf die einzelnen Ansprüche verteilen soll bzw. in welcher Reihenfolge die Ansprüche bis zu der geltend gemachten Gesamtsumme zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden sollen. Da die Klage diesen Anforderungen nicht gerecht wird, ist sie unzulässig. Hierauf wurde der Kläger durch das Gericht hingewiesen. Ergänzenden Vortrag hat er dennoch nicht erstattet.
An diesem Ergebnis vermögen auch die Ausführungen des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 17.12.2015, Az. IX ZR 143/13) zur Ermächtigungswirkung des Insolvenzverwalters nichts zu ändern. Die Ermächtigungswirkung betrifft lediglich die Frage, hinsichtlich welcher Gläubigerforderungen der Insolvenzverwalter überhaupt ermächtigt ist, diese gegen die Gesellschafter einzuziehen.
C.
Die Klage wäre überdies auch unbegründet.
Der Insolvenzverwalter ist nur berechtigt, die Haftung des Kommanditisten nach § 171 Abs. 2 HGB einzufordern, als die Inanspruchnahme des Kommanditisten für die Befriedigung von Insolvenzgläubigern benötigt wird (BGH, Urteil vom 22.03.2011, Az. II ZR 215/09, juris, Rn. 20). Dafür hat der InsolvenzvenAzalter darzulegen und zu beweisen, dass Gläubigerforderungen bestehen, für welche der Kommanditist haftet (Strohn in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Auflage 2014, § 171 Rn. 96; OLG Stuttgart, Urteil vom 02.12.1998, Az. 29 U 29/98, juris, Rn. 63). Dies können bei verständiger Betrachtung nur zur Insolvenztabelle anerkannte oder sonst rechtskräftig festgestellte, nicht aber vom Insolvenzverwalter bestrittene Gläubigerforderungen sein.
Da der Kläger nicht hinreichend dargetan hat, dass die zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen überhaupt bestehen bzw. er zur Erfüllung gewillt ist, lässt sich schon nicht feststellen, ob die Inanspruchnahme des Beklagten überhaupt erforderlich ist.
D.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 Sätze 1 und 2 ZPO.
E.
Die Streitwertfestsetzung erfolgte auf der Grundlage von §§ 63 Abs. 2, 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO.